tagesthemen 19.11.2022, 23:15 Uhr - Klimawandel
* Gong *
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (19.11.2022)
Heute im Studio: Caren Miosga und Thorsten Schröder.
Schön, dass Sie sich Zeit nehmen für die tagesthemen am Samstag.
Mit dabei ist Okka Gundel für den Sport:
Einen Tag, bevor es losgeht mit der WM.
Den Kritikern der WM
hat der FIFA-Chef Heuchelei vorgeworfen.
Bemerkenswert.
Wir beginnen mit einem Patienten,
der schwer erkrankt ist und Hilfe braucht.
Leider kann sich die Welt auf keine Therapie einigen.
Seit 30 Jahren suchen die Staaten auf Klimakonferenzen Lösungen,
um die Erderwärmung zu stoppen.
Zu oft kam zu wenig dabei raus.
Es könnte sein, dass es heute wieder so ausgeht.
Derzeit wird in Sharm El Sheikh noch gerungen.
Von dort berichtet Daniel Hechler.
Noch tagen sie in Hinterzimmern, ringen um Formulierungen.
Wie lange, ist offen.
Für die Außenministerin war am Morgen eines klar:
Wir müssen einen großen Schritt vorankommen
und dafür treten wir hier als EU an.
Ägypten präsentiert sich zu Beginn des Gipfels als stolzer Gastgeber,
erhofft sich eine Imagepolitur, will für Klimagerechtigkeit streiten.
Am Morgen steht der Gipfel vor dem Scheitern.
Viele Entwürfe zirkulieren,
viele fallen hinter die Beschlüsse des letzten Gipfels zurück.
Keiner ist konsensfähig.
Ägypten fällt als Moderator aus, wie Aktivisten kritisieren.
Der Prozess läuft chaotisch, völlig aus dem Ruder.
Wir sehen keine Leitung, der Prozess ist intransparent.
Am späten Nachmittag bewegt sich was.
Neue Textentwürfe lassen hoffen. Das 1,5-Grad-Ziel wird bekräftigt.
Treibhausgase sollen runter, schnell und nachhaltig.
Wie, bleibt offen.
Kein Wort zum Ausstieg aus Öl und Gas.
Kein großer Fortschritt, aber kein Rückschritt.
Mit dieser Konferenz gab es einen Angriff auf viele Klimafortschritte,
auf Einigungen, die schon erzielt wurden.
Der Angriff ist nicht gelungen, man konnte das verteidigen.
Aber wenn man sich anguckt, was da draußen in der Welt abgeht,
reicht das halt nicht.
Die Klimakrise eskaliert, Menschen sind gefährdet,
das wurde in keiner Weise widergespiegelt.
Vor allem China stand bei Emissionsregelungen auf der Bremse:
Wollte nicht einzahlen in einen Fonds für Länder,
die vom Klimawandel besonders betroffen sind.
Darauf drängte Deutschland vehement.
Am Ende gab es nur vage Formulierungen.
Ich glaube, die politischen Fragen hat man aufs nächste Jahr vertagt,
wo dann Modalitäten ausgehandelt werden.
Auch die Frage, ob neben den Industrieländern
auch wichtige Schwellenländer einzahlen müssen.
Kein großer Wurf. Wohl kein Rückschritt.
Am Ende aber ein Abschluss.
Daniel Hechler beobachtet für uns den Gipfel.
EU-Klimakommissar Timmermans sagt,
besser kein Ergebnis als ein schlechtes Ergebnis.
Was wird es?
Womöglich beides.
Es wird noch um letzte Formulierungen gerungen.
Es wird diesen Klimafonds geben.
Das war eine Forderung von Aktivisten.
Auch das 1,5-Grad-Ziel wird bekräftigt.
Selbst das stand infrage.
Es werden Anstrengungen gefordert, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Es gibt viele weiche Formulierungen.
Vieles wird vertagt.
Das kann man nicht einen großen Wurf nennen.
Was bringen Absichtserklärungen, wenn sie nicht kontrolliert werden?
Baerbock hat gestern betont,
dass jedes Land seine Emissionen offenlegen solle.
Daraus wird nichts.
Da zeichnet sich ein Kompromiss ab.
Die Staaten sollen ihre Ziele offenlegen, diese werden geprüft.
Reißen Sie die Ziele, wird das nachgesteuert.
Nach 2026 wird das nur womöglich verlängert.
Das bleibt hinter dem zurück, was gefordert wurde.
Was bringt ein Fonds, in dem kein Geld ist?
Es gilt als Erfolg, dass es diesen Fonds gibt.
Es hat 30 Jahre gedauert, diesen Fonds einzurichten.
Wie er aussieht, ist offen, wer einzahlt, auch.
Die EU besteht darauf,
dass Schwellenländer wie China dazu beitragen.
Diese Frage ist offengeblieben.
Das überzeugt Klimaaktivisten nicht.
Und nicht die betroffenen Länder des Südens.
Daniel Hechler.
Auch dieses Land hat sich zum 1,5-Grad-Ziel bekannt.
Gastgeber der Fußball-WM.
In Katar wird aber nicht gerade sparsam
mit den Ressourcen umgegangen, was nicht überraschen dürfte.
In einem Land, in dem es Strom und Wasser
kostenlos gibt für die Bürger.
So werden mitten in der Wüste
nicht nur Fußballplätze zum Grünen gebracht.
Thomas Aders über ein Land im Überfluss,
in dem sich bei manchen das Bewusstsein ändert.
Drei Dutzend Freiwillige
befreien die Wüste Katars von Plastik.
Ein ungewohntes Bild,
denn Nachhaltigkeit spielt hier keine große Rolle.
Der Müll wird von Campern achtlos weggeworfen.
Seit sechs Jahren laufen die Sammelaktionen,
privat organisiert von Ingenieur Jose Sausedo.
Wir haben über 170 Tonnen Müll aus der Natur entfernt.
Von den Sanddünen, aus der Wüste, von den Stränden, den Mangroven
und den Denkmälern.
Dabei wächst das Umweltbewusstsein.
Katar hat pro Einwohner einen der höchsten CO2-Fußabdrücke.
Die Produktion des Betons für den Bau der Stadien
hat Unmengen Treibhausgase freigesetzt.
Es sollte die erste klimaneutrale Fußball-WM werden.
Deshalb wird gerne auf das Stadion verwiesen,
das aus 974 Containern besteht und wieder abgebaut werden kann.
Innen aber gigantische Ventilatoren für die Kühlung,
selbst beim Vorzeigeprojekt.
Dazu kommen Batterien von Höhensonnen für grünen Rasen
und jede Menge Wasser.
Ganz zu schweigen von den anderen sieben Stadien.
Für Wissenschaftler, die sich mit den Zuständen am Golf beschäftigen,
sind Klimasünden bei der WM keine Überraschung.
Sie wird wie alle anderen WMs als Zeichen in die Geschichte eingehen,
dass es Ressourcenverschwendung ist, die nicht grün gelabelt werden kann.
Und noch viel weniger als karbonneutral.
Dazu kommen die vielen Shuttleflüge von Fans aus Dubai,
denn die Hotelkapazitäten im WM-Land reichen nicht.
Katar '22 – ein Klimadesaster.
Verschwendungssucht im Alltag:
Kataris zahlen keine Steuern und können aus dem Vollen schöpfen:
Benzin subventioniert, Wasser und Strom umsonst.
Die Konsequenz: ein exzessiver Lebensstil.
Zurück in der Wüste.
100 kg Müll haben die Freiwilligen heute gesammelt.
Ein Anfang.
Doch das kleine Emirat wird weiter mit seinen CO2-Emissionen pro Kopf
in der Spitzengruppe der Sünder bleiben.
Zu weiteren Nachrichten des Tages mit Thorsten.
Die beginnen mit dem Streit um das Bürgergeld.
CDU-Parteichef Merz fordert Zugeständnisse der Koalition
für eine gemeinsame Lösung.
Es gelte, Anreize zu setzen,
um Arbeitslosen den Weg in den Arbeitsmarkt zu ebnen.
Kanzler Scholz wirft Merz vor,
sich in der Sozialpolitik abgehoben zu verhalten.
Der Gesetzentwurf war im Bundesrat gescheitert.
Am Mittwoch trifft sich der Vermittlungsausschuss
von Bundesrat und Bundestag, um Kompromisse zu finden.
Die Länder der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC
haben den Krieg gegen die Ukraine verurteilt.
Das gab der thailändische Premier Prayut
zum Abschluss des Gipfels in Bangkok bekannt.
In der Erklärung hieß es auch, es gebe
unterschiedliche Einschätzungen der Situation und Sanktionen.
Eine ähnliche Formulierung
hatte es bereits beim G20-Gipfel auf Bali gegeben.
In den USA übernimmt ein Sonderermittler
die Untersuchungen gegen Ex-Präsident Trump.
Justizminister Garland ernannte den Staatsanwalt Jack Smith.
Der war bisher Ankläger am Strafgerichtshof in Den Haag.
Er soll untersuchen:
Hat sich Trump strafbar gemacht, als er nach seiner Amtszeit
geheime Unterlagen in seinem Anwesen aufbewahrte.
Auch geht es um seine Rolle bei der Kapitol-Erstürmung.
Trump bezeichnete den Schritt als politisch motiviert.
Es gab bessere Zeiten für deutsche Bischöfe,
um vorstellig zu werden im Vatikan.
Dort möchte man niemanden, der aus der Reihe tanzt.
Schon kleine Reformschritte, die manche dieser Männer wollen,
werden in Rom nicht gerne gesehen.
Vor allem der Synodale Weg, die Debatten um Zölibat und Frauenrolle:
Er führt weg von dem, was der katholischen Kirche heilig ist.
Die deutschen Bischöfe sind abgeblitzt beim Papst.
Anja Miller.
♪ Herr erbarme dich ♪
Dass es eine schwierige Reise wird, wusste Georg Bätzing,
Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz.
Seit die deutschen Katholiken den Reformprozess Synodaler Weg
gestartet haben, gibt es immer wieder Ärger mit dem Vatikan.
Zwei Stunden sprachen die Bischöfe mit dem Papst.
Beim entscheidenden Treffen mit den Kurienkardinälen später
ging es um die wichtigen Fragen des Synodalen Wegs:
Die Weihe von Frauen, Beteiligung von Laien,
den Umgang mit Homosexualität und dem Zölibat.
An dem Gespräch nahm Franziskus nicht teil.
Vielleicht besser so, sagt Bätzing in der Abschluss-Pressekonferenz.
So habe man konstruktiv diskutieren können.
Es gab heftige Kritik der Kurie am deutschen Vorgehen,
aber ein Stopp des Synodalen Wegs wurde abgewendet.
Es endet ein Arbeitsbesuch von hoher Nachdenklichkeit,
einer Vielfalt von Themen.
Und der Tatsache, dass wir in wichtigen theologischen Fragen,
mit Blick auf den Synodalen Weg, keine einheitliche Auffassung haben.
Aber:
Die Kirche in Deutschland geht keinen Sonderweg.
Sie wird keine Entscheidungen treffen,
die nur im universalkirchlichen Kontext möglich wären.
An das "geduldige Gottesvolk", wie im Abschlusspapier formuliert,
glaubt Bätzing nicht.
Darin bestärkt ihn das Laien-Gremium
Zentralkomitee der deutschen Katholiken.
Die Austrittszahlen zeigen deutlich, dass die Geduld nicht so lang ist,
wie es erwünscht ist und immer noch gedacht wird.
Das Bild hält der Wirklichkeit nicht mehr stand.
Die Laien wollen mit den Bischöfen
am kirchlichen Reformprozess weiterarbeiten.
Der Weg sei richtig,
auch wenn die Bischöfe ohne konkrete Ergebnisse zurückkommen.
Zum Sport:
Noch einmal schlafen, dann beginnt die Fußball-WM.
Schon bei der Aussprache des Gastgeberlandes
gehen die Meinungen auseinander:
"Kattar" und nicht "Kataar" -
so sagt es die ARD Aussprache-Datenbank.
Seit Jahren wird über die Wüsten-WM diskutiert,
extern und auch intern.
Dass bei dieser WM wohl nicht vieles so sein wird,
wie wir es gewohnt sind.
Darauf gab FIFA-Präsident Infantino
heute höchstpersönlich einen Vorgeschmack.
Mit einem bizarren Ansage. So könnte man es formulieren.
Den hören Sie gleich.
Vorher werfen wir einen Blick auf die deutsche Mannschaft,
was nicht einfach war.
So stellt man sich eine Festung vor.
Es ist der Trainingsplatz der deutschen Mannschaft.
Ein Hochsicherheitsgelände.
Zur Übungseinheit begrüßt der Trainer Thomas Müller und Antonio Rüdiger,
die zuletzt angeschlagen pausierten.
Dagegen fehlt Niclas Füllkrug.
Er hat 'nen viralen Infekt,
da kann man keine klare Prognose machen.
Es geht ihm nicht so schlecht.
Während Flick mit dem Team an der Spielphilosophie feilt,
geht es in Doha zwar um Fußball, allerdings auf andere Art.
Bei der FIFA-Pressekonferenz holt der Präsident zum Rundumschlag aus.
Heute fühle ich mich als Katarer.
Heute fühle ich mich als Araber.
Heute fühle ich mich afrikanisch.
Heute fühle ich mich homosexuell.
Heute fühle ich mich behindert, ich fühle mich als Arbeitsmigrant.
Ein 61-minütiger Monolog. Infantino klagt die Europäer an:
Statt moralische Ratschläge zu geben, müssten sie sich für das,
was sie die letzten 3000 Jahre gemacht haben,
noch 3000 Jahre entschuldigen.
Die DFB-Spieler bekommen davon nichts mit.
Neuer versichert, natürlich die One-Love-Binde zu tragen,
im ersten Spiel gegen Japan.
Die Power, die diese Binde hat,
haben auch andere Nationen im Westen, in Europa, mitgetragen.
Ich finde gut, dass wir nicht die Einzigen sind.
Einen Tag vor dem Eröffnungsspiel fällt es schwer,
den Fokus auf den Sport zu legen.
Angesichts dessen, was der FIFA-Präsident von sich gab.
Gianni Infantino, immer für eine Überraschung gut.
Langweilig wird's in Katar definitiv nicht.
Mal gucken, was noch so passiert.
Ab morgen wird jedenfalls auch Fußball gespielt
in einem Land ohne Fußballtradition.
Abschlusstraining am Abend,
letzte Vorbereitungen für ein historisches Spiel:
Die katarische Mannschaft vor ihrer ersten WM-Partie überhaupt.
Morgen trifft das Team von Felix Sanchez
im al-Bayt-Stadion nördlich von Doha auf Ecuador.
Es ist ein einzigartiger Tag.
Die Anstrengungen im Land waren groß,
alle haben sich der WM verschrieben.
Für diesen Tag haben wir gearbeitet.
Jetzt hoffe ich, dass es eine Party wird,
dass die Leute ein Fußball-Spektakel erleben.
Der Spanier Sanchez arbeitet seit 2006 in Katar,
2017 übernahm er die Nationalmannschaft.
2019 überraschend der Gewinn der Asien-Meisterschaft -
größter Erfolg des katarischen Fußballs.
Einige Nationalspieler wurden eingebürgert,
die meisten von ihnen kamen als Kinder nach Katar.
Alle spielen in der heimischen Liga, die regelmäßig pausierte,
für lange Trainingslager des Teams.
Wir haben viel geopfert, viel Zeit im Ausland verbracht,
ohne unsere Familien.
Das zeigt, welche Bedeutung das Turnier für die Spieler hat.
Gegner Ecuador - wie Katar ein Außenseiter.
Das Team ließ in der Qualifikation Chile und Peru hinter sich.
Zum Auftaktspiel werden 60.000 Zuschauer erwartet.
Morgen mehr zum WM-Auftakt in den tagesthemen.
Jetzt schnell ein Blick in die Handball-Bundesliga.
Da gab es das Spitzenspiel zwischen Magdeburg und Kiel -
Deutscher Meister gegen Pokalsieger.
Es wurde ein knapper Sieg für Kiel.
Kiels emotionsgeladener Jubel nach einer extrem packenden Schlussphase.
Magdeburg rennt lange vergeblich dem Rückstand hinterher,
Mertens zum 15:17.
Die Gäste variabler im Angriffsspiel,
ziehen durch Johansson wieder auf drei Treffer davon.
Bennet Wiegerts SCM zur Pause 16:19 hinten.
Der THW danach acht Tore vorn, auch dank des herausragenden Landin.
Die Gastgeber aber zeigen eine starke Moral.
Magnusson bringt Magdeburg auf ein Tor heran.
30 Sekunden zu spielen - Kiel im Angriff, Bilyk vollendet.
Saugstrup im Gegenzug ins leere Tor. 33:34, doch für mehr reicht es nicht.
Der Deutsche Meister unterliegt dem Pokalsieger.
Vielen Dank.
Wir haben noch die Wetteraussichten, mit Donald.
Es gibt große Unterschiede in Deutschland.
Sehen wir uns den Radarfilm an.
Die Luftmassengrenze reicht bis Bayern.
Weiter Süden ist es eher der reine Regen.
Die Schauer hier sind der Lake-Effekt:
Sehr kalte Luft ist über die Ostsee geströmt.
Daher entwickeln sich starke Schauer.
Schauen wir in die Zukunft.
Die Luftmassengrenze im Süden zieht nach Osten raus.
Schneefälle sind möglich.
Es gibt stärkere Schneeschauer in Brandenburg und Niedersachsen.
Morgen kommt von Westen her Regen auf.
Die Temperaturen.
In der Nacht zum Montag breiten sich Schneefälle nach Osten aus.
Ab Dienstag wird es für alle milder.
Das waren die tagesthemen.
Hier folgen Gedanken zum morgigen Totensonntag:
Im Wort zum Sonntag.
Die nächste tagesschau gibt es gegen 1.10 Uhr.
Wir drei wünschen eine gute Nacht.
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