Sendung: nachtmagazin 13.02.2020 00:15 Uhr - Vernichtung von Retoure-Ware
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit dem nachtmagazin.
Diese Sendung wurde vom NDR
live untertitelt (13.02.2020)
Heute im Studio: Susanne Stichler
Herzlich willkommen
zum nachtmagazin.
Es ist so einfach,
auf dem Sofa sitzen,
Schuhe, Klamotten im Netz anklicken
und einfach bestellen.
Wenn's nicht passt oder gefällt,
schickt man das Paket zurück.
Genau das verursacht viel Müll,
denn oft werden Retouren vernichtet,
weil's für die Händler
günstiger ist.
Das will Umweltministerin Schulze
nun ändern.
Das Kabinett hat heute für
ein entsprechendes Gesetz gestimmt.
Nicht nur im Onlinehandel
wird sich einiges ändern.
Bestellt, geliefert, zurückgeschickt.
Eigentlich wäre die Ware neu,
landet oft aber trotzdem im Müll.
Gelebte Praxis,
besonders bei Online-Händlern:
Statt die Retouren
oder Ladenhüter weiter zu lagern,
ist es für die Unternehmen
oft günstiger, sie zu vernichten.
So entsorgt werden rund 20 Mio.
zurückgesandte Artikel,
schätzen Forscher der Uni Bamberg.
Viel zu viel,
Findet die Bundesregierung.
Und beschließt eine Änderung
des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
Hersteller und Händler sollen stärker
in die Verantwortung genommen werden.
Sie müssen sich darum kümmern,
dass das Produkt, was zurück kommt,
auch wieder in den Handel kommt.
Oder gespendet, jedenfalls
nicht einfach zu Abfall wird.
Darüber können wir da rankommen,
dass es nicht weggeschmissen wird.
Ein guter Ansatz sei das, aber:
Es greife zu kurz,
kritisieren Umweltverbände.
Sie fordern verbindliche Ziele
zur Abfallvermeidung.
Auch die Grünen sind nicht überzeugt:
Die geplanten Maßnahmen setzten
zu spät an und seien zu lasch:
Mit diesem Gesetz ist es noch nicht
möglich, die Vernichtung zu stoppen.
Verbindlichkeit fehlt,
es ist nur eine Erinnerung,
der Produktverantwortung
gerecht zu werden.
Wer nicht-recyclebare Produkte
in Umlauf bringt,
soll tiefer in die Tasche greifen.
Sich beteiligen bei der Entsorgung;
zum Beispiel von Zigarettenstummeln
oder Kaffee-to-go-Bechern.
Dafür gäbe es aber bereits
Regelungen, meint die FDP:
Einwegbecher sind schon
im Verpackungsgesetz.
Diese Hersteller
zahlen auch schon dafür.
Warum das bei
den Kommunen nicht ankommt,
warum zu wenig Tonnen
aufgestellt werden, ist ein Rätsel.
Das Umweltministerium
will das Gesetz
so schnell wie möglich
durch Verordnungen umsetzen.
Und hofft, dass solche Bilder
bald seltener werden.
Nach gut einem Jahr
alles wieder auf Anfang.
Annegret Kramp-Karrenbauer
gibt den CDU-Vorsitz ab.
Die Kandidatensuche hat begonnen.
Die weibliche Form
muss man wohl nicht mehr hinzufügen.
Bislang sind nur Männer im Gespräch.
Einer wagt sich deutlich nach vorne:
Friedrich Merz, der Ende 2018
gegen Kramp-Karrenbauer verlor.
Er will wohl erneut kandidieren.
Das ist am Abend
aus seinem Umfeld zu hören,
offiziell bestätigt
hat er es noch nicht.
Auch Bundesgesundheitsminister Spahn
sagt heute:
Er sei bereit,
Verantwortung zu übernehmen.
Kann man als Bewerbung verstehen.
Seit sie ihren Rücktritt angekündigt
hat, rumort es in der CDU.
Annegret Kramp-Karrenbauer
heute im Kabinett.
Ein Teil der Partei will nicht
bis zum Parteitag warten,
bis man ihren Nachfolger bestimmt,
sondern drückt aufs Tempo.
Einer der Nachfolge-Kandidaten,
Gesundheitsminister Spahn,
äußert sich vorsichtig.
Ich habe immer gesagt, und das habe
ich auch immer dokumentiert,
dass ich bereit bin,
Verantwortung zu übernehmen.
In welcher Konstellation
das geschieht,
darüber reden wir
in den nächsten Tagen.
Dieser Meinung
scheint Friedrich Merz nicht zu sein.
Laut Deutscher Presse-Agentur
hieß es aus seinem Umfeld,
er kandidiere
als Parteivorsitzender.
Eine Bestätigung gab es noch nicht.
Keine Äußerung bisher
vom Dritten im Bunde,
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.
Wer es machen soll oder will,
die Frage sorgt für Unruhe.
Wir brauchen Ruhe in der Partei.
Einen Sonderparteitag würde ich
begrüßen, dass wir auf Linie kommen.
Diskutiert wird auch, ob Merkel
weiter Kanzlerin bleiben sollte,
wenn es einen
neuen CDU-Vorsitzenden gibt.
Dazu äußert sich die SPD ganz klar.
Wir sind mit Merkel
in diese Koalition gegangen
und die SPD wird keine andere Person
ins Kanzleramt wählen.
Sie will nächste Woche mit ihren
möglichen Nachfolgern sprechen.
Zuvor könnte sie Markus Söder
auf der Münchner Sicherheitskonferenz
treffen.
In Deutschland
gibt es nun 16 Menschen,
die sich mit Corona infiziert haben.
Die meisten sind aus Bayern
und Mitarbeiter von Webasto.
Aber weltweit
steigen die Zahlen weiter an.
Dennoch kein Grund zur Panik
in Deutschland,
wird immer wieder gesagt.
Aber eins sprach
Bundesgesundheitsminister Spahn an:
Der Höhepunkt
ist noch nicht erreicht.
In China nicht, damit weltweit
nicht, sicher in Deutschland nicht.
Das müssen die Parlamentarier und
die deutsche Öffentlichkeit hören.
Soweit Jens Spahn.
Zuerst trat das Virus in China auf.
Sie sehen hier die Länder,
die Corona-Fälle gemeldet haben.
Es zieht also um die Welt.
Die WHO hat nun zwei Tage
in Genf getagt, um abzusprechen,
wie man weiter
dagegen vorgehen will.
Eines wurde erneut deutlich:
Ein Impfstoff
ist noch nicht in Sicht.
Vor allem in China
hoffen die Menschen
auf ein schnelles Ende der Epidemie.
Schlange stehen, um zu arbeiten.
In diesem Geschäftsviertel wird bei
jedem Angestellten Fieber gemessen.
Die Angst ist groß.
Yuan Yuan Gao
ist Mitarbeiterin eines Filmvertriebs
und eine der wenigen, die
an ihren Arbeitsplatz zurückkehre.
Die meisten arbeiten
von zu Hause aus.
Das Büro ist leer,
ich habe das erwartet.
Normalerweise sind hier 100 Leute,
heute sind wir zu dritt.
In China versucht man,
mit großflächigen Desinfektionen
und Quarantänemaßnahmen
eine Ausbreitung zu verhindern.
Nicht nur die Menschen hier hoffen
auf Erfolge im Kampf gegen das Virus.
Den Schlüssel dazu
will die WHO finden.
Zwei Tage lang haben
300 Wissenschaftler beraten,
wie das Virus
in den Griff zu bekommen ist.
Ganz oben auf der Prioritätenliste:
Impfstoff,
Diagnosetests, Medikamente.
Bei den Medikamenten
brauchen wir auch Fortschritte.
Wir sind uns nicht sicher,
ob das nützlich sein wird.
Es ist eine akute Infektion.
Die Patienten
werden gesehen in einer Phase,
wo sie vielleicht
nichts mehr von Medikamenten haben.
Die Lunge ist schon voll.
Wir müssen auf den Impfstoff
einen Schwerpunkt setzen.
Doch das braucht Zeit.
Für die meisten
wird der Impfstoff zu spät kommen.
Um das Virus einzudämmen,
haben sich die Forscher geeinigt,
auf die Fragen "Woher stammt es?
Wie wird es übertragen?"
rasch eine Antwort zu finden.
Hier herrscht
ein Geist der Zusammenarbeit,
das ist etwas Besonderes.
Das ist neu und ermutigend.
Unterschiedliche Menschen
haben unterschiedliche Ideen.
Alle zusammen können
nützlichere Informationen gewinnen.
Viele Forscher wollen eine weitere
Ausbreitung nicht ausschließen.
Das könnte auch in Deutschland
zu einer Belastung
in den Krankenhäusern führen.
Ob die Krankheit
einen schweren Verlauf nimmt,
zeigt sich erst ab der zweiten Woche
nach der Infektion.
Da muss man erkennen,
dass man zum richtigen Zeitpunkt
für diese Patienten auch intensivere
Behandlungsmöglichkeiten anbietet.
Diese Betten sind sehr ausgelastet,
die normale Medizin braucht solche
Spezialbetten auch für andere Dinge.
Für OPs oder andere Erkrankungen.
Die neuartige Lungenkrankheit –
eine Herausforderung für alle Länder.
Nicht nur Yuan Yuan Gao,
Menschen weltweit
hoffen auf einen Durchbruch.
Viele hatten in ihn
große Hoffnungen gesetzt.
Ein Menschenfreund,
ein bescheidener Mann.
Einer, der die katholische Kirche
zu Reformen bringen könnte:
Papst Franziskus.
Besonders im Blick: der Zölibat.
Das Priesteramt müsse
für Verheiratete geöffnet werden,
so die Forderung vieler.
Seit heute ist klar,
diese Tür bleibt verschlossen.
Franziskus ist gegen Ausnahmen,
auch die Rolle der Frauen
wird sich nicht ändern.
Das hat er heute
in einem Schreiben erklärt.
Die Hoffnungen waren groß.
Im Ruhrgebiet
ist der Priestermangel zu spüren.
Im liberalen Bistum Essen
glaubte man:
Die Zeit sei reif,
das Zölibat zu lockern,
die Kirche moderner zu gestalten.
Priester Sven Scholven
lebt enthaltsam,
aber hoffte mit dem Synodalen Weg
auf Reformen, wie viele Gläubige.
Er ist enttäuscht.
Ich hab gedacht, jetzt wäre die
Möglichkeit von Papst Franziskus,
die Türen aufzustoßen.
Und von Amazonien einen Wellenimpuls
in die Welt zu schicken.
Es kam ganz anders.
Je länger ich darüber nachdenke,
ist das von mir
befürchtete Resultat rausgekommen.
Bei der Generalaudienz des Papstes
ist die Begeisterung der Gläubigen
ungebremst.
Was er heute veröffentlicht,
versetzt die Kirche in Unruhe.
2019 sprachen sich eine Mehrheit
der Bischöfe dafür aus,
verheirateten Diakonen
die Priesterweihe zu erlauben.
Ebenso die Weihe
von Frauen zu Diakoninnen -
beschränkt auf Amazonien.
Der Papst schreibt heute:
Also darf nur der männliche Priester
die Eucharistie
und damit den Gottesdienst feiern
und müssen zölibatär leben.
Auch für Maria 2.0
dürfte das eine Enttäuschung sein.
Fordern sie doch mehr Rechte für
Frauen in der katholischen Kirche.
Hier waren die Erwartungen gering,
dass sich schnell was ändern könnte.
Es ist kein Rückschritt,
vielleicht ist es ein Stillstand.
Gerade für die, die sich
eine Weihe für Frauen erhoffen.
Dorothea Schmidt und Johanna Stöhr
haben die konservative
Gegenbewegung gegründet:
Maria 1.0, ohne Update.
Sie haben 2500 Unterstützer
und setzen auf alte Werte.
Der Papst ist wie ein Fels
in der Brandung
und hat das Richtige gemacht.
Er vertritt das,
was die Kirche von Anbeginn ist.
Die Kirche darf nicht
dem Zeitgeist nachgehen.
Die Lager in der Kirche
sind weit auseinander.
Kardinal Marx versucht, die Aufregung
aus der Debatte zu nehmen.
Zu hoch waren die Erwartungen
nach dem ersten Reformschritt.
Kann man denn erwarten,
dass der Papst auf einmal sagt,
das Zölibat ist nicht so wichtig?
Das ist ausgeschlossen.
Was bleibt, ist ein langer Weg
der kleinen Schritte.
Sven Scholven hofft,
dass die Reform noch kommt,
wenn auch langsamer als gedacht.
Wir kommen zurück zu Corona
und den Folgen.
Veranstaltungen
wie das Formel-1-Rennen in China
wurden verschoben
und auch in Tokio ist man besorgt.
In sechs Monaten beginnen dort
die olympischen Sommerspiele.
Wenn sich das Virus ausbreitet,
werden dann die Spiele abgesagt?
Für Tokio ein Horrorszenario.
Die Veranstalter hoffen, dass die
Ausbreitung gestoppt werden kann.
So laufen die Vorbereitungen
weiter wie geplant.
Für japanische Taxifahrer heißt das:
die Schulbank drücken.
Und English lernen,
damit das klappt,
mit der Verständigung der Völker.
Bitte sprechen Sie mir nach:
Here's your change and receipt.
(Gruppe)
Here's your change and receipt.
Thank you very much.
What? Japans Taxifahrer und Englisch:
Eine Herausforderung
für alle Beteiligten.
Mit Olympia sollen
bis zu 40 Mio. Touristen kommen,
dieses Jahr.
Da wäre Englisch hilfreich.
Aber Japan und Fremdsprachen?
Ich mache immer einen Screenshot
von dem Hotel, zu dem ich möchte.
Da steht's in Japanisch,
das zeig ich ihm dann.
Auch Online-Straßenkarten
steigern die Trefferquote.
Doch Luft nach oben
ist noch reichlich,
deshalb gibt's Nachhilfe:
Oft frage ich mich: Wie hieß das?
Wenn ich versuche,
mit den Fahrgästen zu sprechen.
Dann üben wir das
doch gleich mal im Rollenspiel!
Eine Stresssituation.
Besonders, wenn der Kollege hinten
nicht bezahlen will:
Three thousand Yen.
* Mann knurrt *
* Gelächter *
Hören und Verstehen ist ein Problem.
Es fehlt Erfahrung
mit der Aussprache.
Schwierig für sie,
eine Sprache zu entschlüsseln,
die sie nicht gut kennen.
Gesprochen von Menschen
mit verschiedenen Akzenten.
Tokio hat über 66.000 Taxifahrer.
Jeder Dritte ist älter als 65.
Das klingt nach Abenteuer
und ist es auch.
Doch ein Anfang ist gemacht.
Joseph Vilsmaier
hinter einer Filmkamera.
Das war auch sein Leben.
Erst war er als Kameramann gefragt,
dann nahm er in der Regie platz.
Er hat mal gesagt:
Mein Leben war Fasching.
Er habe immer Sachen machen können,
die ihn interessiert hätten.
Nun trauert die Filmwelt.
Joseph Vilsmaier
ist mit 81 Jahren gestorben.
Joseph Vilsmaier: Gemütsmensch,
Kameramann, Filmemacher.
Der "Sepp",
ein bayerisches Multitalent.
Seine Regiearbeiten reichen
von volkstümlichen Dramen
wie dem "Brandner Kasper" bis
zu Bergfilmen wie "Nanga Parbat".
Es gibt vielleicht Sachen,
wo man nicht machen kann.
Aber man muss es versuchen.
Wenn Leute sagen, das geht nicht,
dann probiere ich das!
Joseph Vilsmaier,
geboren 1939 in München.
Vom Material- und Kameraassistenten
arbeitet er sich hoch,
seit den 70ern
ist er gefragter TV-Kameramann.
Erst mit 49 Jahren dreht er seine
erste Regie-Arbeit "Herbstmilch",
in der Hauptrolle Dana Vavrova,
seine 2009 verstorbene Ehefrau.
Die Romanverfilmung
wird ein Publikumserfolg.
1993 "Stalingrad",
finanziell und thematisch ein Wagnis,
schlechte Kritiken inklusive.
Ich muss dir noch was zeigen.
Andre Eisermann und Dana Vavrowa
in "Schlafes Bruder":
Mit der Verfilmung des Romans von
Robert Schneider beweist Vilsmaier,
dass er auch komplexere Literatur
bildgewaltig verfilmen kann.
Sein Film über das
Vokal-Ensemble "Comedian Harmonists"
ist mit 3 Mio. Besuchern
Kino- und Kritikererfolg.
Seine historischen Stoffe
bekommt er teils nicht in den Griff.
Etwa "Marlene" mit Katja Flint.
Politik interessiert mich nicht,
ich will feiern!
Für mich mach ich keinen Film net.
Ich möchte, das gefällt mir,
dass des übergreift aufs Publikum.
Dass denen das gefällt
wie mir das gefällt.
Ich bin kein Intellektueller net,
ich leb aus dem Bauch.
Bodenständigkeit
und ein dickes Fell
gegenüber der Kritik
zeichnet ihn aus.
Der Schönheit seiner Heimat setzte er
mit "Bavaria" ein Denkmal.
Und der volkstümlichen Seele
mit dem "Brandner Kasper".
Ein Platz im Film-Himmel der Bayern
ist ihm sicher.
Zum Wetter.
Heute Nacht
legt der Regen eine Pause ein,
aber morgen wird's
nass, trüb und wieder windig.
In der Nacht lassen die Schauer nach,
Vorsicht wegen Glätte.
Am Tag breiten sich von Westen
dichte Wolken mit Regen aus.
Dazu wird es windig,
im Bergland stürmisch.
Im Mittelgebirge schneit es
bis in tiefere Lagen.
Im Westen lockert es später auf.
Das war das nachtmagazin,
gegen 2.05 Uhr
meldet sich die tagesschau.
Gute Nacht.
Copyright Untertitel: NDR 2020 Sendung: nachtmagazin 13.02.2020 00:15 Uhr Themen der Sendung: Vernichtung von Retoure-Ware: Gesetzentwurf zur Müllvermeidung, Führungskrise in der CDU, Coronavirus in Deutschland, Abschluss Coronavirus-Konferenz der WHO, Keine Lockerung des Zölibats in katholischen Kirche, Vor den olympischen Spielen in Tokio: Japanische Taxifahrer lernen Englisch, Regisseur Vilsmaier gestorben, Das Wetter