tagesthemen 26.11.2021, 22:00 Uhr - Luftwaffe verlegt Corona-Patienten in andere Bundesländer, Dramatische Corona-Lage
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (26.11.2021)
Heute im Studio: Aline Abboud
Guten Abend.
Das RKI meldet erneut Höchstwerte.
Die Inzidenz stieg weiter auf 438,2.
Zu allem Übel gibt es seit heute Meldungen
einer neuen Virus-Variante in Südafrika.
Sie hat Europa schon erreicht.
Die epidemische Lage nationaler Tragweite
gilt ab heute in Deutschland als offiziell beendet.
Das Signal könnte sein: Es geht wieder aufwärts.
Tut es aber nicht.
Für die Intensivstationen ist die Notlage nicht beendet,
sondern verschlimmert sich.
In Bayern, Thüringen oder Sachsen steigen die Zahlen weiter.
Darum mussten heute schwerkranke Intensivpatienten
in andere Bundesländer geflogen werden.
Im Kleeblatt-Konzept, was Deutschland
für die Patientenverlegung in verschiedene Regionen aufteilt -
ähnlich der Anordnung der Kleeblätter.
Heute verließen erstmals mit Hilfe der Luftwaffe Schwerkranke Bayern.
Andreas Herz.
Chefarzt Gerhard von Dreden und sein Team sind unter Druck.
Eine Corona-Patientin aus der Klinik in Bobingen
soll verlegt werden - per Flugzeug nach NRW.
Wir sind auf unserer Intensivstation
voll belegt mit beatmungspflichtigen Patienten.
Uns gehen die Maschinen aus.
Wenn noch mehr Patienten kommen,
wird die Überlebenschance der einzelnen Patienten niedriger.
Zwei Patienten wollten sie verlegen, doch nur für eine ist Platz.
Die Auswahl musste schnell getroffen werden.
Die Angehörigen sind nicht vor Ort,
konnten nicht persönlich Abschied nehmen.
Eine Autostunde entfernt - im Anflug ein Airbus der Luftwaffe.
Eine fliegende Intensivstation.
Sechs Corona-Patienten sollen von Memmingen ausgeflogen werden.
Dorthin, wo noch Platz ist auf den Intensivstationen.
In Bobingen wurde die Patientin in den Krankenwagen gebracht.
Ein eingespieltes Intensiv-Team bereitet alles vor.
Obwohl es schnell gehen muss, dauert es viele Minuten.
Der Transport ist aufwendig und es ist erst der Beginn der Reise.
Was wär das Schlimmste, was passieren könnte?
Alles.
Dass wir in einen Unfall verwickelt werden,
der Patient Probleme mit der Beatmung hat.
Dass der Sauerstoff ausgeht - aber die sind voll.
Ist jetzt Zeitdruck? Ja. Wir fahren jetzt!
Gegen 15 Uhr erreicht der Krankenwagen den Flughafen.
Ein enormes Räderwerk an Logistik läuft nun an:
Krankenwägen, Flughafenpersonal, Flugzeugcrew –
alles muss ineinandergreifen.
Immer an der Seite der Patientin: die Notärztin aus der Klinik.
Erst wenn sie die Frau an die Ärzte im Airbus übergeben hat,
ist ihr Einsatz vorbei.
Zwei Stunden dauert das Verladen der Patienten.
Dann hebt der Airbus ab.
Insgesamt 30 Patienten soll die Luftwaffe bis Sonntag
in den Norden verlegen.
In vielen Teilen Bayerns steht die Versorgung auf der Kippe.
In Eschweiler bereiten sich Professor Janssens und sein Team
auf etwaige Neuankömmlinge vor.
Auch hier belasten Covid-Patienten die Intensivstation.
Diese Patienten liegen sehr lange auf den Intensivstationen.
Damit ist der Abfluss nicht gewährleistet,
Betten sind blockiert.
So können wir andere Versorgungsaufgaben
nicht mehr so wahrnehmen, wie wir das im Süden erleben.
Lange wird der Norden den Süden nicht mehr unterstützen können.
Was wir im Süden sehen, wird sich nach NRW vorarbeiten.
Der einzige Vorteil hier: Wir haben eine höhere Impfquote.
Die korreliert mit dem Anteil der Covid-19-Patienten,
die nachher schwer erkranken.
Am Abend erreicht der Airbus den Flughafen Münster-Osnabrück.
Das Intensivbett, das in Bobingen frei wurde,
ist wieder belegt.
Das Virus bestimmt zum nicht geringen Teil unser Leben.
Es gibt gerade wenig Anlass zu glauben,
das werde sich bald grundlegend ändern.
Seitdem das Virus erstmals nachgewiesen wurde,
wandelt es sich ständig - immer neue Variationen.
Die vorherrschende Delta-Variante gilt als hochgefährlich,
die aus Südafrika bekanntgewordene Mutation könnte ansteckender sein.
Die Bundesregierung hat acht Länder aus dem Süden Afrikas
als Virusvarianten-Gebiet eingestuft.
Diese Nachricht fällt in eine Zeit, von der man sich erhofft hatte,
sie werde fröhlicher als der Advent im letzten Jahr.
Robert Holm.
76.414 Neuinfektionen.
70 % der deutschen Intensivstationen arbeiten eingeschränkt.
Außerdem eine neue Variante aus Südafrika.
Alles scheinbar sehr weit weg.
Weihnachtsmärkte sind offen, alles is wie vorher.
Wir haben keine Angst. Aktuell nicht.
Man ist gleichgültiger geworden.
Man müsste sich anders verhalten.
Weihnachtsmärkte vielleicht ganz absagen?
Ich denke nicht, weil sich die Leute die ganze Zeit drauf freuen.
Das Wochenende hat noch gar nicht begonnen,
da ist der Weihnachtsmarkt in Berlin schon gut besucht.
Ein bisschen Weihnachtsfeeling, solang man darf.
Die Stimmung ist ein Problem für die Bekämpfung der Pandemie.
Schauen Sie auf die Mobilitätsdaten.
Bis hierhin ist es nicht so eingeschränkt,
wie wir es in den letzten drei Wellen hatten.
Die Pressekonferenz - der Versuch aufzurütteln.
Weihnachtsmärkte, Großveranstaltungen -
all das sei ein Unding.
Unsere momentane Lage ist ernst.
Nur eines macht kurzfristig den Unterschied:
Die Zahl der Kontakte muss runter. Deutlich runter.
Das Wort Lockdown wird umschifft, aber es liegt in der Luft.
Hier wird es schon ausgesprochen:
Der Erzgebirgskreis in Sachsen hat deutschlandweit die höchste Inzidenz:
sie liegt bei 2006.
Ein Lockdown vor Weihnachten wird hier nicht ausgeschlossen.
Vielleicht wäre es besser.
Mal alles zumachen.
Ich halt vom ganzen Corona überhaupt nichts.
Ich sehe das genauso, völlig übertrieben.
Mein Mann ist an Corona verstorben, ich war im Krankenhaus.
Jetzt halte ich mich von meinen Enkeln fern ...
Jetzt fahre ich auf den Friedhof.
Das ist unmöglich, was hier passiert.
Das dürfte nicht sein.
Ich fühl mich furchtbar.
Mein Leben ist 'n Scherbenhaufen.
Alles nur, weil sich keiner dran hält.
Dann noch die Mutation aus Südafrika.
Eine Maschine aus Kapstadt landet am Abend in München.
Alle Passagiere werden getestet und müssen 14 Tage in Quarantäne.
Die neue Variante könnte ansteckender sein.
Die Europäische Kommission hat den Mitgliedern vorgeschlagen,
die Notbremse zu aktivieren.
Was Reisen aus den Ländern im südlichen Afrika
und anderen betroffenen Staaten angeht.
Flugreisen in und aus den Ländern sollten unterbleiben,
bis wir ein klares Verständnis von der Variante haben.
Noch wurde die Variante in Deutschland nicht nachgewiesen.
In Belgien wurde heute der erste Fall registriert.
Gut möglich,
dass vielen die Lust auf Weihnachtsmarkt bald vergeht.
Zugeschaltet ist uns Gesundheitsexperte der SPD,
guten Abend, Herr Lauterbach.
Guten Abend.
Die Pandemielage ist dramatischer denn je.
Reichen die jetzigen Maßnahmen, um über den Winter zu kommen?
Das können wir noch nicht genau sagen.
Aber die ersten Auswertungen von den Kontaktdaten
weisen darauf hin, dass wir nachsteuern müssen.
Das Infektionsgeschehen ist aggressiver als gedacht.
Die noch amtierende Bundeskanzlerin fordert mehr Kontaktbeschränkungen.
Hamburgs Erster Bürgermeister
hat einen Lockdown heute nicht ausgeschlossen.
Läuft es wieder auf einsame Weihnachten hinaus?
Wir werden sehen, was zu tun ist.
Die Maßnahmen, die wir ergriffen haben,
haben gewirkt.
Die Kontakte gehen etwas zurück.
Aber es ist noch nicht da, wo es sein müsste.
Wir müssen auf jeden Fall nachschärfen.
Was würden Sie nachbessern
an dem gerade verabschiedeten Infektionsschutzgesetz?
Es muss diskutiert werden
und es geht um Maßnahmen innerhalb dieses Gesetzes.
Nicht um ein neues Gesetz.
Das Gesetz lässt viel zu
und das haben wir noch lange nicht ausgereizt.
Große Probleme macht,
dass die Kontrollen von 2G-Plus und 2G nicht angemessen stattfinden.
Wir haben zu viele große Veranstaltungen.
Die vollen Lokale und Geschäfte machen uns die Probleme.
Sie sind für eine Impfpflicht für alle.
Sie koalieren jetzt mit der FDP.
Mit Eingriffen in persönliche Freiheitsrechte tut die sich schwer
und stellt sich bisher strikt dagegen.
Wie soll Corona eingedämmt werden,
wenn die FDP in entscheidenden Punkten blockiert?
Ich hab in den Koalitionsverhandlungen
die FDP als Partei kennengelernt, die vernünftigen Argumenten zuhören.
Ich bin sicher:
Wenn die Argumente für eine Impfpflicht überwiegen,
wird sich auch die FDP bewegen.
Wir sind da nicht dogmatisch, die FDP auch nicht.
Die Ampel kann dieses Problem lösen.
In Südafrika ist eine möglicherweise gefährliche Mutation aufgetaucht.
Wie groß ist Ihre Sorge,
wenn diese Virusvariante in unsere vierte Welle reinschwappt?
Heute wurde ein Fall in Belgien gemeldet.
Wenn das passiert, von allem, was wir über die Mutation wissen,
wäre das ein Riesenproblem.
Es ist nichts schlimmer,
als eine gefährlichere Variante in eine laufende Welle zu bekommen.
Diese Variante ist scheinbar gefährlich für die Geimpften
und die Ungeimpften.
Daher müssen wir mit Reisebegrenzungen arbeiten.
Es zählt jeder Tag, der gewonnen werden kann.
Reichen Reisebegrenzungen?
Gibt es Möglichkeiten, eine Virusvariante aufzuhalten
oder vorzeitig einzudämmen?
Ja, die Booster-Impfung.
Von allem, was wir bisher wissen,
würde sie vor der Variante schützen.
Weil der Booster-Effekt so stark ist.
Wenn die Variante sich massiv durchsetzt,
bräuchten wir einen neuen Impfstoff.
Aber die Booster-Impfung würde den größten Teil des Schutzes bieten.
In dieser Pandemie-Lage:
Müsste nicht die SPD endlich einen Gesundheitsminister benennen,
der mit Jens Spahn notwendige Maßnahmen abstimmt?
Wir sind in ständigem Austausch.
Die SPD kann das Ministerium nachher gut besetzen.
Kontakte zum Noch-Gesundheitsminister sind ja da.
Ich hab heute noch mit Jens Spahn gesprochen, wir arbeiten zusammen.
Regierung und Ampel arbeiten zusammen.
In dieser dramatischen Lage:
Haben Sie da überhaupt Interesse,
das Amt des Gesundheitsministers zu übernehmen?
Um mich ginge es da nicht, sondern das können auch andere sein.
Ich spekulier nicht über meine eigene Person.
Derjenige, der das Amt übernimmt, ist sich der Verpflichtung bewusst.
Aber die SPD hat da gute Kandidatinnen und Kandidaten.
Aber Sie würden's gern machen, oder?
Ich kommentiere da meine eigenen Ambitionen nicht.
Das wäre nicht angemessen.
Es darf nicht um Personen gehen, sondern um die Sache.
Das ist eine Herausforderung in dieser Notlage.
Da ist es wichtig, in der Sache zu diskutieren.
Vielen Dank, Karl Lauterbach. Ich danke Ihnen.
Das Gespräch habe ich vor der Sendung geführt.
Sind die Rettungsflüge von heute ein Hoffnungszeichen?
Die Meinung von Markus Zeidler (WDR).
Explodierende Infektionszahlen, Intensivstationen am Limit.
Und jetzt der Einsatz der Bundeswehr bei der Verlegung Schwerstkranker.
Die schlechten Nachrichten im Minutentakt
bereiten Sorge über das, was kommt.
Sie torpedieren das Vertrauen in die Pandemiepolitik unserer Regierenden,
in die Funktionstüchtigkeit unseres Staatswesens.
Welle um Welle die Frage: Wie konnte es so weit kommen?
Wir haben gelernt, uns zu wundern über verstolperte Impfkampagnen,
schütteln den Kopf über Pandemie-Statistiken via Faxgerät.
Oder das kopflose Schließen von Impfzentren.
Und jetzt die Operation Kleeblatt.
Der Name weckt Hoffnung für die, die dringend ein Intensivbett brauchen.
Bei ihnen geht es um Leben und Tod.
Das Kleeblatt nährt die Hoffnung,
dass Deutschland das Organisieren doch nicht ganz verlernt hat.
Und dass es in der Pandemie-Politik nicht nur Kurzatmigkeit,
sondern auch Weitsicht gibt.
Die Intensivkapazitäten zu koordinieren,
Patienten quer durch die Republik zu verlegen:
Das ist ein organisatorischer Kraftakt.
Er kann funktionieren, weil sich Bund und Länder
im Frühjahr 2020 darüber Gedanken gemacht haben.
Das Konzept steht seit über einem Jahr.
Für mich ist das die gute Nachricht.
Doch machen wir uns bei aller Hoffnung nichts vor:
Wenn die Fallzahlen der vierten Corona-Welle aus dem Süden und Osten
auf den Rest des Landes übergreifen, hilft kein Kleeblatt mehr.
Die Meinung von Markus Zeidler.
Heute ist der Tag, an dem es nur darum geht:
Es muss billiger, preiswerter sein.
Beim Black Friday steigt der Rabatt vor allem in Online-Shops
und Elektronikmärkten.
Doch man merkt, was für ein Jahr hinter uns liegt:
Die Pandemie bremst Firmen und Handel aus,
weil Läden dicht machten oder Waren nicht geliefert werden konnten.
Manche denken so vielleicht mehr darüber nach,
ob es immer nur um noch günstiger gehen muss.
Andre Kartschall über Spannungen am Prozente-Tag.
Es ist ein kleiner Andrang am Black Friday
vor diesem Berliner Elektronikmarkt.
Viele sind gar nicht wegen der Schnäppchen gekommen,
sondern um bei Lieferengpässen überhaupt was zu ergattern.
Spielekonsolen beispielsweise.
Ich habe mich angestellt,
weil ich mir 'ne PlayStation hoffentlich reservieren kann.
Ich würde gern PlayStation 5 kaufen. Deswegen bin ich hier.
Wir warten wegen Playstation 5, schon sehr lange.
Online haben wir kein Angebot gefunden.
Auch viele Ungeimpfte nutzen heute die Möglichkeit,
noch mal nach 3G-Regeln zu shoppen.
Ab morgen gilt in Berlins Einzelhandel 2G -
mit Ausnahmen für Lebensmittelmärkte, Drogerien und Apotheken.
Für einige der entscheidende Faktor, sich heute erstmals impfen zu lassen.
Das hat 'ne große Rolle gespielt, weil ich dachte:
Ab morgen darf ich nicht mehr in den Einzelhandel.
Ich darf schon nicht ins Schwimmbad, Fitnessstudio, Veranstaltungen.
Ich bin Bürger zweiter Klasse.
Manche dürfen nicht shoppen,
andere wollen sich nicht ins Getümmel stürzen.
Gibt ja Internet, bestellt man es halt darüber.
Man muss nicht immer wo hingehen - gerade in Corona-Zeiten.
Die Berliner 2G-Regel stößt auf Ablehnung beim Einzelhandelsverband.
Dieser findet, Masken und Abstand reichten aus, 2G brauche man nicht.
Wenn es kommt, wie einige Bundesländer angeordnet haben,
erwarten wir Umsatzrückgänge von 30, 40 %.
Das ist gerade im Weihnachtsgeschäft besonders schwierig,
weil wir 2020 einen harten Lockdown erlebt haben.
Das Eigenkapital der Unternehmen ist aufgezehrt.
In manchen Geschäften spielt der Black Friday
überhaupt keine Rolle.
Zum Beispiel dort, wo die Ware durch Lieferengpässe so knapp ist,
dass die Produkte ohne Rabatte gut verkauft werden.
Wir haben eine extrem gesteigerte Nachfrage im Fahrradmarkt
seit Beginn der Pandemie.
Und durch Einschränkungen im Fabrikablauf
ist das Angebot extrem nach unten gegangen.
Beziehungsweise:
Es wurden mehr Räder produziert, aber die Deckungslücke ist enorm.
Auch andere Produkte sind Mangelware, zum Beispiel bestimmte Spielzeuge.
Manches ist einfach nicht lieferbar.
Das hatten wir bisher noch nie.
Das ist sonst gefüllt, alle Reihen gefüllt jeden Morgen.
Wir bekommen keinen Nachschub,
weil Materialien und Arbeitskräfte fehlen.
Das Weihnachtsgeschäft könnte schwierig werden dieses Jahr -
für Händler und Kunden.
Im Streit über Migranten, die den Ärmelkanal überqueren,
verschärft sich der Ton zwischen Großbritannien und Frankreich.
Mehr dazu und weitere Nachrichten mit Julia-Niharika Sen.
Die französische Regierung wies einen offenen Brief
des britischen Premier Johnson als unseriös und inakzeptabel zurück.
Johnson fordert von Frankreich die Rücknahme aller Migranten,
die illegal über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangen.
Britische Beamte
sollten an französischen Stränden patrouillieren.
Mit 27 Toten ist es das bislang schwerste Bootsunglück im Ärmelkanal.
Am Tag danach eskaliert der politische Streit darüber.
Die britische Innenministerin fordert,
dass Frankreich die Flüchtlinge behält.
Diese Menschen sollten im ersten sicheren Land ihrer Flucht
Asyl beantragen.
Niemand muss aus Frankreich fliehen, um in Sicherheit zu sein.
Eine Rückführung innerhalb Europas ist im Dublin-Abkommen geregelt.
Seit dem Brexit gilt das für Großbritannien aber nicht mehr.
Einmal hier angekommen, können sie vorerst bleiben.
Viele Flüchtlinge wissen das.
Boris Johnson beharrt in einem Brief darauf,
Frankreich sei in der Pflicht.
Den veröffentlichte er vorab auch auf Twitter.
Macron sagte daraufhin die für Sonntag geplanten Gespräche
mit der britischen Innenministerin ab.
Ich bin überrascht über diese Methoden.
Das ist unseriös.
Man kommuniziert so was nicht über Twitter wie ein Whistleblower.
Macron - gelassen,
denn die Briten sind hier auf ihn angewiesen.
Johnson ließ erklären, er bereue seinen Brief nicht.
Aber er wird kaum daran vorbeikommen,
mit Frankreich auf Augenhöhe zu verhandeln.
Heute kamen trotz Sturm und Kälte mehr als 30 Menschen in Dover an.
Das Seenotrettungsschiff Sea Watch 4
mit über 460 im Mittelmeer geretteten Migranten darf auf Sizilien anlegen.
Die deutsche Organisation, die es betreibt, teilte heute mit,
die Behörden hätten dem Schiff den Hafen Augusta zugewiesen.
Zuvor hatte die Crew tagelang auf eine Entscheidung gewartet.
Zwischenzeitlich evakuierte die Küstenwache Teile des Schiffs
aus medizinischen Gründen.
Trotz internationalem Druck muss der Kulturförderer Kavala
in der Türkei weiter ohne Verurteilung im Gefängnis bleiben.
Das hat ein Istanbuler Gericht
nach über vier Jahren Untersuchungshaft entschieden.
Kavala werden Umsturzpläne im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten
und dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen.
Der Europarat fordert seine Freilassung
und droht mit Konsequenzen.
Aus Protest nahm Kavala heute nicht am Prozess teil.
Die Bevölkerung in Deutschland soll in Katastrophenfällen
künftig auch durch Massennachrichten per SMS gewarnt werden.
Der Bundesrat stimmte einer Regierungsverordnung heute zu.
Das neue System soll Ende 2022 einsetzbar sein.
Bis dahin müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden.
Hintergrund der Einführung ist die Kritik an mangelhaften Warnungen
bei der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz Mitte Juli.
So weit der Überblick über die Nachrichten -
zurück zu Aline Abboud.
Lasso, Hut, lässige Pose - nur die Kippe fehlt.
Die auf dem Pferd sind schwarze Cowboys.
In den berühmten Westernfilmen waren sie nie zu sehen.
Es wäre für die Regisseure wohl ohnehin nicht infrage gekommen,
den weißen Mann auf dem Gaul auszutauschen.
Dabei war nach dem Bürgerkrieg Mitte des 19. Jahrhunderts
jeder vierte US-Cowboy schwarz.
Nun entwickeln die Totgeschwiegenen neuen Stolz.
Etwa wenn die Compton Cowboys aus Los Angeles
bei Black-Lives-Matter-Protesten mitreiten.
Verena Bünten hat einen 13-Jährigen getroffen,
der als schwarzer Cowboy in der Rodeo-Welt erfolgreich ist.
Backstage bei den Bullen-Reitern.
Rodeo ist in den USA ein knallharter Sport.
Deswegen betet Nicholas Jackson vor jedem Start.
Er ist einer der wenigen schwarzen Cowboys im weißen Rodeo-Spektakel.
Ich werde nicht mehr nervös, ich bleibe schön ruhig.
In der Szene gilt der 13-Jährige als Talent
und riskiert jedes Wochenende seine Knochen.
Zu Hause bei Familie Jackson in Maryland.
Jeden Tag trainiert Nicholas auf dem selbstgebastelten Bullen.
Auf echten hat er es zum Junior-Weltmeister gebracht.
Der Bulle ist wie ein Tornado.
Aber auf seinem Rücken gibt es einen ruhigen Punkt.
Nick ist ein Naturtalent darin, die Balance zu halten.
Vier Jackson-Kinder treten erfolgreich bei Rodeos an.
Sie sind schwarze Cowboys in fünfter Generation
und stolz auf ihre Familientradition.
Was Hollywood verschwiegen hat:
Im Wilden Westen war jeder vierte Cowboy schwarz.
Nach Abschaffung der Sklaverei zog es viele als Viehtreiber gen Westen.
Damals die Chance auf Freiheit und einen bezahlten Job.
Als Nicholas den Weltmeistertitel gewonnen hat,
taten alle so, als wäre ein schwarzer Cowboy was Neues.
Die Geschichte der schwarzen Cowboys wurde immer ausgelassen.
Rund 25.000 Dollar pro Jahr
investieren die Jacksons in das Training.
Jede Gürtelschnalle eine gewonnene Trophäe.
Auf den Rodeos begegnet der Familie manchmal Rassismus.
Nach dem Weltmeistertitel wurden böse Gerüchte gestreut,
er habe mit dem Alter getrickst.
So viel Begabung bei einem schwarzen Jungen,
kann nicht mit rechten Dingen zugehen, meinen manche.
Ich lasse das nicht an mich ran.
Ich bin beim Rodeo, um das gut zu machen.
Über was anderes mach ich mir keinen Kopf.
Auge in Auge mit den Bullen.
Bei diesem Rodeo im ländlich-konservativen Virginia
treten außer den Jacksons nur weiße Cowboys an.
Es geht ums Punktesammeln für das nationale Finale.
Die meisten Bullen hier sind ziemlich nett.
Die chillen gerade.
Bullen und Reiter - offenbar alle entspannte Profis.
Die zehn besten Bullenreiter Amerikas
verdienen durchschnittlich 500.000 Dollar im Jahr.
Die Junioren sind davon weit entfernt.
Bei gleichem Verletzungsrisiko.
Für die Gesundheit der Cowboys wird vor jedem Rodeo gebetet.
Es ist eine sehr weiße Rodeo-Welt.
Und doch gibt es Zeichen für einen Wandel.
Dieses John-Wayne-Zeug, da war noch Rassentrennung,
als sie das gedreht haben.
Darum sind die schwarzen Cowboys nicht in alten Western drin.
Dann macht sich auch Nicholas für seinen ersten Ritt fertig.
Mighty Lou heißt der Bulle, der ihm zugelost wurde.
Der will nur eins:
Das Seil um sein Hinterteil loswerden und den Reiter oben drauf.
Nicholas ist hart gelandet.
Schlimmer noch: der Bulle ist auf ihn draufgetrampelt.
Die Knochen sind heile, aber sein Stolz ist verletzt.
Ich habe den Bullen zu sehr machen lassen.
Habe nur auf meinem Hintern gesessen.
Jeder Ritt kann als Hauptgewinn enden -
oder im Krankenhaus.
Kein erfolgreicher Abend für Nicholas und doch hat er viel erreicht.
Weiße Fans stöbern ihn, den schwarzen Weltmeister,
hinter den Kulissen auf.
Ein weiterer Schritt zur Normalität.
Nicholas Jackson hat noch große Pläne.
Dann schauen wir auf das Wetter.
Karsten, wie wird es am ersten Adventswochenende?
Es ist schnell erzählt:
Das erste Adventswochenende wird nass, kalt und schmuddelig.
Ich springe aber erst mal in den Sommer.
Eine neue Studie aus Nordamerika
beschäftigt sich mit Hitzewellen auf der Nordhalbkugel.
Die haben rasant zugenommen.
Es geht dabei um mehrere Hitzewellen auf der Nordhalbkugel gleichzeitig.
Die Zahl dieser Tage hat auf 150 zugenommen.
Das lässt sich nicht nur mit der Temperatur erklären,
also dem globalen Temperaturanstieg.
Es muss einen anderen Effekt geben.
Das hat mit dem Jetstream zu tun.
Dieses Starkwindband ist normal in West-Osten-Richtung ausgerichtet.
In letzter Zeit wird der Jetstream im Sommer schwächer.
Dann gibt es mehrere Stellen, wo sich die Wetterlage kaum ändert.
Jetzt zu unserem Wetter.
Es ist beginnender Winter.
Die Schneefallgrenze liegt ungefähr bei 200 bis 300 Metern.
Im Nordwesten kann es auch in tieferen Lagen mal schneien.
Die Aussichten:
Viele Wolken und wechselhaftes Wetter.
Auch der Montag ist wechselhaft und kalt.
Danke.
Das waren die tagesthemen.
Hier geht es weiter mit einem Krimi und dem legendären Horst Schimanski.
Wir sehen uns morgen an dieser Stelle wieder.
Einen schönen Abend noch.
Copyright Untertitel: NDR 2021