YONII | GERMANIA
In Deutschland hatten wir alles.
Im Kindergarten wurden wir von allen gelobt und geliebt und da ein Nutella-Brot.
In Marokko gab's das nicht.
In Marokko gab's Wasser und das Essen von vorgestern.
* Musik *
Mein Name ist Yasin el Harrouk, ich bin 25 Jahre alt,
gebürtiger Schwabe mit marokkanischen Wurzeln.
Bin als Beruf Schauspieler und gleichzeitig Künstler und Musiker.
Ich lebe seit vielen Jahren in Stuttgart,
habe auch in Marokko gelebt
und bin Gott dankbar für die verschiedenen Welten.
Mein Vater hat auch in unserer Kindheit gewollt, dass wir Arabisch lernen.
Deswegen haben wir auch in Marokko gelebt.
Das ist ein schönes Land, wenn man Geld hat.
Aber die Kindheit dort war bissl schwierig,
weil wir kamen in Deutschland auf die Welt
und in Marokko war's halt einfach anders.
Da hast du halt mit Schläge kriegen gelernt.
Und dann bin ich auch irgendwann mal nicht mehr in die Schule gegangen.
Ich bin sehr gläubig, aber auch sehr offen.
Also ich glaube an einen Schöpfer für alle Menschen
und jeder Mensch kann das glauben, was er will.
Ich bin auch nur ein Mensch letztendlich, mit guten und schlechten Taten.
Mit einer reinen Seele.
Manchmal auch nicht.
Ich hab einen marokkanischen Pass gehabt,
hab dann den deutschen beantragt.
Hat lange gedauert, bis ich ihn hatte, aber jetzt hab ich ihn.
Das heißt, dadurch hab ich weniger Probleme mit der Polizei.
Man wird oft angehalten. Auch da, wo ich wohne, werd ich oft angehalten,
weil da kürzlich ein paar Einbrüche stattgefunden haben.
Ich liebe das, aus der Situation heraus zu improvisieren.
Dann schwätz ich einfach Schwäbisch, da wirst du anders angeschaut.
Ich hab auch mal so 'nen Test gemacht:
Ich hab einmal wie ein Flüchtling geredet, der seit ein paar Tagen in Deutschland ist:
"Entschuldigen Sie, helfen bitte."
Und da wurde ich gleich anders behandelt,
als wenn ich jetzt dastehe und sag:
(schwäbisch) "Hallo, schönen guten Tag, was ist vorgefallen?
Wie kann ich Ihnen weiterhelfen? Wollen Sie meinen Ausweis? Bitte schön. Also.
Schönen Tag noch."
Ein bisschen länger her, da war ich in Basel,
bin ich in den ICE eingestiegen.
Und bevor ich eingestiegen bin, war eine Frau
und die hat mich die ganze Zeit angeschaut und ich hab mich gefragt:
Warum schaut die mich so an? Was ist los? Was hab ich getan?
Sie schaut, ich schau, sie schaut, ich schau, ich denk nach, sie denkt nach.
Irgendwann nimmt sie ihre Tasche auf ihren Schoß und schaut mich weiter an.
Und dann dacht ich mir: Ich muss das brechen.
Bin ich hingegangen und hab zu ihr gesagt: "Liebe schöne Dame,
ich fühl mich irgendwie ein bisschen beobachtet.
Wenn Sie ein Problem mit mir haben, dann stell ich mich auch 1 km weit weg.
Sie brauchen auch keine Angst zu haben vor mir oder so."
Und dann meinte sie zu mir: "Nein, es ist alles cool.
Ich hab nur das Gefühl, ich hab Sie im Fernsehen gesehen.
Haben Sie mal in einem 'Tatort' mitgespielt?"
Ich hab gemerkt, ich hab mich selber diskriminiert.
In Marokko wär mein Leben anders verlaufen.
Marokko ist nicht Deutschland. Und Deutschland ist nicht Marokko.
In Deutschland haben wir das Glück, dass sich alle Kulturen auf einem Platz treffen.
Das würde es in Marokko nicht geben.
In Marokko leben nur Marokkaner.
Und wenn jemand dahin kommt, dann sind das Touristen.
So, wie es jetzt in Deutschland verlaufen ist, bin ich Gott dankbar,
einfach so viel Wissen und so viele Erfahrungen sammeln zu dürfen,
zwischen den Kulturen leben zu dürfen so.
Das ist, glaub ich, so die neue Generation, das Multikulti,
wovon wir profitieren müssen.
Und die, die nach uns kommen, werden denen das mitgeben müssen.
Vor meinem Studium war es einfach so,
dass ich keine deutsche Community um mich herum hatte,
es waren nur Ausländer.
Aber nach meinem Studium, oder jetzt, fühle ich mich hier zu Hause.
Marokko, Deutschland - für mich ist das alles irgendwo auch eins.