Wie schafft man ein Wirtschaftswunder? – Das 20. Jahrhundert 1950-1959 | Terra X
Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Video zum 20. Jahrhundert. Diesmal schauen wir auf die 50er, die Gründerjahre der Bundesrepublik.
Es ist die große Zeit von „Made in Germany“. Wir erhalten in diesem Jahrzehnt das Vertrauen zurück, dass wir etwas schaffen können
trotz der selbst verschuldeten furchtbaren Vergangenheit. Lebensqualitäten, die in diesem Jahrzehnt erarbeitet werden, sind heute für uns Standard und nicht mehr wegzudenken.
Und ein kurzer Begriff steht dafür in den 50er Jahren: das sogenannte Wirtschaftswunder.
Und ER hier ist ein Symbol für dieses Wirtschaftswunder: der VW Käfer. Am 05. August 1955 rollt der Ein-Millionste vom Band. Sparsam, zuverlässig und einfach zu reparieren.
Der Käfer wird zum Exportschlager. Und Deutschland einige Jahre später zum Exportweltmeister.
Denn nicht nur die Autoindustrie, auch der Elektrobereich "made in Germany" boomt: Waschmaschinen, Kühlschränke und Fernsehgeräte werden zum Verkaufshit.
Und besonders der Stahlindustrie gelingt in den 50ern eine erfolgreiche Rückkehr auf den internationalen Markt.
Obwohl sie im 2. Weltkrieg durch Rüstungsproduktion in Verruf gekommen war.
Dank des wirtschaftlichen Aufschwungs entsteht nach dem entbehrungsreichen Krieg eine „heile“ neue Wirklichkeit.
Sich endlich satt essen zu können, eine Wohnung zu haben – die Normalität soll in Deutschland wieder Einzug halten.
Die Fresswelle steht für diese Veränderung: Nach den Hungerjahren füllt das Wirtschaftswunder die Teller.
Besonders am Sonntag wird im Kreis der Familie geschlemmt - und der Wohlstandsbauch beim Mann zum Statussymbol, wie auch der bis heute berühmte Sonntagsbraten.
Und in der sogenannten Einrichtungswelle wird „schöner Wohnen“ zur Devise.
Die Bundesregierung fördert den Häuser- und Wohnungsbau mit günstigen Krediten. Immer mehr Familien können sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen.
Als die Menschen satt sind und sich ihr Zuhause schön gemacht haben, rollt dann die Reisewelle über Deutschland.
Zuerst „pilgern“ die Deutschen eher in die heimischen Gefilde. Wer es sich aber leisten kann, den zieht es schon damals weiter weg.
Viele erliegen dem Ruf der Berge und machen Urlaub in den Alpen.
Oder es geht über die Alpen hinaus - Richtung Bella Italia. Urlaub am Strand oder in Venedig sind ab den 50er Jahren ein Renner. Urlaub wird zum Statussymbol.
Und das ausgeprägte Konsumverhalten der deutschen Touristen macht sie auch bei den europäischen Nachbarn immer beliebter.
Aber zu Beginn der 50er Jahre steckt den Deutschen noch der 2. Weltkrieg in den Knochen.
Die Jahre sind entbehrungsreich und der Ost-West-Konflikt zieht herauf.
Der sogenannte „Kalte Krieg“ ist gekennzeichnet durch die machtpolitische Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion - dem Gegensatz westlicher Demokratie und Kommunismus.
Falls Ihr das genauere Infos zu haben wollt wissen wollt: Dazu haben wir schon mal ein Video gemacht.
Findet ihr, wenn ihr oben auf das „i“ klickt. Aber ganz klar, erstmal dieses Video hier fertig schauen, wir haben noch einige interessante Sachen und dann später rüber klicken.
Deutschland ist zu Beginn der 1950er Jahre politisch schon geteilt:
Aus den Besatzungszonen der Westmächte entstand die Bundesrepublik Deutschland, aus der Besatzungszone der Sowjetunion die Deutsche Demokratische Republik.
Die Währungsreform von 1948 treibt die Trennung auch im wirtschaftlichen Bereich voran. In der Bundesrepublik gilt ab dann die Deutsche Mark als gesetzliches Zahlungsmittel.
Aber es geht nicht nur um Deutschland. Auch die Frage wie es mit Europa weitergeht ist zu dieser Zeit allgegenwärtig.
Damit die europäische Wirtschaft schnell wieder auf die Beine kommt, präsentieren die USA, den Kalten Krieg im Hinterkopf, ein Wirtschafts-Förderungsprogramm.
Von dem habt ihr vielleicht schon mal was gehört: das ist der sogenannte Marshallplan.
Namensgeber ist der damalige US-Außerminister George C. Marshall, der dafür später sogar den Friedensnobelpreis erhält. Sein Plan sieht „Hilfe zur Selbsthilfe“ vor.
Im Juli 1947 einigen sich auf einer Konferenz 16 europäische Staaten auf eine gemeinsame wettbewerbsorientierte Wirtschaftsordnung.
Osteuropäische Länder sind auch eingeladen, nehmen aber auf Druck der Sowjetunion nicht teil.
Das „European Recovery Program“ läuft 1948 an und geht bis 1952. Insgesamt stellen die USA mehr als 10 Milliarden Dollar bereit, etwa 10% davon fließen nach Westdeutschland.
Wie gesagt, so ganz uneigennützig war der Plan der Amerikaner nicht. Es ging nicht so sehr darum, die Not der Menschen zu lindern.
Sondern Westeuropa zu stabilisieren und den Einfluss der Sowjetunion klein zu halten.
Aus heutiger Sicht ist der Marshallplan schon ein erster kleiner Schritt hin zu einem vereinten Europa.
Weil seinetwegen viele Länder in Handlungsbeziehungen zueinander treten.
In dieser Zeit tut sich in der Bundesrepublik bei Wirtschaftsfragen besonders einer hervor: Ludwig Erhard.
Der Volkswirt ist der erste Wirtschafsminister der Bundesrepublik. Früh setzt sich der Politiker für eine freiheitliche, soziale Wirtschaftsordnung ein.
Er verspricht „Wohlstand für alle durch die soziale Marktwirtschaft“.
Die soziale Marktwirtschaft verbindet Wettbewerb und Gewinnorientierung mit einem sozialen Ausgleich.
Das heißt die Freiheit des Marktes wird dort eingeschränkt, wo sie unsozial ist. Ganz konkret bedeutet das zum Beispiel, Arbeitnehmer haben ein Recht auf Kündigungsschutz.
Aber auch für ihre Gesundheit und Sicherheit muss ein Arbeitgeber sorgen.
Und Erhards Vertrauen in diese Marktwirtschaft zahlt sich aus, denn der Arbeitsmarkt kommt in Schwung.
Der westdeutsche Wiederaufbau ist eng mit der Wieder-Auferstehung der Kohle- und Stahlindustrie verknüpft.
Vor allem die Stahlindustrie wird zum Wirtschaftsmotor der jungen Bundesrepublik - und sichert Arbeitsplätze. Was sich dann letztendlich auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt.
Dank der Industrieproduktion sinkt die Arbeitslosenquote innerhalb der 50er Jahre von 10.4% auf 1.3%. Es herrscht Vollbeschäftigung.
Dieser ökonomische Aufschwung kommt bei den Menschen an. Gerade die Westdeutschen blicken Anfang der 50er Jahre in eine vielversprechende, demokratische Zukunft.
Die Lebensverhältnisse stabilisieren sich, bald ist die Rede vom Wirtschaftswunder.
Aber nicht jeder freut sich mit den Deutschen.
Vor allem die Franzosen sind skeptisch, misstrauen ihrem früheren Erzfeind.
Sie fürchten, dass ein starkes Deutschland bald wieder zur Bedrohung werden könnte. Was also tun?
Wie lässt Deutschland sich politisch einbinden, ohne erneut zur Gefahr für die Nachbarstaaten zu werden?
Eine Antwort hat der damalige französische Außenminister Robert Schuman.
Er schlägt die Schaffung einer „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ vor, die EGKS.
Heute besser bekannt als Montanunion. Ziel dieser Union ist es, die für die Rüstungsindustrie relevante Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen.
Die einstigen Kriegsgegner Frankreich und Deutschland sollen zusammen arbeiten - zum Wohle aller.
Dafür verzichten die beiden Nationen, aber auch die anderen beteiligten Länder, auf einen Teil ihrer Souveränität.
6 Gründerstaaten machen 1951 den Anfang: Deutschland, Frankreich, Italien und die Beneluxstaaten.
Die Montanunion ist eine erste europäische Gemeinschaft, die der Sicherung eines dauerhaften Friedens dient.
Und die westliche Wertegemeinschaft wird am 25. März 1957 weiter gefestigt,
indem die Gründerstaaten der Montanunion die römischen Verträge unterzeichnen, für Frieden und wirtschaftliches Wohlergehen heißt es.
Dieses Datum gilt heute als Gründungsdatum der Europäischen Union.
Während die Bundesrepublik erfolgreich Anschluss an die Weltwirtschaft findet,
und die ersten Grundsteine für Europa gelegt werden, schlägt die DDR einen anderen Weg ein.
Aber die Planwirtschaft führt erstmal zu einer knappen Lebensmittelversorgung, die Schlangen vor den Geschäften sind lang.
Außerdem sinkt der Lebensstandard und immer mehr Menschen flüchten in den Westen.
Die Ziele, die sich das SED-Politbüro gesteckt hat, sind einfach zu hoch - und die Unzufriedenheit wächst.
Aber anstatt das Volk zu entlasten, beschließt die SED-Führung im Mai 1953 das Arbeitspensum um 10.3% zu erhöhen,
bei gleichbleibendem Lohn. Das bringt das Fass zum Überlaufen.
Am 17. Juni 1953 gehen in Ost-Berlin Arbeiter auf die Straße. Innerhalb von Stunden greift der Protest aufs ganze Land über.
Der Arbeiterprotest weitet sich zum Generalstreik aus - und wird schließlich zum Volksaufstand.
Aus der Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen, entwickelte sich der Ruf nach Freiheit und Demokratie. Das politische System wird in Frage gestellt.
Mit Hilfe sowjetischer Truppen schlägt das DDR-Regime den Aufstand blutig nieder.
Dutzende Menschen kommen ums Leben, tausende werden festgenommen.
Der 17. Juni 1953 wird für die Staatsführung der DDR zum Trauma.
Damit so etwas nicht nochmal passiert, zieht das Politbüro seine Konsequenzen: fortan überwacht die Stasi die Bevölkerung noch engmaschiger.
Und: es werden materielle Zugeständnisse gemacht, der Lebensstandard der Bevölkerung soll merklich steigen.
Die Erzeugung von Konsum- und Nahrungsgütern wird vorangetrieben.
In der Bundesrepublik trägt Ludwig Erhards Plan vom „Wohlstand für alle“ endlich Früchte.
Die Arbeiter und Arbeiterinnen bekommen höhere Löhne und das bei gleichbleibenden Lebenshaltungskosten.
Plötzlich haben die Menschen mehr Geld im Portemonnaie. Die harten Nachkriegszeiten noch nicht vergessen, wollen die Westdeutschen jetzt nur noch eins:
Sich etwas gönnen! Shopping wird der neue Volkssport.
Und der Berliner Ku'damm zum Symbol eines überlegenen Kapitalismus.
Das Wirtschaftswunder rollt in Wellen des Wohlstands über Deutschlands Westen.
Während die Eltern an ihrem gesellschaftlichen Aufstieg arbeiten, etabliert die Jugend des Landes ihre eigene Kultur
und schaut sich dabei einiges beim Vorbild Amerika, genauer gesagt USA, ab.
Sogenannte Halbstarke tragen Jeans und Lederjacken, gehen mit ihrer „Flamme“ ins Kino oder einen Club
und tanzen dort den angesagten Rock'n'Roll, mit Schmalzlocke und Petticoat.
Das westliche Lebensgefühl ist in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Trends in Mode oder Musik sind mittlerweile international.
Tja wie ihr schon merkt, gibt es in den 1950ern viele Gründe warum die Stimmung in der Bundesrepublik Deutschland gut ist.
Und so wie sich die Bundesrepublik immer enger an den Westen bindet, macht das die DDR mit dem Osten.
Dort läuft es in den 50er wirtschaftlich mal besser, mal schlechter.
Aber obwohl sich der Lebensstandard der Bevölkerung besonders nach 1953 verbessert, erreicht er nie die Höhen des Westens.
Das ist gerade im geteilten Berlin spürbar. Westberlin ist für die Bevölkerung der DDR wie ein Schaufenster – ein Schaufenster das Träume weckt.
Viele DDR-Bürger wollen am Wirtschaftswunder teilhaben und in Freiheit leben - und wandern deshalb ab.
Ein Grund, warum es später in den 1960er Jahren zum Mauerbau kommt.
Die 1950er Jahre sind besonders in der Bundesrepublik das Jahrzehnt des deutschen Wirtschaftswunders.
In der Bevölkerung entsteht ein Wohlstand, für den viele nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren dankbar sind.
Made in Germany und die Nachwehen der Wohlstandswellen sind der Speckgürtel, von dem wir vermutlich heute noch zehren.
Was ist für Euch die wichtigste Errungenschaft aus den 50ern?
Schreibt's uns gerne unten in die Kommentare und abonniert uns natürlich auch, wenn euch das Video gefallen hat und ihr noch mehr davon wollt.
Und falls ihr noch mehr über das 20. Jahrhundert erfahren wollt. dann schaut euch doch noch einfach weitere Videos aus unserer Reihe an.
Findet ihr hier neben mir verlinkt. Und ansonsten hier noch ein weiteres spannendes Video. Schaut da gerne mal rein.
Danke euch fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.