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Grimms Märchen, Brüderchen und Schwesterchen

Brüderchen und Schwesterchen

Brüderchen und Schwesterchen

Brüderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und sprach »seit die Mutter tot ist, haben wir keine gute Stunde mehr; die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch gehts besser: dem wirft sie doch 58 manchmal einen guten Bissen zu. Daß Gott erbarm, wenn das unsere Mutter wüßte! Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt gehen.« Sie gingen den ganzen Tag über Wiesen, Felder und Steine, und wenn es regnete, sprach das Schwesterchen »Gott und unsere Herzen, die weinen zusammen!« Abends kamen sie in einen großen Wald und waren so müde von Jammer, Hunger und dem langen Weg, daß sie sich in einen hohlen Baum setzten und einschliefen. Am andern Morgen, als sie aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien heiß in den Baum hinein. Da sprach das Brüderchen »Schwesterchen, mich dürstet, wenn ich ein Brünnlein wüßte, ich ging und tränk einmal; ich mein, ich hört eins rauschen.« Brüderchen stand auf, nahm Schwesterchen an der Hand, und sie wollten das Brünnlein suchen. Die böse Stiefmutter aber war eine Hexe und hatte wohl gesehen, wie die beiden Kinder fortgegangen waren, war ihnen nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen schleichen, und hatte alle Brunnen im Walde verwünscht. Als sie nun ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang, wollte das Brüderchen daraus trinken: aber das Schwesterchen hörte, wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Tiger, wer aus mir trinkt, wird ein Tiger.« Da rief das Schwesterchen »ich bitte dich, Brüderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier und zerreißest mich.« Das Brüderchen trank nicht, ob es gleich so großen Durst hatte, und sprach »ich will warten bis zur nächsten Quelle.« Als sie zum zweiten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterchen, wie auch dieses sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Wolf, wer aus mir trinkt, wird ein Wolf!« Da rief das Schwesterchen »Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Wolf und frissest mich.« Das Brüderchen trank nicht, und sprach »ich will warten, bis wir zur nächsten Quelle kommen, aber dann muß ich trinken, du magst sagen, was du willst: mein Durst ist gar zu groß.« Und als sie zum dritten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Reh, wer aus mir trinkt, wird ein Reh.« Das Schwe- 59 sterchen sprach »ach Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und läufst mir fort.« Aber das Brüderchen hatte sich gleich beim Brünnlein niedergeknieet, hinabgebeugt und von dem Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine Lippen gekommen waren, lag es da als ein Rehkälbchen. Nun weinte das Schwesterchen über das arme verwünschte Brüderchen, und das Rehchen weinte auch und saß so traurig neben ihm. Da sprach das Mädchen endlich »sei still, liebes Rehchen, ich will dich ja nimmermehr verlassen.« Dann band es sein goldenes Strumpfband ab und tat es dem Rehchen um den Hals, und rupfte Binsen und flocht ein weiches Seil daraus. Daran band es das Tierchen und führte es weiter, und ging immer tiefer in den Wald hinein. Und als sie lange lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein kleines Haus, und das Mädchen schaute hinein, und weil es leer war, dachte es »hier können wir bleiben und wohnen.« Da suchte es dem Rehchen Laub und Moos zu einem weichen Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte sich Wurzeln, Beeren und Nüsse, und für das Rehchen brachte es zartes Gras mit, das fraß es ihm aus der Hand, war vergnügt und spielte vor ihm herum. Abends, wenn Schwesterchen müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. Und hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen. Das dauerte eine Zeitlang, daß sie so allein in der Wildnis waren. Es trug sich aber zu, daß der König des Landes eine große Jagd in dem Wald hielt. Da schallte das Hörnerblasen, Hundegebell und das lustige Geschrei der Jäger durch die Bäume, und das Rehlein hörte es und wäre gar zu gerne dabei gewesen. »Ach,« sprach es zum Schwesterlein, »laß mich hinaus in die Jagd, ich kanns nicht länger mehr aushalten,« und bat so lange, bis es einwilligte. »Aber,« sprach es zu ihm, »komm mir ja abends wieder, vor den wilden Jägern schließ ich mein Türlein; und damit ich dich kenne, so klopf und 60 sprich: mein Schwesterlein, laß mich herein; und wenn du nicht so sprichst, so schließ ich mein Türlein nicht auf.« Nun sprang das Rehchen hinaus, und war ihm so wohl und war so lustig in freier Luft. Der König und seine Jäger sahen das schöne Tier und setzten ihm nach, aber sie konnten es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie hätten es gewiß, da sprang es über das Gebüsch weg und war verschwunden. Als es dunkel ward, lief es zu dem Häuschen, klopfte und sprach »mein Schwesterlein, laß mich herein.« Da ward ihm die kleine Tür aufgetan, es sprang hinein und ruhete sich die ganze Nacht auf seinem weichen Lager aus. Am andern Morgen ging die Jagd von neuem an, und als das Rehlein wieder das Hifthorn hörte und das ho, ho! der Jäger, da hatte es keine Ruhe und sprach »Schwesterchen, mach mir auf, ich muß hinaus.« Das Schwesterchen öffnete ihm die Türe und sprach »aber zu Abend mußt du wieder da sein und dein Sprüchlein sagen.« Als der König und seine Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und behend. Das währte den ganzen Tag, endlich aber hatten es die Jäger abends umzingelt, und einer verwundete es ein wenig am Fuß, so daß es hinken mußte und langsam fortlief. Da schlich ihm ein Jäger nach bis zu dem Häuschen und hörte, wie es rief »mein Schwesterlein, laß mich herein,« und sah, daß die Tür ihm aufgetan und alsbald wieder zugeschlossen ward. Der Jäger behielt das alles wohl im Sinn, ging zum König und erzählte ihm, was er gesehen und gehört hatte. Da sprach der König »morgen soll noch einmal gejagt werden.« Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah, daß sein Rehkälbchen verwundet war. Es wusch ihm das Blut ab, legte Kräuter auf und sprach »geh auf dein Lager, lieb Rehchen, daß du wieder heil wirst.« Die Wunde aber war so gering, daß das Rehchen am Morgen nichts mehr davon spürte. Und als es die Jagdlust wieder draußen hörte, sprach es »ich kanns nicht aushalten, ich muß dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.« Das Schwesterchen weinte und sprach »nun 61 werden sie dich töten, und ich bin hier allein im Wald und bin verlassen von aller Welt: ich laß dich nicht hinaus.« »So sterb ich dir hier vor Betrübnis,« antwortete das Rehchen, »wenn ich das Hifthorn höre, so mein ich, ich müßt aus den Schuhen springen!« Da konnte das Schwesterchen nicht anders und schloß ihm mit schwerem Herzen die Tür auf, und das Rehchen sprang gesund und fröhlich in den Wald. Als es der Kö- nig erblickte, sprach er zu seinen Jägern »nun jagt ihm nach den ganzen Tag bis in die Nacht, aber daß ihm keiner etwas zuleide tut.« Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der König zum Jäger »nun komm und zeige mir das Waldhäuschen.« Und als er vor dem Türlein war, klopfte er an und rief »lieb Schwesterlein, laß mich herein.« Da ging die Tür auf, und der König trat herein, und da stand ein Mädchen, das war so schön, wie er noch keins gesehen hatte. Das Mädchen erschrak, als es sah, daß nicht das Rehlein, sondern ein Mann hereinkam, der eine goldene Krone auf dem Haupt hatte. Aber der König sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach »willst du mit mir gehen auf mein Schloß und meine liebe Frau sein?« »Ach ja,« antwortete das Mädchen, »aber das Rehchen muß auch mit, das verlaß ich nicht.« Sprach der König »es soll bei dir bleiben, so lange du lebst, und soll ihm an nichts fehlen.« Indem kam es hereingesprungen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus dem Waldhäuschen fort. Der König nahm das schöne Mädchen auf sein Pferd und führte es in sein Schloß, wo die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert wurde, und war es nun die Frau Königin, und lebten sie lange Zeit vergnügt zusammen; das Rehlein ward gehegt und gepflegt und sprang in dem Schloßgarten herum. Die böse Stiefmutter aber, um derentwillen die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die meinte nicht anders, als Schwesterchen wäre von den wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein Rehkalb von den Jägern totgeschossen. Als sie nun hörte, daß sie so glücklich waren und es ihnen so wohl ging, da wurden Neid und Mißgunst in ihrem Herzen 62 rege und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte. Ihre rechte Tochter, die häßlich war wie die Nacht und nur ein Auge hatte, die machte ihr Vorwürfe und sprach »eine Königin zu werden, das Glück hätte mir gebührt.« »Sei nur still,« sagte die Alte und sprach sie zufrieden, »wenns Zeit ist, will ich schon bei der Hand sein.« Als nun die Zeit herangerückt war, und die Königin ein schönes Knäblein zur Welt gebracht hatte, und der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken »kommt, das Bad ist fertig, das wird Euch wohltun und frische Kräfte geben: geschwind, eh es kalt wird.« Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie trugen die schwache Königin in die Badstube und legten sie in die Wanne: dann schlossen sie die Tür ab und liefen davon. In der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte. Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wiedergeben. Damit es aber der König nicht merkte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als er heimkam und hörte, daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen, was sie machte. Da rief die Alte geschwind »beileibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen und muß Ruhe haben.« Der König ging zurück und wußte nicht, daß eine falsche Königin im Bette lag. Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß und allein noch wachte, wie die Türe aufging, und die rechte Königin hereintrat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kißchen, legte es wieder hinein und deckte es mit dem 63 Deckbettchen zu. Sie vergaß aber auch das Rehchen nicht, ging in die Ecke, wo es lag, und streichelte ihm über den Rü- cken. Darauf ging sie ganz stillschweigend wieder zur Türe hinaus, und die Kinderfrau fragte am anderen Morgen die Wächter, ob jemand während der Nacht ins Schloß gegangen wäre, aber sie antworteten »nein, wir haben niemand gesehen.« So kam sie viele Nächte und sprach niemals ein Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie getraute sich nicht, jemand etwas davon zu sagen. Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die Königin in der Nacht an zu reden und sprach »was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.« Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder verschwunden war, ging sie zum König und erzählte ihm alles. Sprach der König »ach Gott, was ist das! ich will in der nächsten Nacht bei dem Kinde wachen.« Abends ging er in die Kinderstube, aber um Mitternacht erschien die Königin wieder und sprach »was macht mein Kind, was macht mein Reh? Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.« Und pflegte dann des Kindes, wie sie gewöhnlich tat, ehe sie verschwand. Der König getraute sich nicht, sie anzureden, aber er wachte auch in der folgenden Nacht. Sie sprach abermals

»was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.« Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach »du kannst niemand anders sein als meine liebe Frau.« Da antwortete sie »ja, ich bin deine liebe Frau,« und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wiedererhalten, war frisch, rot und gesund. Darauf erzählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre Tochter an ihr verübt hatten. Der König ließ beide vor Gericht führen, und es ward ihnen das Urteil gesprochen. Die Tochter ward in den Wald geführt, wo sie die wilden Tiere zerrissen, die Hexe 64 aber ward ins Feuer gelegt und mußte jammervoll verbrennen. Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte sich das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder; Schwesterchen und Brüderchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende.

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Brüderchen und Schwesterchen Little brother and sister Hermanito y hermanita 弟と妹 Младший брат и младшая сестра

Brüderchen und Schwesterchen

Brüderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und sprach »seit die Mutter tot ist, haben wir keine gute Stunde mehr; die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. ||||||||||||||||||||||||||||||||kicks|||||| Brotherchen took his little sister by the hand and said, "Since the mother died, we have not had another good hour; the stepmother beats us every day, and when we come to her, she pushes us away with her feet. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch gehts besser: dem wirft sie doch 58 manchmal einen guten Bissen zu. |hard|bread crusts||remaining||||||||||||||throws||||||bite| The hard crusts of bread that are left are our food, and the little dog under the table is better: sometimes she eats a good bite. Daß Gott erbarm, wenn das unsere Mutter wüßte! ||have mercy|||||knew God have mercy, if our mother knew! Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt gehen.« Sie gingen den ganzen Tag über Wiesen, Felder und Steine, und wenn es regnete, sprach das Schwesterchen »Gott und unsere Herzen, die weinen zusammen!« Abends kamen sie in einen großen Wald und waren so müde von Jammer, Hunger und dem langen Weg, daß sie sich in einen hohlen Baum setzten und einschliefen. |||||||||||||||meadows|fields|||||||||||||||||||||||||||||sorrow|||||||||||hollow|||| Come on, let's go out into the wide world together. "They walked through meadows, fields, and rocks all day, and when it rained, the little sister said," God and our hearts crying together! "In the evening they came into a large forest and were so tired of misery, hunger and the long journey that they sat down in a hollow tree and fell asleep. Am andern Morgen, als sie aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien heiß in den Baum hinein. The next morning, when they woke up, the sun was already high in the sky, shining hotly into the tree. Da sprach das Brüderchen »Schwesterchen, mich dürstet, wenn ich ein Brünnlein wüßte, ich ging und tränk einmal; ich mein, ich hört eins rauschen.« Brüderchen stand auf, nahm Schwesterchen an der Hand, und sie wollten das Brünnlein suchen. ||||||thirsts||||little spring|||||||||me|hear||rustle|||||||||||||little spring| Die böse Stiefmutter aber war eine Hexe und hatte wohl gesehen, wie die beiden Kinder fortgegangen waren, war ihnen nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen schleichen, und hatte alle Brunnen im Walde verwünscht. |||||||||||||||gone||||sneaked after|secretly||||sneak||||wells|||cursed The wicked stepmother, however, was a witch, and she must have seen how the two children had gone away, followed them, secretly, as the witches sneak, and had cursed all the fountains in the forest. Als sie nun ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang, wollte das Brüderchen daraus trinken: aber das Schwesterchen hörte, wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Tiger, wer aus mir trinkt, wird ein Tiger.« Da rief das Schwesterchen »ich bitte dich, Brüderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier und zerreißest mich.« Das Brüderchen trank nicht, ob es gleich so großen Durst hatte, und sprach »ich will warten bis zur nächsten Quelle.« Als sie zum zweiten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterchen, wie auch dieses sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Wolf, wer aus mir trinkt, wird ein Wolf!« Da rief das Schwesterchen »Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Wolf und frissest mich.« Das Brüderchen trank nicht, und sprach »ich will warten, bis wir zur nächsten Quelle kommen, aber dann muß ich trinken, du magst sagen, was du willst: mein Durst ist gar zu groß.« Und als sie zum dritten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Reh, wer aus mir trinkt, wird ein Reh.« Das Schwe- 59 sterchen sprach »ach Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und läufst mir fort.« Aber das Brüderchen hatte sich gleich beim Brünnlein niedergeknieet, hinabgebeugt und von dem Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine Lippen gekommen waren, lag es da als ein Rehkälbchen. ||||||||sparkling||||||||from it|||||||||rushing||||||||||||||||||||||||||otherwise|||||||||||||if|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||otherwise||||wolf||||||drank||||||||||||||then|||||||||||||||||||||||||||||||||||||deer|||||||||||||||||||otherwise||||||||||||||||||bent down|||||||||||||||||||||fawn When they found a little boy, who jumped so glittering over the stones, the brother wanted to drink from it: but the little sister heard, as it said in the rush, "Whoever drinks from me becomes a tiger, whoever drinks from me becomes a tiger. "Then the little sister called" I beg you, little brother, do not drink, or you will become a wild animal and tear me. "The little brother did not drink, if he was so thirsty, and said," I will wait until the next spring. "When they came to the second little Briinlein, the little sister heard, as this also said, 'Whoever drinks from me becomes a wolf, whoever drinks from me becomes a wolf!' Then the little sister exclaimed, 'Brother, I beg you, do not drink, otherwise you will become a wolf and eat me. "The little brother did not drink, and said," I want to wait until we get to the next spring, but then I have to drink, you may say what you want: my thirst is too great. "And when they came to the third little brunch, the nurse heard, as it said in the murmur, "whoever drinks from me becomes a deer; he who drinks from me becomes a deer." The swine said, "Oh, little brother, please, do not drink, or you will die Deer and run away from me. "But the little brother had knelt down by the little brunch, had bent down and drunk from the water, and when the first drops had reached his lips, it lay there as a venison. Nun weinte das Schwesterchen über das arme verwünschte Brüderchen, und das Rehchen weinte auch und saß so traurig neben ihm. |||||||||||little deer|||||||| Now the little sister was crying over the poor cursed little brother, and the rechening also cried and sat beside him so sadly. Da sprach das Mädchen endlich »sei still, liebes Rehchen, ich will dich ja nimmermehr verlassen.« Dann band es sein goldenes Strumpfband ab und tat es dem Rehchen um den Hals, und rupfte Binsen und flocht ein weiches Seil daraus. |||||||||||||||||||||||||||||neck||pulled|rushes||braided||soft|rope|from it Then the girl said at last, "Be quiet, dear Rehobin, I will never leave you again." Then she untied his golden garter and put it around the neck of the buckskin, and plucked rushes and braided a soft rope out of it. Daran band es das Tierchen und führte es weiter, und ging immer tiefer in den Wald hinein. There||||||led|||||||||| Then the animal tied it and led it on, and went deeper and deeper into the forest. Und als sie lange lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein kleines Haus, und das Mädchen schaute hinein, und weil es leer war, dachte es »hier können wir bleiben und wohnen.« Da suchte es dem Rehchen Laub und Moos zu einem weichen Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte sich Wurzeln, Beeren und Nüsse, und für das Rehchen brachte es zartes Gras mit, das fraß es ihm aus der Hand, war vergnügt und spielte vor ihm herum. |||||||||||||||||||||||||||||||||||||leaf||||||||||||||||||||||||||tender|||||||||||happy||||| And when they had walked for a long time, they finally came to a little house, and the girl looked inside, and because it was empty, she thought, "We can stay and live here." So she looked for leaves and moss for the little deer to make a soft bed, and every morning she went out and gathered roots, berries and nuts, and she brought tender grass for the little deer, which she ate out of his hand, and was happy and played around in front of him. Abends, wenn Schwesterchen müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. ||||||||||||||||||fawn|||||||gently| In the evening, when Sister was tired and had said his prayer, he laid his head on the back of the little Rehkälbchen, that was his pillow, then it fell asleep gently. Und hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen. ||||||human||||||wonderful|| And if the little brother had only had his human form, it would have been a wonderful life. Das dauerte eine Zeitlang, daß sie so allein in der Wildnis waren. It took a while for them to be so alone in the wilderness. Es trug sich aber zu, daß der König des Landes eine große Jagd in dem Wald hielt. |took||||||||||||||| It happened, however, that the king of the country held a great hunt in the forest. Da schallte das Hörnerblasen, Hundegebell und das lustige Geschrei der Jäger durch die Bäume, und das Rehlein hörte es und wäre gar zu gerne dabei gewesen. |sounded||horn blowing|dog barking||||||||||||||||||||there| The sound of the horns, the barking of the dogs, and the funny yelling of the hunters sounded through the trees, and the deer heard it and would gladly have been there. »Ach,« sprach es zum Schwesterlein, »laß mich hinaus in die Jagd, ich kanns nicht länger mehr aushalten,« und bat so lange, bis es einwilligte. ||||||||||||||||hold out||begged|||||agreed "Oh," said the little sister, "let me go out into the hunt, I can not stand it any longer," and asked until it agreed. »Aber,« sprach es zu ihm, »komm mir ja abends wieder, vor den wilden Jägern schließ ich mein Türlein; und damit ich dich kenne, so klopf und 60 sprich: mein Schwesterlein, laß mich herein; und wenn du nicht so sprichst, so schließ ich mein Türlein nicht auf.« Nun sprang das Rehchen hinaus, und war ihm so wohl und war so lustig in freier Luft. ||||||||||||||close|||little door||so that|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| "But," said it to him, "come back to me in the evening, I shut my door in front of the wild hunters; and so that I may know you, knock and say: my sister, let me in; and if you do not speak like that, I will not unlock my door. "Now the reindeer jumped out, and he was so well, and was so happy in the open air. Der König und seine Jäger sahen das schöne Tier und setzten ihm nach, aber sie konnten es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie hätten es gewiß, da sprang es über das Gebüsch weg und war verschwunden. |||||||||||him|||||||||||||||surely||||||bush|||| The king and his hunters saw the beautiful animal and put it after him, but they could not catch it up, and if they thought they knew it, it would jump over the bushes and disappear. Als es dunkel ward, lief es zu dem Häuschen, klopfte und sprach »mein Schwesterlein, laß mich herein.« Da ward ihm die kleine Tür aufgetan, es sprang hinein und ruhete sich die ganze Nacht auf seinem weichen Lager aus. ||||||||little house|||||||||||||||opened|||||rested||||||||| When it was dark, he ran to the little house, knocked, and said, "My little sister, let me in." Then the little door was opened for him, it jumped in and rested all night on his soft bed. Am andern Morgen ging die Jagd von neuem an, und als das Rehlein wieder das Hifthorn hörte und das ho, ho! |||||||new||||||||hunting horn|||the|ho| The next morning the hunt began anew, and when the little deer heard the bugle again and the ho, ho! der Jäger, da hatte es keine Ruhe und sprach »Schwesterchen, mach mir auf, ich muß hinaus.« Das Schwesterchen öffnete ihm die Türe und sprach »aber zu Abend mußt du wieder da sein und dein Sprüchlein sagen.« Als der König und seine Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und behend. |hunter|||||peace||||||||||||||||||||||||||||little saying|||||||||||||necklace|||hunted||||||||||||quickly and nimbly The little sister opened the door for him and said, "But you must be back by evening and say your little saying." When the king and his hunters saw the little deer with the golden collar again, they all chased after him, but he was too quick and agile for them. Das währte den ganzen Tag, endlich aber hatten es die Jäger abends umzingelt, und einer verwundete es ein wenig am Fuß, so daß es hinken mußte und langsam fortlief. |lasted|||||||||||surrounded|||wounded|||||||||limp|||slowly|ran away Da schlich ihm ein Jäger nach bis zu dem Häuschen und hörte, wie es rief »mein Schwesterlein, laß mich herein,« und sah, daß die Tür ihm aufgetan und alsbald wieder zugeschlossen ward. |sneaked|||||||||||||||||||||||||opened||at once||closed| Der Jäger behielt das alles wohl im Sinn, ging zum König und erzählte ihm, was er gesehen und gehört hatte. ||kept|||||mind|||||||||||| Da sprach der König »morgen soll noch einmal gejagt werden.« Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah, daß sein Rehkälbchen verwundet war. ||||||||hunted||||||||||||fawn|wounded| Es wusch ihm das Blut ab, legte Kräuter auf und sprach »geh auf dein Lager, lieb Rehchen, daß du wieder heil wirst.« Die Wunde aber war so gering, daß das Rehchen am Morgen nichts mehr davon spürte. |washed||||||herbs|||||||||||||healed||||but|||small||||||||of it|felt He washed off the blood, applied herbs and said, "Go to your bed, dear little deer, that you may be healed again." But the wound was so slight that the little deer felt nothing of it in the morning. Und als es die Jagdlust wieder draußen hörte, sprach es »ich kanns nicht aushalten, ich muß dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.« Das Schwesterchen weinte und sprach »nun 61 werden sie dich töten, und ich bin hier allein im Wald und bin verlassen von aller Welt: ich laß dich nicht hinaus.« »So sterb ich dir hier vor Betrübnis,« antwortete das Rehchen, »wenn ich das Hifthorn höre, so mein ich, ich müßt aus den Schuhen springen!« Da konnte das Schwesterchen nicht anders und schloß ihm mit schwerem Herzen die Tür auf, und das Rehchen sprang gesund und fröhlich in den Wald. |than|||hunting desire||||||||||||there||||||none|get||||||||||||||||||||||||||||out||die|||||sadness|||||||hunting horn|hear|||||must|||shoes|||||||||||||||||||||||||| And when she heard the hunt outside again, she said, "I can't stand it, I must be there; no one shall catch me so soon." The little sister cried and said, "Now they will kill you, and I am alone here in the forest and am abandoned by all the world: I will not let you go out. "I'll die of sorrow here," answered the little deer, "when I hear the bugle, I think I'll have to jump out of my shoes!" The little sister could not help it, and with a heavy heart she unlocked the door for him, and the little deer jumped into the forest, healthy and happy. Als es der Kö- nig erblickte, sprach er zu seinen Jägern »nun jagt ihm nach den ganzen Tag bis in die Nacht, aber daß ihm keiner etwas zuleide tut.« Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der König zum Jäger »nun komm und zeige mir das Waldhäuschen.« Und als er vor dem Türlein war, klopfte er an und rief »lieb Schwesterlein, laß mich herein.« Da ging die Tür auf, und der König trat herein, und da stand ein Mädchen, das war so schön, wie er noch keins gesehen hatte. ||||king||||||||hunt|||||||in|||||||something|to harm|||||gone down||||||||||show|||forest cottage|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| Das Mädchen erschrak, als es sah, daß nicht das Rehlein, sondern ein Mann hereinkam, der eine goldene Krone auf dem Haupt hatte. Aber der König sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach »willst du mit mir gehen auf mein Schloß und meine liebe Frau sein?« »Ach ja,« antwortete das Mädchen, »aber das Rehchen muß auch mit, das verlaß ich nicht.« Sprach der König »es soll bei dir bleiben, so lange du lebst, und soll ihm an nichts fehlen.« Indem kam es hereingesprungen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus dem Waldhäuschen fort. |||||||reached|||||||||||||||||||||||||||||||leave||||||||||||||live||||||be missing|By|||jumped in|||||||||bamboo rope||||||||||||||away Der König nahm das schöne Mädchen auf sein Pferd und führte es in sein Schloß, wo die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert wurde, und war es nun die Frau Königin, und lebten sie lange Zeit vergnügt zusammen; das Rehlein ward gehegt und gepflegt und sprang in dem Schloßgarten herum. ||||||||||||||||||||splendor|||||||||||||||happily|||||nurtured||cared for|||||castle garden| Die böse Stiefmutter aber, um derentwillen die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die meinte nicht anders, als Schwesterchen wäre von den wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein Rehkalb von den Jägern totgeschossen. |||||for whom||||||gone into|||||||||||||||torn||||||deer calf||||shot dead Als sie nun hörte, daß sie so glücklich waren und es ihnen so wohl ging, da wurden Neid und Mißgunst in ihrem Herzen 62 rege und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte. |||||||||||||well||||envy||jealousy and envy||||active||let|||||||||||||||||||| Ihre rechte Tochter, die häßlich war wie die Nacht und nur ein Auge hatte, die machte ihr Vorwürfe und sprach »eine Königin zu werden, das Glück hätte mir gebührt.« »Sei nur still,« sagte die Alte und sprach sie zufrieden, »wenns Zeit ist, will ich schon bei der Hand sein.« Als nun die Zeit herangerückt war, und die Königin ein schönes Knäblein zur Welt gebracht hatte, und der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken »kommt, das Bad ist fertig, das wird Euch wohltun und frische Kräfte geben: geschwind, eh es kalt wird.« Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie trugen die schwache Königin in die Badstube und legten sie in die Wanne: dann schlossen sie die Tür ab und liefen davon. |right|||ugly||||||||eye|||||accusations||spoke|a||||||||belonged|||||||||||||||||||||||||approached|||||||little boy||||||||||||||||||shape||chambermaid|||||room|||||||||sick|||||||||do good|||forces||quickly|before||cold||||||||||||weak||||bathroom||||||bath||closed||||||ran|away Her right daughter, who was as ugly as night and had only one eye, reproached her and said, 'Becoming a queen, happiness should have belonged to me.' 'Just be quiet,' said the old woman, speaking to her contentedly, 'when the time comes, I will be ready.' When the time had come, and the queen had given birth to a beautiful little boy, and the king was just out hunting, the old witch took on the form of the chambermaid, entered the room where the queen lay, and said to the sick woman, 'Come, the bath is ready, it will do you good and give you fresh strength: hurry, before it gets cold.' Her daughter was also at hand, they carried the weak queen into the bathing room and laid her in the tub: then they locked the door and ran away. In der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte. |||||||real|hellfire||||||||suffocate| In the bathing room, however, they had kindled a real hellfire, so that the beautiful young queen would soon suffocate. Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. ||accomplished||||||||||cap|||||||||| When that was accomplished, the old woman took her daughter, put a cap on her, and laid her in bed in the queen's place. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wiedergeben. ||||||||appearance|||||lost|||||| Damit es aber der König nicht merkte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. So that|||||||||||||||||| Am Abend, als er heimkam und hörte, daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen, was sie machte. ||||home|||||||||was happy|||||||||||||||| Da rief die Alte geschwind »beileibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen und muß Ruhe haben.« Der König ging zurück und wußte nicht, daß eine falsche Königin im Bette lag. ||||quickly|by all means|||curtains|||||||||||||||||||||||false|||| Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß und allein noch wachte, wie die Türe aufging, und die rechte Königin hereintrat. |||||||||||nanny||||children's room|||cradle|||||watched|||||||||entered Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. ||||||cradle|||||||||| Dann schüttelte sie ihm sein Kißchen, legte es wieder hinein und deckte es mit dem 63 Deckbettchen zu. |shook||||little kiss||||||covered||||little blanket| Sie vergaß aber auch das Rehchen nicht, ging in die Ecke, wo es lag, und streichelte ihm über den Rü- cken. |forgot||||little deer||||||||||stroked||||back| Darauf ging sie ganz stillschweigend wieder zur Türe hinaus, und die Kinderfrau fragte am anderen Morgen die Wächter, ob jemand während der Nacht ins Schloß gegangen wäre, aber sie antworteten »nein, wir haben niemand gesehen.« So kam sie viele Nächte und sprach niemals ein Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie getraute sich nicht, jemand etwas davon zu sagen. There||||silently|||||||||||||guards|||during|||||||||||||||||||nights||||||||||||||||||||| Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die Königin in der Nacht an zu reden und sprach »was macht mein Kind? |||||elapsed||||||||||||||||| was macht mein Reh? Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.« Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder verschwunden war, ging sie zum König und erzählte ihm alles. ||||twice|||nevermore||||||||||||||||||| Sprach der König »ach Gott, was ist das! ich will in der nächsten Nacht bei dem Kinde wachen.« Abends ging er in die Kinderstube, aber um Mitternacht erschien die Königin wieder und sprach »was macht mein Kind, was macht mein Reh? |||||||||watch||||||children's room||||appeared||||||||||||| Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.« Und pflegte dann des Kindes, wie sie gewöhnlich tat, ehe sie verschwand. |||||||||used to|||child|||usually|||| Der König getraute sich nicht, sie anzureden, aber er wachte auch in der folgenden Nacht. ||dared||||to address|||||||following| Sie sprach abermals ||again

»was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.« Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach »du kannst niemand anders sein als meine liebe Frau.« Da antwortete sie »ja, ich bin deine liebe Frau,« und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wiedererhalten, war frisch, rot und gesund. ||||||||||||||hold back|||||||||||||||||||||||||||||||grace|||regained||||| Darauf erzählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre Tochter an ihr verübt hatten. ||||||outrage||||||||||committed| Der König ließ beide vor Gericht führen, und es ward ihnen das Urteil gesprochen. |||||court|||it||||judgment| Die Tochter ward in den Wald geführt, wo sie die wilden Tiere zerrissen, die Hexe 64 aber ward ins Feuer gelegt und mußte jammervoll verbrennen. ||||||led||||||tore apart||||||||||miserably| Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte sich das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder; Schwesterchen und Brüderchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende. |||||||transformed|||fawn||received|||||||||||||||