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Frankenstein - Mary W. Shelley, 4. Kapitel - 02

4. Kapitel - 02

Nachdem ich mir dieser ungeheuren Macht bewußt geworden war, zögerte ich noch einige Zeit mit der Anwendung, da ich mir noch nicht klar war, in welcher Weise diese erfolgen sollte. Wenn ich auch die Fähigkeit besaß, Leben zu verleihen, so stand mir doch zunächst die ungeheuer schwierige Aufgabe bevor, einen Leib zu schaffen mit all seinen Muskeln, Sehnen und seinem Geflecht von Adern und Nerven. Ich war mir anfänglich im Zweifel darüber, ob ich gleich ein Wesen schaffen sollte, das mir gleich war, oder ob ich mich zuerst mit einem einfacheren Organismus begnügen sollte. Aber ich war durch meine Entdeckung dermaßen kühn geworden, daß ich nicht einsah, warum mir nicht sofort die Herstellung eines Wesens gelingen sollte, das so kompliziert und wundervoll ist wie der Mensch. Das mir zur Verfügung stehende Material schien allerdings noch kaum genügend für die schwierige Aufgabe, aber ich zweifelte keinen Augenblick, daß ich doch schließlich Erfolg haben müßte. Ich bereitete mich auch auf alle Eventualitäten vor; meine Bemühungen konnten unter Umständen immer wieder vereitelt werden, mein Werk unvollendet bleiben. Und wenn auch im Hinblick auf die Bedeutung jedes einzelnen Tages für die technischen Erfindungen durfte ich doch hoffen, daß mir endlich der Lorbeer des Sieges zuteil würde. Die Größe und Kompliziertheit meines Unternehmens war mir noch lange kein Beweis für seine Undurchführbarkeit. Mit diesen Gefühlen machte ich mich dann endlich an die Erschaffung des menschlichen Wesens. Da die Feinheit der einzelnen Teile lange Zeit zu ihrer Nachbildung erfordert hätte, beschloß ich, entgegen meiner ursprünglichen Absicht, dem Wesen eine gigantische Statur zu geben. Das heißt, ich wollte ihm eine Größe von acht Fuß geben. Es dauerte noch einige Monate, bis ich alles Nötige beisammen hatte und beginnen konnte.

Es ist unmöglich die Gefühle zu schildern, die mich wie ein Sturmwind durchbrausten. Leben und Tod erschienen mir zwei Schranken, die ich durchbrechen und einen Strom von Licht über die finstere Welt gießen durfte. Eine neue Art von Menschenwesen würden mich als ihren Schöpfer preisen und manches Gute und Edle sollte seinen Ursprung mir zu verdanken haben. Kein Vater sollte der Dankbarkeit seiner Kinder so wert sein wie ich. Damals kam ich auf die Idee, die ich allerdings dann später als durchaus undurchführbar erkannte, daß es mir, der ich imstande war, leblose Materie lebend zu machen, möglich sein müßte, auch da wieder Leben zu erzeugen, wo der Tod bereits zerstörend eingegriffen hatte.

Diese Gedanken waren es, die mir immer wieder Kraft zu meinem Unternehmen verliehen. Meine Wangen waren bleich geworden und mein Körper der Erschöpfung nahe. Manchmal meinte ich, ganz nahe an meinem Ziele verzagen zu müssen. Aber ich klammerte mich an die Hoffnung, daß die nächsten Tage, die nächsten Stunden schon eine Entscheidung bringen würden. Die Freude meines Lebens war das Geheimnis, von dem nur ich allein wußte, und oftmals leuchtete mir der Mond bei meinen mitternächtlichen Arbeiten, die mich bis an die verstecktesten Winkel des Naturschaffens führen sollten. Ich unterlasse es, Ihnen die Greuel meines einsamen Schaffens zu schildern, wie ich im Unrat von Gräbern wühlte und lebende Wesen zu Tode quälte, um toten Staub zu beleben. Heute zittern meine Knie und es flimmert vor meinen Augen, wenn ich an das alles denke. Aber damals trieb es mich rastlos, rücksichtslos weiter, so daß ich jeden Sinn für anderes verlor. In einem stillen, abgelegenen Zimmer, oder besser gesagt einer Kammer unter dem Dache, von allen übrigen Räumen durch eine Galerie und eine Treppe getrennt, vollbrachte ich mein ekelerregendes Werk. Die Augen traten mir aus den Höhlen vor Erregung und Anspannung. Die Beinhäuser, der Seziersaal und auch die Schlächterwerkstatt lieferten mir mein Material, und oft wandte sich mein Inneres voll Abscheu von dieser Beschäftigung ab, während meine Schöpfung immer mehr ihrer Vollendung entgegeneilte.

Unterdessen waren die Sommermonate dahingeflossen. Es war eine herrliche Zeit gewesen und niemals noch hatten die Felder so reich gesegnet dagestanden. Aber meine Augen waren für solche Reize zu jener Zeit völlig unzugänglich. Und aus demselben Grunde, weshalb ich keine Freude an der Natur mehr hatte, vergaß ich auch der treuen, lieben Menschen, von denen ich so weit entfernt war und die ich schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Ich wußte, daß sie mein Schweigen beunruhigen mußte und erinnerte mich noch recht wohl der Worte meines Vaters: »Wenn du mit dir selbst zufrieden bist, wirst du auch unser in Liebe gedenken und wir werden regelmäßig von dir hören. Du darfst es mir nicht verübeln, wenn ich langes Schweigen deinerseits als einen Beweis dafür ansehe, daß du deine anderen Pflichten in gleicher Weise vernachlässigst.«

Ich konnte mir also gar nicht im Zweifel darüber sein, was mein Vater von mir denken mußte; aber mein Werk hatte mich, so widerlich es an sich war, dermaßen gepackt, daß ich mich nicht mehr losreißen konnte. Ich wollte deshalb alles, was mit Aufmerksamkeit für andere zusammenhing, hinausschieben, bis der große Wurf gelungen wäre.

Ich zieh meinen Vater damals der Ungerechtigkeit, daß er mir Nachlässigkeit vorwarf; aber heute weiß ich gewiß, daß er recht hatte, wenn er mich nicht von Schuld freisprach. Ein vollkommener Mensch muß sich immer die Seele ruhig und friedvoll erhalten und darf keiner Leidenschaft auch keinem vorübergehenden Begehren gestatten, ihn zu verwirren. Ich wage nicht zu behaupten, daß wissenschaftlicher Eifer eine Ausnahme bedinge. Wenn das Studium, dem man sich widmet, die Gefühle der Liebe und Dankbarkeit vernichtet und den Sinn für einfache Freuden tötet, dann ist es sicher nicht nützlich für den menschlichen Geist. Wenn diese Regel immer beachtet worden wäre, dann wäre Griechenland nicht unterjocht worden, Cäsar hätte sein Vaterland verschont und die alten, mächtigen Reiche in Mexiko und Peru wären nicht untergegangen.

Aber eben merke ich, daß ich mitten im interessantesten Teil meiner Erzählung zu philosophieren beginne. Ihre Augen mahnen mich fortzufahren.

Mein Vater machte mir in seinen Briefen keine Vorwürfe wegen meines Schweigens und bekundete nur dadurch sein Interesse daran, daß er sich eingehender als bisher um meine Studien kümmerte. Winter, Frühling und Sommer waren über meiner Arbeit dahingeflossen; aber ich beachtete nicht das Blühen und Sprießen. Früher hatten diese Erscheinungen mich stets mit der größten Freude erfüllt, so tief war ich in meine Ideen vergraben. Und die Blätter wurden welk, noch ehe mein Werk vollendet dastand; aber jeder Tag ließ mich jetzt einen Fortschritt erkennen. Nur war mein Eifer einigermaßen mit Angst gemischt. Ich hatte Gefühle, wie sie ein Sklave hegen muß, der in den Minen zu arbeiten gezwungen wird, nicht aber wie ein Künstler, der sein Lebenswerk schafft. Jede Nacht fieberte ich und wurde entsetzlich nervös; ein Knarren in der Diele ließ mich zusammenfahren und an den Menschen schlich ich vorbei, als hätte ich ein schweres Verbrechen auf dem Gewissen. Und wenn ich mich im Spiegel ansah, erschrak ich über mein Aussehen; nur der eiserne Wille hielt mich noch aufrecht, mein Ziel zu erreichen. Nun war es bald zu Ende und ich konnte dann durch körperliche Übungen und Vergnügungen dem drohenden Unheil Einhalt tun; und das versprach ich mir, wenn ich nur erst meine Schöpfung vollendet haben würde.

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4. Kapitel - 02 Chapter 4 - 02 Capítulo 4 - 02 Chapitre 4 - 02 Rozdział 4 - 02 Глава 4 - 02

Nachdem ich mir dieser ungeheuren Macht bewußt geworden war, zögerte ich noch einige Zeit mit der Anwendung, da ich mir noch nicht klar war, in welcher Weise diese erfolgen sollte. ||||||||||||||||application||||||||||||| Después de que||||||||||||||||uso||||||||||||| After becoming aware of this tremendous power, I hesitated for some time before using it, since I was not yet sure how it should be done. Wenn ich auch die Fähigkeit besaß, Leben zu verleihen, so stand mir doch zunächst die ungeheuer schwierige Aufgabe bevor, einen Leib zu schaffen mit all seinen Muskeln, Sehnen und seinem Geflecht von Adern und Nerven. ||||||||||||||||||||||||||||||network|||| ||||||||||||||||difícil||por delante|||||||||||||||| Although I possessed the ability to give life, I still had before me the immensely difficult task of creating a body with all its muscles, tendons and its network of veins and nerves. Ich war mir anfänglich im Zweifel darüber, ob ich gleich ein Wesen schaffen sollte, das mir gleich war, oder ob ich mich zuerst mit einem einfacheren Organismus begnügen sollte. |||inicialmente||||||||||||||||||||||||contentarme con| Aber ich war durch meine Entdeckung dermaßen kühn geworden, daß ich nicht einsah, warum mir nicht sofort die Herstellung eines Wesens gelingen sollte, das so kompliziert und wundervoll ist wie der Mensch. ||||||||||||understood||||||||||||||||||| But my discovery had made me so bold that I couldn't see why I shouldn't be able to produce a being as complicated and wonderful as man right away. Das mir zur Verfügung stehende Material schien allerdings noch kaum genügend für die schwierige Aufgabe, aber ich zweifelte keinen Augenblick, daß ich doch schließlich Erfolg haben müßte. |||disposal||||||||||||||||||||||| |||disposición||||||apenas|||||||||||||||éxito|| The material at my disposal seemed hardly sufficient for the difficult task, but I did not doubt for a moment that I must eventually succeed. Ich bereitete mich auch auf alle Eventualitäten vor; meine Bemühungen konnten unter Umständen immer wieder vereitelt werden, mein Werk unvollendet bleiben. |||||||||||||||thwarted||||| I also prepared for all eventualities; under certain circumstances my efforts could always be frustrated, my work remain unfinished. Und wenn auch im Hinblick auf die Bedeutung jedes einzelnen Tages für die technischen Erfindungen durfte ich doch hoffen, daß mir endlich der Lorbeer des Sieges zuteil würde. |||||||||||||||||||||||laurel|||| And although in view of the importance of each day for technical inventions, I could still hope that the laurels of victory would finally be bestowed on me. Die Größe und Kompliziertheit meines Unternehmens war mir noch lange kein Beweis für seine Undurchführbarkeit. ||||||||||||||unfeasibility The size and complexity of my undertaking was by no means proof of its impracticability. Mit diesen Gefühlen machte ich mich dann endlich an die Erschaffung des menschlichen Wesens. With these feelings, I finally set about creating the human being. Da die Feinheit der einzelnen Teile lange Zeit zu ihrer Nachbildung erfordert hätte, beschloß ich, entgegen meiner ursprünglichen Absicht, dem Wesen eine gigantische Statur zu geben. ||||||||||reproducción||hubiera requerido||||||||||||| Since the delicacy of the individual parts would have taken a long time to replicate, I decided, contrary to my original intention, to give the creature a gigantic stature. Das heißt, ich wollte ihm eine Größe von acht Fuß geben. That means I wanted to give him a height of eight feet. Es dauerte noch einige Monate, bis ich alles Nötige beisammen hatte und beginnen konnte.

Es ist unmöglich die Gefühle zu schildern, die mich wie ein Sturmwind durchbrausten. Leben und Tod erschienen mir zwei Schranken, die ich durchbrechen und einen Strom von Licht über die finstere Welt gießen durfte. Life and death seemed to me two barriers that I was allowed to break through and pour a stream of light over the dark world. Eine neue Art von Menschenwesen würden mich als ihren Schöpfer preisen und manches Gute und Edle sollte seinen Ursprung mir zu verdanken haben. |||||||||||||||nobleza||||||| A new breed of human beings would praise me as their creator, and some good and noble things would owe their origin to me. Kein Vater sollte der Dankbarkeit seiner Kinder so wert sein wie ich. No father should be as worthy of his children's gratitude as I am. Damals kam ich auf die Idee, die ich allerdings dann später als durchaus undurchführbar erkannte, daß es mir, der ich imstande war, leblose Materie lebend zu machen, möglich sein müßte, auch da wieder Leben zu erzeugen, wo der Tod bereits zerstörend eingegriffen hatte. ||||||||||||quite|||||||||||||||||||||||||||||| At that time I came up with the idea, which I later recognized as completely impracticable, that I, who was able to bring lifeless matter to life, should be able to create life again where death had already intervened to destroy it . En ese momento se me ocurrió la idea, que más tarde reconocí como completamente impracticable, de que yo, que era capaz de dar vida a la materia sin vida, debería ser capaz de volver a crear vida donde la muerte ya había intervenido para destruirla.

Diese Gedanken waren es, die mir immer wieder Kraft zu meinem Unternehmen verliehen. ||eran|||||||||| It was these thoughts that always gave me strength for my company. Meine Wangen waren bleich geworden und mein Körper der Erschöpfung nahe. ||||||||||a punto de My cheeks had turned pale and my body was on the verge of exhaustion. Manchmal meinte ich, ganz nahe an meinem Ziele verzagen zu müssen. ||||||||despair|| A veces|creía|||||||desesperar de alcanzar|| Sometimes I thought I had to despair very close to my goal. Aber ich klammerte mich an die Hoffnung, daß die nächsten Tage, die nächsten Stunden schon eine Entscheidung bringen würden. But I clung to the hope that the next few days, the next few hours, would bring a decision. Die Freude meines Lebens war das Geheimnis, von dem nur ich allein wußte, und oftmals leuchtete mir der Mond bei meinen mitternächtlichen Arbeiten, die mich bis an die verstecktesten Winkel des Naturschaffens führen sollten. |||||||||||||||||||||||||||||||nature's creation|| The joy of my life was the secret of which only I knew, and often the moon shone for me in my midnight labors, which were to lead me to the most hidden corners of nature's creation. Ich unterlasse es, Ihnen die Greuel meines einsamen Schaffens zu schildern, wie ich im Unrat von Gräbern wühlte und lebende Wesen zu Tode quälte, um toten Staub zu beleben. |omit|||||||||||||rubbish|||||||||||||| |me abstengo de||||||||||||||||||||||||||| I refrain from describing to you the horrors of my solitary labors, how I rummaged in the refuse of graves, and tormented living beings to death in order to give life to dead dust. Heute zittern meine Knie und es flimmert vor meinen Augen, wenn ich an das alles denke. |||rodillas|||parpadea||||||||| Today my knees are shaking and my eyes flicker when I think about it all. Aber damals trieb es mich rastlos, rücksichtslos weiter, so daß ich jeden Sinn für anderes verlor. ||||||desconsideradamente||||||||| But at that time I was driven on restlessly, ruthlessly, so that I lost all sense of anything else. In einem stillen, abgelegenen Zimmer, oder besser gesagt einer Kammer unter dem Dache, von allen übrigen Räumen durch eine Galerie und eine Treppe getrennt, vollbrachte ich mein ekelerregendes Werk. ||||||||||||||||||||||escalera|separado de||||| In a quiet, secluded room, or rather a chamber under the roof, separated from all the other rooms by a gallery and a staircase, I accomplished my disgusting work. Die Augen traten mir aus den Höhlen vor Erregung und Anspannung. ||||||cuencas de los ojos|||| My eyes bulged with excitement and tension. Die Beinhäuser, der Seziersaal und auch die Schlächterwerkstatt lieferten mir mein Material, und oft wandte sich mein Inneres voll Abscheu von dieser Beschäftigung ab, während meine Schöpfung immer mehr ihrer Vollendung entgegeneilte. |bone houses||dissection room|||||||||||||||||||||||||||| |Osarios||sala de disección||||taller de carnicero||||||||||||repugnancia|de|||||||||||se apresuraba hacia The ossuaries, the dissecting room and also the butcher's workshop provided me with my material, and often my inner self turned away from this occupation full of disgust, while my creation rushed more and more towards its completion.

Unterdessen waren die Sommermonate dahingeflossen. Meanwhile, the summer months had flown by. Es war eine herrliche Zeit gewesen und niemals noch hatten die Felder so reich gesegnet dagestanden. |||||||||||||abundantes|| It had been a glorious time and never before had the fields been so richly blessed. Aber meine Augen waren für solche Reize zu jener Zeit völlig unzugänglich. But my eyes were totally impervious to such charms at that time. Und aus demselben Grunde, weshalb ich keine Freude an der Natur mehr hatte, vergaß ich auch der treuen, lieben Menschen, von denen ich so weit entfernt war und die ich schon so lange nicht mehr gesehen hatte. And for the same reason that I no longer enjoyed nature, I also forgot the faithful, dear people from whom I was so far away and whom I had not seen for so long. Ich wußte, daß sie mein Schweigen beunruhigen mußte und erinnerte mich noch recht wohl der Worte meines Vaters: »Wenn du mit dir selbst zufrieden bist, wirst du auch unser in Liebe gedenken und wir werden regelmäßig von dir hören. |||||||||||||||||||||||||||||||recordar con cariño||||||| I knew that my silence must have disturbed her and I still remembered my father's words quite well: "If you are satisfied with yourself, you will also remember us with love and we will hear from you regularly. Du darfst es mir nicht verübeln, wenn ich langes Schweigen deinerseits als einen Beweis dafür ansehe, daß du deine anderen Pflichten in gleicher Weise vernachlässigst.« |||||tomar a mal|||||tu parte||||||||||deberes|||| You mustn't blame me if I take long silences on your part as evidence that you are equally neglectful of your other duties.”

Ich konnte mir also gar nicht im Zweifel darüber sein, was mein Vater von mir denken mußte; aber mein Werk hatte mich, so widerlich es an sich war, dermaßen gepackt, daß ich mich nicht mehr losreißen konnte. |||||||||||||||||||||||||||||atrapado||||||| So I could not be in any doubt as to what my father must think of me; but my work, disgusting as it was in itself, had gripped me so much that I could not tear myself away. Ich wollte deshalb alles, was mit Aufmerksamkeit für andere zusammenhing, hinausschieben, bis der große Wurf gelungen wäre. So I wanted to put off everything that had to do with paying attention to others until the big hit had come off.

Ich zieh meinen Vater damals der Ungerechtigkeit, daß er mir Nachlässigkeit vorwarf; aber heute weiß ich gewiß, daß er recht hatte, wenn er mich nicht von Schuld freisprach. ||||||||||negligence|||||||||||||||||freed |culpo a|||||injusticia||||||||||con certeza||||||||||| At that time I accused my father of the injustice that he accused me of being negligent; but today I know for certain that he was right in not absolving me of guilt. Ein vollkommener Mensch muß sich immer die Seele ruhig und friedvoll erhalten und darf keiner Leidenschaft auch keinem vorübergehenden Begehren gestatten, ihn zu verwirren. |||||||||||||||||||desire|allow||| |||||||||||conservar|||||||||permitir||| A perfect man must always keep his soul calm and peaceful, and must not allow passion or passing desire to disturb him. Ich wage nicht zu behaupten, daß wissenschaftlicher Eifer eine Ausnahme bedinge. ||||||||||condition ||||afirmar|||||| I dare not say that scientific zeal calls for an exception. Wenn das Studium, dem man sich widmet, die Gefühle der Liebe und Dankbarkeit vernichtet und den Sinn für einfache Freuden tötet, dann ist es sicher nicht nützlich für den menschlichen Geist. ||||||||||||Gratitud||||||simples||mata||||||útil|||| If the study one engages in destroys the feelings of love and gratitude, and kills the sense of simple pleasures, then it is certainly not useful to the human spirit. Wenn diese Regel immer beachtet worden wäre, dann wäre Griechenland nicht unterjocht worden, Cäsar hätte sein Vaterland verschont und die alten, mächtigen Reiche in Mexiko und Peru wären nicht untergegangen. |||||||||||subjugated|||||||||||||||||| ||regla||||||||||||||||||||||||||| If this rule had always been observed, Greece would not have been subjugated, Caesar would have spared his fatherland, and the ancient, powerful empires of Mexico and Peru would not have perished.

Aber eben merke ich, daß ich mitten im interessantesten Teil meiner Erzählung zu philosophieren beginne. ||me doy cuenta|||||||||||| But I've just realized that I'm beginning to philosophize in the middle of the most interesting part of my story. Ihre Augen mahnen mich fortzufahren. ||urge||continue Her eyes urge me to continue.

Mein Vater machte mir in seinen Briefen keine Vorwürfe wegen meines Schweigens und bekundete nur dadurch sein Interesse daran, daß er sich eingehender als bisher um meine Studien kümmerte. ||||||||||||||||||||||more thoroughly|||||| |||||||||||||expresó|||||||||más detalladamente|||||| My father never reproached me for my silence in his letters, and only expressed his interest in my studies being taken care of more closely than before. Winter, Frühling und Sommer waren über meiner Arbeit dahingeflossen; aber ich beachtete nicht das Blühen und Sprießen. ||||||||||||||||sprouting Winter, spring and summer had passed over my work; but I paid no attention to the blooming and sprouting. Früher hatten diese Erscheinungen mich stets mit der größten Freude erfüllt, so tief war ich in meine Ideen vergraben. In the past these apparitions had always filled me with the greatest joy, I was so buried in my ideas. Und die Blätter wurden welk, noch ehe mein Werk vollendet dastand; aber jeder Tag ließ mich jetzt einen Fortschritt erkennen. ||||wilt||||||||||||||| And the leaves withered before my work was finished; but every day now I saw progress. Nur war mein Eifer einigermaßen mit Angst gemischt. Only my zeal was somewhat mixed with fear. Ich hatte Gefühle, wie sie ein Sklave hegen muß, der in den Minen zu arbeiten gezwungen wird, nicht aber wie ein Künstler, der sein Lebenswerk schafft. |||||||harbor|||||||||||||||||| |||como|||||debe||||||||||||||||| I felt like a slave forced to work in the mines, but not like an artist creating his life's work. Jede Nacht fieberte ich und wurde entsetzlich nervös; ein Knarren in der Diele ließ mich zusammenfahren und an den Menschen schlich ich vorbei, als hätte ich ein schweres Verbrechen auf dem Gewissen. ||||||||un|crujido|||suelo de madera|||sobresaltarme|||||||||||||||| Every night I had a fever and got terribly nervous; A creaking noise in the hall made me jump and I crept past the people as if I had a serious crime on my conscience. Und wenn ich mich im Spiegel ansah, erschrak ich über mein Aussehen; nur der eiserne Wille hielt mich noch aufrecht, mein Ziel zu erreichen. Nun war es bald zu Ende und ich konnte dann durch körperliche Übungen und Vergnügungen dem drohenden Unheil Einhalt tun; und das versprach ich mir, wenn ich nur erst meine Schöpfung vollendet haben würde. ||||||||||||||||||halt||||||||||||||| |||||||||||||||||||||||||||||||completaría|| Now it was soon over and I was then able to stop the impending disaster through physical exercises and amusements; and I promised myself that, if only I would have completed my creation.