RWE Braunkohlekraftwerk: Arbeit ohne Zukunft
* chillige Musik *
Simon: Von jetzt auf gleich abschalten... klar, da kriegt man Angst.
* chillige Musik *
Ben: Es ist echt immer wieder krass, was das für ein Riesenteil ist.
Das ist ein Kohlekraftwerk,
genauer gesagt das RWE Braunkohlekraftwerk Niederaußem
im Rheinischen Braunkohlerevier, eins der größten in Deutschland.
Wenn es nach den Aktivisten von Fridays for Future ginge,
würde hier morgen der Stecker gezogen werden.
Denn Braunkohlekraftwerke sind besonders klimaschädlich.
Ich frage mich, wie ist das für die jungen Menschen,
die bei RWE und hier im Braunkohlekraftwerk arbeiten,
dass ihre Altersgenossen ihre Jobs abschaffen wollen?
Um das herauszufinden, treffe ich mich heute mit einem,
begleite ihm den Tag über, weil ich finde,
dass man diese Perspektive irgendwie nicht so oft hört.
Morgen!
Hallihallo, Ben. Du bist der Simon. Wir begleiten dich heute.
* chillige Musik *
B: Wir wissen, du arbeitest bei RWE, was ist eigentlich dein Job im Kraftwerk?
Simon: Ich bin Simon Quack, bin 23, hab hier damals die Lehre gemacht
als Elektroniker für Betriebstechnik.
Ich bin hier als Facharbeiter eingestellt
und darüber hinaus Gesamtjugend- und Azubi-Vertreter der RWE Power AG.
B: OK, super, da haben wir den richtigen erwischt.
Was steht denn heute an?
S: Wir gehen durchs Werk, ich hab ein paar Arbeitsaufträge.
Ein bisschen Wartungsarbeiten.
B: Dann würde ich sagen, gehen wir an die Arbeit. Alles klar.
S: Wir würden jetzt an die Kohlestaubleitung gehen.
Das wäre die Temperatur HHE40 CT002. Weißt du Bescheid.
Wir sind jetzt auf null Meter.
Wir haben keine Etagen, sondern Meterebenen.
B: Ok. Das heißt jetzt sind wir 17 m hoch. Da steht's auch. S: Genau.
B: Jetzt ist Braunkohle nicht die unumstrittenste Form
der Energieerzeugung, wie denkst du da generell drüber?
S: Generell denke ich darüber,
dass der Energiesektor seine Hausaufgaben macht.
Und wir mit unseren Kraftwerken ziemlich effizient sind.
Jetzt sind wir quasi schon an der Baustelle.
Hier haben wir eine klassische Temperaturmessung.
B: Das ist jetzt im Prinzip ein Thermometer, was hier die Temperatur misst,
das ziehst du jetzt raus und tauschst es aus? S: Genau.
Die ist in dem Fall kaputt,
die ziehen wir raus und tun einen neuen rein.
Hier sieht man schön, dass die Temperatur...
Das war einmal ganz dick.
B: Die Spitze sah mal so aus? S: Nicht anfassen, ist heiß!
Hier, das wurde abgetragen von der Kohle, die draufgefallen ist.
B: Ist ja krass. Verrückt. S: Zum Vergleich: Das ist die neue.
B: Da merkst du, was da für eine Energie hinter ist,
wenn das durch die Leitungen geht.
* chillige Musik, Arbeitsgeräusche *
B: Der aktuelle Stand ist: Braunkohleausstieg bis 2038.
Es gibt aber ja viele Leute, die sagen, wir wollen doch früher aussteigen.
Was denkst du denn über sowas?
S: Also, im ersten Moment denke ich,
dass, wenn es klappen würde, vielleicht ja.
Aber jetziger Stand denk ich nicht, dass es klappen wird,
vor '38 auszusteigen.
B: Was sagst du denn zu Leuten, die sagen,
Braunkohle ist quasi einer der größten CO2-Produzenten?
S: Der Energiesektor macht seine Hausaufgaben
bezüglich CO2-Ausstößen.
Alle Sektoren müssen sich zusammensetzen
und eine Lösung finden, nicht nur ein Sektor.
B: Kann man in den Kessel mal reingucken?
S: Machen wir. B: Wir fahren hoch und gucken in den Kessel? Geil!
Ho ho, das ist aber schon hoch!
S: Das hier ist der Kessel.
B: Da drin brennt das Feuer? S: Hier brennt das Feuer.
B: Das merkst du hier aber auch, wie das abstrahlt, das ist richtig warm.
Hier rein kannst du quasi... man sieht Glut.
Aber am Ende wird da quasi der Kohlestaub verbrannt. S: Genau.
B: Also es wird gemahlen, dann ist das wie Kaffeepulver?
S: Ja, ganz feiner Staub. B: Und der wird da reingeblasen
und verbrennt dann. S: Genau.
* chillige Musik *
B: Ha ha, angenehm kühl.
Dank dir.
S: Das ist die Leitbahn. Wir fragen nach,
ob die Temperatur wieder da ist, die wir gewechselt haben.
Ja, genau. - 001?
S: 002, genau.
Ja, die ist wieder da, da ist sie.
B: Also, Job erledigt? S: Job erledigt.
B: Da kann man ja endlich mal gucken.
Wir sind quasi immer auf diesen Ebenen rumgelaufen
und haben von der Seite hier reingeguckt.
S: Genau, wir hatten hier von der Seite reingeguckt.
Hier vorne sehen wir die Turbine.
Hier endet die Turbine, an dem Teil, und geht über zum Generator.
B: Also hier entsteht der eigentliche Strom? S: Ja.
B: So, dann gehen wir mal Kaffee trinken. S: Ja, Mittag machen.
Mittags meist in der Kantine, wir haben eine Werkskantine.
B: Hier arbeiten wahrscheinlich relativ viele Leute. S: Genau.
Um die 700 Leute. B: Hier auf dem Gelände.
S: Mit Tagebau und Kraftwerken, Veredelungsbetrieben über 10.000.
B: Die Diskussion um Klimaschutz und so ist im letzten Jahr
immer krasser geworden, wie guckst du da drauf?
S: Es ist klar, dass wir nach und nach aussteigen werden.
Ich glaube, die Diskussion muss auch gar nicht geführt werden.
B: Ich kann mir vorstellen, wenn man das so hört,
diese Radikalforderung, morgen die Kraftwerke abschalten am besten,
da hängt ja dein Job dran.
S: Klar hat man da ein bisschen Angst.
Weil es ein ziemlich großer Zweig hier ist.
Es sind viele Arbeitsplätze
und viele junge Arbeitnehmer sind hier,
machen auch gerade die Ausbildung noch.
Von jetzt auf gleich so abschalten... klar, da kriegt man Angst.
Wenn es einen ordentlichen Fahrplan gibt, würde mir das Sicherheit geben.
B: Das ist ja echt ganz schön hoch, über 150 m, hast du gesagt?
S: Genau, da sind wir ca.bei 170 m. Wir können gerne mal hochfahren.
B: Auf diesen drauf? S: Ja, da haben wir eine Aussichtsplattform,
können wir gerne hoch. B: Das machen wir.
Diese Perspektive ist so krass, das ist riesengroß.
S: Wir sind jetzt hier auf 165 m. Jetzt noch die Wendeltreppe hoch.
B: Alter! Ja, krass.
S: Hier können wir auch noch rausgehen. B: Ja, sehr gerne.
Ich dachte, schade, dass man nicht an die frische Luft kann. S: Doch.
Leider ist das Wetter nicht so gut, sonst könnte man Köln sehen.
Man kann bis zum Dom gucken.
B: Die Kraftwerke sind für mich das prägende Bild hier in der Region.
Wie ist das, wenn man aus der Region kommt?
Im Prinzip hängt die ganze Region an der Industrie dran.
Ist das was, wo du denkst, vielleicht muss ich hier mal weg?
S: Ähm, teils teils.
Ich hoffe, dass es der Region hier irgendwann gut gehen wird
und dass ich hierbleiben könnte.
Klar, man macht sich schon Gedanken, was wird irgendwann mit mir passieren?
Aber es sollte vielleicht nicht so negativ aufgenommen werden,
sondern auch positiv, dass man eine Chance sieht,
sich weiter zu qualifizieren.
* chillige Musik *
B: Ich hab ja am Anfang gesagt, es gibt Leute, die sagen,
am liebsten morgen hier abschalten.
Das hätte ja Konsequenzen für die jungen Menschen im Betrieb,
das hätte Konsequenzen für dich.
Was würdest du so jemandem mit auf den Weg geben?
S: Dass wir gar nicht die Verhinderer sein wollen,
sondern eher die Zukunft mitgestalten.
Und auch, dass viele Jobs hier dran hängen,
dass aber die jungen Leute diesen Weg mitgehen möchten.
B: Ich hoffe, dass auch RWE als Konzern seine Verantwortung wahrnimmt.
Also diese Menschen weiter zu beschäftigen
und diese Region nicht zurückzulassen,
wenn das hier mal abgebaggert ist.
Ich wünsche dir alles Gute dabei. S: Dankeschön.
Ich wünsch dir auch viel Erfolg, bis dann. B: Ciao. S: Ciao.
B: Wir sind ein paar Meter weggefahren,
damit man die ganzen Ausmaße vom Kraftwerk sieht.
Nach dem Tag hier muss ich sagen,
ich kann verstehen, wenn jemand sagt,
Braunkohle muss abgeschaltet werden, weil es ein großer CO2-Produzent ist.
Mit Blick auf den Klimawandel ist es echt ein Problem.
Auf der anderen Seite versteh ich total auch die Menschen in der Region,
die sagen, man muss das mit Augenmaß machen
und dass jemand wie Simon sagt,
ich bin nicht dafür, meinen Job morgen abzuschaffen
und auch andere Gründe dafür anführt, aber das steckt im Kern drin.
Das kann ich auch verstehen.
Ich würd sagen, lasst uns diese Debatte einfach sachlich führen,
lasst uns dabei versuchen, die Menschen nicht außer Acht zu lassen.
Schreibt mir in die Kommentare, was ihr davon haltet.
Wenn ihr noch andere Perspektiven sehen wollt,
schaut in die Playlist Junge Aktivisten,
da kommen die zu Wort.