nachtmagazin Sendung vom 18.01.2022, 00:06 Uhr
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit dem nachtmagazin.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (18.01.2022)
Heute im Studio: Constantin Schreiber
Ich begrüße Sie zum nachtmagazin.
Hochgefährlich sei die derzeitige Situation,
so Bundesaußenministerin Baerbock heute beim Antrittsbesuch in Kiew.
Sie meinte die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze.
Eine Invasion russischer Truppen ins Nachbarland -
diese sieht der Westen als konkrete Gefahr.
Und warnt vor Konsequenzen.
So sagte Baerbock heute,
jede weitere Aggression habe einen hohen Preis.
Eines aber wolle sie nicht: die Ukraine mit Waffen ausstatten.
Von einem Angriff von Russland gehen viele Ukrainer aus.
Sie wollen sich zur Wehr setzen.
Demian von Osten.
Sie würde bei einem russischen Angriff nicht fliehen:
Fotografin Olena Chudjakowa war drei Jahre an der Front.
Zu russischen Verwandten hat sie den Kontakt abgebrochen.
Sie spürt,
wie Russlands Truppen die Ukraine verunsichern.
Das ist eine psychologische Attacke.
Wir sollen zitternd auf sie warten.
Aber nein, wir sind bereit.
Sie weiß: Allein hat die Ukraine es schwer.
Aus Deutschland wird es keine Waffen geben.
Manche Ukrainer fordern das.
Außenministerin Baerbock ist heute in Kiew
zum Antrittsbesuch bei Kollege Kuleba.
Deutschen Waffenlieferungen erteilt sie eine Absage.
Die Haltung der Bundesregierung zu Waffenlieferungen
und restriktiver Exportpolitik ist bekannt.
Sie ist in unserer Geschichte begründet.
Einigkeit hingegen dazu, Gespräche wiederzubeleben.
Das Normandie-Format.
Deutschland, Russland, Frankreich und die Ukraine
hatten früher gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Doch nach dem Gipfel 2019 ging es kaum voran.
Jetzt ein neuer Anlauf?
Wir wollen sehr, dass der diplomatische Weg funktioniert.
Die vorgeschlagenen Bemühungen,
Ergebnisse im Normandie-Format zu erzielen, sollen Erfolg haben.
Will Moskau das auch?
Im Gästehaus des Außenministeriums
muss Baerbock morgen Außenminister Lawrow überzeugen.
Der ist nicht gut zu sprechen auf die Ukraine.
In einer Pressekonferenz machte er Deutschland Vorwürfe.
Deutschland denkt immer,
man müsse die Ukraine in allem unterstützen.
So, wie die Ukraine es will.
Interessiert es Sie in Deutschland nicht, was Russland will?
Für Russlands Führung begannen viele Probleme
2014 auf dem Maidan.
Für deren 100 Tote legte Baerbock heute Blumen nieder.
Die Maidan-Revolution:
Für den Kreml ein gewaltsamer Umsturz,
für die Ukraine ein erfolgreicher Kampf für Unabhängigkeit.
Ein Kompromiss? Undenkbar.
Fotografin Chudjakowa
hält einen Krieg mit Russland für unvermeidlich.
Es ist eine Frage der Zeit,
bis sie versuchen, Kiew unter Kontrolle zu bekommen.
Sie ist bereit, zu kämpfen.
Für die Freiheit und Unabhängigkeit ihrer Ukraine.
Es gibt vielfältige Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch.
Für betroffene Frauen ist ein solcher Eingriff
immer eine schwierige Entscheidung.
Aus Sicht von Experten und Medizinern
ist dabei eine professionell ärztliche Betreuung umso wichtiger.
Genau das wird bisher erschwert:
Ärzte dürfen auf Webseiten
über Schwangerschaftsabbrüche kaum informieren.
Das ohnehin erst in engen Grenzen seit einer Gesetzesänderung 2019.
Nun soll der umstrittene Paragraph abgeschafft werden.
Markos Kastanis berichtet.
Für sie ist heute ein Tag der Genugtuung:
Kristina Hänel, Fachärztin für Allgemeinmedizin.
Vergangenes Jahr zog sie bis vor das Bundesverfassungsgericht.
Der Grund:
Sie wurde von Abtreibungsgegnern angezeigt,
da sie auf ihrer Website über Schwangerschaftsabbrüche informierte.
Nun soll der Paragraph 219a fallen.
Das ist ein Meilenstein.
Das ärztliche Ethos ist, Patienten und Patientinnen aufzuklären,
zu einer informierten Entscheidung beizutragen.
Das ist gravierend angegriffen.
Aber auch die Würde der Betroffenen, die Gesundheit,
liegen zum Teil noch in den strafrechtlichen Regelungen.
Die sind noch nicht gelöst.
So sieht es der Paragraph 219a bisher vor:
Praxen dürfen auf ihren Seiten darüber aufklären,
dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Weitere Informationen, etwa über die Art des Eingriffes,
sind für die Ärztinnen und Ärzte jedoch strafbar.
Bundesjustizminister Marco Buschmann legt jetzt einen Gesetzesentwurf
zur Abschaffung des Paragraphen vor.
So eröffnet sich für Frauen in einer schwierigen Gewissensentscheidung
und Lebenssituation ein sachlicher Informationskanal.
Das ist im Jahr 2022 bitter nötig und angebracht.
Das sieht die Union anders.
Sie lehnt die Abschaffung des Paragraphen 219a ab.
Wenn wir das Werbeverbot für Abtreibungen streichen,
gibt es nicht nur Änderungen auf der Homepage von Ärzten.
Dann kann für Abtreibungen geworben werden.
Wie es für Schönheits-OPs oder Augenlasern getan wird.
Der Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Paragraphen 219a
ist für Kristina Hänel und viele Frauen ein erster Erfolg.
Werden sie heute ein Flasche Sekt aufmachen?
Ich hebe sie mir auf für, wenn es verabschiedet ist.
Omikron verbreitet sich in Deutschland immer weiter.
Daher berieten die Ressortchefs der Länder
über Teststrategien und Kontaktnachverfolgung.
Bei der Gesundheitsministerkonferenz
sprach man sich verlängerte telefonische Krankschreibung aus.
Die Ärzte sollen entlastet werden.
Bei der Teststrategie könnte es bald Änderungen geben.
Zudem wurde über den Nutzen der Luca-App diskutiert.
Yannick Jürgens mit Einzelheiten.
Es dauert länger als erwartet.
Geduld ist gefragt bei den Journalisten in Magdeburg.
Diskutiert wurde u.a. der verkürzte Genesenen-Status.
Nach einer Erkrankung gilt er statt sechs künftig drei Monate.
Wir haben angemahnt, dass es für viele plötzlich gekommen ist.
Viele haben sich Reisen gebucht.
Das Gesundheitsministerium haben wir gebeten,
Übergangsregelungen zu schaffen.
Oder ob zusätzliche Tests genügen.
Thema war auch der Umgang mit der Luca-App.
Die war vor einem Jahr gestartet - zur Kontaktnachverfolgung.
Dazu hatten 13 Bundesländer die Lizenzen teuer eingekauft.
Doch am Nutzen der App gibt es Zweifel.
Ich hatte den Eindruck,
dass sich die Luca-App viele Länder überlegen.
Viele Gesundheitsämter nehmen sie wenig in Anspruch.
Dass es aus Datenschutzgründen dazu kommt,
dass viele Länder ihren Vertrag nicht verlängern.
Am Montag wollen die Ministerpräsidenten
zu Beratungen zusammenkommen.
Die Gesundheitsminister treffen sich schon am Wochenende wieder.
Befürworter oder Gegner?
Bei den Corona-Maßnahmen gehen die Meinungen auseinander.
Den wenigsten ist es egal, welche Regeln zu befolgen sind.
Viele gehen auf die Straße, um ihrer Meinung Ausdruck zu geben.
Demonstrationen pro oder gegen die Regeln.
Seit Monaten finden sie immer wieder statt.
Häufig angemeldet und genehmigt, manchmal illegal.
Für die Polizei ist jede Demo eine Herausforderung,
die nicht spurlos vorbeigeht.
Andre Berthold hat einen Einsatzleiter in Leipzig begleitet.
Letzte Vorbereitungen.
Robert Conrad ist Gruppenführer der Bereitschaftspolizei.
Er und seine Kollegen begleiten das Demo-Geschehen
im Freistaat Sachsen.
Es gab oft Auseinandersetzungen mit Gegnern der Corona-Politik.
Ausrüstungsteile müssen ins Auto.
Das ist die Körperschutz-Ausrüstung.
Die legen wir an, wenn wir Gewalt erwarten.
Heute hoffen wir auf einen friedlichen Verlauf.
Trotzdem haben wir es dabei.
Seit Freitag gilt in Sachsen eine neue Corona-Schutzverordnung.
Demos bis 1000 Teilnehmer sind möglich, unter Auflagen.
Keiner weiß, wie sich das in Leipzig heute auswirkt.
Kommt bitte zusammen.
Heute haben wir drei angemeldete Demos.
Aus dem linken Spektrum.
Keine von Skeptikern.
Es gibt Aufrufe, aber keine Anmeldungen.
Am zentralen Platz bezieht er Stellung.
Noch ist wenig los.
Die Ereignisse der letzten Monate beschäftigen ihn.
Durch Corona seien Menschen auf die Straße gegangen,
die vorher selten demonstriert hätten.
Vom Familienvater bis zum selbstständigen Unternehmer.
Mich macht nachdenklich:
Uns wird gesagt,
die Bevölkerung habe das Vertrauen in uns verloren.
Dass wir früher Freund und Helfer waren.
Wir sind dieselbe Polizei.
Wir eilen bei einem anderen Auftrag zum Unfallort.
Und wir retten die Verletzten.
18 Uhr.
Hunderte Demonstranten aus dem linken Spektrum haben sich versammelt.
Sie wollen, dass Ärzten und Pflegepersonal
mehr Respekt entgegengebracht wird.
Ärzten wird angedroht, ihnen was zu tun.
Man muss ein Krankenhaus schützen.
Das geht zu weit.
Das hat nichts mehr mit Spaß zu tun.
Was für Maßnahmen Leute ergreifen, um für Freiheit zu kämpfen.
In einem freiheitlichen Land.
Conrad und seine Kollegen sind in der Innenstadt unterwegs.
In Telegram-Gruppen wurde zu Protesten aufgerufen.
Immer wieder versammeln sich Menschen und gehen wieder.
Es wirkt wie ein Katz-und-Maus-Spiel.
Hier sind 10-15 Personen.
Die Lage ist unübersichtlich.
Es sind wohl Corona-Kritiker im Bereich.
Vielleicht wollen sie eine Demo machen.
Wir wissen es nicht.
Das ist die Schwierigkeit.
Wir erkennen sie nicht und können keine Aussage treffen.
Ein paar Straßen weiter geraten linke Demonstranten aneinander
mit Gegnern der Corona-Maßnahmen.
Die Polizisten trennen die Lager.
Insgesamt bleibt es friedlich in Leipzig.
Ein Erfolg für die Polizisten.
Doch bald werden die nächsten Demonstrationen erwartet.
Den Urteilsspruch konnte Mesale Tolu aus sicherer Entfernung verfolgen.
August 2018 kam die Journalistin wieder nach Deutschland,
nachdem sie 2017 in der Türkei inhaftiert wurde:
Wegen "Terrorpropaganda".
Für Beobachter ein klares Zeichen für eingeschränkte Pressefreiheit
in der Türkei unter Erdogan.
Heute der Freispruch durch ein Gericht in Istanbul.
Die Erfahrungen der Haft in der Türkei kann das Urteil nicht heilen.
Oliver Mayer-Rüth.
Mehr als vier Jahre sind vergangen,
seit die Justiz in Istanbul Mesale Tolu einsperren ließ.
Die heute in Ulm lebende Journalistin macht nach dem Urteil deutlich,
in einem Rechtsstaat wäre es nicht zum Prozess gekommen.
Es gibt nichts zu feiern.
Diese Zeit, die in der Türkei stattgefunden hat,
all die Erlebnisse können durch ein Urteil nicht gutgemacht werden.
Unsere Familie wurde zerrissen, wir haben Repressionen erlebt.
Das kann nicht durch einen Freispruch weggewischt werden.
In diesem Istanbuler Frauengefängnis wird Tolu über Monate festgehalten,
zeitweise mit ihrem Sohn.
Sie arbeitet für Etha -
eine regierungskritische Nachrichtenagentur.
Daher unterstellt ihr die Staatsanwaltschaft Terrorpropaganda.
Die Teilnahme an einer Beerdigung wird als Mitgliedschaft
in einer linksextremen Terrororganisation ausgelegt.
Deutsche Prozessbeobachter kritisieren die türkische Justiz,
trotz Freispruch.
Das Verfahren war vor allem eines:
Ein Beweis der Nicht- Rechtstaatlichkeit in der Türkei.
Es waren konstruierte Vorwürfe.
Hier ist heute nach vier Jahren ein langer Prozess zu Ende gegangen.
Menschenrechtswidrig wurde hier
eine Journalistin für ihre Arbeit verfolgt.
Laut einer türkischen Mediengewerkschaft
sitzen noch immer mehr als 30 Journalisten in Haft.
Es sei die gewaltigste Eruption seit 30 Jahren gewesen,
sagen Experten:
Die Explosion eines Unterseevulkans im Königreich Tonga in der Südsee.
Noch ist unklar, wie groß die Verwüstung im Inselstaat ist.
Weite Teile des Landes sind von der Außenwelt abgeschnitten.
Die Hauptstadt Nuku'alofa gleiche einer Mondlandschaft,
wegen der dicken Ascheschicht, die die Häuser bedeckt.
Die Auswirkungen waren weit über die Grenzen Tongas hinaus zu spüren.
Der Pazifikstaat hat etwa 100.000 Einwohner
und besteht aus mehr als 170 Inseln.
Die Druckwellen und Tsunamis betrafen viele Ländern am Pazifik:
Neuseeland, Japan, das fast 11.000 Kilometer entfernte Peru
und die USA.
Bis zu 20 km hoch wurden Staub, Asche und Gas geschleudert,
als der Unterwasservulkan am Samstag ausbrach.
Der Inselstaat Tonga
war vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten.
Heute schickte Australien eine Aufklärungsmaschine,
um Informationen über die Lage zu gewinnen.
Auch Neuseeland beteiligt sich an der Mission
und bereitet Hilfslieferungen vor.
Sehr hohe Opferzahlen werden nicht erwartet.
Aber die Schäden durch Tsunami und Asche sollen groß sein.
Jetzt wird sauberes Trinkwasser gebraucht.
Die Vulkanasche dürfte viele Probleme verursachen.
Die meisten Bewohner sammeln Regenwasser.
Wegen der Asche-Verschmutzung ist es gefährlich,
das Wasser zu trinken.
Satellitenbilder zeigen die Macht der Eruption -
laut Experten stärkster Ausbruch weltweit seit über 30 Jahren.
Die Stärke des Ausbruchs war überraschend.
Wir hatten bei diesem Vulkan seit Dezember viele Eruptionen,
zuletzt zwei Tage vor der sehr großen Eruption.
Aber die Stärke war jetzt schon überraschend.
Die ausgelöste Flutwelle traf viele Pazifik-Staaten.
In Neuseeland ließ sie Boote kentern, in Peru überschwemmte sie Küsten.
Er durfte sich heute richtig freuen: Robert Lewandowski.
Die FIFA kürte den Stürmer vom FC Bayern München
als Weltfußballer des Jahres.
Das schon zum zweiten Mal in Folge.
Die Konkurrenz bestand aus Lionel Messi und Mohammed Salah.
Am Ende stimmten die meisten der gewählten Spieler, Nationaltrainer,
Journalisten und Fans für den 33-jährigen Polen.
Wer noch Grund zum Jubel hatte - Jens Ottmann berichtet.
Im FIFA-Hauptquartier in Zürich war die digitale Preisverleihung.
Ohne Zuschauer.
Neben Robert Lewandowski waren Mo Salah und Lionel Messi nominiert.
FIFA-Präsident Gianni Infantino präsentierte den Gewinner.
Robert Lewandowski!
Beim Ballon d'Or musste Lewandowski noch Messi den Vortritt lassen.
Jetzt darf er sich wieder Weltfußballer des Jahres nennen.
Erste Gratulanten:
Bayern-Trio Kahn, Salihamidzic und Coach Nagelsmann.
Der Stürmer: sichtlich gerührt.
Vielen Dank, es ist eine große Ehre. Ich bin sehr stolz und glücklich.
Beste Fußballerin wurde Alexia Putellas vom FC Barcelona -
ihr erster Titel.
Den feierte auch ein deutscher Trainer:
Thomas Tuchel vom FC Chelsea wurde als Welttrainer ausgezeichnet.
Die Konkurrenz hatte es in sich:
Pep Guardiola von Manchester City und Europameister-Coach Mancini.
Damit hatte der 48-Jährige nicht gerechnet.
Es ist irgendwie surreal.
Ich bin wirklich überwältigt, es ist mir fast unangenehm.
Tuchel tritt die Nachfolge von Jürgen Klopp als Welttrainer an.
Nass-kühl - so ist das Wetter morgen.
Im Süden gibt es ein wenig Sonne.
Hier die genaue Vorhersage:
Nachts fällt von Westfalen bis in den Südosten Regen.
Im Bergland: Schnee.
Am Tag meist stark bewölkt.
Vereinzelt Sprühregen.
Im Süden Sonne nach Nebelauflösung.
So weit das nachtmagazin für heute.
Es geht weiter mit einer Ausgabe des Tatort.
Jens Riewa meldet sich gegen 1.55 Uhr mit der tagesschau.
Kommen Sie gut durch die Nacht.
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