Carl Gustav Jung - Introvertiert, Extravertiert & Ambivertiert
Introversion und Extroversion sind Begriffe,
die der Psychiater Carl Gustav Jung in der Schweiz der 1920er Jahre geprägt hat. Ein
Extrovertierter sucht laut Jung einen intensiven Kontakt mit der Außenwelt.
Ein Introvertierter richtet stattdessen die psychische Energie nach innen. Jung glaubte,
dass niemand zu 100% extrovertiert oder zu 100% introvertiert ist, stattdessen besitzen wir
beide Eigenschaften. Die meisten Menschen neigen jedoch entweder zur einen oder zur anderen Seite.
Wenn beide Merkmale gleichermaßen vorhanden sind,
können wir von jemandem sprechen, der eine ambivertierte Persönlichkeit hat.
In den 1960er Jahren trug der Psychologe Hans Eysenck zu Carl Jungs Ideen bei.
Er argumentierte, dass der Hauptunterschied zwischen Introvertierten und Extrovertierten darin
liegt, wie sie ihre mentale Energie gewinnen und aufladen. Introvertierte Menschen haben von Natur
aus ein höheres Maß an Hirnaktivität und müssen sich somit mehr vor Externen Reizen abschirmen.
Indem sie sich zurückziehen, gewinnen sie geistige Energie.
Die neuronale Aktivität von Extrovertierten ist geringer. Sie überwinden diesen Mangel,
indem sie sich einer äußeren Stimulation aussetzen. Dies lädt ihre inneren Batterien auf
Um den Unterschied zu veranschaulichen, vergleichen wir zwei imaginäre Kinder.
Jakob ist extrovertiert. Er liebt es, von Klassenkameraden umgeben zu sein. Er genießt es,
im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und spricht gern mit seinen Freunden über alles
Mögliche. Er organisiert Fußballspiele mit Fremden und kann gleich danach mit jemand anderem Ping
Pong spielen. Durch das stimulieren von sozialen Reizen lädt er seine Mentalen Batterien auf .
Anna ist introvertiert. Während andere im Park spielen, sitzt sie oft gerne alleine
da und schaut zu. Zu Hause pflanzt sie ganz alleine Kräuter im Garten.
Sie wird langsam zu einer echten Expertin auf diesem Gebiet - aber
das ist ihr Geheimnis. Um ihre Batterien aufzuladen, braucht Anna Ruhe und Frieden.
Introvertierte sind nicht unbedingt schüchtern, auch wenn sie so aussehen,
als würden sie Small Talk aus dem Weg gehen. Anna ist in der Tat überhaupt nicht
schüchtern. Sie hat keine Angst, mit anderen zu sprechen, nicht einmal bei Erwachsenen.
Wenn zu viele Menschen in der Nähe sind und die Gespräche oberflächlich oder verwirrend werden,
wird sie extrem müde. Ihre Strategie besteht darin, alles auszublenden und in sich zu gehen,
und sich in der Stille zu erholen. Jakob liebt es,
viele Leute um sich zu haben. Ein Sprung von einem Gespräch zum nächsten stimuliert ihn.
Einige Experten behaupten, dass Extrovertierte und Introvertierte
unterschiedliche Bereiche im Gehirn verwenden, um ihre Gedanken zu bilden.
Ein Extrovertierter neigt dazu, das Kurzzeitgedächtnis zu verwenden und kann
dadurch zu schnellen Assoziationen kommen. Jakob spricht daher schnell und viel. Er wirkt schlau,
weil sein Gehirn immer schnell eine Antwort bietet. Oft spricht er jedoch,
bevor er denkt und später ändert er seine Meinung.
Jemand wie Anna arbeitet mit ihrem Gehirn, und ruft sorgfältig Informationen aus ihrem
Langzeitgedächtnis ab. Ihre Gedanken sind komplexer und brauchen daher mehr Zeit,
um sich zu entwickeln. Sie denkt also zuerst und spricht dann.
Wenn die beiden von einem Touristen nach dem Weg gefragt würden,
würde Anna Zeit damit verbringen, nachzudenken und zu versuchen de Beste
Antwort zu geben, während Jakob bereits verschiedene Antworten gegeben hätte.
Gute Lehrer und schlaue Führungskräfte in Unternehmen wissen um die unterschiedliche
Natur von Introvertierten und Extrovertierten. Sie versuchen, deren jeweiligen Stärken zu entwickeln.
Wenn sie Fragen stellen, bitten sie alle, eine Weile in Stille zu denken, bevor sie antworten.
Extrovertierte lernen dann, ihre Gedanken zu formlulieren, bevor sie sprechen,
und Introvertierte erhalten mehr Zeit zum Sprechen in der Öffentlichkeit.
Beim Brainstorming verwenden sie einen formellen Prozess oder einen Redestab,
um sicherzustellen, dass auch eine Anna teilnehmen kann.
Gruppenprojekte können strukturiert werden, um beide Temperamente zu unterstützen.
In einem Projekt arbeiten Extrovertierte und Introvertierte zusammen. Jakob lernt dann
von Anna, wie man Ideen überdenkt, um komplexere Gedanken zu entwickeln. Anna wiederum profitiert
von Jakobs schnellen Assoziationsfähigkeiten und lernt flexibler zu denken und zu sprechen.
Im nächsten Projekt arbeiten die gleichen Temperamente zusammen.
Dann sehen sie ihre eigenen Züge im Gegenüber.
Wenn Introvertierte mit Problemen in Teams desselben Charakters konfrontiert werden,
müssen sie sich äußern, und Extrovertierte müssen gut überlegen, um voranzukommen. Der
Erzieher Rudolf Steiner war ein Verfechter dieser Methode für seine Waldorfschulen.
Die Untersuchung des Temperaments bei Kleinkindern durch den Psychologen Jerome Kagan hat gezeigt,
dass viele Charaktereigenschaften, mit denen wir geboren wurden, es bis ins Erwachsenenalter
schaffen. Er setzte 500 Babys verschiedenen Reizen aus, wie etwa lauten Geräuschen und
schlechten Gerüchen. Etwa 20% der Babys weinten oder wurden nervös. 40% blieben entspannt und die
anderen 40% befanden sich irgendwo dazwischen. Ein zweites Testjahr später zeigte sich,
dass Babys, die nicht stark reagierten, sich als extrovertierter erwiesen haben.
Wie sieht es mit Dir selbst aus? Denkst Du, Du bist introvertiert oder extrovertiert?
Oder glaubst Du, dass diese Einteilung quatsch ist und es sie nicht gibt?
Schreib deine Gedanken in die Kommentare unten.