Waschen, schleudern, trocknen: ein Besuch im Waschsalon
Waschen, schleudern, trocknen: ein Besuch im Waschsalon
Waschsalons findet man vor allem in Großstädten. Obwohl eine Waschmaschine in den meisten deutschen Haushalten zur Grundausstattung gehört, gibt es Menschen, die hier ihre schmutzige Wäsche waschen.
Mit einem Salon, einem repräsentativen Gesellschafts-, Empfangs- und Aufenthaltsraum, hat ein Waschsalon eher weniger gemein. Aber Waschsalon klingt besser als „Waschsaal“. In Deutschland entstanden die ersten Waschsalons Ende der 1950er Jahre. Damals besaßen im Vergleich zu heute nur sehr wenige Menschen eine eigene Waschmaschine. Die erste Waschmaschine, bei der alle Waschgänge – Vorwäsche, Hauptwäsche, Spülgang und Schleudern – vollautomatisch abliefen, kam in Deutschland 1951 auf den Markt. Sie war sehr teuer, und nur wenige Familien konnten sich eine leisten. Die meisten Hausfrauen mussten die Wäsche noch mit der Hand waschen oder gaben sie in eine Wäscherei. Aber warum geht man heutzutage in einen Waschsalon, wo doch etwa 94 Prozent aller Haushalte in Deutschland eine Waschmaschine besitzen? Die Gründe sind unterschiedlich:
„Erstens hab ich kein Geld, um mir ‘ne Waschmaschine zu kaufen, und ich will mir auch nicht unbedingt ‘n gebrauchtes Ding kaufen, und ich hab ehrlich gesagt auch gar keinen Platz. Ich wohn in ‘ner superkleinen Neubau-Zwei-Zimmer-Wohnung, und mein Bad ist so winzig, meine Küche ist so, wenn da drei Leute drin stehen, dann ist [es] voll. / Ich bin der typische Junggesellen-Waschsalonbenutzer, der hier so zweimal im Monat seine Wäsche wäscht. Das heißt, ich kann es ganz lange ansammeln. Dann geh' ich hierher mit ganz viel Wäsche, dann ist das in ‘ner halben Stunde fertig, und es geht nicht andauernd nebenbei. / Eigentlich gehe ich ganz gern in den Waschsalon. Man trifft so oft noch mal andere Leute und kommt so ‘n bisschen raus aus dem üblichen Alltag.“
Drei Personen, drei Gründe, um seine schmutzige Wäsche außerhalb der eigenen vier Wände zu waschen: egal, ob man ein Platzproblem hat, ein alleinstehender Mann, ein Junggeselle, ist, der nur gelegentlich, so nebenbei, seine Wäsche reinigt, oder jemand, der einen Waschsalon als einen sozialen Treffpunkt sieht. Allerdings funktioniert hier alles fast so wie daheim, wenn man waschen will. Fast, denn man muss bezahlen. Waschpulver kann man von daheim mitbringen oder auch vor Ort kaufen. Bevor es losgeht, muss die Wäsche sortiert werden. Jede und jeder hat sein eigenes Ordnungssystem oder vielleicht auch nicht:
„Das Ordnungsprinzip ist: Pullover, keine Pullover, und die Sachen sind schon so oft gewaschen, dass sie eigentlich gar nicht mehr eingehen können. / Was mir hier wieder auffällt, ist typisch ‚Mann‘ und ‚Frau‘ im Waschsalon. Ich: natürlich ordentlich sortiert, farblich, kein weißes Hemd zwischen schwarzer Wäsche. Und auf der anderen Seite, was seh' ich: alles gemixt, ganz egal, welcher Stoff, welche Farbe, interessiert überhaupt gar nicht. Hauptsache, es wird gewaschen.“
Beim Wäschewaschen ist einiges zu beachten: Die Wäsche sollte farblich sortiert gewaschen werden. Denn weiße oder helle Wäsche könnte sonst einen sogenannten „Grauschleier“ bekommen, also schmutziggrau aussehen, oder sich gar ganz verfärben. Auch auf die Faser muss geachtet werden. Handelt es sich um eine Kunstfaser, Seide oder gar Wolle? Wollpullover zum Beispiel können eingehen, ihre Größe verringern, und verfilzen, wenn sie mit einer zu hohen Temperatur gewaschen werden. Wer in einen Waschsalon geht, darf vor etwas keine Angst haben: seine schmutzige Wäsche den Augen anderer auszusetzen. Aber aufgepasst: Man kann auch im übertragenen Sinne schmutzige Wäsche waschen. Das bedeutet dann, dass man in aller Öffentlichkeit über die Fehler oder schlimmen Geheimnisse einer anderen Person redet. So etwas sollte man im Waschsalon lieber vermeiden. Stattdessen heißt es: die Wäsche sortieren und in der Waschmaschine verstauen, die richtige Temperatur und das passende Waschprogramm wählen, die Maschine starten und das tun, worauf die Wenigsten Lust haben:
„Das Nervendste daran ist immer die Zeit dazwischen, das Warten, ‘ne halbe Stunde. Was mach' ich? Ich telefoniere, oder ich warte einfach nur und langweile mich, schaue auf die sich drehende Wäsche.“
Wer die Zeit nicht für eine kurze Besorgung nutzen will, setzt sich hin, liest, spielt mit seinem Smartphone, telefoniert oder schaut einfach nur der Wäsche zu, wie sich in der Waschtrommel dreht. Manche finden das entspannend, andere wiederum nervig, oder wie die junge Frau nicht ganz richtig sagt, „nervend“, äußerst unangenehm und lästig. Dass in einer Waschmaschine nicht immer nur schmutzige Wäsche landet, weiß diese Mitarbeiterin eines Berliner Waschsalons zu berichten:
„Es hat schon öfter mal was Lustiges gegeben, zum Beispiel, dass jemand seinen Fotoapparat mitgewaschen hat, der dann hinüber war anschließend. Das passiert aber überwiegend doch den Touristen, die nach Berlin kommen. Das passiert allerdings auch anderen, weil sie schusselig sind und ihre Taschen nicht leeren. Ich habe schon diverses Besteck gefunden in den Maschinen, ich habe auch schon Scheren und ähnliches Handwerkszeug wie Schraubenzieher, Zangen in den Waschmaschinen gefunden. Das lässt sich alles da drin finden.“
Wer nicht aufpasst, nachlässig, schusselig, ist, kann schon mal übersehen, dass zwischen der schmutzigen Wäsche noch Gegenstände sind, die beim Kontakt mit Wasser kaputtgehen könnten, hinüber wären. Wirtschaftlich betreiben lässt sich ein Waschsalon nur, wenn er genug Kundinnen und Kunden hat – und das ist meist nur in Großstädten der Fall, wo Singles und Studentinnen und Studenten leben. Die Preise für eine Ladung Wäsche schwankt je nach Stadt und Standort. Bei einer Kette, die mehrere Waschsalons betreibt, kann der Preis für eine Maschine Wäsche zwischen 1,90 Euro und 3,50 Euro betragen, woanders kann es etwas teurer sein. Das gilt auch für die Trockner. Wer seine Wäsche nicht selbst waschen, falten und bügeln will, kann in dem einen oder anderen Waschsalon sogar ein entsprechendes Dienstleistungsangebot annehmen. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, haben manche Betreiber ihr Angebot noch weiter ausgebaut: Sie sind beispielsweise Annahmestelle für Textilien, die nur chemisch gereinigt werden dürfen, und für Schuhreparaturen, oder sie bieten einen Schlüsseldienst an. Möglicherweise könnte das, was dieser Mitarbeiter eines Waschsalons in Berlin erzählt, noch eine Marktlücke sein:
„‘n Waschsalon ist auch ‘n guter Treffpunkt für Leute. Also in den vier Jahren haben sich schon zwei Paare hier getraut. Die haben sich hier kennengelernt und haben geheiratet. Wär' nun vielleicht ‘n Gag gewesen, wenn sie hier auch drin geheiratet hätten.“