068 - Mischmasch und die Bilanz der Liesel, 2. Teil
Wie wär's mal mit 'ner neuen Rubrik? So etwas wie der Spruch des Monats, oder so. Also wenn ich so eine Rubrik hätte, dann würde ich schon genau wissen, welcher Spruch meine Nummer Eins wäre: Das Reh. Das Reh springt hoch. Das Reh springt weit. Warum auch nicht, es hat ja Zeit.
In der letzten Folge habe ich über das Renovieren gesprochen und anstelle von dem Wörtchen "wir" des öfteren das Wörtchen "ich" benutzt. Die Strafe folgte natürlich auf dem Fuße. Und somit zog auch meine Liesel ihre eigene Renovierungsbilanz. Aus rechtlichen Gründen bin ich verpflichtet, diese hier ins Netz zu stellen. Sonst krieg ich Ärger. Aber nix ( Umgspr: nichts ) verraten. Was soll ich sagen? Hört einfach rein.
Handwerker, Azubis* und der Firefly*. Ja, tut mir leid. Ich kann und will das nicht auf mir sitzen lassen. Ich muss meinen Senf dazugeben. Zum Leidwesen mancher Hörer. Ja, genau. Ich bin's wieder. Die Liesel vom Brunnen. Wie mein neuer Mitbewohner Firefly schon sagte, der Umzug ist fast durch, mein Minifrosch* ( Wortspiel: Neuer Bewohner ) ist schon fast eingezogen und nicht, wie manche vermuteten, er ist unterwegs. Kinders, ich bin 37. Meine Pumpe ist nicht mehr die Beste und ich bin überzeugt, dass Frauen in meinem Alter keine Brut mehr legen beziehungsweise zeugen sollten. Das heißt, üben ist schon noch okay. Auch ich habe ein Verfallsdatum, was so mancher Promi leider nicht einsehen will. Der nächste Papst wird zum Beispiel jünger sein als Mick Jagger, der dann wohl immer noch auf Tournee geht. Das stecke man sich mal weg. Oder sonst wohin.
Aber noch mal zu meinen Erlebnissen auf dem frisch renovierten Gänseteich ( Wortspiel: Wohnung ). Wie Ihr bestimmt in Folge 50 mitbekommen habt, bin ich eine Handwerkerin und hier konnte ich mich selbst auf die Probe stellen. Die meisten Helfer, zwei an der Zahl, bezeichnete ich als Azubis. Weil sie leider von Renovieren gar keine Ahnung hatten. Die anderen als Hiwis*, weil ich keinen dritten und vierten Arm hatte und dringend den ein oder anderen Anreicher* zum ordnungsgemäßen Arbeiten brauchte. Wieder andere bezeichneten mich als Meister, danke Mad'se-Katze ( Wortspiel: Gemeint ist der Podcaster Madkaz ), oder als Sklaventreiber, weil ich nach der dritten Woche endlich fertig werden wollte. Verlassen konnten wir uns ohnehin nur auf den Mad'se-Katze vom Wuppercast und auf die Tante Syvivia, welche mich dann nach der vierten Woche motivieren musste und mir schon fast das Lachen verbot, sonst würde ich noch von der Baustelle fliegen. Um ein Ende zu finden, tat ich, wie mir befohlen wurde. "Ist ja doch noch alles schön geworden und ich premium*" sagt zumindest Tante Syvivia. So 'ne ( Umgspr: eine ) Baustelle ist schon was Feines. Vor allem wenn die Feuerfliege* die Farbe nicht an die Wand bringt, sondern auf sich oder an die Kacheln, wenn er den Kleister auf den frischen Boden tropft und nicht auf die Raufaser oder wenn er die Küche versenkt, wenn gerade der Boden frisch verlegt ist.
Ihr hättet das Gesicht sehen sollen von einer frisch geduschten Gans, die die Bohrmaschine aus der Wand zieht und schreit "Wasser aus, Wasser aus". Er kann wirklich viel. Das muss ich ihm lassen. Er hat die Küche selbst gemauert und gekachelt. Verfugen musste ich dann wieder. Alles bis auf den letzten Millimeter ausgemessen. In Sachen Strom und Elektrik macht ihm keiner was vor. Aber Löcher habe anschließend nur mal ich gebohrt. Wenn dann noch Zeit blieb, schickte ich ihn zum Üben mit der Bohrmaschine in den Keller. Irgendwann haben wir uns dann nur noch gestritten, weil jeder von uns seine eigene Technik bei der Arbeitsausführung hatte und so zogen wir dann als Einzelkämpfer durch die Zimmer.
Ich hatte ja meine Azubis, die mir halfen und mich unterhielten, während ich im Akkord die Tapeten an die Wand klatschte und mit Farbe verzierte. In unserer Wohnung war fast nichts fertig, nur das multimediale Feeling hielt schon frühzeitig Einzug in Küche, Wohn- und PC-Zimmer. So mancher Hörer würde uns für bekloppt erklären, wenn er wüsste, dass hier fast sieben Kilometer Kabel für Boxen, Fernseher, Elektronik, Beleuchtung und PC verlegt wurde. Sogar das Schlafzimmer wird standesgemäß mit einer Dolby-Digital-5.1-Surround-Anlage beschallt.
Highlights*. Highlights, genau. Wir kommen zu den Highlights. Highlights sind immer die Einkäufe im Baumarkt. Ich mache mir eine Liste und kaufe auch nur das, was ich für die nächsten Vorhaben brauche. Ich kaufe nicht so viel und vor allem nehme ich auch nur die billigeren Sachen. Weil dadurch könnte man ja auch praktischerweise etwas sparen. Meine Feuerfliege allerdings hat da ganz andere Absichten. Er kauft alles reichlich und sofort. Stellt sich die Hütte voll mit Material und weiß sich dann nicht mehr zu bewegen. Tim Allen hatte ihn bestimmt als Inspiration für seine Paraderolle als Heimwerkerkönig ( aus einer bekannten amerikanischen TV-Serie ), denn der beste Spruch kam gerade neulich erst zum Thema Tacker. "Wenn der kleine Handtacker das kann, dann kann der das mit 15 Watt noch besser. Aber wenn der 500 hat, dann kann der das erst recht und dann ist er genau richtig für mich." Super Schatz. Der Tacker liegt unbenutzt in der Ecke. Das heißt nicht ganz unbenutzt. Denn die Feuerfliege, die mit dem Gerätegrößenwahn hat zum Testen zweimal in die Verpackung geballert.
Na denn. Die Abschlussarbeiten zogen sich dann auch noch ein bisschen in die Länge, weil Schatzi ( Umgspr: Schatz ) und ich krank wurden, sich die Geister das ein oder andere mal schieden, wegen der Ausführung oder weil Firefly erst den ein oder anderen Kompromiss eingehen musste. Und zusätzlich, weil wir uns eine Auszeit gönnten. Wir arbeiteten hauptberuflich und nachher privat auf der Baustelle mit runden 16 bis 18 Stunden am Tag und waren einfach fertig. Um nicht zu sagen "Gans am Boden". Schlussendlich war alles aus zwei Haushalten hier und doch nichts am richtigen Platz. Alles war geputzt und doch nichts sauber, aber wir hatten eine rundum gute und reichlich beschallte Hütte von 114 Quadratmeter, in der man gleich in vier Zimmern seine Musikvideos am Bildschirm verfolgen konnte. Ich muss da noch einiges richtig stellen. Der Firefly, der war schon vor acht Monaten kein wirklicher Junggeselle mehr in seiner Wohnung. Ich hielt mich nur zurück mit meinem angeblichen Dekowahn*, weil er die ohnehin schon voll gestellte Kuriositätenkammer, genannt Wohnung in guter Erinnerung behalten sollte. Wer kleine, behaarte Äffchen, auslaufende Feuerzeuge im Grillenlook oder Kühe in Ledermänteln und Cowboy-Hüten in seiner Wohnung sammelt und ausstellt, sollte sich in puncto* Dekowahn nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich hätte ( richtig: hatte ) nur ein Achtel soviel Müll wie mein ( richtig: meine ) Tim Allen-Gedächtnis-Gans und konnte mich dazu durchringen, diesen auch zu entsorgen. Der gute alte Firefly hingegen ist ein kleiner Messi* und ich habe ihm nur sein eigenes Refugium geschaffen: das PC-Zimmer. Da kann er seiner Sammlung frönen und ich bin nicht sauer, das seine gesammelten Werke im Wohnzimmer stehen könnten. Ich bin doch nett, oder?
Sicher, ein Zusammenzug ist nicht immer leicht. Aber eine schwarze Vitrine mit goldenen Streifen, welche ein Überbleibsel aus den Achtzigern ist, mit der neuen Einrichtung in Einklang zu bringen, ist kein wirklich leichtes Spiel. Vor allem wenn man noch auf die Gefühle der Person, der diese Achtzigerjahre Augenschändung mitbrachte, achten muss. Dann fehlen sogar mir die Worte. "Nee, da gefällt sie mir nicht. Nee, hier auch nicht. Wir sollten vielleicht, ja ..." Wie dem auch sei, der gute Firefly schob seine eigene Vitrine auf sieben verschiedene Stellen, bis ich mich unter Tränen dazu bekannte, dass sie eigentlich überhaupt erst richtig, na ja, wie soll ich sagen, in den Keller passt. Und jetzt steht sie – im PC-Zimmer.
Hm. PC-Zimmer.
Da werde ich mich wohl nie so richtig wohlfühlen. Keine Pflanzen, keine Bilder an der Wand und überhaupt sehe ich nichts, was einmal mein war. Ein fast 20 Quadratmeter großes Zimmer mit Zapfsäule für wohltemperiertes Bier, einen Geldspielautomaten, den ich nicht mal anfassen darf ohne Genehmigung, eine alte eingestaubte Comicsammlung von Anno dazumal nebst Wilhelm Busch bis zum Abwinken.
Seine gleichgeschlechtlichen Dekophobika* haben hier ein eigenes Sofa und der Softdart-Club* Wuppertal hat hier wohl eine kleine Zweigstelle eingerichtet. Ich musste mit allen Mitteln kämpfen, dass ich das Zugangsrecht zum Rechner bekam und meine kleinsten Kinder hier ein Mini-Spielzentrum aufstellen durften. "Schatzi", ja, ja, weit weg von deinem Zapfhahn. So wie ich das sehe, Herr Firefly, haben sie hier eine 1A* Männerbude und keine Großzimmer. Zum Glück bleiben mir noch knappe 60 Quadratmeter leerer Wohnraum, wo ich mich und meine Allergien, die ich dann immer habe, wenn ich seine Staubbude verlasse, richtig gut entfalten kann.
Abschließend sei gesagt, dass wir alles in allem glücklich sind. Sind wir doch oder? "Ja Schatz". Ich will keine Sekunde missen, denn der Weg hierhin war zwar arbeitsreich, aber lustig. Wer meint, er kenne Firefly, der hat noch nie mit ihm privat geredet. Selbst in den schlimmsten Situationen hat er immer einen sarkastischen Spruch auf den Lippen, ein Lächeln im Gesicht oder redet mit einem undefinierbaren Dialekt, so dass sich jeder im Umkreis erst mal auf den Boden schmeißt vor Lachen. So. Nun gebe ich das Mikro mal wieder an die Gans zurück. Der rennt schon die ganze Zeit nervös durch den Flur und glaubt ich würde ihm sein Männerrefugium neu dekorieren. Mahlzeit.
Transkription : Vera Ihrig für www.LingQ.com Erläuterung : Dialekt/Regional = Regional besondere Worte oder Aussprache. Werden nicht überall verstanden und sollten nicht so gesprochen werden. Umgspr = Umgangsprache. Wird nahezu in ganz Deutschland verwendet und ist überall verständlich. *Azubis = Abkürzung für Auszubildende, also Personen, die in einem Betrieb eine geregelte Ausbildung erhalten *Firefly = Produzent dieses Podcasts *Hiwis = Ursprünglich Abkürzung für Wissenschaftliche Hilfskräfte, die einfache Hilfstätigkeiten an der Universität übernehmen. Der Ausdruck wird aber inzwischen insgesamt für Hilfskräfte verwendet. *Anreicher = Jemand, der einem Sachen rüber reicht *premium = vorzüglich. Erklärung vom Ersteller des Podcasts: Die zwei Frauen haben sich beim prosecco trinken während des streichens darauf verständigt "premium weibchen zu sein, also ganz tolle Frauen *Feuerfliege = Firefly ins Deutsche übersetzt *Highlights = Höhepunkt. Aus dem englischen, aber inzwischen allgemein üblich. *Dekowahn = unterstellt einen großen Hang (Wahn) zum Dekorieren *in puncto = bezüglich, wegen *Messi = Jemand, der nichts wegwerfen kann *Dekophobika = Wortschöpfung, soviel wie Angst erweckende (weil scheußliche) Dekoration *Softdart = Wurfspiel *1A = beste Qualität. 1 steht für sehr gut. A steht für sehr gut. Also zusammen unübertrefflich.
Herzlichen Dank an Firefly für die freundliche Genehmigung, den Beitrag hier zu verwenden.