tagesthemen Sendung vom 25.02.2021, 22:15 Uhr - Frauenquote
Guten Abend zu tagesthemen
mit zwei Frauen im Studio.
Das war in der Geschichte
der Sendung nicht von Beginn an so,
dann aber
schnell selbstverständlich.
Die Wirtschaft ist zögerlicher.
Sie war eine der ersten
Top-Managerinnen Deutschlands,
Ende des 19. Jahrhunderts:
Margarete Steiff.
Sie formte aus
einer kleinen Manufaktur in Schwaben
eine große Spielwarenfabrik.
Solche Frauen an der Spitze
gab es immer schon,
nur sind sie bis heute die Ausnahme:
Der typische Vorstand ist männlich,
auch im 21. Jahrhundert.
Von selbst
scheint sich das nicht zu ändern.
Also versucht es die Bundesregierung
mit einem Gesetz.
Sollte die Mindestquote kommen
für große Unternehmen,
dann wären Managerinnen wie sie
sehr gefragt.
Julie Kurz.
Vor der Zeit sein:
Christian Böhnke kennt das Gefühl
nur zu gut.
Vor 14 Jahren
gründete er "Hunting her":
Erste Headhunting-Agentur
in Deutschland nur für Frauen.
Wir wurden belächelt.
Als eine spezialisierte
Personalberatung nur für Frauen
schob man uns in die exotische Ecke.
"Exotische Ecke", wenn es
um die Hälfte der Gesellschaft geht.
Lange änderte sich daran nichts.
Nun aber sind Frauen
mit Führungserfahrung gefragt,
der Markt umkämpft.
Will ein Unternehmen eine Frau an
der Spitze, finde man eine, aber:
Es hängt davon ab,
ob die Entschlossenheit
vorhanden ist oder nicht.
Wenn man sich
Vorstandsebenen so anschaut,
dann war das mit der Entschlossenheit
bisher - na ja, so eine Sache.
Das soll eine Quote ändern.
Laut Gesetzentwurf müssen Unternehmen
ab vier Vorstandsmitgliedern
mindestens
einen mit einer Frau besetzen.
Allein die Ankündigung führte dazu,
dass DAX-Unternehmen Frauen
in die Führungsetagen berufen haben:
Aber nicht ohne Protest.
Der Adidas-Chef wettert in einem
Interview mit der Bild kürzlich:
Die Quote
sei keine nachhaltige Lösung.
Er beschwört das Leistungsprinzip.
Im Parlament verteidigt die
Familienministerin heute den Entwurf:
Wo eine Frau Verantwortung
in den Chefetagen übernimmt,
geht es gleichberechtigter
und wirtschaftlich erfolgreicher zu.
Das zeigen Studien.
Aber auch hier:
nicht nur Quotenfreunde.
Es bedarf keiner Frauenquote, sondern
eines Kulturwandels, fordert die FDP.
Damit es möglich ist, Verantwortung
für Familie und Beruf zu übernehmen.
Da sitzen die Killer der Karrieren.
Und ein AfD-Abgeordneter fragt sich:
Was für einen Grund
hätte ein Unternehmen wie BMW,
das auf allen Ebenen
qualifizierteste Mitarbeiter sucht:
Was für einen Grund
hätte dieses Unternehmen,
Frauen nicht einzustellen,
wenn sie kompetent wären?
Grüne und Linke hingegen finden
das Gesetz nicht weitreichend genug.
Was bringt eine Quote, wenn sie
nur wenige Vorstandsposten betrifft?
Das Institut für Wirtschaftsforschung
geht davon aus,
dass das Gesetz
breiter wirken könnte.
Es zwingt die Unternehmen für Frauen
Karrieremöglichkeiten zu schaffen.
Damit sie genug Frauen haben,
die sich qualifizieren
für 'nen Vorstandsposten.
Genau das denkt auch der Headhunter.
Gewünscht hätte er sich aber,
dass die Unternehmen von allein
das Potenzial erkannt hätten:
Von der Hälfte der Gesellschaft.
Sie ist eine der wenigen Frauen in
Spitzenpositionen in der Wirtschaft
und sie ist
für die gesetzliche Quote.
Dr. Sigrid Nikutta
war fast zehn Jahre Chefin
der Berliner Verkehrstriebe.
Sie ist im Vorstand
der Deutschen Bahn
verantwortlich für Güterverkehr,
DB Cargo.
Guten Abend, Frau Nikutta.
Schönen guten Abend, Frau Miosga.
Wir wollten auch mit Ihnen sprechen,
weil die Bahn schon freiwillig
die Quote hingekriegt hat.
Nun erfahren wir,
dass die einzige Frau im Vorstand
neben Ihnen hinschmeißt.
Fachmagazine schreiben, ihr habe
ein Mann den Rang streitig gemacht.
Was'n da los?
Erst mal muss man ganz klar sagen:
Die Bahn ist,
was das Thema Frauen angeht,
schon seit Jahren ganz weit vorne.
Wir haben uns schon im Frühjahr
das Ziel gesetzt:
Wir wollen 30 Prozent Frauen
in allen Führungspositionen haben.
Derzeit haben wir erst 21 Prozent.
Und im Vorstand
sind wir zwei Frauen.
Auch das geht über
die jetzigen Zielsetzungen hinaus.
Dennoch finde ich es persönlich -
auch wir als Deutsche Bahn - schade,
dass meine Kollegin Sabina Jeschke
einen anderen Weg einschlägt.
Und nicht mehr mit mir
im Vorstand der Bahn sein wird.
An dem Gerücht,
dass sie hinschmeißt,
weil ein Mann ihr den Rang streitig
gemacht hat, da ist nichts dran?
Also, wir sind sieben Personen im
Vorstand, fünf Männer, zwei Frauen.
Und die Ressortverteilung ist klar.
Sabina hat einen anderen Lebensweg
für sich entschieden,
was ich
sehr gut nachvollziehen kann.
Sie ist einer der Top-Frauen
in der deutschen Wirtschaft,
auch eine Top-Forscherin.
Und ich
respektiere ihre Entscheidung.
Ist es schwierig, Frauen
für solche Spitzenposten zu finden?
Wir haben ja einen Headhunter
kennengelernt, der gut zu tun hat.
Ich sage Ihnen:
Es ist nicht schwierig.
Es gibt genügend
hochqualifizierte Frauen.
Das ist ein Teil der Wahrheit.
Der andere ist - wenn wir immer noch
nur knapp über zehn Prozent Frauen
in Management-Positionen haben:
Dann haben wir hier
noch großen Nachholbedarf.
Da müssen wir in allen Ebenen
in Unternehmen anfangen,
Frauen wirklich zu holen
und zu entwickeln.
Von der Auszubildenden
bis zur Top-Managerin.
Mich interessiert der Weg dorthin,
wo Sie sind.
Mussten Sie besondere Hürden nehmen,
weil Sie eine Frau sind?
Liebe Frau Miosga, am Anfang
ist man sich dessen nicht bewusst.
Als ich mit 20 anfing zu arbeiten,
dachte ich:
Ist doch ganz egal,
ob du eine Frau oder ein Mann bist.
Ich habe dann im Berufsleben
sehr schnell gelernt,
dass es sehr wohl einen Unterschied
macht, welches Geschlecht du bist.
Denn eigentlich musste ich -
das kann ich rückblickend sagen -
immer deutlich mehr leisten,
hatte deutlich mehr Widerstände.
Und ich musste immer wieder
darauf aufmerksam machen,
dass ich weiterkommen will,
Karriere machen möchte.
Ich glaube, da gibt es
noch lange keine Chancengleichheit.
Es gibt mannigfaltige Klischees, mit
denen Frauen in Führungspositionen
sich herumschlagen müssen.
Welche Sätze
wollen Sie nie wieder hören?
Der schlimmste Satz:
"Seien Sie doch froh,
dass Sie mit kleinen Kindern
bei uns Vorstand werden können."
* Lachen *
Was haben Sie gesagt?
Ja, ich war doch verärgert darüber.
Oder auch so Sätze wie:
"Meinen Sie nicht, dass Sie es jetzt
mal ruhiger angehen lassen müssen?"
Oder Sätze wie:
"Ich verstehe gar nicht, dass Sie
als Frau so viel Wert darauf legen,
beruflich erfolgreich zu sein."
Oder auch den Satz:
"Meinen Sie nicht, dass Ihr Mann
jetzt mehr arbeiten sollte?"
* Lachen *
Was haben Sie gesagt auf die Frage?
Man muss wissen: Sie haben fünf
Kinder, und Ihr Mann ist zu Hause.
Ganz genau.
Und mit jedem Kind bekam ich
genau diese Sprüche zu hören.
Mein Spruch ist dann immer:
"Das entscheiden wir
schon gemeinsam."
Und bei uns war das immer ganz klar.
Aber es gab - das muss ich sagen -
auch sehr viel Unterstützung.
Die Welt ist da
nicht schwarz oder weiß.
Genauso wie es Sprüche gab,
die extrem diskriminierend waren,
gab es extrem viel Unterstützung.
Gerade in Berlin, als ich sehr
sichtbar war als BVG-Chefin
und zwei Kinder bekommen habe, habe
ich viel Unterstützung erfahren.
Irgendwann
wurde es selbstverständlich.
Aber am Ende des Wegs
sind wir noch nicht, sagen Sie.
Was ist der Punkt, an dem wir
nicht mehr über Quoten reden müssen?
Ja.
Als Unternehmerin weiß ich,
dass, um Erfolge zu haben,
Ziele sehr, sehr wichtig sind.
Und damit wir erfolgreich bleiben,
damit unsere Wirtschaft
dauerhaft wettbewerbsfähig ist:
Da brauchen wir die besten Köpfe.
Und dann bin ich überzeugt davon,
werden wir dazu kommen,
dass mindestens 50 Prozent Frauen
da sein werden in allen Ebenen.
Erleben wir das noch?
Jaaaa ... Ich wäre froh,
wenn meine Töchter es erleben.
Mein Ziel ist,
dass die Generation nach uns
es einfach haben wird.
Dass wir es wirklich schaffen,
unabhängig vom Geschlecht
die gleichen Chancen zu haben.
Dass diese Chancen nur
von der Leistung abhängen werden.
Danke, Sigrid Nikutta.
Herzlichen Dank.
Das Gespräch
habe ich vor der Sendung geführt.
Quote und Gleichberechtigung.
Dazu die Meinung einer Frau
in Führungsverantwortung beim NDR,
als Leiterin von Kultur
und Dokumentation:
Anja Reschke.
Ich finde die Quote schrecklich,
beschämend, dass sie
eingeführt werden muss im Jahr 2021.
Erniedrigend für uns Frauen,
dass wir schon wieder gegen dieses
einfallslose Argument angehen müssen:
Dass es in Wirtschaft und Führung
um Qualifikation
und nicht Geschlecht gehen muss.
Ach!
Dabei ist das Geschlecht schon ewig
entscheidend bei der Besetzung.
Man musste halt ein Mann sein.
Vor 20 Jahren hatten sich
deutsche Unternehmen verpflichtet,
einen höheren Frauenanteil
anzustreben.
Wenn heute in
den 200 umsatzstärksten Unternehmen
nur 12 % der Vorstände weiblich sind,
heißt das:
Mehr Frauen
haben nicht das Zeug zu Führung?
Und hat es auch etwas
mit Qualifikation zu tun,
wenn ein Drittel der Unternehmen,
die Zielvorgaben für Frauen
in Vorständen angeben müssen,
die Zahl auf null gesetzt haben?
Ziel: null Frauen?
Vor sechs Jahren
beschloss der Bundestag
das Führungspositionen-Gesetz.
Damals ging es
um die Quote für Aufsichtsräte.
Mit dem gleichen Gezeter.
Aber die Quote von 30 % Frauen
wurde binnen zwei Jahren erfüllt.
Und?
Ist die deutsche Wirtschaft
den Bach runtergegangen?
Die Quote
ist ein politischer Eingriff
in die Unternehmensfreiheit -
keine Frage.
Das waren auch Gesetze
zum Arbeitsschutz
oder Ruhestandsregelungen.
Aber sie dienen
dem Wohl der Gesellschaft.
Das ist Aufgabe der Politik.
Ich zitiere mal
die große Schauspielerin Heidi Kabel:
"Emanzipation ist erst dann
vollendet, wenn auch mal
eine unfähige Frau in
einer verantwortlichen Position ist."
Wenn das erreicht ist, dann können
wir die Quote wieder abschaffen.
Aber so lang werden wir sie brauchen.
Die Meinung von Anja Reschke.
Wir kommen auch heute
nicht vorbei an der Pandemie.
Was im Wortsinn bedeutet:
Das Virus kennt keine Grenzen.
Trotzdem versuchen Regierungen
in Europa es wieder:
Mit eingeschränktem Grenzverkehr
auch die Infektionsketten
zu unterbrechen.
Die Grenze zu Tschechien z.B. ist
seit fast zwei Wochen fast dicht,
auch in Sachsen.
Weil drüben
die britische Virus-Variante
so viele Menschen befallen hat.
Tausende sind jetzt gezwungen,
auf Abstand zu bleiben zu allem,
was sonst ihr Leben bestimmt.
Danko Handrick und Julia Cruschwitz
waren heute im Erzgebirge.
Na, alles okay?
Und du, keine Neuigkeiten,
ob du rüber darfst?
Den Ablehnungsbescheid haben wir.
Sonst sieht's traurig aus.
Einfach rüber in seine Firma bei
Marienberg darf Thomas Mehnert nicht.
Der Unternehmer aus Sachsen
wohnt in Tschechien.
Doch an dieser Brücke im Erzgebirge
ist Schluss.
Tausende Pendler müssen sich,
so wie Mehnert entscheiden,
in Deutschland arbeiten
oder in Tschechien leben.
Ausnahmen gibt es in Sachsen
nur für medizinisches Personal,
Mitarbeiter
in der kritischen Infrastruktur.
Getrennte Familien
treffen sich auf der Brücke,
die Deutschland und Tschechien
trennt.
Die Bundespolizei toleriert das,
einen Grenzübertritt aber nicht.
Z.B. vorgestern brachte
meine Bekannte mir meine Medikamente
aus der deutschen Apotheke.
Es ist wie
diese Glienicker Brücke in Berlin.
Vielen seiner tschechischen Nachbarn
entsteht dadurch
ein finanzielles Problem.
Das gemeinsame Haus Europa
bekommt Risse.
Mein Bruder, ich habe viele Freunde
hier, was in Deutschland arbeiten.
Alle sind zu Hause,
wissen nicht, wie's weitergeht.
Was soll man machen hier
ohne Arbeit?
Bei uns ist es auch schwierig
mit der Arbeit.
Ich finde es nicht richtig.
Richtig laut
kritisiert die tschechische Regierung
die Grenzschließung nicht.
Im Frühjahr '20 hat Prag die Grenzen
zu Deutschland schnell geschlossen,
als die Infektionszahlen
in Deutschland höher waren.
Deutschland
begründet die Einreisebeschränkung
mit den hohen Neuinfektionszahlen
in Tschechien.
Aktuell gibt es dort
eine Inzidenz von 699.
Das Infektionsgeschehen
ist außer Kontrolle,
Krankenhäuser völlig überlastet
und vielen scheint es egal zu sein.
Da kann die Regierung
nichts machen und kein Parlament.
Wenn die Leute sich nicht die Regeln
halten, dann bleibt alles so.
Die Leute sehen
kein Licht am Ende des Tunnels.
Sie sind müde,
die Einschränkungen einzuhalten.
Selbst die, die vor Kurzem
noch alle Regeln beachtet haben,
achten jetzt weniger.
Im Parlament streitet man sich
über die Verlängerung des Notstandes,
um die Maßnahmen zu verschärfen.
Doch wie die aussehen und
wann sie greifen sollen ist unklar.
So bleibt auch die Situation
im Grenzgebiet unklar.
Denn solange die Zahlen in Tschechien
steigen, befürchten sie,
hat es sich ausgependelt
im Haus Europa.
Geschlossene Grenzen in Europa will
will die EU eigentlich verhindern.
Aber jetzt stellt doch jedes Land
wieder eigene Regeln auf.
Es wurde Zeit,
dass sich die Verantwortlichen
der EU-Länder zusammenschalten.
Und nach diesem virtuellen
Sondergipfel heute
hat die Kanzlerin ihre Entscheidung
so gerechtfertigt:
Ich hab für Deutschland erklärt,
dass wir in bestimmten Fällen
Beschränkungen einzuführen müssen,
wenn es z.B. Mutationsgebiete gibt.
Da sind wir nicht die Einzigen.
Wir setzen alles daran,
den Warenverkehr möglich zu machen.
Angela Merkel heute
nach dem EU-Gipfel.
Den hat Markus Preiß
für uns beobachtet.
Jetzt schließen sich
doch wieder die Grenzen.
Wie will die EU
davon wieder wegkommen?
Neben der grundsätzlichen Kritik
an geschlossenen Grenzen
gibt es auch ein Verständnis dafür,
dass Länder vorsichtig sind.
Aber die EU-Kommission pocht darauf,
dass man sich an die Verabredungen
hält, die man getroffen hat:
Dass man Warenverkehr ermöglicht
und auch, dass man Grenzpendlern
den Grenzübertritt ermöglicht.
Die EU-Kommission
drängt außerdem darauf,
dass sich Länder stärker absprechen,
wenn Kontrollen eingeführt werden:
Dass das nicht über Nacht passiert
und dass es regional beschränkt wird,
dass man nicht die Grenze
zum ganzen Land zu machen.
Sondern so wie in Deutschland, das
den Verkehr mit Tirol kontrolliert,
aber nicht mit dem Salzburger Land.
Das dringlichste Thema war wohl:
Wie kann die EU schnell
mehr Impfstoff produzieren lassen?
Das war ein Thema.
Aber der Ratspräsident hat gesagt,
da müsse man die Wahrheit sagen:
Dass es in den nächsten Wochen
noch holprig bleibt.
Aber ich höre,
dass man auch bereit ist,
bei den Pharma-Konzernen
noch die Daumenschrauben anzuziehen.
Und zwar beim Thema Exportkontrolle.
Die USA und Großbritannien
exportieren de facto
keinen Impfstoff.
Für die EU gilt das hingegen schon,
etwa nach Japan und Kanada.
Die Kanzlerin sagte
in ihrer Pressekonferenz,
das sei okay, aber nur
solange die EU auch beliefert wird.
Der österreichische Kanzler Kurz
hatte gestern angekündigt,
einen Impfpass einführen zu wollen.
Mit dem könnten Geimpfte reisen.
Was halten die anderen davon?
Wie immer in der EU kommt es
darauf an, wer die anderen sind.
Wenn es Griechenland oder Spanien
sind, die auf Tourismus setzen,
sagen die: "Eine hervorragende Idee,
lasst uns das sofort machen."
Länder wie Deutschland oder
Frankreich sind da zurückhaltender.
Der wichtigste Grund ist:
Sie sagen, man habe noch keinen
wissenschaftlichen Beleg dafür,
dass Geimpfte
das Virus nicht weitertragen.
Deshalb sei der Moment
noch nicht gekommen.
Aber wie groß der Wunsch danach ist,
sieht man auch
an Ausführungen der Kanzlerin.
Sie hat skizziert, welche Daten
im Impfpass stehen müssten.
Und dass das im Sommer vielleicht
einsatzbereit sein könnte.
Die Begeisterung ist groß.
Aber in der Gipfelerklärung
steht nur drin,
man werde weiter daran arbeiten.
Danke, Markus Preiß.
Diese Gemeinde
kannten vor einem Jahr nur wenige,
selbst im Westen Deutschlands.
Heute wissen wir:
Diese Karnevalsparty,
die Kappensitzung aus Langbroich
im Kreis Heinsberg, wurde
der erste Hotspot in Deutschland.
Am 25. Februar 2020,
heute vor einem Jahr,
bekommt der erste Karnevalist
seine Diagnose:
SARS-CoV-2 positiv, Corona.
Seit diesem Tag sind die Menschen
hier im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Oft war zu lesen, Gangelt sei
das "Wuhan von Deutschland".
Julia von Cube
hat Menschen getroffen,
denen hat das damals den Boden
unter den Füßen weggerissen.
"Wuhan von Deutschland" -
das war schon hart.
Die Stimmung war:
Die Welt bleibt in Ordnung,
wenn die Heinsberger bleiben,
wo sie sind mit ihrem Virus.
Dieses Jahr wurde in Heinsberg
kein Karneval gefeiert -
eigentlich
die wichtigste Jahreszeit hier.
Denn seit einer Karnevalssitzung 2020
hat sich der westlichste Kreis
zum ersten Corona-Hotspot entwickelt.
Das hat für viele hier
alles verändert,
auch für Silvia Jansen und Familie.
Ich wollte zu 'ner Sitzung
mit meinen Eltern, in Gangelt.
Da sagte mein Mann noch:
Hältst du das für 'ne gute Idee?
Da habe ich noch gelacht:
Ach komm, wir sind doch auf
dem Land, was soll denn hier sein?
Ihr Vater infiziert sich mit Corona.
Er ist der erste Corona-Tote
im Kreis Heinsberg.
Der Schicksalsschlag,
trifft die Familie unerwartet.
Damit sind sie nicht allein.
Trauer in Zeiten von Quarantäne,
Schulschließungen und Lockdown –
das kommt für die Menschen
in Heinsberg über Nacht.
Es gibt keine Blaupause.
Ganz Deutschland
schaut auf die Region.
Ich fand's schon
wie in 'nem falschen Film:
Wenn man das Fernsehen einschaltet
und man sah
das Ortschild von Gangelt.
Oder ich hab meine Eltern besucht,
und da fuhren Kamerateams
durch Gangelt.
Eigentlich ist diese
ländliche Idylle hier unbeschwert,
man bewegt sich frei ...
Das war plötzlich weg.
Der neue Alltag in Heinsberg
heißt auch:
Jede Woche Krisensitzung
im Kreishaus - bis heute.
Immer im Mittelpunkt:
Landrat Stephan Pusch.
Er gilt für viele
als DER Krisenmanager.
Er musste schnell alleine
große Entscheidungen treffen.
Z.B. sofort die Schulen zu schließen.
Da wird einem mulmig.
Es ist so, dass man keine Zeit hat,
Angst zu entwickeln,
man muss ja anpacken.
Man kann sich ja
nicht hinsetzen und sagen:
"Ich warte jetzt darauf."
Wir haben versucht, mit
dem Ministerium Kontakt aufzunehmen.
Aber irgendwann richten sich
alle Augen auf den Landrat.
Nach dem Motto:
Machen wir das jetzt so?
Über seine Entscheidungen
informiert er
teils mehrmals täglich über Facebook.
Manch einer
nennt ihn auch deswegen "Papa Pusch".
Bei der Kommunalwahl im Herbst
wurde er mit fast 80 % wiedergewählt.
Für seine Arbeit in der Pandemie
bekommt er das Bundesverdienstkreuz.
Was ich gelernt habe:
In Krisenzeiten ist Kommunikation
das Allerwichtigste.
Ich glaube, wenn die Leute Angst
bekommen hätten oder gesagt hätten:
Wir verstehen das nicht,
was die da machen.
Dann wäre die Angst
schnell in Aggression umgeschlagen.
Wir hätten vielleicht
Demonstrierende vorm Kreishaus
gehabt oder wütende Proteste.
Es gab großen Druck.
In der Hausarztpraxis von Dr. Hoppe
wurden seit Aschermittwoch 2020
1800 Covid-Patienten behandelt.
Ein völlig neues Feld,
eine Krankheit, die niemand kennt.
Wir haben direkt am Mittwoch
die ersten fünf Testungen gemacht,
drei davon positiv.
Donnerstag:
20 Testungen, davon 11 positiv.
Das ging so weiter.
Die Praxis muss zeitweise schließen,
eine Mitarbeiterin ist infiziert.
Die Gesundheitsversorgung in
der Region droht zusammenzubrechen.
Den Hausarzt beeindruckt:
Die Menschen bleiben besonnen.
Es entsteht keine Panik - bis heute.
Gelernt haben wir viel,
was man alles machen kann,
was man händeln könnte.
Wenn so was noch mal kommt,
wären wir
in gewisser Weise drauf vorbereitet.
Es herrscht
immer noch Ausnahmezustand.
Viele in Heinsberg sind froh, dass
Karneval dies Jahr ausgefallen ist.
Zwölf Monate Corona-Krise
haben diesen Ort
und seine Menschen verändert.
Im Bundestag stand heute auch eine
Personalie auf der Tagesordnung:
Georg Nüßlein, Fraktionsvize
der Union mit Mandat der CSU.
Macht Gesundheitspolitik
und Geschäfte mit seiner GmbH.
So weit alles transparent.
Nur fehlt im Moment der Durchblick,
ob Herr Nüßlein beides
sauber auseinandergehalten hat.
Das Parlament
nahm ihm heute die Immunität.
Damit kann die Justiz
der entscheidenden Frage nachgehen.
Kristin Schwietzer.
War Georg Nüßlein bestechlich?
Der Vorwurf steht im Raum.
Die Staatsanwaltschaft München
ermittelt
gegen den CSU-Gesundheitspolitiker.
Kollegen im Bundestag
schätzen Nüßleins Expertise.
Doch seit dem Morgen wird seine
Glaubwürdigkeit infrage gestellt.
Der Bundestag stimmt dafür,
die Immunität Nüßleins aufzuheben.
Die Beschlussempfehlung
ist einstimmig angenommen.
Der Bundestag gibt den Weg frei
für die Ermittler in München.
Es geht um Bestechlichkeit
und Steuerhinterziehung.
Nüßleins Büros im Wahlkreis
und in Berlin wurden durchsucht.
Im Fokus der Ermittlungen:
Eine Firmenbeteiligung -
die Tectum Holding GmbH.
Geschäftsführer ist: Georg Nüßlein.
Tectum soll laut ARD-Recherchen
Aufträge an Maskenhersteller
vermittelt haben.
Dafür soll sie
660.000 Euro Honorar kassiert haben.
Die fällige Umsatzsteuer von 19 %
soll Tectum nicht gezahlt
und bei der Vorsteuer
nicht angegeben haben.
Welche Rolle Georg Nüßlein spielte,
ist unklar.
Nur so viel:
Nüßlein,
bestätigt das Gesundheitsministerium,
habe wie andere Abgeordnete
Firmen vermittelt.
Die sollten bei der Beschaffung
von Masken helfen.
Für das Ministerium
nicht ungewöhnlich:
Brisant ist die Frage:
Hat Georg Nüßlein für
die Vermittlung lukrativer Aufträge
Provision kassiert?
Die Union wollte sich nicht äußern,
die Opposition fordert Konsequenzen.
Wir müssen in Bezug auf die Frage
Transparenz, Nachvollziehbarkeit,
Offenlegung von
Interessenvertretungen:
Da müssen wir
im Bundestag nachlegen.
Wir brauchen umgehend
ein Verbot von bezahlter
Lobbytätigkeit von Abgeordneten.
Dazu gibt es
einen Gesetzentwurf der Linken.
Die Ermittler in München
müssen vorerst klären:
Wie und wo sind evtl. Honorare
an der Steuer vorbeigeflossen?
Und: Hat sich Georg Nüßlein
wissentlich bereichert?
Gleich noch eine Affäre,
die den Bundestag betrifft:
Diesmal geht es womöglich
um Spionage im Reichstagsgebäude.
Die Nachrichten mit Susanne Daubner.
Die Bundesanwaltschaft hat einen
Deutschen wegen Spionage angeklagt,
der Grundrisse von Bundestagsgebäuden
an Russland weitergegeben haben soll.
Der 55-Jährige hatte bei einem
externen Dienstleister gearbeitet,
der Geräte im Bundestag wartet.
Dabei habe der Mann
Zugriff auf die Daten gehabt.
Diese soll er aus eigenem Antrieb
an einen Geheimdienstmitarbeiter
in der russischen Botschaft
geschickt haben.
Über das Motiv
ist bislang nichts bekannt.
Das Land Berlin hat am Morgen eine
islamistische Vereinigung verboten.
Mehr als 800 Polizisten durchsuchten
in Berlin und Brandenburg
Objekte mit den Namen "Jama'atu
Berlin" und "Tauhid Berlin".
Innensenator Geisel sprach von einer
radikalen salafistischen Bewegung.
Sie verachte Menschen
anderen Glaubens
und billige deren Tötung
etwa durch Anschläge.
Die Deutsche Bischofskonferenz
sicherte weitere Aufklärung
sexueller Missbrauchsfälle
in der katholischen Kirche zu.
Alle Bischöfe
stünden in der Verantwortung,
so der Vorsitzende Bätzing
zum Ende der Vollversammlung.
Zuletzt war v.a. das Krisenmanagement
des Kölner Bischofs Woelki
kritisiert worden, der
ein Gutachten unter Verschluss hält.
Spezielle Ansprechpartner und eine
bessere Dokumentation von Hinweisen
sollen laut Bätzing
künftig mehr Aufklärung bringen.
Um das Finanzsystem nachhaltig
und zukunftsfest zu machen,
hat eine Kommission im Auftrag
des Bundes Empfehlungen erarbeitet.
Heute legte sie einen Bericht vor.
Ohne ein Umsteuern im Finanzbereich
seien die deutschen
und internationalen Nachhaltigkeits-
und Klimaziele nicht erreichbar.
Mehr dazu von Markus Gürne
aus der Frankfurter Börse.
Klimawandel,
Digitalisierung, Globalisierung:
Das sind
die zu meisternden Herausforderungen,
um wettbewerbsfähig zu sein.
Um den dazu nötigen Umbau
erfolgreich zu gestalten,
braucht es laut Experten mehr Geld.
Deutschland solle daher
führender Finanzplatz Europas werden,
wenn es
um nachhaltige Finanzanlagen geht.
Damit Deutschland Produktion
und Produkte vereinbaren kann:
Mit dem Pariser Klimaabkommen sowie
den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen.
Gelingt dies,
sehen die Experten Deutschland
und Europa in Weltmarktposition.
Die sichert Wohlstand
und Arbeitsplätze.
Die Kommission sieht neben Angeboten
für Groß-Investoren und Klein-Anleger
auch den Staat in der Pflicht.
Der soll Leuchtturmprojekte auflegen,
wie grüne Bundeswertpapiere.
Die wurden erstmals letzten September
herausgegeben - mit großem Erfolg.
Wenn ich's richtig verstehe,
ist das hier ein hüpfender Floh.
Das ist die Übersetzung von Ukulele.
Wir werden dieser hier
noch oft begegnen,
denn unser Song für Rotterdam
ist darauf entstanden.
Der deutsche Beitrag
zum Eurovision Song Contest.
Vor fünf Stunden
hatte er Premiere hier im Ersten.
Und das Gesicht hinter der Gitarre
kennen auch noch nicht alle.
So viel kann ich schon verraten,
ehe Claudia Drexel
Song und Sänger vorstellt:
Der Letztere
ist auch ein hüpfender Floh.
Es klingt fröhlich, fast harmlos.
Und doch hat das Lied
eine ernste Botschaft.
Um den Text zu verstehen,
muss man genau hinhören,
bei Schnellsinger Jendrik.
Er fühlt keinen Hass.
Okay - und dann?
Du kannst mit deinem Mittelfinger
rumwackeln so viel du willst,
er wird nie zu dir zurückwackeln.
"Ein bisschen Frieden"
modern interpretiert.
Sein Lied gegen Hass und Hetze
schrieb der Musicaldarsteller
mit seiner Ukulele selbst.
---
Bunt ist er, unbestritten.
Jendrik sagt, mehr als auf den Sieg,
komme es ihm darauf an,
Musik und Vielfalt zu feiern.
Damit ist er gut aufgehoben
in Rotterdam, glaube ich.
Besser jedenfalls als hier.
Da sieht's nicht bunt aus:
Diese rotbraune Einöde, diese
Bergketten und Gesteinsbrocken,
diese Mondlandschaft
ist tatsächlich Marslandschaft.
Fotografiert vom Rover,
der das Panoramabild
heute zur NASA schickte.
Er steht offensichtlich im Krater
eines ausgetrockneten Sees,
den er in den nächsten Monaten noch
ausgiebig erkunden und knipsen wird.
Sven Plöger hat auch schöne Bilder,
nur viel näher.
Ja, und ich habe auch einen See,
aber der ist nicht ausgetrocknet.
Das ist der Bodensee.
Man sieht hier fantastisch
bei Sipplingen die Nebelfelder.
Am Nachmittag gab es den Nebel
nicht mehr, blieb aber dunstig.
Wir haben auch neue Februar-Rekorde
zu vermelden.
Das gab es noch nie.
Wir gucken auf den Wetterablauf,
da ändert sich was.
Die Front kam mit Regen an.
Sie zieht langsam nach Süden.
Die Wolken werden zahlreicher.
Dahinter gibt es zwar Wolken,
aber auch viel Sonne.
Postfrontale Subsidenz heißt das.
Die Aussichten:
Sie zeigen ruhiges Hochdruckwetter.
Es ist kühler.
Danke, Sven.
Hier geht's weiter
mit Satire und extra 3.
Im Nachtmagazin bringt Sie
Anna Planken
auf den aktuellen Stand
um kurz nach 12.
Wir sind morgen Abend wieder hier,
um viertel vor zehn.
Bis dann.
Copyright Untertitel: NDR 2021