Novemberrevolution I musstewissen Geschichte
In diesem Video beschäftigen wir uns mit der Novemberrevolution von 1918:
Eben alles, was du wissen musst.
Ihr habt bestimmt schon oft gehört,
dass man von einem "politischen Erdbeben" spricht.
Ein Ereignis, dass alle und alles durchrüttelt.
Am 29. September 1918 ereignet sich im deutschen Armeehauptquartier
im belgischen Spa kein politisches Erdbeben,
sondern ein politischer Meteoriteneinschlag.
Von der Heeresleitung, die praktisch das Sagen im Kaiserreich hat,
hörte man bisher nur, dass man bald siegen werde.
Jetzt erklärt der General Ludendorff, dass der Krieg verloren ist.
Also beschließt der Kronrat um Kaiser Wilhelm II.,
dass so schnell wie möglich ein Waffenstillstand erreicht werden muss.
Und dass man so schnell wie möglich
die Verantwortung für diese Katastrophe loswerden muss.
Der Kaiser haut den Parlamentarisierungserlass raus.
Das bedeutet, dass die Regierung jetzt
von der Mehrheit im Parlament getragen werden soll.
Ganz so wie heute.
Die neue Regierungskoalition bilden die Fortschrittliche Volkspartei,
das Zentrum und die Mehrheitssozialdemokratische Partei,
das ist der größte Teil der SPD.
Da hatte sich nämlich vorher ein Teil von abgespalten.
Kanzler wird Prinz Max von Baden, ein Cousin des Kaisers.
Hoppla! Plötzlich hat in Deutschland das Parlament die Macht.
Komisch. Ganz so, wie man es seit vielen Jahren ersehnt hat!
Man nennt diese Regierungsbildung auch eine "Revolution von oben",
weil die alte Führung damit verhindern will, dass eine Revolution von unten -
eine sozialistische Revolution wie in Russland - stattfindet.
Der neue Reichskanzler
bittet den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson
um einen Waffenstillstand.
Damit kapituliert Deutschland praktisch.
Das heißt, es ergibt sich.
Als Bedingung für die Waffenruhe fordert der amerikanische Präsident,
dass die deutschen Soldaten alle Waffen abgeben müssen
und dass der Kaiser entmachtet wird.
Auf einmal mischt sich die Oberste Heeresleitung doch wieder ein.
Und sagt: "Das ist unannehmbar, wir müssen weiterkämpfen."
Dabei hatte man doch gerade erst gesagt,
dass das Weiterkämpfen sinnlos geworden ist. Komisch.
Jetzt ist die Stimmung in Deutschland auf dem Siedepunkt.
Jahrelang wurde den Menschen erzählt, dass der Sieg kurz bevorsteht,
und dann ist plötzlich alles aus.
Die Leute sind geschockt. Viele hungernde Menschen.
Viele verwundete und entkräftete Soldaten.
Viele ausgebeutete Arbeiter.
Alle diese Menschen sind kriegsmüde.
Sie fordern Frieden.
Aber es wird deutlich, dass der Kaiser dem Frieden im Weg steht.
Deshalb fordern immer mehr Menschen die Abdankung des Kaisers.
Der will davon nix wissen und reist - manche sagen flieht -
ins militärische Hauptquartier.
Da haben wir das berühmte Pulverfass.
Und schon kommt auch der Funke.
Die Marineleitung befiehlt der Hochseeflotte einen letzten Angriff
auf die überlegene englische Flotte.
Den Matrosen ist klar:
"Wir sollen auf eine sinnlose Todesfahrt gehen".
Deshalb sabotieren sie die Kriegsschiffe, sodass sie nicht mehr einsatzfähig sind.
Umgehend werden die Matrosen eingesperrt,
damit sie vor ein Kriegsgericht gestellt werden können.
Die restlichen Matrosen aber befreien ihre Kameraden
und entwaffnen ihre Offiziere.
Die Aufständischen übernehmen die Stadt,
nämlich Kiel.
Zu ihrer Unterstützung streiken die Werft- und Industriearbeiter.
Sie wählen Vertreter und bilden einen Arbeiter- und Soldatenrat.
So eine Art provisorische Regierung.
In ganz Deutschland kommt es jetzt zu Aufständen in den Kasernen,
zu Streiks in den Fabriken.
Überall bilden sich Arbeiter- und Soldatenräte.
In München ruft der USPD-Politiker Kurt Eisner die Bayerische Republik aus.
Die USPD, das ist die Partei, die sich von der SPD abgespalten hat,
die Unabhängige SPD.
Und Bayerns König Ludwig III. dankt in Bayern ab.
Auch andere Fürsten stürzen.
In der Hauptstadt Berlin sind die Mehrheitssozialdemokraten,
also die Ursprungs-SPD, alarmiert.
Sie wollen sich an die Spitze der Bewegung stellen,
um Anarchie und Blutvergießen zu vermeiden.
Aber radikale Gruppen wie die USPD, die Spartakusgruppe
rufen einen Generalstreik aus.
Riesige Massendemonstrationen schieben sich durch die Straßen.
Arbeiter- und Soldatenräte werden auch in Berlin gegründet.
Die Lage wird immer brenzliger.
Weil der Kaiser im Hauptquartier nicht reagiert,
gibt der Reichskanzler Prinz Max am 9. November 1918
eigenmächtig die Abdankung des Monarchen bekannt.
Sein eigenes Amt übergibt er dem MSPD-Chef,
also dem Mehrheits-SPD-Chef Friedrich Ebert.
Ebert wendet sich gleich an das Volk und ruft die Leute auf,
nach Hause zu gehen, Ruhe und Ordnung einkehren zu lassen.
Er verhandelt mit der USPD
über die Bildung einer neuen sozialistischen Regierung.
Aber die Massen wollen mehr.
Deshalb ruft Philipp Scheidemann von der MSPD,
von der Mehrheits-SPD, gegen 14 Uhr die "Deutsche Republik" aus.
Ein paar Stunden später ruft der Führer des kommunistischen Spartakusbundes,
Karl Liebknecht, die "freie sozialistische Republik Deutschland" aus.
Mehrheits-SPD und Unabhängige SPD bilden gemeinsam eine neue Regierung:
Der MSPD-Chef Ebert und der neue Befehlshaber der Armee,
General Groener, einigen sich auf eine Zusammenarbeit.
Das Militär unterstellt sich der neuen Regierung.
Die mischt sich dafür nicht in die inneren Angelegenheiten der Armee ein.
Das war eine richtungsweisende Entscheidung,
die später noch viele Probleme schaffen sollte.
Wie ist die Lage?
Überall in Deutschland gibt es Doppelstrukturen.
Da sind einmal die bisherigen Regierungen und Parlamente,
denen die Verwaltung untersteht.
Und da sind die Arbeiter- und Soldatenräte,
die sich auf die Macht der revolutionären Soldaten
und die der streikenden Arbeiter stützen.
Im Rätesystem gibt es zwar auch Wahlen und Abgeordnete,
aber die dürfen nicht frei entscheiden.
Sie müssen immer die Meinung ihres Kollektivs,
zum Beispiel der Betriebsgruppe, vertreten.
Die Räte, die so auf den verschiedenen Ebenen zusammenkommen,
übernehmen Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtsprechung
in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Wie bei einer Pyramide baut sich so die sozialistische Gesellschaft auf.
Das ist der entscheidende Konflikt während der Novemberrevolution.
Die MSPD, also Ebert und Scheidemann,
wollen eine parlamentarische Demokratie aufbauen.
Mit Parteien, mit der Wahl von Abgeordneten, mit Gewaltenteilung,
mit unabhängigen Gerichten und mit Schutz des Eigentums.
Sie wollen einen geordneten Übergang.
Eher Reform statt Revolution.
Die USPD will dagegen die Gesellschaft komplett umbauen.
Dazu gehört eine demokratische Kontrolle der Armee.
Es geht aber auch um die Sozialisierung der Industrie,
zum Beispiel des Kohlebergbaus.
Also eine Abwendung vom Kapitalismus
und eine Neuverteilung des Besitzes.
Eher Revolution als Reform.
Die Mehrheits-SPD ist die klar größere Partei in den Parlamenten
und ihre Mitglieder bestimmen auch in den meisten Räten.
Sie setzt sich gegen die USPD durch.
Noch radikalere Forderungen stellt die Kommunistische Partei Deutschlands,
die KPD, auf, die sich jetzt von der USPD abspaltet.
Ihr merkt, da passiert viel, ganz schön kompliziert.
Ihre Anführer sind Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.
Wir erinnern uns, Karl Liebknecht ist der, der ein paar Stunden später
auch was ausgerufen hatte, am 9. November 1918.
Rund um den Jahreswechsel 1918/1919 gibt es blutige Auseinandersetzungen
zwischen den beiden Seiten.
Linksradikale Gruppen versuchten einen bewaffneten Aufstand
zum Sturz der MSPD-Regierung.
Die ruft Freikorps zu Hilfe, das sind Privatarmeen von Ex-Weltkriegssoldaten,
die gegen die Kommunisten eingesetzt werden.
Diese Soldaten sind natürlich keine Anhänger der Demokratie.
Das Bündnis zwischen der SPD und den Antidemokraten
wird die politische Linke jahrzehntelang spalten.
Die Kommunisten verzeihen es den Sozialdemokraten nicht,
dass diese die Rätebewegung niederschießen lässt.
Etwa ein halbes Jahr halten diese Auseinandersetzungen an,
die in einigen Gegenden Deutschlands, wie Berlin oder München,
fast zum Bürgerkrieg werden.
Danach steht fest, dass die neue Republik
eine parlamentarische Demokratie werden wird.
Das Deutsche Kaiserreich kommt auf den Misthaufen der Geschichte.
Was macht eigentlich der Kaiser unterdessen?
Schon am 10. November 1918, gleich nach der Ausrufung der Republik,
geht er ins Exil nach Holland.
Dort hat er wenig zu tun und verbringt seine Zeit damit,
Holz zu hacken - kein Witz.
Zur Verantwortung gezogen für den Krieg wird er niemals.
Im nächsten Video sehen wir uns an,
wie die neue Verfassung der Weimarer Republik aussieht.
Auch das ein wichtiges Thema, das gerne mal in Klausuren drankommt.
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Danke fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.
Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2018