Sendung: tagesschau 08.03.2020 13:15 Uhr - Kampf gegen Corona-Epidemie
Themen der Sendung: Kampf gegen Corona-Epidemie: Italien erweitert "Rote Zone" im Norden, Zunahme der Corona-Infektionen im Iran, Koalitionsausschuss berät über Flüchtlingsaufnahme und Coronavirus, Mehr Strafverfahren wegen Schwarzarbeit in der Baubranche, Internationaler Frauentag, Lage in Idlib nach der vereinbarten Waffenruhe, Libanon droht Staatsbankrott, Sechs Jahre nach Absturz von MH370: Angehörige fordern neue Suche nach Wrack, Biathlon-Weltcup in Nove Mesto, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Gerrit Derkowski
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Derart drastische Maßnahmen gab es
im Kampf gegen die Corona-Epidemie
in Italien und Europa bisher nicht:
Per Dekret erklärte in der Nacht
Ministerpräsident Conte
weite Landesteile im Norden
bis zum 3. April zur Sperrzone.
Betroffen sind Gebiete
mit etwa 16 Mio. Einwohnern.
Damit steht quasi ein Viertel
der Bevölkerung unter Quarantäne.
In der EU ist Italien
mit 5883 gemeldeten Infektionen
das am schwersten betroffene Land.
Mehr als 230 Menschen
sind durch das Virus gestorben.
Sie versuchen, noch wegzukommen -
per Zug von Padua in den Süden.
Weil ich gelesen habe,
dass sie ein Dekret erlassen wollen.
Das macht Padua zur roten Zone.
Da ich sowieso
meine Familie besuchen wollte,
fahre ich jetzt eher.
Zu diesem Zeitpunkt
sind es nur Gerüchte.
Wenig später die Bestätigung:
Die Regierung riegelt
Teile Norditaliens weitgehend ab.
Die Menschen dürfen nur
aus wichtigen Gründen reisen -
wenn es absolut notwendig ist
oder aus gesundheitlichen Gründen.
Betroffen sind 14 Provinzen
in Norditalien,
auch Padua und Venedig.
Und die komplette Lombardei
mit der Metropole Mailand.
Dort sind viele Straßen leer.
Öffentliche Veranstaltungen
fallen aus.
Restaurants und Bars
dürfen nur bis 18 Uhr geöffnet sein.
Einkaufszentren
haben am Wochenende geschlossen.
Wer sein Geschäft aufmacht,
muss eine Distanz von einem Meter
zwischen den Kunden sicherstellen.
Züge fahren weiterhin.
Ordnungskräfte können aber fragen,
warum die Menschen weg wollen.
Wir verstehen,
dass man Opfer bringen muss.
Manchmal kleine, manchmal große.
Aber jetzt müssen wir
unsere Gesundheit schützen.
Bis zum 3. April
gelten die Maßnahmen.
Auch im Rest Italiens
müssen Museen schließen.
Hochzeiten gehen nur
mit Sicherheitsabstand.
Vom Küssen wird abgeraten.
Auch im Iran sind viele Bereiche
des öffentlichen Lebens
wegen der Corona-Epidemie lahmgelegt.
Die Fluggesellschaft Iran Air
setzt alle Flüge nach Europa aus.
Dies sei eine Reaktion
auf die Beschränkungen,
die europäische Fluglinien
vorgenommen hätten.
Die Lufthansa hatte ihre Verbindungen
nach Teheran gestrichen.
Die Zahl der Neuinfektionen im Iran
steigt weiter.
Laut Behörden seien
mehr als 6500 Menschen infiziert.
194 seien gestorben.
Das sind die offiziellen Zahlen.
Viele glauben ihnen nicht,
das Misstrauen ist groß.
Internationale Wissenschaftler
schätzten schon vor knapp zwei Wochen
die Zahlen
um ein Vielfaches höher ein.
Von 100 Abgeordneten,
die sich einem Test unterzogen,
waren über 20 positiv.
Neben einem der engsten Berater
von Revolutionsführer Khamenei
starben weitere Politiker
an Folgen der Viruserkrankung.
Präsident Rohani greift die USA an,
indem er sie auffordert,
die Sanktionen gegen Medikamente
aufzuheben, wenn sie helfen wollen.
Es fehlt an allem:
Desinfektionsmittel, Masken,
Fieberthermometer, Medikamente.
Kranke und ihre Angehörigen
suchen stundenlang Apotheken ab,
um das Nötigste zu bekommen.
Videos von wütenden Menschen
in und vor Krankenhäusern
kursieren im Netz.
Verifizieren können wir sie nicht -
internationale Journalisten
sind kaum mehr vor Ort.
Meine Tochter
arbeitet im Krankenhaus.
Sie zwingen sie,
zur Arbeit zu kommen.
Viele Kollegen weigern sich,
weil sie Angst haben,
sich zu infizieren.
Selbst wenn sie dann
entlassen werden sollen.
Seit zwei Tagen werden auch Straßen
in der Hauptstadt desinfiziert.
Schulen, Universitäten
bleiben bis 4. April geschlossen.
Fast alle Flüge nach und aus dem Iran
sind eingestellt.
Viele fürchten auch die
wirtschaftlichen Folgen für ihr Land.
Die wirtschaftlichen Folgen
der Epidemie in Deutschland
sind heute das Thema
im Koalitionsausschuss.
Spitzen von Union und SPD wollen
über Hilfen für Unternehmen beraten.
Im Gespräch ist,
Hürden für die Kurzarbeit zu senken.
Gesundheitsminister Spahn schrieb:
Absagen von Großveranstaltungen
hätten wirtschaftliche Folgen
für Handwerker, Gastronomen
oder Dienstleister.
Der Deutsche Städtetag
forderte einen Hilfsfonds für Firmen,
die in finanzielle Schwierigkeiten
wegen des Virus geraten.
Mehr Fälle von Schwarzarbeit
und illegaler Beschäftigung
wurden im vergangenen Jahr
in der Baubranche aufgedeckt.
Die Funke-Mediengruppe beruft sich
auf das Bundesfinanzministerium.
Die Zahl der Strafverfahren
stieg um 20 Prozent.
Der Gesamtschaden
durch hinterzogene Steuern
und nicht gezahlte Sozialabgaben
sei leicht zurückgegangen.
Bundeskanzlerin Merkel wirbt dafür,
dass Männer sich stärker
in die Familienarbeit einbringen,
etwa in Pflege oder Kindererziehung.
Nur so könne die gleichberechtigte
Teilhabe im Erwerbsleben
erreicht werden, sagte sie anlässlich
des Internationalen Frauentags.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
ist eine Herausforderung für Eltern.
Ruth Flosdorff und ihr Mann arbeiten
in Führungspositionen bei Siemens.
Sie haben zwei Töchter.
Flosdorff engagiert sich
im Frauennetzwerk ihres Arbeitgebers.
Und sie engagiert sich
bei den "working moms".
Das ist ein bundesweites Netzwerk
für Frauen,
die Karriere und Familie
miteinander verbinden.
Diese Vernetzung ist extrem wichtig.
Sich mit Gleichgesinnten
auszutauschen.
Sich gemeinsam
dafür stark zu machen,
damit es Wirklichkeit wird,
Beruf und Familie zu vereinbaren.
Das geht nur mit Disziplin
und guter Organisation.
Flosdorff und ihr Mann
teilen sich alle Aufgaben.
Die Kinder-Tagesstätte
hat Öffnungszeiten bis 18 Uhr.
Dass Mütter arbeiten, sei normal,
sagen die Wissenschaftler.
Aber nur selten kämen sie
in Führungspositionen.
Wer einmal in die Teilzeit geht,
kommt da schwer wieder raus.
Teilzeit sendet immer ein Signal,
dass die Karriere
eher zweitrangig bleibt.
Gemeinsam sollten sich Mütter mutig
für ihre Berufswünsche einsetzen.
So lautet das Credo
von Ruth Flosdorff.
Weltweit demonstrieren Frauen heute
für Gleichberechtigung.
Forderungen nach Chancengleichheit
im Arbeitsleben
spielen in Europa
eine wichtige Rolle.
Im muslimisch geprägten Pakistan
kämpfen Aktivistinnen gegen Gewalt.
Frauen werden in dem Land
die Opfer von "Ehrenmorden".
In Lahore gingen Frauen
auf die Straße -
unter schwierigen Bedingungen
und nicht ohne Gegenprotest.
Diese Frauen sind mutig.
Sie wurden bedroht und davor gewarnt,
zu demonstrieren.
Nicht nur im pakistanischen Lahore -
im ganzen Land.
Trotz Einschüchterung
sind sie hier.
"Eigene Entscheidungen
sind unser Recht."
So heißt es auf den Plakaten.
Gewalt und Unterdrückung der Frauen
sind nicht länger hinnehmbar.
Das ist nachgewiesen in Berichten
der Menschenrechtskommission.
Aktivisten für Homosexuellen-Rechte
nehmen ebenfalls teil.
Die konservativ-islamische Partei
Jamaat-e-Islami
wollte die Demo
per Gerichtsentscheid verbieten.
Das Oberste Gericht in Lahore
ließ den Marsch zu.
"Wir sind der Stolz der Nation",
sagen
diese konservativ-islamischen Frauen.
Sie riefen zum Gegenprotest auf.
Der Koran und die Familien
regelten die Gleichberechtigung.
Wir protestieren im ganzen Land
und zeigen unsere Solidarität.
Wir stehen
für die Rechte der Frauen ein.
Starke Frauen, aber kein Feminismus.
Die Anerkennung
von Schwulen und Lesben gehöre nicht
zu einer islamischen Gesellschaft.
Gleichberechtigung ist ein Thema,
das die Gesellschaft spaltet.
Idlib ist die letzte Hochburg
islamistischer Rebellen in Syrien.
Die Truppen von Machthaber Assad
wollen die Region zurückzuerobern.
Unterstützt werden sie
von russischen Verbündeten.
Die humanitäre Lage ist katastrophal.
Zehntausende Menschen sind geflohen
in Richtung der türkischen Grenze.
Seit Donnerstag gilt eine Waffenruhe.
Vereinbart haben sie die Präsidenten
von Russland und der Türkei.
In Damaskus ist Alexander Stenzel.
Wie stabil
ist die vereinbarte Waffenruhe?
Die Waffenruhe hält.
Aber ein russischer Stützpunkt wurde
von Aufständischen angegriffen.
Das hatte Gefechte zur Folge.
Die Waffenruhe ist also
eine relative Waffenruhe.
Nicht alle Gruppierungen
sind eingeschlossen.
Die Frage ist,
wie lange das funktioniert.
Skepsis ist angebracht.
Präsident Assad hat gesagt:
Die Türken seien Besatzer.
Wen sie sich nicht zurückziehen,
will er Gewalt anwenden.
Weiß man, wie viele Flüchtlinge
sich auf den Weg gemacht haben?
Wir beobachten seit Monaten
eine Bewegung nach Norden.
Die syrischen Truppen
sind weiter nach Norden gerückt.
Wichtig ist, dass erst einmal
die Waffen schweigen.
Dann können die Menschen
auf ihrem Weg versorgt werden.
Erstmals in seiner Geschichte
wird der Libanon
Zahlungsverpflichtungen
nicht nachkommen.
In einer Fernsehansprache erklärte
Ministerpräsident Diab gestern:
Man werde eine fällige Anleihe
in Höhe von einer Milliarde Euro
nicht zurückzahlen.
Diab strebt Verhandlungen
mit Gläubigern an.
Die Krise im Libanon
verschärft sich seit Monaten.
Auch am Wochenende gab es Proteste -
auch gegen die Korruption.
Früher verkaufte Maurice Geagea
400 Sandwiches pro Tag.
Heute sind es nur noch vier.
Der 65-Jährige lebt vom Ersparten.
Den Laden
wird er wohl bald aufgeben müssen.
So wie viele in Beirut.
Wir sind in diesem Industrieviertel
seit 40 Jahren, seit 1979.
Selbst im Bürgerkrieg
war es nicht so schlecht wie jetzt.
Der Libanon im freien Fall.
Jede zehnte Firma musste schließen,
auch Hunderte Restaurants.
220.000 Angestellte
wurden seit November entlassen.
Anderen werden die Löhne
um bis zu 50 Prozent gekürzt.
Viele können sich die Miete
nicht mehr leisten.
Die Zahl der Obdachlosen steigt.
Folge der bislang schwersten
Wirtschaftskrise
und exzessiver Staatsverschuldung.
Banken stehen vor dem Kollaps,
Reserven gehen aus.
Nur noch etwa 100 Dollar
können Kunden pro Woche abheben.
Im Fernsehen kündigt
Ministerpräsident Diab gestern an,
einen fälligen Kredit
nicht zurückzuzahlen.
Erstmals
in der Geschichte des Landes.
Der Zahlungsausfall wird es
dem Libanon sehr schwer machen,
noch Kredite
aus dem Ausland zu bekommen.
Die brauchen wir, um elementare
Güter importieren zu können.
Eine Bankrotterklärung,
glauben viele.
Sie wollen nicht ausbaden, was ihnen
korrupte Politiker eingebrockten.
Es bleibt ihnen wohl keine Wahl.
Sechs Jahre
ist der mutmaßliche Absturz
einer Maschine
der Malaysia Airlines her.
Chinesische Angehörige von Opfern
forderten nun,
die Suche nach dem Wrack
wieder aufzunehmen.
Bisher wurden nur einzelne Teile
entdeckt und die Suche eingestellt.
Das Schicksal von Flug MH370
gilt als eines der größten Rätsel
der modernen Luftfahrt.
Die Maschine war am 8. März 2014 auf
dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking
von den Radarschirmen verschwunden.
Beim Biathlon-Weltcup
im tschechischen Nove Mesto
ist Franziska Preuß im Massenstart
auf Platz drei gelaufen.
Es gewann Tiril Eckhoff aus Norwegen
vor Hanna Öberg aus Schweden.
Der Massenstart
wurde wegen des Corona-Virus
unter Ausschluss der Öffentlichkeit
ausgetragen.
Nach dem ersten Schießen hatten sich
acht Läuferinnen abgesetzt.
Darunter war auch Denise Herrmann.
Sie erlaubte sich zwei Fehler
beim zweiten Schießen.
Nach zwei Strafrunden hatte sie
einen Rückstand von einer Minute.
100 Zuschauer verfolgten das Rennen
hinter den Absperrungen.
Tiril Eckhoff setzte sich ab.
Null Fehler beim Schießen erbrachten
einen komfortablen Vorsprung.
Hinter Eckhoff
wurden viele Fehler geschossen.
Franziska Preuß profitierte davon.
Mit einem schnellen letzten Schießen
verbesserte sie sich auf Platz drei.
Sie verteidigte die Position
auf der Schlussrunde.
Es ist ihr bestes Ergebnis
in diesem Winter.
Die Wetteraussichten:
Heute im Osten und Süden
länger Sonne.
Sonst mal mehr, mal weniger Wolken
und zeitweise Regen.
Gegen Abend wird der Regen
im Westen kräftiger.
In der Nacht von Brandenburg
bis Bayern teils klar.
Regional fällt Regen,
morgens auch im Osten.
Im Westen lockert es auf.
Die tagesschau
meldet sich wieder um 17.15 Uhr.
Ihnen einen schönen Tag.
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