Sendung: tagesschau 11.03.2020 20:00 Uhr
Themen der Sendung: Corona-Krise: Merkel und Spahn stimmen Bürger auf weitere Einschränkungen im Alltag ein, WHO erklärt Coronavirus zur Pandemie, Verteidigungsausschuss diskutiert Verlängerung für Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, Gegen Wegwerfmentalität: EU-Aktionsplan zur Müllvermeidung, Joe Biden baut Vorsprung bei Vorwahlen der US-Demokraten aus, 23 Jahre Haft für Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung, Die Lottozahlen, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Jan Hofer
Guten Abend,
willkommen zur tagesschau.
Kanzlerin Merkel rief zur Solidarität
in der Corona-Krise auf.
Das sei wichtig für ältere
und chronisch kranke Menschen.
Merkel äußerte sich
auf einer Pressekonferenz
mit Gesundheitsminister Spahn
erstmals zum Virus.
Beide stimmten die Bürger
auf Einschränkungen ein.
Merkel sprach
von einer außergewöhnlichen Lage.
Sie geht in die Offensive:
Lange überließ die Kanzlerin dem
Gesundheitsminister das Management.
Jetzt meldet sich Merkel zu Wort.
Ihr Appell:
Unsere Solidarität, unsere Vernunft,
unser Herz füreinander
sind auf eine Probe gestellt.
Ich wünsche mir,
dass wir diese Probe bestehen.
Auch die Wirtschaft
stöhnt unter der Last der Krise.
Die Regierung will schnell
und unbürokratisch helfen,
etwa mit Finanzhilfen
und erweitertem Kurzarbeitergeld.
Gewinneinbußen
sind jetzt schon absehbar.
Deswegen dürfen Unternehmen
aber nicht in die Knie gehen
oder Arbeitsplätze abgebaut werden.
Um die Wirtschaftskrise abzufedern,
fordern Wirtschaftswissenschaftler
die Abkehr von der Schwarzen Null.
Die Schwarze Null
ist in der Krise kein Ratgeber.
Im Sinne des Artikel 115 -
Naturkatastrophen und Situationen,
die sich der Kontrolle
des Staates entziehen.
Wer sich da
auf die Schwarze Null zurückzieht,
kommt seiner Verantwortung
nicht nach.
Es wird auch
in der Regierung diskutiert.
In der Krise
dürfe ein Sparkurs kein Dogma sein,
räumt die Kanzlerin ein.
Der Haushaltsausschuss
hat bis zu einer Milliarde mehr
an Investitionen
ins Gesundheitssystem freigegeben.
Die Unterstützung
der Impfentwicklung.
Wir fragen nicht jeden Tag:
Was bedeutet das fürs Defizit?
Es ist eine besondere Situation -
wir werden das Notwendige tun.
Die Corona-Krise
hat den Bundestag erreicht:
Ein FDP-Abgeordneter
hat sich infiziert.
Mitarbeiter
sind in häuslicher Quarantäne.
Der SPD-Abgeordnete Lauterbach
macht freiwillig Home Office.
Hintergrund ist eine Sitzung,
an der ein infizierter Mitarbeiter
des Justizministeriums teilnahm.
Die Weltgesundheitsorganisation
spricht mit Blick auf Corona
nun von einer Pandemie,
also einer weltweiten Ausbreitung.
Die Vielzahl neuer Infektionen
und Todesfälle weltweit
binnen kürzester Zeit
habe dazu geführt.
Dies ändere aber nichts
am Umgang der WHO mit Corona.
In Deutschland gibt es
einen dritten Todesfall.
Die Zahl der Infizierten stieg
laut Johns-Hopkins-Universität
auf mehr als 1600.
Morgen beraten Länderchefs
und Kultusminister über die Lage.
Zwei neue Corona-Ambulanzen
gibt es in Berlin,
um Ärzte und Praxen zu entlasten.
Kapazitäten schaffen
und Zeit gewinnen:
Das sind die Überschriften
im Kampf gegen das Virus.
Je weniger Menschen
sich gleichzeitig anstecken,
desto besser können die Kliniken
angemessen und gut behandeln.
Die Kurven zeigen das:
Bei einer hohen Fallzahl bekäme
das Gesundheitssystem große Probleme.
Je länger sich zeitlich gesehen
die Fallzahlen strecken,
desto leichter wäre es handhabbar -
ohne andere Patienten
zu vernachlässigen.
Zeitverlust
war in Italien das Problem.
Weil das Virus
erst spät erkannt wurde,
kamen die Eindämmungsmaßnahmen spät.
In Italien gibt es 12.500 Infizierte.
Doch Deutschland
stehe noch ganz am Anfang.
Irgendwann treffe das Virus
die Mehrheit.
Ein Virus, das bis zu 70 %
der Menschen infizieren wird.
Was wir nicht wissen, ist,
in welcher Geschwindigkeit
das geschieht.
Aber je länger das dauert,
desto besser.
Denn irgendwann wird es Medikamente
und einen Impfstoff geben.
Noch gibt es keine Krise
in der Intensivmedizin.
Wir haben genügend
Intensiv- und Beatmungsbetten
für normale Lagen.
Wir haben auch Reserven
für besondere Notsituationen,
um zusätzliche Patienten
zu behandeln.
Doch es gibt neue Sorgen:
Nordostfrankreich
wurde zum Risikogebiet erklärt.
Das betrifft auch viele Grenzpendler
aus Baden-Württemberg.
Der angekündigte Truppenabzug der USA
aus Afghanistan
könnte sich auf das Mandat
der Bundeswehr auswirken.
Das bestehende läuft Ende März aus
und soll laut Bundesregierung
um ein Jahr verlängert werden.
Die Opposition kritisiert,
es gebe keine Abzugsstrategie.
Der Afghanistan-Einsatz war Thema
im Verteidigungsausschuss.
Wie weiter in Afghanistan?
Generalinspekteur Zorn stellt
dem Verteidigungsausschuss vor,
was der Abzug der US-Soldaten
für die Bundeswehr bedeutet.
Denkbar ist,
dass die Anzahl deutscher Soldaten
verringert wird.
Wir sehen den NATO-Einsatz so:
gemeinsam rein, gemeinsam raus.
Auch wir werden dann
unsere Anteile reduzieren.
19 Jahre
sind deutsche Soldaten vor Ort.
Im Norden
ist Deutschland Führungsnation.
Maximal 1300 Soldaten
sieht das Mandat vor.
Die Bundeswehr überlegt,
wie die Reduzierung der Truppen
organisiert wird.
130 Dienstposten
bei der Streitkräftebasis planen,
was passiert,
wenn große US-Truppenteile abziehen.
Wie können wir unsere Truppen
dann problemlos abziehen?
Die Opposition will
detaillierte Pläne schriftlich.
Wir haben Zahlen verlangt,
in welcher Phase was passiert.
Wir hängen an den Amerikanern.
Die Öffentlichkeit
muss informiert werden:
Gibt es einen Abzug,
unter welchen Bedingungen?
Der Verteidigungsausschuss stimmte
einer Verlängerung des Mandats zu.
Noch im März will der Bundestag
darüber entscheiden.
Auch wenn das Mandat
verlängert wird:
Ein Abzug oder
eine Reduzierung der Truppenstärke
könnte bald Realität werden.
Ohne den Schutz der US-Truppen
werden deutsche Soldaten
keine afghanischen Sicherheitskräfte
ausbilden können.
Das wäre zu gefährlich.
Die EU-Kommission legte einen
Aktionsplan zur Müllvermeidung vor,
um von der Wegwerfmentalität
wegzukommen.
Hersteller
sollen Geräte so konstruieren,
dass sie länger nutzbar
und zu reparieren sind.
Geplant sind Vorschriften
gegen übermäßige Verpackungen
oder ein Verbot,
Retouren zu vernichten.
Die Vorschläge sollen dazu dienen,
die EU-Klimaziele zu erreichen.
Ein Recht auf Reparatur
ist zentraler Punkt
der Kreislaufwirtschaftsstrategie.
Es soll nicht mehr billiger
sein dürfen, neu zu kaufen.
Gelingen soll das, indem man Produkte
wieder aufschrauben kann: Öko-Design.
Das Modell "Nehmen, verarbeiten,
nutzen und wegwerfen" ist am Limit.
Mit steigender Weltbevölkerung
steigt der Konsum.
Das führt in eine Ressourcen-Krise.
Die EU-Kommission strebt
ein neues Wirtschaftsmodell an:
Vermeidung von Müll
und Wiederverwertung von Rohstoffen.
Für Mobiltelefone und Tablets soll es
ein einheitliches Ladegerät geben,
um Elektroschrott zu verringern.
Es soll verboten werden, unverkaufte,
haltbare Güter zu vernichten.
Verpackungsmaterial,
besonders aus Plastik,
soll eingeschränkt werden.
Parlamentarier begrüßen dies.
Wie wir Ressourcen
in einen klugen Kreislauf kriegen,
wird die Art, wie wir wirtschaften,
nachhaltig ändern.
Wenn wir weniger Material nutzen
und mehr reparieren,
ist das gut für die Arbeitsplätze.
Lobbyverbände
kritisieren den Paradigmenwechsel.
Die Pläne
sollen bis spätestens 2021
in nationale Gesetze
umgesetzt werden.
Die Vorwahlen
um die US-Präsidentschaftskandidatur
bleiben bei den Demokraten offen.
Der frühere US-Vizepräsident Biden
konnte die Abstimmungen
in vier von sechs Bundesstaaten
für sich entscheiden.
Sein linksgerichteter Rivale Sanders
will aber im Rennen bleiben.
Ein Parteitag im Juli entscheidet,
wer Trump herausfordern wird.
Der Kandidat braucht
mindestens 1991 Delegiertenstimmen.
Nicht triumphierend,
sondern staatsmännisch
gibt sich Joe Biden
nach den Siegen im Vorwahlkampf.
Als sei er schon die Alternative
der Demokraten zu Präsident Trump.
Wir sind unserem Ziel
einen Schritt näher,
Anstand, Würde und Ehre
im Weißen Haus wiederherzustellen.
In Mississippi und Missouri
hatten schwarze Wähler
dem Vizepräsidenten unter Obama
zum Sieg verholfen.
Auch in Michigan
lag Biden vor seinem Rivalen
und setzt den unter Druck.
Ich danke Bernie Sanders
und seinen Unterstützern
für ihre Energie und Leidenschaft.
Gemeinsam werden wir Trump besiegen.
Doch Sanders will weiterkämpfen -
kommende Woche in Ohio,
Florida, Illinois und Arizona.
Er bleibe der Hoffnungsträger
der jungen Generation.
Ich rufe dem Establishment
der Demokraten zu:
Um zu siegen,
müsst ihr die Wähler gewinnen,
die für die Zukunft unseres Landes
stehen.
Sanders Hoffnung
auf die Nominierung schwindet.
Vom linken Rand des Bewerberfeldes
hatte er sich
in die Favoritenrolle vorgekämpft.
Nun scheinen
viele Wähler zurückzuschrecken
vor seinem radikalen Programm.
Auf die moderate Mitte
wirkt Biden wählbarer.
Hollywood-Produzent Weinstein wurde
wegen Vergewaltigung
und sexueller Nötigung in New York
zu 23 Jahren Haft verurteilt.
Weinstein war zuvor in zwei Fällen
schuldig gesprochen worden.
Mehr als 80 Frauen
werfen ihm sexuelle Übergriffe vor.
Der 67-Jährige
weist die Vorwürfe zurück.
Der Fall war Auslöser
der weltweiten MeToo-Bewegung.
Applaus für Jessica Mann
und die anderen Frauen,
die für das Urteil gekämpft hatten.
23 Jahre Gefängnis -
ein Sieg für die Anklage.
Der Richter
hat eine Botschaft gesendet,
dass dieses Benehmen
bei jedem Täter ernst genommen wird.
Donna Rotunno
ist die Verteidigerin von Weinstein.
Sie hatte bis zuletzt versucht,
die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen
zu untergraben – vergebens.
Das ist ein obszönes Urteil.
Herr Weinstein
hatte nie eine faire Chance.
Ich sage nicht, er ist ein Opfer.
Wir wollten Fairness
und haben sie nicht bekommen.
Weinstein hatte Reue bekundet,
sein Mitgefühl sei gewachsen.
Aber er mache sich Sorgen um
Tausende Männer in seiner Situation.
Das Urteil nahm er zur Kenntnis.
Verhandelt wurden nur die Fälle
von Mimi Haley und Jessica Mann,
aber angehört wurden
auch weitere Zeuginnen.
Die Reaktionen:
Eine gute Strafe,
das habe ich nicht erwartet.
Zum ersten Mal
fühle ich mich wieder glücklich.
So sieht Gerechtigkeit aus,
findet die Anwältin der Zeuginnen.
Bei den Zeuginnen herrschte
Überraschung und Erleichterung
über die hohe Strafe.
Für viele ist es eine Ermutigung,
dass auch ein mächtiger Mann
so zur Rechenschaft gezogen wird.
Die Lottozahlen:
Nun die Wettervorhersage für morgen,
Donnerstag, den 12. März:
Ein Sturmtief
zieht über Südskandinavien.
Es sorgt dafür, dass der Wind
im Nordwesten stürmisch auffrischt.
Dazu regnet oder schauert es
im Norden und in der Mitte.
Im Laufe des Tages verlagert sich
der Regen in den Süden.
Im Norden scheint neben Wolken
und Schauern häufig die Sonne.
Dort und im Osten auch Sturmböen.
Am Freitag im Norden und in der Mitte
wechselhaft und windig,
im Süden meist trocken.
Samstag beruhigt sich das Wetter.
Am Sonntag im Norden Wolken,
sonst häufig Sonne.
Ingo Zamperoni hat um 22.15 Uhr
diese Tagesthemen für Sie:
Kampf gegen Corona -
Merkels Appell an die Bevölkerung.
Erstes Geisterspiel
in der Bundesliga -
wie das Virus den Alltag verändert.
Ich wünsche einen schönen Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2020