Kaffee-Know-how aus Deutschland
Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Der Geschmack hängt von vielen Faktoren ab – wie etwa der Röstung des Rohkaffees. Ein deutsches Mittelstandsunternehmen kann dabei auf eine lange Erfahrung zurückblicken.
Kaffee gehört zu den beliebtesten Getränken weltweit und wird in immer mehr Varianten getrunken. Ein Beispiel: der sogenannte ‚cold brew‘: Kaffee, der mit zimmerwarmem Wasser aufgesetzt wird und den man bis zu zehn Stunden ziehen lässt. Beinahe kalter Kaffee sind so gesehen der Filterkaffee, Kapselkaffee, Espresso, Cappuccino, aromatisierter Kaffee oder Instantkaffee. Je mehr Kaffeevarianten, neue Trends und Modeerscheinungen es gibt, desto besser ist das für einen mittelständischen deutschen Hersteller, der in Emmerich am Rhein direkt an der Grenze zu den Niederlanden seinen Sitz hat: die Firma Probat. Denn bei allen Varianten kommt es auf die Röstung an, und das ist das Fachgebiet des Unternehmens. Die rohen Kaffeebohnen müssen in einem feuerfesten Behälter, einer Röstmaschine oder einem Röster, großer Hitze ausgesetzt und unter ständigem Rühren solange bewegt werden, bis sie eine braune Kruste haben und ihr Aroma entfalten. Sie werden „geröstet“. Die Firma Probat stellt diese Maschinen schon in vierter Generation her. Geschäftsführer Wim Abbing blickt in die Gründungsgeschichte zurück:
„Wir sind gegründet [worden] von drei Herren, und zwei davon waren Kolonialwarenhändler – und bereits in den 1830er Jahren zwei dieser Gründer gründeten eine kleine Rösterei. Bis dahin gab's keinen industriellen Hersteller von Kaffeeröstmaschinen. Und als dann der dritte Herr dazukam, Ingenieur, 27 Jahre alt, direkt nach 'm Studium, Theodor von Gimborn, der hat halt dann angefangen, Kaffeeröstmaschinen herzustellen.“
Lebens- und Genussmittel wie Tee oder Kaffee, die aus Kolonien, Besitzungen der Europäer in Übersee, stammten, sogenannte Kolonialwaren, wurden damals zu Seehäfen wie Antwerpen und Rotterdam in den Niederlanden gebracht. Von dort wurden sie dann über den Rhein auch nach Deutschland transportiert. Mit den Probat-Röstmaschinen konnten die Kolonialwarenhändler nicht mehr nur Rohkaffee, sondern auch fertig gerösteten Kaffee verkaufen. Mit Erfolg, der bis heute anhält, so Wim Abbing:
„Es werden heute gar nicht so wahnsinnig viele Röstmaschinen gebaut in der Welt. Wir arbeiten in 'ner sehr feinen, kleinen Nische. Unser Kundenkreis sind 'n paar tausend Kunden weltweit, die Kaffee rösten.“
Probat hat eine Art Alleinstellungsmerkmal, nicht viel Konkurrenz. Die Firma bewegt sich in einer kleinen, aber feinen Marktnische, einem ausgewählten Teilbereich. Um seine Marktposition zu behaupten, investiert der Mittelständler in Forschung und Entwicklung. So arbeitet von den rund 450 Mitarbeitern in Emmerich nur etwa ein Viertel in der Maschinenfertigung. Der Rest sind Ingenieure oder auch Softwareprogrammierer. Denn die zum Teil meterhohen Anlagen, bei denen von der Rohkaffeeannahme bis zur Verpackung alles automatisiert ist, brauchen eine ausgeklügelte Steuerung.
Ein weiteres Plus: Das Unternehmen setzt die sehr lange Erfahrung mit Röstverfahren ein und hilft seinen Kunden, neue Produkte, sprich besseren und anders gerösteten Kaffee zu entwickeln. Dafür wurde ein eigenes Gebäude gebaut, in dem alle möglichen Sorten von Mahl- und Röstmaschinen aufgestellt sind. In diesem Technikum kann die ganze Prozesskette – von der Rohkaffeeannahme bis zum fertig verarbeiteten Kaffee – dargestellt werden. Bei den Kunden stößt das laut Wim Abbing auf großes Interesse:
„Wir haben fast täglich Kunden hier, von einem kleinen Kaffeeröster bis zu den großen, multinationalen Konzernen. Und die kommen hierhin, um unsere Maschinen auszuprobieren, um darauf zu lernen, um geschult zu werden. Diese Besuche laufen von wenigen Stunden bis zu Wochen zum Teil. Es geht soweit, dass wir Produktentwicklung hier mit unseren Kunden machen. Denn vielfach haben wir mittelständische Kunden, die gar nicht in der Lage sind, eigenständig Versuche zu fahren, die halt nur einen Röster haben oder zwei, die in Produktion laufen müssen. Wenn's aber darum geht, mal was Neues auszuprobieren, neue Röstverfahren oder neue Röstungen und neue Geschmäcker auszuprobieren, kommen sie dann lieber zu uns, um hier mal 'ne Woche im Technikum das Ganze in Ruhe rösten zu können.“
In aller Ruhe können Kunden Versuche fahren, testen, welches Röstverfahren für den Rohkaffee passend sein könnte. Manche werden ausgebildet, geschult. Denn durch verschiedene Röstverfahren kann der gleiche Rohkaffee sehr unterschiedlich schmecken: ein guter Rohkaffee nach einer schlechten Röstung schlecht, ein schlechter Rohkaffee nach einer guten Röstung nicht sehr gut, aber zumindest akzeptabel. Und genau das ist es, was Probat eigentlich am Wichtigsten ist:
„Wir sind zwar Maschinenbauer, aber wir definieren uns nicht über unsere Maschinen, sondern wir definieren uns über die Qualität des Kaffees, über den Geschmack, über den Geruch, über die Aromen. Darüber sprechen wir mit unseren Kunden. Wir sprechen nicht über 'n Lager, wir sprechen nicht über die Dicke des Bleches. Das interessiert keinen Menschen. Sondern wir sprechen darüber: Wie muss 'n Kaffee schmecken? Was ist der richtige Geschmack? Was ist das richtige Aroma? Und was muss ich dann dafür tun?“
Nicht technische Details wie Lager, bewegliche Teile einer Maschine, oder Materialien wie Blech, dünnes, gepresstes Metall, interessieren die Kunden, sondern die lange Erfahrung der Firma Probat im Bereich der Röstungen. Und dass die Beliebtheit von Kaffee irgendwann mal abflauen und das Unternehmen aus Emmerich dann in Bedrängnis geraten könnte, sieht Wim Abbing nicht:
„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren noch viele neue Entwicklungen im Kaffee erleben werden und auch neue Regionen im Kaffee erleben werden. Gerade Südostasien und auch China und Indien sind sicherlich Wachstumsregionen, um die wir uns sehr stark kümmern, so dass ich mir für den Kaffee und für dieses Unternehmen keine Sorgen mache.“