Was passiert wenn die Erde aus dem Sonnensystem fliegt? - Einzelgänger-Erde
(Entspannte Musik) Der Nachthimmel erscheint uns ruhig
und friedlich.
Aber in Wahrheit rasen Sterne mit 100.000 Stundenkilometern
durch die Galaxie
All ihre Bahnen exakt vorherzusagen, ist nahezu unmöglich.
Zum Glück ist das All riesig.
Daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass wir von irgendwelchen Sternen
aus der Milchstraße getroffen werden.
Aber auch ohne, dass wir direkt getroffen werden,
kann es auf der Erde ziemlich ungemütlich werden.
Denn viele solcher Sterne kommen uns schon bedrohlich nahe.
(Bedrohliches Rauschen)
(Fröhliche Musik)
Um zu verstehen, wie gefährlich Sterne uns werden können,
müssen wir über Schwerkraft sprechen.
Durch die Schwerkraft zieht sich im Universum alles an, was Masse hat.
So ziehen sich sogar ein Millionen Lichtjahre entferntes Atom
und du gegenseitig an. (Dynamische Musik)
Zum Glück nimmt diese Kraft mit zunehmender Distanz ab
und ist auch von der Masse abhängig.
Was nah ist und mehr Masse hat, gewinnt das kosmische Seilziehen.
So bestimmen massereiche Objekte,
wie sich kleinere Dinge in ihrer Umgebung bewegen.
(Treibende Musik) Mit 99,75 Prozent der gesamten Masse
in unserem Sonnensystem, bestimmt die Sonne die Bewegung
und die Umlaufbahnen aller anderen Objekte darin.
Vor Milliarden Jahren, kurz nach der Entstehung der Sonne,
war das Sonnensystem ziemlich chaotisch und gefährlich.
Unzählige kleine Teilchen kollidierten ständig
und bildeten die Planeten. (Dynamische Musik)
Über die Äonen ist dann Ordnung eingekehrt.
Heute kreisen die meisten Planeten und Asteroiden
auf festen Umlaufbahnen.
Wir haben die inneren und äußeren Planeten,
den Asteroiden- und den Kuipergürtel
und ganz am Rand die Oortsche Wolke, in der eine Menge Kometen kreisen,
Quasi ein Kometenlager. (Bedrohliches Rauschen)
Diese Ordnung sollte besser nicht gestört werden.
Käme uns ein anderer Stern zu nahe,
würde der mit seiner Schwerkraft alles im Sonnensystem an sich reißen,
und damit die Planeten, Asteroiden und Kometen ins Chaos stürzen.
Und das ist keine theoretische Gefahr.
Vor etwa 70.000 Jahren
flog ein Doppelstern aus einem Roten und einem Braunen Zwerg
durch die Oortsche Wolke und sorgte für entsprechendes Chaos.
Möglicherweise ist seither sogar ein todbringender Sturm
von Asteroiden auf dem Weg zu uns.
Bis diese Gesandten aus der Oortschen Wolke
aber das innere Sonnensystems erreichen,
könnte es zwei Millionen Jahre dauern.
Aber es gibt noch ein viel größeres Problem:
Gliese 710, ein Roter Zwerg mit etwa der halben Sonnenmasse
ist aktuell unterwegs zu unserem Sonnensystem.
In etwa einer halben Million Jahren
wird er durch die Oortsche Wolke fliegen
und zum hellsten Stern am Himmel werden.
Wenn etwas unser Sonnensystem so streift,
bringt das über hunderttausende Jahre die Umlaufbahnen
von Millionen Objekten in der Oortschen Wolke durcheinander.
Haben wir Pech, geraten unsere Planeten dann unter Beschuss,
ähnlich wie im jungen Sonnensystem.
Am Nachthimmel wäre dann ein Regen von Kometen und Asteroiden zu sehen.
Die größeren könnten uns auslöschen,
wie es den Dinos damals passiert ist.
Da hilft dann auch kein Konjunkturpaket mehr.
Aber es könnte noch schlimmer kommen.
Die Galaxie ist ein ziemlich krasser Ort.
Und Sterne kommen sich immer mal wieder sehr nah.
Es wäre also auch möglich, dass ein Stern direkt
durch das innere Sonnensystem durchfliegen würde.
Das wäre blöd, richtig blöd.
Dass ein anderer Stern mit der Sonne kollidiert,
ist sehr unwahrscheinlich.
Aber darum geht's uns auch gar nicht.
Zieht ein Stern auch nur in der Distanz an uns vorbei,
die wir zur Sonne haben,
könnte das die Erde aus dem Sonnensystem schleudern.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das in den nächsten
fünf Milliarden Jahren passiert,
wird auf etwa 1:100.000 geschätzt.
Klein also, aber auch nicht unmöglich.
Genau so könnten die Einzelgänger- Planeten entstanden sein,
über die wir auch schon ein Video gemacht haben.
Milliarden davon machen in der Galaxie einfach ihr eigenes Ding.
Was also, wenn uns das, sagen wir mal,
mit einem durchschnittlichen Roten Zwerg passieren würde?
Was würde dann aus der Erde?
(Treibende Musik)
Gelangt der Stern ins Sonnensystem,
ist am Himmel ein kleiner orangefarbener Punkt zu sehen,
der monatelang immer größer und heller wird.
Schließlich ist er auch tagsüber zu sehen,
bis er sogar größer und viel heller erscheint als der Mond.
Zu hell, um direkt hinzuschauen.
Nachts leuchtet der Himmel gespenstisch rot.
Nach ein paar Monaten schrumpft der Stern dann wieder,
und mit ihm die Sonne.
Die wird in den nächsten Jahren immer kleiner,
und ihre Wärme und ihr Licht immer schwächer.
Rund um die Welt wird der Tag zur Nacht.
Nun bricht für die Menschheit der ewige Winter an.
Die Polkappen dehnen sich aus und Pflanzen gehen ein.
Wälder erfrieren und Tiere sterben in Horden.
Passiert die Erde den Mars,
ist ihre durchschnittliche Oberflächentemperatur
auf etwa minus 50 Grad Celsius gefallen.
(Traurige Musik)
Aus dem Weltall sieht die Erde langsam aus wie ein eisiger Mond,
die grau-blaue Oberfläche: ein leichenblasses Todesgrauen.
Weltweit bricht die Infrastruktur zusammen.
Während die Temperaturen sinken und sinken,
rücken die Menschen in ihren Häusern zusammen,
heizen mit allem, was brennt, und fürchten den Moment,
wenn ihnen die Nahrungsmittel ausgehen, weil nichts mehr wächst.
Für alles, was auf der Oberfläche lebt, sind die Tage gezählt.
Erreicht die Erde den Jupiter,
ist ihre Oberflächentemperatur auf minus 150 Grad Celsius gesunken.
Kälter als der kälteste Winter,
der je in der Antarktis gemessen wurde.
Klar, dass mittlerweile so ziemlich alles tot ist.
Ohne Sonnenenergie verdunstet kein Wasser.
Also bilden sich keine Wolken und der Wasserkreislauf steht still.
Irgendwann reichen die Polkappen bis zum Äquator,
und alle Meere sind von einer dicken Eisschicht überzogen.
Je kälter die Meere werden, umso mehr Wasser friert unter dem Eis ein.
Dadurch steigt der Salzgehalt in den tiefen Ozeanen an
und vergiftet fast alle Tiere, die dort bist jetzt noch überlebt haben.
Aber ein paar extremophile Lebewesen, in der Nähe thermaler Quellen,
könnten auch da überleben. (Treibende Musik)
Einige Bakterien, tief unter der Oberfläche,
würden von alledem gar nichts mitbekommen.
Da der radioaktive Zerfall der Elemente im Erdkern
sie immer noch warm hält.
Erreicht die Erde Pluto und den Kuipergürtel,
ist die Sonne zwar immer noch der hellste Stern am Himmel,
aber nur noch einer unter vielen.
Denn selbst tagsüber herrscht jetzt Dunkelheit.
Die Temperatur liegt jetzt noch knapp 40 Grad Celsius
über dem absoluten Nullpunkt.
Also: unter dem Gefrierpunkt der Gase in der Atmosphäre.
(Bewegende Musik)
Jetzt beginnt ein schaurig-schönes Schauspiel,
das leider aber keiner mehr zu sehen bekommt.
Die Gase in der Atmosphäre gefrieren zu Schnee.
Zuerst der Stickstoff, dann der Sauerstoff.
Nach ein paar Jahren liegt eine eisige, zehn Meter dicke Decke davon
über der ganzen Erdoberfläche.
Und nur noch ein Hauch von Gas bleibt übrig.
Tot und eingefroren liegt darunter die Flora und Fauna begraben.
Beim Austritt aus dem Sonnensystem
wird die Erde schließlich zum Einzelgänger-Planeten.
Einsam und allein reist sie durch die Finsternis,
leblos und verlassen.
Aber es gibt Hoffnung.
So abwegig das auch klingt. (Weinen)
Immerhin würde die Menschheit von dieser Katastrophe nicht überrascht.
Wir würden sie schon tausende Jahre im Voraus bemerken.
Aufhalten können wir einen Stern zwar nicht wirklich,
aber wir könnten uns darauf vorbereiten.
Die meisten würden sterben,
aber ein paar Millionen Menschen könnten überleben,
in riesigen künstlichen Habitaten,
versorgt durch Erdwärme und Atomkraft.
Vielleicht sogar Fusionsenergie,
falls wir es hinkriegen, das Eis dafür zu nutzen.
So könnte die Menschheit hunderttausende Jahre überleben.
Irgendwann hätten wir uns an die neuen Umstände gewöhnt.
Ungläubig würden unsere Nachfahren Dokus schauen über eine Zeit,
in der wir um einen eigenen Stern kreisten,
und auf der Erdoberfläche herumspazieren konnten.
Und irgendwann beschließen wir dann vielleicht,
ein neues Zuhause zu suchen.
Mit etwas Glück fliegt die Erde
an einem anderen Stern mit einem bewohnbaren Planeten vorbei,
und wir könnten einen Neuanfang versuchen.
Ohne die ganze Atmosphäre im Weg,
wäre die Raumfahrt auch plötzlich sehr viel einfacher.
Es ist also denkbar,
dass die letzten Überlebenden die Erde verlassen
und einen neuen Planeten besiedeln,
der um eine neue Sonne kreist. (Mystische Musik)
Eines Tages, tausende Jahre später,
erzählen die Nachfahren der Menschheit vielleicht Legenden
über die ferne Vergangenheit der Erde.
Geschichten von einem verlorenen Zuhause,
von einem geheimnisvollen Eisplaneten,
der einsam und allein durch die ewige Finsternis des Alls zieht.
(Rauschen)
(Klimpernde Töne)
(Vogelgezwitscher)
(Entspannte Musik)