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Sternengeschichten 130-249, Folge 179: Der Doppelasteroid Didymos und die Asteroidenabwehr

Folge 179: Der Doppelasteroid Didymos und die Asteroidenabwehr

Folge 179: Der Doppelasteroid Didymos und die Asteroidenabwehr.

Am 11. April 1996 hat der Astronom Joe Montani an der amerikanischen Kitt-Peak-Sternwarte in Arizona einen Asteroid entdeckt. Das war genau das, was er im Rahmen des “Spacewatch”-Projekts tun sollte: Asteroiden finden. Die Entdeckung eines Asteroiden war im Jahr 1996 auch keine große Sensation mehr; man kannte damals schon hunderttausende. Aber der Fund von Montani war trotzdem außergewöhnlich. Und könnte vielleicht in Zukunft eine fundamental wichtige Rolle für die gesamte Menschheit spielen.

Der 1996 entdeckte Asteroid ist knapp 800 Meter groß. An seinem sonnennächsten Punkt ist er unserem Stern näher als die Erde; der sonnenfernste Punkt liegt außerhalb der Bahn des Mars. Das bedeutet, dass der Asteroid auf seinem Weg um die Sonne die Bahn der Erde kreuzt. Er gehört damit zur Population der Erdnahen Asteroiden und von denen kannte man damals noch nicht sehr viele; schon gar keine so großen wie den, den Montani fand.

Eine akute Gefahr geht von ihm aber nicht aus. Im Jahr 2003 flog der Asteroid in 7,2 Millionen Kilometer Entfernung an der Erde vorbei. Das entspricht dem 18fachen Abstand des Mondes von unserem Planeten – also kein Grund zur Sorge. Und es wird bis zum November 2123 dauern, bevor der Asteroid diesen Abstand unterschreitet – dann wird er in knapp 6 Millionen Kilometer Abstand an uns vorbei fliegen.

Den vergleichsweise nahen Vorbeiflug im Jahr 2003 nutzten die Astronomen aber, um ihn mit Radarstrahlen von der Erde aus abzutasten und mehr über seine Form herauszufinden. Dabei entdeckte man eine weitere Besonderheit: Der Himmelskörper wird von einem kleinen “Mond” umkreist. Ein 150 Meter großer Brocken bewegt sich in einem Kilometer Abstand alle 12 Stunden um den Asteroid herum.

Auch Doppelasteroiden kannte man vorher schon und hat seitdem viele weitere davon entdeckt. Eine letzte Eigenschaft macht die beiden Himmelskörper aber trotzdem ganz besonders interessant für die Forschung. Von allen Asteroiden vergleichbarer Größe sind diese beiden am einfachsten von der Erde aus zu erreichen. Will man von unserem Planeten irgendeinen anderen Himmelskörper erreichen, muss man die Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs entsprechend anpassen. Man muss entweder schneller oder langsamer werden und in beiden Fällen braucht man Treibstoff. Je größer der zu überbrückende Unterschied in den Geschwindigkeiten ist, desto mehr Treibstoff benötigt man und desto teurer und aufwändiger wird eine entsprechende Mission.

Hier beträgt der Unterschied aber nur 5,1 km/s; was wirklich wenig ist, wenn man es beispielsweise mit den 6 Kilometern pro Sekunde vergleicht die man überwinden muss, wenn man von der Erde aus den Mond erreichen kann. Didymos, wie der Asteroid mittlerweile genannt wird, ist also ein lohnendes Ziel für Raumfahrtmissionen. Und genau so eine Mission könnte in Zukunft nicht nur stattfinden, sondern auch der erste Schritt beim Aufbau eines echten Asteroidenabwehrsystems sein.

Wie man einen Asteroideneinschlag verhindern kann, habe ich schon in den Folgen 76 und 77 der Sternengeschichten erklärt. Theoretisch zumindest, denn in der Praxis hat man all die Methoden die ich damals aufgezählt habe, noch nie ausprobiert. Das ist schade und ein wenig problematisch. Der Einschlag eines großen Asteroiden auf der Erde ist zwar ein seltenes Ereignis. Aber eines, das dramatische Folgen haben kann. Wir wissen, das Asteroiden in der Vergangenheit Massensterben auf der Erde ausgelöst haben und das kann auch in der Zukunft passieren.

Große Asteroiden die mehr als einen Kilometer durchmessen können dabei globale Auswirkungen haben aber auch kleinere, die nur ein paar hundert Meter groß sind, können ganze Landstriche verwüsten und schlimmer als jedes Erdbeben oder jeder Vulkanausbruch sein. Wie gesagt: Die Wahrscheinlichkeit das so etwas passiert, ist gering. Aber angesichts der möglichen Folgen sollten wir darauf vorbereitet sein. Vor allem, weil ein Asteroideneinschlag die einzige Naturkatastrophe ist, auf die wir uns vernünftig vorbereiten könnten. Im Gegensatz zu allen anderen Katastrophen können wir solche Ereignisse nämlich tatsächlich verhindern. Und wenn es einmal doch so weit ist, wäre es gut, wenn wir schon wüssten, was wir tun sollen und nicht erst anfangen müssen, alles spontan zu lernen und zu planen.

Bis jetzt hat es zwar schon viele theoretische Studien zur Asteroidenabwehr gegeben und Beobachtungsprogramme, die potentiell gefährliche Objekte finden sollen. Aber die Methoden zur Abwehr sind noch nie im Weltall und unter realistischen Bedingungen ausprobiert worden. Das könnte sich in Zukunft ändern.

Im Jahr 2022 wird sich Didymos der Erde auf knapp 16 Millionen Kilometer nähern. Das ist ein großer Abstand, aber doch vergleichsweise nahe und eine ideale Möglichkeit, einen so großen Asteroid aus der Nähe zu betrachten. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA hat darum eine spezielle Mission für diese Gelegenheit geplant. Ein kleines Raumschiff mit einem Gewicht von nur wenig mehr als 400 Kilogramm soll sich auf den Weg zum Asteroiden machen. Es wird sich dabei aber auf den kleinen Begleiter konzentrieren, der mittlerweile den Spitznamen Didymoon bekommen hat. Didymoon wird mit einer Kamera komplett vermessen und zwar mit einer Auflösung die noch Details erkennen lässt, die gerade mal einen Meter groß sind. Andere Instrumente werden die geologischen Eigenschaften untersuchen und mit Radarstrahlen will man auch Informationen über das Innere des kleinen Himmelskörpers sammeln.

Das ist aber noch nicht alles: Eine kleine Landeeinheit soll direkt auf Didymoon abgesetzt werden um den Asteroid auch ganz aus der Nähe untersuchen zu können. All das wäre schon spektakulär genug. Immerhin wäre das die erste Mission inklusive Landung bei einem Doppelasteroiden. Solche Systeme können uns sehr viel über die Entstehung der Asteroiden und ihre Entwicklung verraten. Wir gehen derzeit davon aus, dass Asteroiden ihre Monde entweder durch Kollisionen bekommen, bei denen die Trümmer dann in einer Umlaufbahn um den verbleibenden Rest enden. Oder aber sie entstehen, wenn sich ein Asteroid quasi selbst auflöst. Manche dieser Himmelskörper sind keine festen Gesteinskörper sondern eher fliegende Geröllhaufen aus losen Brocken und jeder Menge Staub. Wenn die dann – zum Beispiel durch den Einfluss der Sonnenstrahlung, den ich Folge 112 genauer erklärt habe – ihre Rotationsgeschwindigkeit erhöhen, können sich Brocken lösen und zu Monden werden.

Doppelasteroiden verraten uns also einiges über die Eigenschaften und Zusammensetzung von Asteroiden und das sind unter anderem genau die Informationen die wir brauchen, wenn wir Asteroiden abwehren wollen. Denn das geht nur, wenn wir wissen, woraus sie bestehen und wie dieses Material auf unsere Abwehrmethoden reagiert.

Bei der Mission geht es aber nicht nur, den Asteroid einfach aus der Nähe zu betrachten. Das ist nur ein Teil einer größeren Mission, die den Namen AIDA beziehunsgweise Asteroid Impact & Deflection Assessment trägt. Der zweite Teil soll von der NASA durchgeführt werden. Sie bauen ebenfalls ein kleines und simples Raumfahrzeug, dass nur eine einzige Aufgabe hat: Mit Didymoon zu kollidieren. Die Sonde wird 235 Kilogramm schwer sein und abgesehen von einer kleinen Kamera keine weiteren Instrumente mehr an Bord haben. Nach der Ankunft bei Didymoon soll sie mit einer Geschwindigkeit von etwa 6 Kilometern pro Sekunde auf seine Oberfläche prallen.

Die Einschlagssonde hat natürlich auch einen passenden Namen. Sie heißt “Double Asteroid Redirection Test” oder abgekürzt DART, also “Pfeil”. Und auch die Europäische Raumfahrtagentur hat sich für ihren Teil der Mission ein passendes Akronym einfallen lassen. Die Raumsonde, die vorab den Asteroiden vermisst und das Ziel quasi vorbereit heißt “Asteroid Impact Mission” oder abgekürzt AIM, also “Ziel”.

Während DART also auf Didymoon kracht wird AIM das ganze Manöver aus einer Umlaufbahn betrachten. Sie wird untersuchen, wie genau sich der kleine Asteroid durch den Einschlag verändert. Man geht natürlich nicht davon aus, dass Didymoon dabei zerstört wird. Dafür ist die Sonde der NASA viel zu klein und wie ich in den früheren Folgen der Sternengeschichten erklärt habe, geht es bei der Asteroidenabwehr ja auch nicht darum, die Asteroiden zu zerstören. Das funktioniert nur in Hollywoodfilmen aber nicht in der Realität.

Man will die Umlaufbahn der Asteroiden verändern, damit es gar nicht erst zur Kollision kommt. Dazu muss man die Geschwindigkeit des Objekts verändern; es also ein wenig beschleunigen oder abbremsen. Und genau das kann man erreichen, wenn man eine Kollision herbei führt, die heftig genug ist. WIE heftig sie sein muss, will die AIDA-Mission herausfinden. Ein Doppelasteroid eignet sich dafür besonders gut. Wenn der Asteroidenmond seine Geschwindigkeit ändert, ändert er auch seine Umlaufbahn um den größeren Didymos. Da so ein Umlauf nur wenige Stunden dauert, hat die Raumsonde der Europäischen Raumfahrtagentur genug Zeit, sie mit großer Genauigkeit zu vermessen und so zu bestimmen, wie genau der Einschlag sich ausgewirkt hat. Gleichzeitig wird man natürlich durch den Einschlag auch mehr Informationen über die Zusammensetzung und das Innenleben von Didymoon bekommen.

Denn die Zusammensetzung spielt eine wichtige Rolle. Ist der Asteroid zum Beispiel besonders porös, dann wird die Bewegungsenergie der Raumsonde beim Einschlag vorrangig dafür sorgen, dass der Himmelskörper zerbröselt und ein großer Krater entsteht; die Änderung seiner Umlaufbahn wird aber eher gering ausfallen. Ist er fester, dann kann er auch besser “verschoben” werden. All diese Daten können dann später dafür genutzt werden, entsprechende Experimente in den Laborversuchen auf der Erde genauer zu machen.

Ob es die AIDA-Mission wirklich geben wird, steht noch nicht fest. Sowohl DART als auch AIM sind derzeit im Designstadium; es gibt noch keine festen Zusagen. Damit alles so abläuft wie geplant müssen sich NASA und ESA rechtzeitig entscheiden, die Mission durchzuführen und zu finanzieren. Zumindest aber die ESA: AIM könnte jede Menge wichtige Informationen liefern, auch wenn kein Einschlag stattfindet. Nur der Einschlag der amerikanischen Sonde ohne die Anwesenheit der beobachtenden AIM-Sonde ist aber sinnlos.

Und man hat auch nicht beliebig viel Zeit dafür. 2020 müsste man starten, wenn die für einen Einschlag günstigen Bedingungen im Jahr 2022 genutzt werden wollen. Vielleicht wird Didymoon also wirklich der erste Himmelskörper, dessen Umlaufbahn wir Menschen mit Absicht und messbar verändern. Es wäre ein enorm wichtiger Schritt um herauszufinden, wie eine vernünftige Asteroidenabwehr aussehen kann und wie wir unseren Planeten in Zukunft vor Einschlägen schützen können. Vielleicht wird die Mission aber auch nicht stattfinden. Dann müssen wir hoffen, dass irgendwann ein anderer Test stattfindet, bei dem wir Erfahrungen sammeln können und wir nicht erst dann alles lernen müssen, wenn der Ernstfall bevor steht.

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Folge 179: Der Doppelasteroid Didymos und die Asteroidenabwehr

Folge 179: Der Doppelasteroid Didymos und die Asteroidenabwehr.

Am 11. April 1996 hat der Astronom Joe Montani an der amerikanischen Kitt-Peak-Sternwarte in Arizona einen Asteroid entdeckt. Das war genau das, was er im Rahmen des “Spacewatch”-Projekts tun sollte: Asteroiden finden. Die Entdeckung eines Asteroiden war im Jahr 1996 auch keine große Sensation mehr; man kannte damals schon hunderttausende. Aber der Fund von Montani war trotzdem außergewöhnlich. Und könnte vielleicht in Zukunft eine fundamental wichtige Rolle für die gesamte Menschheit spielen.

Der 1996 entdeckte Asteroid ist knapp 800 Meter groß. An seinem sonnennächsten Punkt ist er unserem Stern näher als die Erde; der sonnenfernste Punkt liegt außerhalb der Bahn des Mars. Das bedeutet, dass der Asteroid auf seinem Weg um die Sonne die Bahn der Erde kreuzt. Er gehört damit zur Population der Erdnahen Asteroiden und von denen kannte man damals noch nicht sehr viele; schon gar keine so großen wie den, den Montani fand.

Eine akute Gefahr geht von ihm aber nicht aus. Im Jahr 2003 flog der Asteroid in 7,2 Millionen Kilometer Entfernung an der Erde vorbei. Das entspricht dem 18fachen Abstand des Mondes von unserem Planeten – also kein Grund zur Sorge. Und es wird bis zum November 2123 dauern, bevor der Asteroid diesen Abstand unterschreitet – dann wird er in knapp 6 Millionen Kilometer Abstand an uns vorbei fliegen.

Den vergleichsweise nahen Vorbeiflug im Jahr 2003 nutzten die Astronomen aber, um ihn mit Radarstrahlen von der Erde aus abzutasten und mehr über seine Form herauszufinden. Dabei entdeckte man eine weitere Besonderheit: Der Himmelskörper wird von einem kleinen “Mond” umkreist. Ein 150 Meter großer Brocken bewegt sich in einem Kilometer Abstand alle 12 Stunden um den Asteroid herum.

Auch Doppelasteroiden kannte man vorher schon und hat seitdem viele weitere davon entdeckt. Eine letzte Eigenschaft macht die beiden Himmelskörper aber trotzdem ganz besonders interessant für die Forschung. Von allen Asteroiden vergleichbarer Größe sind diese beiden am einfachsten von der Erde aus zu erreichen. Will man von unserem Planeten irgendeinen anderen Himmelskörper erreichen, muss man die Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs entsprechend anpassen. Man muss entweder schneller oder langsamer werden und in beiden Fällen braucht man Treibstoff. Je größer der zu überbrückende Unterschied in den Geschwindigkeiten ist, desto mehr Treibstoff benötigt man und desto teurer und aufwändiger wird eine entsprechende Mission.

Hier beträgt der Unterschied aber nur 5,1 km/s; was wirklich wenig ist, wenn man es beispielsweise mit den 6 Kilometern pro Sekunde vergleicht die man überwinden muss, wenn man von der Erde aus den Mond erreichen kann. Didymos, wie der Asteroid mittlerweile genannt wird, ist also ein lohnendes Ziel für Raumfahrtmissionen. Und genau so eine Mission könnte in Zukunft nicht nur stattfinden, sondern auch der erste Schritt beim Aufbau eines echten Asteroidenabwehrsystems sein.

Wie man einen Asteroideneinschlag verhindern kann, habe ich schon in den Folgen 76 und 77 der Sternengeschichten erklärt. Theoretisch zumindest, denn in der Praxis hat man all die Methoden die ich damals aufgezählt habe, noch nie ausprobiert. Das ist schade und ein wenig problematisch. Der Einschlag eines großen Asteroiden auf der Erde ist zwar ein seltenes Ereignis. Aber eines, das dramatische Folgen haben kann. Wir wissen, das Asteroiden in der Vergangenheit Massensterben auf der Erde ausgelöst haben und das kann auch in der Zukunft passieren.

Große Asteroiden die mehr als einen Kilometer durchmessen können dabei globale Auswirkungen haben aber auch kleinere, die nur ein paar hundert Meter groß sind, können ganze Landstriche verwüsten und schlimmer als jedes Erdbeben oder jeder Vulkanausbruch sein. Wie gesagt: Die Wahrscheinlichkeit das so etwas passiert, ist gering. Aber angesichts der möglichen Folgen sollten wir darauf vorbereitet sein. Vor allem, weil ein Asteroideneinschlag die einzige Naturkatastrophe ist, auf die wir uns vernünftig vorbereiten könnten. Im Gegensatz zu allen anderen Katastrophen können wir solche Ereignisse nämlich tatsächlich verhindern. Und wenn es einmal doch so weit ist, wäre es gut, wenn wir schon wüssten, was wir tun sollen und nicht erst anfangen müssen, alles spontan zu lernen und zu planen.

Bis jetzt hat es zwar schon viele theoretische Studien zur Asteroidenabwehr gegeben und Beobachtungsprogramme, die potentiell gefährliche Objekte finden sollen. Aber die Methoden zur Abwehr sind noch nie im Weltall und unter realistischen Bedingungen ausprobiert worden. Das könnte sich in Zukunft ändern.

Im Jahr 2022 wird sich Didymos der Erde auf knapp 16 Millionen Kilometer nähern. Das ist ein großer Abstand, aber doch vergleichsweise nahe und eine ideale Möglichkeit, einen so großen Asteroid aus der Nähe zu betrachten. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA hat darum eine spezielle Mission für diese Gelegenheit geplant. Ein kleines Raumschiff mit einem Gewicht von nur wenig mehr als 400 Kilogramm soll sich auf den Weg zum Asteroiden machen. Es wird sich dabei aber auf den kleinen Begleiter konzentrieren, der mittlerweile den Spitznamen Didymoon bekommen hat. Didymoon wird mit einer Kamera komplett vermessen und zwar mit einer Auflösung die noch Details erkennen lässt, die gerade mal einen Meter groß sind. Andere Instrumente werden die geologischen Eigenschaften untersuchen und mit Radarstrahlen will man auch Informationen über das Innere des kleinen Himmelskörpers sammeln.

Das ist aber noch nicht alles: Eine kleine Landeeinheit soll direkt auf Didymoon abgesetzt werden um den Asteroid auch ganz aus der Nähe untersuchen zu können. All das wäre schon spektakulär genug. Immerhin wäre das die erste Mission inklusive Landung bei einem Doppelasteroiden. Solche Systeme können uns sehr viel über die Entstehung der Asteroiden und ihre Entwicklung verraten. Wir gehen derzeit davon aus, dass Asteroiden ihre Monde entweder durch Kollisionen bekommen, bei denen die Trümmer dann in einer Umlaufbahn um den verbleibenden Rest enden. Oder aber sie entstehen, wenn sich ein Asteroid quasi selbst auflöst. Manche dieser Himmelskörper sind keine festen Gesteinskörper sondern eher fliegende Geröllhaufen aus losen Brocken und jeder Menge Staub. Wenn die dann – zum Beispiel durch den Einfluss der Sonnenstrahlung, den ich Folge 112 genauer erklärt habe – ihre Rotationsgeschwindigkeit erhöhen, können sich Brocken lösen und zu Monden werden.

Doppelasteroiden verraten uns also einiges über die Eigenschaften und Zusammensetzung von Asteroiden und das sind unter anderem genau die Informationen die wir brauchen, wenn wir Asteroiden abwehren wollen. Denn das geht nur, wenn wir wissen, woraus sie bestehen und wie dieses Material auf unsere Abwehrmethoden reagiert.

Bei der Mission geht es aber nicht nur, den Asteroid einfach aus der Nähe zu betrachten. Das ist nur ein Teil einer größeren Mission, die den Namen AIDA beziehunsgweise Asteroid Impact & Deflection Assessment trägt. Der zweite Teil soll von der NASA durchgeführt werden. Sie bauen ebenfalls ein kleines und simples Raumfahrzeug, dass nur eine einzige Aufgabe hat: Mit Didymoon zu kollidieren. Die Sonde wird 235 Kilogramm schwer sein und abgesehen von einer kleinen Kamera keine weiteren Instrumente mehr an Bord haben. Nach der Ankunft bei Didymoon soll sie mit einer Geschwindigkeit von etwa 6 Kilometern pro Sekunde auf seine Oberfläche prallen.

Die Einschlagssonde hat natürlich auch einen passenden Namen. Sie heißt “Double Asteroid Redirection Test” oder abgekürzt DART, also “Pfeil”. Und auch die Europäische Raumfahrtagentur hat sich für ihren Teil der Mission ein passendes Akronym einfallen lassen. Die Raumsonde, die vorab den Asteroiden vermisst und das Ziel quasi vorbereit heißt “Asteroid Impact Mission” oder abgekürzt AIM, also “Ziel”.

Während DART also auf Didymoon kracht wird AIM das ganze Manöver aus einer Umlaufbahn betrachten. Sie wird untersuchen, wie genau sich der kleine Asteroid durch den Einschlag verändert. Man geht natürlich nicht davon aus, dass Didymoon dabei zerstört wird. Dafür ist die Sonde der NASA viel zu klein und wie ich in den früheren Folgen der Sternengeschichten erklärt habe, geht es bei der Asteroidenabwehr ja auch nicht darum, die Asteroiden zu zerstören. Das funktioniert nur in Hollywoodfilmen aber nicht in der Realität.

Man will die Umlaufbahn der Asteroiden verändern, damit es gar nicht erst zur Kollision kommt. Dazu muss man die Geschwindigkeit des Objekts verändern; es also ein wenig beschleunigen oder abbremsen. Und genau das kann man erreichen, wenn man eine Kollision herbei führt, die heftig genug ist. WIE heftig sie sein muss, will die AIDA-Mission herausfinden. Ein Doppelasteroid eignet sich dafür besonders gut. Wenn der Asteroidenmond seine Geschwindigkeit ändert, ändert er auch seine Umlaufbahn um den größeren Didymos. Da so ein Umlauf nur wenige Stunden dauert, hat die Raumsonde der Europäischen Raumfahrtagentur genug Zeit, sie mit großer Genauigkeit zu vermessen und so zu bestimmen, wie genau der Einschlag sich ausgewirkt hat. Gleichzeitig wird man natürlich durch den Einschlag auch mehr Informationen über die Zusammensetzung und das Innenleben von Didymoon bekommen.

Denn die Zusammensetzung spielt eine wichtige Rolle. Ist der Asteroid zum Beispiel besonders porös, dann wird die Bewegungsenergie der Raumsonde beim Einschlag vorrangig dafür sorgen, dass der Himmelskörper zerbröselt und ein großer Krater entsteht; die Änderung seiner Umlaufbahn wird aber eher gering ausfallen. Ist er fester, dann kann er auch besser “verschoben” werden. All diese Daten können dann später dafür genutzt werden, entsprechende Experimente in den Laborversuchen auf der Erde genauer zu machen.

Ob es die AIDA-Mission wirklich geben wird, steht noch nicht fest. Sowohl DART als auch AIM sind derzeit im Designstadium; es gibt noch keine festen Zusagen. Damit alles so abläuft wie geplant müssen sich NASA und ESA rechtzeitig entscheiden, die Mission durchzuführen und zu finanzieren. Zumindest aber die ESA: AIM könnte jede Menge wichtige Informationen liefern, auch wenn kein Einschlag stattfindet. Nur der Einschlag der amerikanischen Sonde ohne die Anwesenheit der beobachtenden AIM-Sonde ist aber sinnlos.

Und man hat auch nicht beliebig viel Zeit dafür. 2020 müsste man starten, wenn die für einen Einschlag günstigen Bedingungen im Jahr 2022 genutzt werden wollen. Vielleicht wird Didymoon also wirklich der erste Himmelskörper, dessen Umlaufbahn wir Menschen mit Absicht und messbar verändern. Es wäre ein enorm wichtiger Schritt um herauszufinden, wie eine vernünftige Asteroidenabwehr aussehen kann und wie wir unseren Planeten in Zukunft vor Einschlägen schützen können. Vielleicht wird die Mission aber auch nicht stattfinden. Dann müssen wir hoffen, dass irgendwann ein anderer Test stattfindet, bei dem wir Erfahrungen sammeln können und wir nicht erst dann alles lernen müssen, wenn der Ernstfall bevor steht.