Schicke Ökomode
Schicke Ökomode
Lebensmittel, die ökologisch produziert werden, sind in Deutschland üblich. Anders ist das bei Mode. Sie wird nur von wenigen gekauft. Allerdings steigt die Zahl der sogenannten Labels, die schicke Ökomode herstellen.
Preiswert, aber sehr schick: Diesen Anspruch haben die Kunden und Kundinnen in Deutschland. Und je preiswerter, desto besser. Seit Beginn der 2000er Jahre hat allerdings eine Bewegung an Bedeutung gewonnen, die schicke und zugleich nachhaltig produzierte Kleidung entwirft. Bei der Produktion wird unter anderem auf die Behandlung der Kleidung mit Chemikalien verzichtet und sogenannte Biobaumwolle verwendet, also Baumwolle, die ökologisch angebaut wird. Außerdem wird auf gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung geachtet. In Deutschland gibt es inzwischen mehr als 120 Modemarken, sogenannte Labels, die diese Ökomode herstellen. Zu diesen Labels gehört auch „Recolution“ – das Unternehmen der beiden Hamburger Robert und Jan. Robert erklärt, wie sie beide auf den Namen gekommen sind:
„Das setzt sich zusammen aus ‚Eco‘ und ‚Revolution‘, weil wir versuchen, so 'n bisschen die Moderevolution zu machen, und zwar dahingehend, dass wir halt coole Klamotten produzieren wollen, welche halt aber unter vernünftigen Bedingungen produziert wurden und aus Biobaumwolle bestehen.“
Die beiden Unternehmer wollen – wie es Robert umgangssprachlich formuliert – Klamotten, Kleider, verkaufen, bei denen Wert gelegt wird auf gute, vernünftige, Bedingungen für die Beschäftigten. Außerdem sollen diese Klamotten auch noch modisch sein. In seiner Aussage verwendet Robert zudem oft das Wörtchen halt. Diese sogenannte Abtönungspartikel hat keine Bedeutung im engeren Sinne, sondern unterstreicht die Aussage des Satzes. Wie kommt man denn darauf, unbedingt ein Öko-Modelabel zu gründen?
„Was Selbstständiges machen wollten wir eigentlich schon immer. Der konkrete Anlass, das Label mit der Mode zu machen, war einfach, dass wir sagten halt: Mode ist 'n tolles Ausdrucksmedium halt von jedem Individualisten. Und gerade da ist halt 'n Bereich, wo es wirklich sehr, sehr miserable Bedingungen gibt weltweit.“
Für Robert und Jan stand schon immer fest, dass sie sich mit einem eigenen Unternehmen selbstständig machen wollten. Und Mode ist seiner Meinung nach etwas, mit dem jeder Mensch seine Persönlichkeit zeigt, ein Ausdrucksmedium. Allerdings wird die meiste Kleidung – wie Robert sagt – unter schlechten, miserablen, Bedingungen hergestellt. So werden für das Färben von herkömmlicher Kleidung große Mengen von Chemikalien verwendet. Die Färbereien leiten die giftigen Abwässer in den nächsten Kanal. Hinzu kommen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken: Näherinnen arbeiten für einen sehr geringen Stundenlohn und ohne soziale Absicherung durch eine Kranken-, Arbeitslosen- oder Rentenversicherung. Kinderarbeit ist nicht selten. Darüber hinaus zerstören Düngemittel und Pestizide die Böden und die Gesundheit der Bauern. Für viele Kunden vor allem in westlichen Ländern sind das alles Gründe, lieber sogenannte fair gehandelte Kleidung aus Bio-Baumwolle zu kaufen – wie Nadine, die auf einer Messe gerade einen Pullover der Firma „Recolution“ anprobiert:
„Ich hab keinen Bock auf Klamotten, die irgendwo im Ausland von Kindern gefertigt werden, die nach fünfmal Waschen irgendwie aus'nanderfallen.“
Nadine hat keinen Bock auf billige Kleidung. Sie hat keine Lust darauf, sie zu kaufen. Denn diese Kleidung geht nach mehrmaligem Waschen kaputt, sie fällt – umgangssprachlich gesprochen – auseinander, die Nähte lösen sich auf, im dünnen Stoff bilden sich Löcher. Vor allem aber stört es Nadine, dass Kleidung oft auch von Kindern produziert wird. Anders ist das bei Ökomode. Unterschiedliche Warenzeichen, sogenannte Siegel, garantieren, dass Bio-Richtlinien und soziale Mindeststandards eingehalten werden. Eines dieser Siegel ist zum Beispiel der „Global Organic Textile Standard“, kurz GOTS. Tragen Label dieses Siegel, ist sichergestellt, dass mindestens 70 Prozent der verwendeten Baumwolle biologisch angebaut wurde, dass Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Misshandlung verboten sind und dass die Arbeiter einen gerechten Lohn erhalten. Schnäppchenpreise, wie bei konventionell produzierter Kleidung, sind so natürlich nicht möglich – faire Kleidung hat ihren Preis. Dafür wissen Kunden wie Nadine aber auch die bessere Qualität zu schätzen:
„Also, ich bin auch bereit dazu, irgendwo mehr Geld auszugeben. Weil ich einfach weiß: Die Sachen sind organisch, ich hab keine Chemie am Leib. Macht für mich definitiv 'n Unterschied aus.“
Nadine ist gern bereit, mehr Geld für Ökomode auszugeben. Denn sie weiß, dass die Kleidung organisch, also ohne giftige Chemikalien, ist. Sie trägt somit – wie sie es bildlich ausdrückt – keine Chemie am Körper. Dennoch: „grüne“ Mode ist noch ein Nischenbereich. „Recolution“-Geschäftsführer Robert aber ist zuversichtlich:
„Es ist halt im Kommen. Also im Bereich von Lebensmitteln ist es eigentlich schon gang und gäbe. Man kriegt auch Bio-Fair-Trade-Kaffee et cetera alles schon beim Discounter. Das ist schon 'n Massenprodukt. Und ich glaube, dass der nächste Trend im Modebereich sein wird, dass [es] doch extrem viele junge Leute gibt, die sich dafür interessieren, die da auch 'n Gespür für entwickelt haben, dass 'n Umdenken stattfindet.“
Der Unternehmer ist sich sicher, dass Ökomode irgendwann vielleicht auch bei Discountern, Supermärkten, die sehr günstige Produkte verkaufen, zu finden sein könnte. Denn bei Lebensmitteln wie Kaffee, die das Siegel Fair-Trade tragen, sei es bereits üblich, gang und gäbe, dass man sie auch in Discountgeschäften finde. Der Ökogedanke setze sich vor allem bei jungen Menschen immer mehr fest. Er ist – wie es Robert umgangssprachlich formuliert – im Kommen. Denn junge Menschen fühlen, sie haben ein Gespür dafür entwickelt, dass man in Industriestaaten auf Dauer nicht auf Kosten anderer Menschen und der Natur leben sollte.