Von wegen Meinungsfreiheit in Gefahr
Kommen wir zu dem Wort, das gerade viele beschäftigt:
Meinungsfreiheit.
Was man noch sagen darf und was eben nicht.
Dabei ist es eigentlich klar:
Man darf erstmal alles sagen in diesem Land.
Aber man muss mit den Folgen leben.
Und möglicherweise mit heftiger Gegenwehr.
Das gab es gerade an der Hamburger Uni.
Buh-Rufe gegen die Vorlesungen des AfD-Gründers
und Wirtschaftsprofessors Bernd Lucke.
So laut und so heftig,
dass er kein Wort an seine Studierenden richten konnte.
Das geht erstens gar nicht und zweitens schon in Richtung Zensur,
empört sich unsere Bundesbildungs- ministerin im Kontraste-Interview.
"Wir sollten nicht dahin kommen,
dass wir einen Teil von Meinungen von vorn herein abschneiden.
Das dürfen wir unter unserem Grundgesetz nicht zulassen.
Da sollten wir sehr sensibel werden.
Ich möchte nicht erleben, dass das in Deutschland um sich greift."
Ist das so?
Leben wir in einem Land,
in dem die schlausten Köpfe einen Maulkorb tragen?
Sich nur ja nicht von der Mehrheitsmeinung wegbewegen dürfen?
Wer sich in deutschen Vorlesungen umhört,
so wie Silvio Duwe und Markus Pohl, der bekommt viel Mumpitz zu hören.
Man könnte sagen: Im Land der Dichter und Denker
sind offenbar einige Denker nicht mehr ganz dicht.
Und trotzdem laut und deutlich zu hören.
Die Technische Universität Hamburg:
Hier lehrt und forscht der Abwasserexperte Ralf Otterpohl.
Spezialgebiet des Institutsleiters: ökologische Toiletten.
Eigentlich ein unverfängliches Thema.
Doch der Professor hat einen Hang zu Verschwörungslegenden.
Z.B. Chemtrails: Angeblich sprühen Flugzeuge
im Auftrag dunkler Mächte giftige Chemikalien.
"Aus Flugzeugen kommen Sachen raus,die da nicht sein sollten:
Nanoverbindungen mit Aluminium,Barium, Strontium, Titanat etc.
Dann gibt es das, den Menschenmit Aluminium aufzufüllen.
Dann ist man extrem sensibel auf Mobilfunk etc."
Diesen Irrsinn verbreitet Prof. Otterpohl
auf einer Esoterikmesse in Eckernförde.
Doch auch an seiner Universität klagen Studierende
über die Inhalte von Otterpohls Vorlesungen.
Einer seiner Studenten ist bereit, anonym mit uns zu sprechen.
"Das Auffälligste war, als er Chemtrails erwähnte.
Er sprach definitiv von einer Besprühung, von Kondensstreifen,
dass es nachgewiesen sei, dass es eine Besprühung gibt,
was uns Menschen oder die Erde auch verändert."
Ein weiteres Steckenpferd von Otterpohl ist die Geomantie,
der Glaube an Energiefelder und "Elementarwesen" wie Elfen,
Feen und Gnome, in diesem Sammelband erklärt er dazu:
"Auf einem Handy sitzt z.B. ein stacheliges Wesen drauf.
Das kann man harmonisieren, wenn man es wahrnimmt und darum bittet,
dass wir mit ihm gut arbeiten können."
Wir fragen Prof. Otterpohl,
wieso er unwissenschaftlichen Unsinn verbreitet.
"Das hat nichts mit meiner Forschung zu tun,
das ist ein Privatinteresse."
Ein "Privatinteresse", dem er aber auch in seinen Vorlesungen nachgeht.
Das belegen uns zugespielte heimliche Aufnahmen.
"Wir sollten auch die sogenannte Geomantie beachten.
Also wo sind Störungen, wo fließen gute Energien?
Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit Geomantie.
Ich weiß, dass es das gibt."
Die Universitätsleitung gibt sich auf unsere Anfrage hin ahnungslos.
Es habe bisher keine Beschwerden
über die Lehrtätigkeit Otterpohls gegeben, heißt es.
Wie schwer der Umgang mit "irrlichternden" Professoren
sein kann, zeigt sich in Kassel.
Hier lehrt der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera.
Sein Spezialgebiet:
Niedere Lebewesen, wie diese Plattegel.
Der Biologe äußert sich aber auch gerne gesellschaftspolitisch.
Dann wettert er gegen die "Homo-Lobby"
und die Gleichheit von Mann und Frau.
"Mann und Frau unterscheiden sich, als wären sie verschiedene Arten,
wie Schimpanse und Mensch,
das kann ich ausführlich begründen, genetisch sind das 1,5 %.
Frauen allgemein haben wesentlich mehr Einfühlungsvermögen, Empathie.
Sie sind großzügiger. Männer setzen Grenzen."
(Reporter): "Das würden Sie auf biologische Faktoren zurückführen?"
"Ja, was denn sonst?"
"Kulturelle Prägung z.B." "Da lache ich mich tot!"
Berüchtigt ist Kutschera seit diesem Interview,
anlässlich der Einführung der Ehe für Homosexuelle warnte er:
"Vater- bzw. Mutter-Entbehrung führt bei Kindern,
das ist durch Hunderte Studien gezeigt,
durch Berichte von Kindern,die bei schwulen Männern,
lesbischen Frauen-Paaren groß wurden, zu Selbstmordversuchen.
Das ist Horror!
Wenn sich Mädchen mit einer Rasierklinge ritzen und bluten ...
Gucken Sie sich die Bilder im Internet an!"
Tatsächlich spricht der überwältigende Teil der Studien
zum Thema eine andere Sprache: Kindern von homosexuellen Paaren
geht es demnach genauso gut wie denen von Hetero-Eltern.
Die Staatsanwaltschaft in Kassel
erhob deshalb Anklage gegen Kutschera.
Der Vorwurf: Volksverhetzung und Verleumdung Homosexueller.
Die Studierenden-Vertretung der Uni Kassel
hofft auf eine Verurteilung.
Kutschera sei als Professor nicht länger tragbar.
"Er bringt solche Sprüche auchzum Teil in seinen Vorlesungen.
Das muss Konsequenzen nach sich ziehen!
So etwas kann nicht unter Wissenschaftsfreiheit fallen,
wenn man so aggressiv gegen Minderheiten vorgeht."
Die Leitung der Uni Kassel
hat sich inhaltlich von Kutschera distanziert.
Sie bietet eine Ersatzvorlesung für Evolutionsbiologie an,
damit niemand gezwungen ist, bei ihm zu studieren.
Doch solange Kutschera nicht verurteilt ist,
hat die Uni kaum eine Handhabe gegen ihn.
Denn das Grundgesetz
räumt Professoren besondere Privilegien ein.
"Professoren können sich auf Wissenschaftsfreiheit berufen,
das ist ein besonders geschützter Raum,
der von dem ständigen Dialog und auch Streit lebt.
Das sagt auch das Bundesverfassungsgericht,
hier sollen der Staat und auch die Gesellschaft
nicht regelnd eingreifen."
So lehrt Kutschera unbeeinträchtigt weiter.
Er plant schon den nächsten Aufreger: ein Buch
über "Migranten-Kriminalität aus biologischer Sicht".
"Es gibt toll integrierte Afrikaner.
Aber in der Masse kann ich die Phänomene, die wir haben,
die Verzweiflungstaten, die hohe Kriminalität,
die Tatsache, dass diese Männer dauernd in die Psychiatrie kommen,
das liest man ja dauernd,
das lässt sich alles auf komplexe biologische Sachverhalte erklären,
Die Sorge vor kriminellen Migranten
treibt auch diesen Politikwissenschaftler um.
Martin Wagener lehrt am Zentrum für nachrichtendienstliche
Aus- und Fortbildung der Hochschule des Bundes.
Seine Studenten: BND-Mitarbeiter und Verfassungsschützer.
Wagener hat eine Art politisches Manifest veröffentlicht.
Darin greift er
die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf an.
Und er fordert die Abriegelung Deutschlands
durch eine massive Grenzanlage.
"Ich schlage vor, ein dreistufiges System zu schaffen.
Im ersten Bereich nach außen hätten wir einen Sicherheitszaun,
in der Mitte Annäherungshindernisse,
damit Eindringlinge nicht so schnell zum letzten Hindernis kommen.
Das wäre eine 4 m hohe Betonwand,die man dort aufbauen könnte.
Diese Mauer müsste man komplett um Deutschland herumziehen,
um es wirklich abzuschotten."
Ein Bauwerk, ähnlich dem ehemaligen deutsch-deutschen Grenzstreifen.
Nur dieses Mal nach außen gerichtet.
Wagener will so das deutsche Volk vor "Überfremdung" schützen.
Flüchtlinge sollen dauerhaft in großen Lagern
an der Grenze festgehalten werden,
selbst dann, wenn sie als asylberechtigt anerkannt werden.
Im Buch heißt es dazu:
(Reporter) "Das hört sich für viele unmenschlich an.
Warum schlagen Sie so etwas vor?"
Es ist ja nicht unmenschlich.
Wenn wir den Menschen signalisieren würden,
"Wenn ihr Asylanten seid und habt sozusagen den Bescheid,
dass ihr politisch verfolgt seid,
ihr dürft aus asylrechtlichen Gründen hierbleiben,
bekommt ihr auf jeden Fall eine Integration in das Land",
das wäre der völlig falsche Anreiz."
Lager für Flüchtlinge, um abzuschrecken.
Ist jemand mit diesen Ansichten der Richtige,
um Verfassungsschützer und Geheimdienstler auszubilden?
Daran zweifelt auch der BND, er ließ Wageners Buch juristisch prüfen.
Ausreichende Belege
für eine verfassungsfeindliche Einstellung fanden sich aber nicht.
Also darf Wagener weiter lehren.
Das Gerede von der fehlenden Meinungsfreiheit an Hochschulen:
Es ist ein Mythos.