heute journal vom 07.10.2021 - Abschied auf Raten? - Laschet für "personelle Neuaufstellung"; Gespräche zu Dritt
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt, das "heute-journal"
mit Kay-Sölve Richter und Christian Sievers.
Guten Abend.
Zuletzt meldeten sich die zu Wort,
die fast schon Mitleid hatten mit Armin Laschet.
Und Mitleid ist das letzte, was ein Profi-Politiker gebrauchen kann.
Heute Abend dann ein Auftritt in der CDU Zentrale,
nach dem die Nachrichten-Agenturen Mühe haben,
ihn in eine griffige Schlagzeile zu fassen:
"Laschet deutet Bereitschaft zu Verzicht auf CDU-Vorsitz an"
kam dabei heraus, oder:
"Laschet will zur Neuaufstellung Parteitag vorschlagen."
Da sagt einer unterm Strich:
Ich kann es machen, muss aber nicht.
Das war kein Rücktritt, aber im knallharten Politgeschäft,
in dem der unbedingte Machtanspruch alles ist, wirkt es wie einer.
Schon vor diesem Abend war vieles offen in der CDU,
seit 18:30 gilt das umso mehr.
Mathis Feldhoff.
Hände erzählen Geschichten - auch die von Armin Laschet.
Es ist die Erzählung von seiner Offenheit gegenüber FDP
und den Grünen und vom plötzlichen Ausschluss der Union.
Armin Laschet tritt heute Abend vor die Kameras,
um seinen letzten Trumpf anzubieten.
Er ist bereit seinen Platz zu räumen, um Jamaika zu retten.
Und den Rest seiner Würde.
Ich habe bereits in den Gesprächen deutlich gemacht,
an der Person wird es nicht scheitern.
Das habe ich heute auch der Fraktion berichtet.
Es geht nicht um die Person Armin Laschet,
es geht um das Projekt für das Land.
Armin Laschet weiß in diesem Moment, dass seine Zeit als CDU-Chef abläuft
Gestern hatte Markus Söder den letzten Pflock eingeschlagen.
Jamaika sei tot, sagt er und klingt dabei wie ein Nachruf auf Laschet.
Die Union ist auch nicht nach einer so klaren Vorprägung das Ersatzrad.
Es ist jetzt auch die Aufgabe der Union, neben der Offenheit,
mit der wir die Gespräche geführt haben, jetzt auf Dauer
auch die Realitäten anzuerkennen,
die sich aus diesen Entscheidungen ergeben.
Laschets Kandidatur stand von Anfang an unter einem schlechten Stern.
Eigene Fehler, das Lachen in der Flut, der Machtkampf mit Söder,
eine zerstrittene Fraktion.
Gescheitert ist der Rheinländer an sich und den eigenen Leuten.
Es ist ganz wichtig, dass wir in den nächsten Wochen dokumentieren,
dass es nicht nur darum geht sich im Schlafwagen ins Kanzleramt zu fahren
Markus Söder war erkennbar der Kandidat der Herzen.
Ich bin der Antreiber.
Wir brauchen einfach mehr Tempo und Power.
Laschet wollte den einfachen Weg – einfach Merkels Nachfolger werden.
Nahtlos anknüpfen, Kontinuität verkörpern –
eine Strategie, die wohl nie aufgehen konnte.
Ich bin Armin Laschet, und darauf können sie sich verlassen.
Am Abend kommen die Spitzen der Union in Berlin zusammen.
Das Routinetreffen vor dem Bundesrat wird zur Krisensitzung.
Laschets Bereitschaft zum Platz machen,
wird bereits wie sein erfolgter Rücktritt wahrgenommen.
Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal jetzt auch an die Parteibasis
Er selbst weiß, dass er eine Missgeschicklichkeit
auch im Wahlkampf persönlich zu verantworten hat.
Aber die Ursache für die verlorene Wahl
und sie ist wirklich eine verlorene Wahl, liegt nicht allein bei ihm.
Wir müssen die Neuaufstellung der CDU jetzt personell beginnen
und dafür hat er heute ein wichtiges Signal gesetzt.
Ich halte das für einen erwartbaren Prozess, der jetzt eintritt.
Ich habe ihn auch in der Vergangenheit so verstanden,
dass er nicht an Personalien etwas scheitern lässt.
Das habe ich immer so interpretiert,
als ob er dann auch einen Weg frei macht.
Armin Laschet folgt heute Abend als Letzter.
Ein lockerer Spruch noch, scheinbar gut gelaunt.
Anspannung, die abfällt.
Ob er den jetzt folgenden Übergang noch mitgestalten kann, scheint,
wie die Nacht, im Dunklen zu liegen.
Theo Koll aus Berlin.
Das ist kein klassischer Rücktritt,
aber es klingt in einer sehr machtbewussten Partei
auch nicht nach Zukunft?
War das ein echter Laschet?
Das kann man so formulieren.
Es klingt nach Zukunft, aber nicht mit Armin Laschet.
Das war der Beginn eines Rückzugs auftraten.
In doppelter Hinsicht.
Er hält die Restoption einer Jamaika Regierung für größer als gedacht.
Und für so viel wichtig,
dass er es nicht an sich scheitern lassen möchte.
Um den Parteiengesetz tobt bereits eine Schlacht
mit mehreren Nachfolgern.
Das Venla stellt noch moderieren.
Es ist nicht klar, aber noch Teil des Ganzen ist.
In NRW hat er seine Nachfolge geräuschlos gelöst.
Bei der Bundestagswahl dramatisch abgestraft -
Das hat Armin Laschet erleben müssen.
Wie wahr der alte Spruch sein kann: Wer genug Parteifreunde hat,
braucht keine Feinde mehr.
Ist denn zu erwarten, dass der verdeckte Machtkampf in der CDU
jetzt öffentlich wird?
Davon ist auszugehen, denn jetzt ist klar,
mögliche Bewerber müssen vor dem Gang
auf die politische Bühne kein Königsmord mehr begehen.
Der alte König hat angeboten, bei der Nachfolge zu helfen.
Jetzt muss man sich als bestmöglicher Thronfolger zeigen.
Das wird in einem Wettbewerb enden,
ob offene Feldschlacht oder nicht, ist nicht ausgemacht.
In NRW wurde sie vermieden, auch das ist jetzt das Ziel.
Der Prozess der Neuaufstellung der Union ist eingeläutet.
Was heißt das für die Jamaica-Option?
Ist es nun klarer, wer Ansprechpartner bei der Union ist?
Nein, es ist wieder eine dieser typisch unscharfen
Laschet-Ansagen.
Er möchte, dass die Union
sich für Jamaika bereithält bis zur letzten Sekunde.
Damit ist er eigentlich der legitime Verhandler einer solchen Situation.
Der Ansprechpartner bleibe der Parteivorsitzende,
dafür habe er die Rückendeckung der Gremien.
Würde er als Hindernis empfunden, dann ohne ihn.
Es ist nicht ersichtlich,
wer dann statt seiner eine solche Verhandlung führen könnte.
Gleich nach uns hat Maybrit Illner einen mit eigenen Ambitionen zu Gast:
Friedrich Merz.
Und bei zdfheute im Netz, ein lesenswerter Kommentar zum Thema.
Dann kommen wir jetzt zur Suche nach einer neuen Regierung.
Ein Ergebnis hat die bereits: Bei der Suche nach Wortungetümen,
die irgendwie die Lage beschreiben und dabei gleichzeig inhaltlich
möglichst vage bleiben, da sind die Beteiligten enorm voran gekommen:
Die FDP sieht "eine Art fortschrittsfreundliches Zentrum",
die Grünen sprechen von "Vertrauensraum".
Seit heute ist die SPD mit dabei, sie sprechen also zu dritt.
Und da sind jetzt Ampel-Analogien gefragt:
Kann sie am Ende auf grün springen?
Nach dem heutigen Tag sieht es weiterhin so aus,
wie Frank Buchwald berichtet.
Klima-Aktivisten von Greenpeace machen schon am Morgen klar,
was sie erwarten.
Und die Grünen zeigen sich in bester Laune.
Bei der Sonne und wenn ich Sie alle sehe.
Sieben Stunden später dann: Die Generalsekretäre.
Alle loben die Gespräche, Vertrauen ist das Zauberwort.
Man kann vertraulich und vertrauensvoll miteinander reden
über alle Themen.
Natürlich, das ist klar, ist noch ein ganzes Stück des Weges zu gehen.
Aber Lösungen lassen sich finden.
Noch aber gibt es viele rote Linien, etwa beim Klimaschutz.
Die Grünen wollen schon 2030 raus aus der Kohle,
ein Tempolimit und nur noch emissionsfreie Autos.
Beim Kohleausstieg sind SPD und FDP sich einig: bis 2038.
Tempo 130 aber plant auch die SPD, dazu 15 Millionen Elektroautos.
Tempolimit oder ein Aus für Verbrenner,
das wollen die Liberalen nicht.
Ein bisschen Nervennahrung. - Vielen Dank.
Christian Lindner kann sie gut gebrauchen, die kleine Stärkung.
Auch die FDP hat ihre roten Linien, etwa bei Steuern.
Keine Steuererhöhungen, kein Aufweichen der Schuldenbremse.
Zur Schuldenbremse steht auch die SPD,
sie aber will höhere Steuern für Gutverdiener und auf Vermögen,
ebenso die Grünen.
Für Investitionen in den Klimaschutz planen sie auch neue Schulden.
Am Abend aber gibt sich auch die FDP zuversichtlich.
Es gibt Themen, bei denen wird es nicht einfach.
Umso wichtiger war es für uns, in einem Dreiergespräch herauszufinden,
ob es die Bereitschaft gibt, gemeinsam größere Hürden zu nehmen.
Das haben wir heute gesehen.
Olaf Scholz wahrt Pokerface.
Der Mann, der Kanzler werden will, braucht beide Partner zum Regieren.
Scholz muss deshalb ausbalancieren.
Für seine SPD markiert der Mindestlohn die rote Linie.
Die Sozialdemokraten wollen ihn auf zwölf Euro anheben,
genau wie die Grünen.
Eine Lösung mit der FDP scheint machbar.
Sie würde das Thema gerne der Mindestlohn-Kommission
von Arbeitgebern und Gewerkschaften überlassen.
Es geht drum, dass man mit einem politischen Stil
in die Gespräche geht, der nicht von Gewinnern und Verlierern geprägt ist
sondern der dafür sorgt, dass am Ende alle Parteien
eine Regierung gemeinsam bilden und ihre Schwerpunkte setzen können.
Immerhin, bei vielen Themen gibt es auch Gemeinsamkeiten.
Digitalisierung und Bildung etwa, oder in der Gesellschaftspolitik.
Die drei wollen nächste Woche weiterverhandeln.
Es könnte spannend werden.
Nochmal zu dir Theo: Nach der Sondierung
und vor echten Koalitionsgesprächen jetzt also eine vertiefte Sondierung.
Das klingt nach: Es läuft, aber wir wollen das noch nicht so laut sagen.
Ja, eigentlich haben sie es damit deutlich gesagt.
Wir sind in einer Phase von Polit-Prosa.
Durch die Vertrautheit der Verhandlungen
erfährt die Gesellschaft nur Vokabeln.
Kommen uns näher, sagen nicht, bei was und wie,
das ist eine der Lehren von 2017 und könnte dazu führen,
dass sich viele Wähler die Augen reiben,
was für Zugeständnisse gemacht wurden.
Bei der Verkehrs-Ampel gibt es rot und grün.
Gelb ist zwar da, wird aber gerne überfahren.
Ist das bei der Politik anders?
Absolut, denn alle Beteiligten wissen seit 2017,
die FDP ist in der Lage auszusteigen,
wenn sie sich nicht gut behandelt fühlt.
Das Geld dürfte eher eine Art Warnleuchte sein.
Die Schnittmengen zwischen SPD und Grünen sind viel größer.
Die Aufmerksamkeit für die Liberalen
und ihre Forderung dürfte bei den anderen beiden ausgeprägter sein.
Vielen Dank, Theo Koll aus Berlin.
Und dann heute im Streit zwischen der Europäischen Union
und ihrem Mitglied Polen - Ein neuer Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt.
Teile des EU-Vertrages seien in Polen verfassungswidrig,
erklärt das Verfassungsgericht in Warschau.
Damit könnte sich Polen über Urteile des Europäischen Gerichtshofes
schlicht hinwegsetzen.
Da applaudiert die national konservative Regierung in Warschau.
Bei der EU dürften die bestehenden Zweifel enorm wachsen,
wie unabhängig die polnische Justiz noch ist.
Aus Warschau Anne Herzlieb.
Um Himmels Willen, wohin führst du dieses Land?
Singen die Demonstranten vor dem polnischen Verfassungsgericht
heute Abend.
Das Urteil verfolgen sie per Livestream.
Die EU-Organe überschreiten ihre Kompetenzen
und die Polnische Republik kann nicht demokratisch
und souverän agieren.
Ein Urteil mit Wucht.
Wir haben verloren, wir gehen raus aus der EU.
Nein, wir gehen nicht raus, es ist nur ein Urteil.
Doch die Begründung der Richter hat es in sich.
Der EU-Vertrag ist der polnischen Verfassung unterordnet,
und wie jeder internationaler Vertrag
muss er verfassungskonform sein.
Für den Bielefelder Rechtswissenschaftler Franz Mayer
befindet sich Polen damit offen auf Konfrontationskurs mit Brüssel.
Das polnische Verfassungsgericht hat heute entschieden,
dass der zentrale Artikel der EU-Verträge,
der die Rolle des EuGh beschreibt,
mit der polnischen Verfassung unvereinbar ist.
Dahinter steht letztlich das Argument, dass die EU
nicht das Recht hat die Unabhängigkeit der polnischen Justiz
zu überprüfen, obwohl die Beitrittsvoraussetzung war.
Polen stelle damit die Geschäftsgrundlage zwischen dem Land
und der EU in Frage, so Experten.
Für Polen und die EU ist das ein großes Problem,
das gelöst werden muss.
Vielleicht wird es zur Klage der EU-Kommission gegen Polen kommen.
Aber ehrlich gesagt, wir stehen an der Wand.
Polen wirft sich selbst rechtlich aus der EU raus.
Eine Entwicklung, die außer Kontrolle geraten könnte.
Ich denke niemand in der polnischen Regierung plant den Polexit,
aber auch David Cameron hat den Brexit nicht geplant.
Und wir wissen, wie es geendet ist.
Unsichere Aussichten, doch eins ist klar:
Polen wendet sich zunehmend ab von Europa.
Gunnar Krüger ist beim Treffen der Justizminister der EU in Luxemburg.
Gunnar, wie wird die EU reagieren?
Die EU muss reagieren,
die EU das sind viele Institutionen.
Vor dem Europäischen Gesichtsgerichtshof,
dort wurden neue Richter eingeführt.
Die Stimmung war Mauer, das berichten uns Abgeordnete,
die dabei waren.
Die Kommission muss handeln, sie muss der polnischen Regierung
dem Milliarden Euro aus dem Aufbaufonds sperren.
Auf der anderen Seite saß der EU- Kommissar mit den Justizminister
zusammen und sagte, man muss prüfen.
Anhand vieler Werkzeuge, man muss prüfen,
die EU ist wie ein Hausbau, bei dem es reinregnet,
der mit seinem Werkzeug aber nicht zur Tat schreitet.
Ist heute damit ein Pol-Exit näher gerückt?
Es ist so in der EU, dass sie ihren Mitgliedern Strafe aufkommen kann.
Gelder sparen, Stimmrechte entziehen.
Aber sie kann niemanden aus dem Club raus werfen.
Die Polen wollen aber gar nicht gehen laut Umfragen,
die Regierung in Warschau hat weiterhin Interesse
an dem Geld aus Brüssel.
Die Regierung wollte eine Art Blankoscheck, sie wollte Geld,
aber ohne die Kontrolle.
Die Kommission wäre schlecht beraten, den Scheck einzulösen.
Vielen Dank, Gunnar Krüger nach Luxemburg.
Seit längerem schon reiben wir uns alle ja die Augen,
wie häufig beim Thema Corona in diesem Land die Datenlage
doch zu wünschen übrig lässt.
Das war so bei der Frage, wo exakt grassiert das Virus, und warum?
Das war so bei der Belegung der Intensivstationen.
Und das ist jetzt so, wenn es darum geht:
Wie viele Deutsche sind geimpft?
Möglicherweise sind in Deutschland mehr Menschen geimpft,
als offiziell gemeldet.
Das ergab eine Schätzung des Robert-Koch-Institutes,
die sich auf Umfragen stützt.
Demnach könnten bis zu 84 Prozent der Erwachsenen
einfach und 80 doppelt geimpft sein.
Das wären fünf Prozent mehr, als die Statistik erfasst.
Das gebe mehr Sicherheit für Herbst und Winter,
so Gesundheitsminister Spahn.
Aus heutiger Sicht
werde es keine zusätzlichen Beschränkungen mehr brauchen.
Von Patientenschützern kam umgehend Kritik:
Bei der Beurteilung des Impf-Fortschritts
sollten nicht Umfragen zählen, sondern Fakten.
Viele Geimpfte fragen sich, ob und wann sie eine Auffrischung brauchen.
Und dazu gibt es eine neue Antwort der Ständigen Impf-Kommission.
Sie empfiehlt den "Booster" für alle Geimpften über 70.
Ebenso, wie für Bewohner und Beschäftigte in Altenheimen,
selbst, wenn sie jünger sind.
Auch für medizinisches Personal mit Patienten-Kontakt
sei die dritte Spritze sinnvoll.
In Syrien befinden sich nach wie vor deutsche IS-Anhängerinnen
in Gefangenen-Lagern.
Nun wurden weitere von ihnen zurückgeholt.
Ein Charter-Flugzeug landete in der Nacht in Frankfurt am Main.
An Bord: Acht Mütter und ihre 23 Kinder.
Gegen sechs der Frauen liegen Haft-Befehle vor.
Drei wurden bei ihrer Ankunft festgenommen.
Ihnen wird vorgeworfen, nach Syrien ausgereist zu sein,
um den "Islamischen Staat" zu unterstützen.
Vor dem Landgericht Neuruppin
hat der Prozess gegen einen ehemaligen SS-Wachmann begonnen,
wegen Beihilfe zum Mord in 3.518 Fällen.
Der 100-Jährige soll zwischen 1942 und '45 dazu beigetragen haben,
dass im Konzentrationslager Sachsenhausen
tausende Lagerinsassen getötet wurden.
Bis zum Ende des 2. Weltkriegs waren dort mehr als 200.000 Menschen
inhaftiert, Zehntausende wurden ermordet
oder starben durch die lebensfeindlichen Bedingungen.
Bundeskanzlerin Merkel ist zu einem Abschiedsbesuch nach Rom gereist.
Bei einem Gespräch mit Papst Franziskus
ging es u.a. um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen
in der Katholischen Kirche.
Später trafen sie sich am Kolosseum wieder
bei einem interreligiösen Friedenstreffen.
Auch Politisches stand auf der Agenda.
Italiens Ministerpräsident Draghi
dankte Merkel für die Unterstützung in der Corona-Krise.
In Deutschland ist vieles in Bewegung,
es geht um eine neue Regierung.
Bei unseren Nachbarn in Österreich die umgekehrte Frage:
Kann sich der aktuelle Kanzler noch halten?
"Eine neue Dimension ist erreicht, der Eindruck ist verheerend",
sagt der österreichische Vizekanzler von den Grünen.
Und er meint damit die Korruptionsvorwürfe
gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Gegen ihn und eine Reihe seiner Mitarbeiter
ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Wegen der Verdachts auf Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung
beziehungsweise der Beihilfe dazu.
Die Ermittler stützen sich
dabei auf eine ganze Reihe von internen SMS-Nachrichten,
die sich in der Tat zunächst mal abenteuerlich lesen.
Österreich, das ja keinen Mangel hat an Polit-Skandalen, hält den Atem an.
Wolf Christian Ulrich aus Wien.
Wien erlebt in diesen Stunden ein politisches Erdbeben,
hunderte fordern am Abend den Rücktritt des Bundeskanzlers.
Kurz muss weg!
Ermittlungen gegen den Bundeskanzler wegen Anstiftung zur Bestechung.
Der größte Polit-Skandal seit der Ibiza-Affäre.
Ich hoffe mal, dass Kurz weg ist bald.
Alles andere wäre ziemlich traurig für Österreich, muss man echt sagen.
Am Morgen braut es sich zusammen: Die Grünen schalten auf Angriff
und Palastrevolte, überraschen damit das ganze Land.
Die Vorwürfe gegen die Spitze der ÖVP wiegen schwer.
Und deshalb geht es jetzt um Stabilität und Ordnung,
um Stabilität und Verantwortung, um Stabilität und Aufklärung.
Worum geht's?
Laut Staatsanwaltschaft soll ein Zirkel von Kurz-Vertrauten
vor gut fünf Jahren ÖVP-freundliche Artikel und Umfragen
in der der Zeitung "Österreich" bestellt haben,
bezahlt über das Finanzministerium, also mit Steuergeld.
Und das alles, damit Kurz mit einer maßgeschneiderten Kampagne
erst Parteivorsitzender und dann Kanzler wird.
Gegen Kurz wird deshalb wegen der Anstiftung zur Bestechung ermittelt.
Für die Grünen ein Skandal zu viel.
Sie stellen die Handlungsfähigkeit des Kanzlers in Frage.
Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen.
Die Vorwürfe wiegen schwer, es steht Korruption im Raum.
Ist das das Ende der Koalition? Das war's dann.
Die Opposition will einen Misstrauensantrag stellen.
Er kann das Amt nicht mehr ausüben, ohne dass Österreich Schaden nimmt.
Ich erwarte, dass der Kanzler zurücktritt.
Um 16 Uhr endlich Statement des Bundeskanzlers.
Manche erwarten den Rücktritt, doch es kommt anders.
Ich hoffe, dass wir weiterhin stabile Verhältnisse
in unserem Land haben.
Wenn die Grünen also nicht mehr die Zusammenarbeit fortsetzen wollen,
und sich andere Mehrheiten im Parlament suchen wollen,
dann ist das zu akzeptieren.
Wir stehen bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen.
Kurz will sich nicht unter Druck setzen lassen.
Spielt deshalb den Ball zurück zu den Grünen.
Für Sebastian Kurz ist es unfassbar eng geworden.
De facto gibt es für ihn kaum mehr Möglichkeiten,
sich zumindest mittelfristig an der Macht zu halten.
Die Spitzen der ÖVP versammeln sich am Abend zum Scherbengericht.
Noch stehen sie hinter ihrem Kanzler.
Doch Kurz ist schwer angezählt.
Sein Schicksal entscheiden jetzt andere.
Jetzt noch mal Kay-Sölve Richter mit Nachrichten.
Klarheit soll es am Dienstag geben, dann gibt es eine Sondersitzung.
Die Corona-Pandemie hat deutliche Löcher
in die staatlichen Haushalte gerissen.
Das Defizit im sogenannten Gesamthaushalt
stieg im ersten Halbjahr auf 131,1 Milliarden Euro,
im Vorjahres-Zeitraum hatte es noch bei 88 Milliarden gelegen.
Hauptgrund sind die hohen Ausgaben:
Sie stiegen infolge der Corona-Pandemie um 10,8 Prozent.
Zwar nahmen die Haushalte auch mehr ein, das Plus lag bei sechs Prozent,
allerdings konnte das die höheren Ausgaben nicht wettmachen.
Und während der Staat ein dickes Minus verzeichnet,
haben die Bürger unterm Strich deutlich mehr auf dem Konto.
Und das nicht nur bei uns in Deutschland.
Weltweit sind die Vermögen auf einen Rekordwert gewachsen.
Und der Grund dafür ist auch hier die Corona-Pandemie.
Wie lautet die genaue Erklärung, Stephanie Barrett an der Börse?
Einerseits hat die Pandemie viel menschliches Leid verursacht.
Die Aktienmärkte erholten sich nach dem Schock schnell,
weil Milliardenhöhe Soforthilfen von Staaten die Krise abfedern.
200 Millionen Euro ist die neue Rekordmarke.
Konsumsgelegenheiten fehlten, Geschäfte und Theater
hatten geschlossen, Reisen waren nicht möglich.
Das Geld lag auf der hohen Kante,
bei anderen schluckt die Inflation an.
Aktien-Anleger vermehrten Geld.
Die Deutschen legten ihren Ruf
als 18 Muffel ab und deckt entdeckten die Börse für sich.
12,3 Million Aktionäre, so viel wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Experten beobachten eine wachsende Vermögensungleichheit.
Die Mittelschicht wird kleiner, Gesamtvermögen nimmt ab.
Vielen Dank, Stephanie Barrett.
Ein starkes Erdbeben hat den Südwesten von Pakistan erschüttert.
Mindestens 20 Menschen kamen ums Leben,
außerdem gab es hunderte Verletzte.
Unter den Trümmern suchen Helfer nach Verschütteten.
Die Erdstöße der Stärke 5,9 hatten viele im Schlaf überrascht.
Möglicherweise gab es auch Opfer in einer eingestürzten Kohlemine.
Eine Überraschung gab es heute in Stockholm.
Der Literatur-Nobelpreis geht an einen Schriftsteller,
der selbst Kennern der Szene kaum bekannt ist.
Nämlich an Abdulrazak Gurnah aus Tansania.
Und damit an den ersten Afrikaner seit 18 Jahren.
Der 73-Jährige schildere in seinen Werken kompromisslos und mitfühlend
die Auswirkungen des Kolonialismus, sagt die Schwedische Akademie
über Gurnah, der in den 60er Jahren
als Flüchtling nach Großbritannien kam.
Auch den deutschen Buchhandel traf die Auszeichnung unerwartet:
Keines seiner übersetzten Bücher ist derzeit lieferbar.
Wir zwei danken für Ihr Interesse.
Morgen freuen sich hier Marietta Slomka und Heinz Wolf auf Sie.
Und empfehlen Ihnen noch das heute-Journal-Update
mit Christina von Ungern Sternberg um kurz nach 0:30 Uhr.
Ihnen allen einen angenehmen Abend.
Schönen guten Abend und herzlich Willkommen zum Wetter.
Wir schauen auf die Temperaturabweichung weltweit.
Da war der September in diesem Jahr
mit den vier wärmsten September zusammen.
2019, 2020 und das Jahr 2016 inklusive dem Jahr 2021
waren die wärmsten im Datensatz des Kopernikus-Programms.
Aber in Europa war es sehr unterschiedlich.
Deutlich wärmer nach Westen hin und deutlich kühler nach Osten hin.
Das kommt zustande, wenn Wettersysteme steckenbleiben.
Apropos Steckenbleiben: Das passiert auch in Europa zur Zeit im Süden.
Da hängt ein Tief und bringt große Regenmengen.
Bis Freitag bis zu 300 Liter auf den Quadratmeter auf dem Balkan.
Sonst haben wir es mit einem sehr umfangreichen Hoch zu tun im Osten.
Das ist auch steckengeblieben seit über einer Woche.
Schauen wir auf das Wetter: Im Osten Deutschlands bildet sich Nebel.
Im Süden gibt es etwas Regen, im Westen lockert es auf.
Dort wird es am kühlsten mit 3 Grad in den westdeutschen Mittelgebirgen.
Im Osten ist es gerade mal zweistellig, mit 10 Grad.
Nach Nebelauflösung morgen Sonnenschein in der Mitte.
Nach Süden hin viele Wolken, auch da zeigt sich mal die Sonne.
Das bei höchsten Temperaturen von 19 Grad im Rheinland
und 12 Grad in den östlichen Mittelgebirgen.
Am Wochenende bleibt es ruhig.
Nach Nebelauflösung viel Sonnenschein.
Temperaturen am Samstag 11 bis 19 Grad.
Danach ein wenig kühler.
Einen schönen Abend.