hessenschau vom 04.04.2020
Die Sendung wurde vom hr live untertitelt (04.04.2020).
Die Sendung wurde vom hr live untertitelt (04.04.2020).
Heute im "hessenschau"-Studio: Andreas Hieke & Martin Wirsing Guten Abend. - Ich grüße Sie.
Das haben wir heute für Sie:
Besondere Sicherheitsvorkehrungen auf Hanauer Wochenmarkt
Häusliche Gewalt steigt durch Corona
Ambulante Pflegedienste stehen vor riesen Herausforderung
Wir schauen zu Beginn der Sendung auf die neuen Corona-Zahlen.
Bis heute Mittag zählte das Sozialministerium 4.325 Infizierte.
Das sind 228 mehr als gestern, ein Anstieg um 5,5%.
48 Menschen starben an der Lungenkrankheit in Hessen.
Damit die Infektionen nicht explosionsartig ansteigen,
müssen wir weiter vorsichtig sein, vor allem Abstand halten!
Nicht einfach auf einem Wochenmarkt.
Zumal, wenn er nach wie vor gut besucht ist wie in Hanau.
Der ist ein Glanzlicht der Stadt und soll nicht ausfallen.
Wir haben heute geschaut, ob der Spagat gelungen ist
zwischen Marktgeschehen und Corona-Abstand.
Atemschutzmaske geschenkt:
Wo gibts denn sowas noch? Das mag der ein oder andere denken.
Heute auf dem Wochenmarkt in Hanau.
Das medizinische Utensil, na klar, ist sehr gefragt.
Die Leute wollen mehrere direkt mitnehmen
und versuchen auch da natürlich, zu hamstern.
Is aber nicht!
5000 gibts nämlich nur, gesponsert von der Stadt Hanau.
Dort will man den Wochenmarkt trotz Corona unbedingt am Leben halten,
inklusive Abstandsgebot.
Letzte Woche waren solche Bilder noch undenkbar.
Von regelrechten Kaffekränzchen spricht der Wochenmarktverein,
Gruppenbildung beim Brötchen essen.
Es gibt immer Ignoranten, aber jetzt, wo jeder betroffen ist,
wo jeder Angst haben muss, dass er sich infiziert,
dass dann so ein Verhalten an den Tag gelegt wird.
Das ist unsozial
und ich möcht auch sagen asozial.
Ja, weil es betrifft hier Existenzen.
Da ist nicht zu spaßen mit.
Deshalb gibt es keine Stände mehr,
an denen fertiges Essen auf die Hand verkauft wird.
Generell gilt für alle Markt-Händler:
Mundschutz-Pflicht und die Abstandsregeln
werden von einer Sicherheitsfirma kontrolliert.
Ich hoffe und was ich gesehen hab ist es auch so,
dass die eben nicht dieses martialische Auftreten haben.
Sondern als zusätzliche Kräfte, Kommunikatoren unterwegs sind.
Auch wenn es immer noch voll wirkt auf dem Markt:
Viele der Beschicker spüren schon Einbußen.
Bis zu 40 Prozent sind es bei Blumenhändler Karl-Heinz Scharf.
Ganz überzeugt
ist er von der Umsetzung der Abstandsregeln auch nicht.
Manche halten sich dran,
aber es haben immer noch ein paar das scheinbar nicht kapiert,
die mir 50 cm auf die Pelle rücken.
Dann muss ich halt auch aufpassen.
Wenn das weiter geht und die immer noch nicht den Abstand einhalten,
ist der Wochenmarkt irgendwann weg.
Die Stadt versucht, die Händler jetzt schon zu entlasten.
Standgebühren müssen bis Ende des Jahres erstmal nicht gezahlt werden.
Insgesamt etwa 1200 Euro pro Markttag
schenkt so die Stadt allen Händlern.
Es ist ein kleines Zuckerbrot, sag ich jetzt mal.
Dass wir auch die Händler bei Laune halten,
dass die hier bleiben und immer wieder erscheinen auf den Märkten.
Sonst blieben manche zu Hause,
weil es wirtschaftlich nicht mehr für jeden Stand tragbar wäre.
Für viele Kunden ist der Wochenmarkt
ein wichtiges Überbleibsel aus ihrem früheren Alltag.
Einmal natürlich, weil man hier frische Sachen kaufen kann.
Ja.
Und zweitens ist es doch noch so ein soziales Erlebnis.
Und auch ein freundschaftliches Miteinander
zwischen Kunde und Händler.
Oh, da haben wir Lind-Pralinen als Dankeschön!
Kekse.
Viele geben auch ein Wechselgeld Trinkgeld.
Dass wir uns zum Essen treffen, meinen sie,
wenn wir das überstanden haben.
Bis dahin heißt es: durchhalten.
Das mag der eine gefühlt etwas übervorsichtig mit Gasmaske tun
oder eben der andere mit ganz normalen Mundschutz.
Hauptsache, jeder achtet auf seinen Nächsten.
Endlich wirds warm!
Da macht nicht nur der Einkauf auf dem Wochenmarkt mehr Spaß.
Das sind die Tage, auf die alle Dauercamper am Edersee warteten.
Statt in der Sonne sitzen und Grill anschmeißen
heißt es wegen Corona zu Hause bleiben.
Rund um den See, wo bei dem Wetter sonst tausende Touristen wären,
ist jetzt tote Hose.
Ein Campinglatz, der "Ederseeparadies" heißt
und sonst auch ein Paradies für Erholungssuchende ist:
Seit 15 Jahren betreibt Priscilla Wilhelmi mit Mann Otto den Platz.
Diese Tagen ist hier aber alles anders.
Wenn Sie auf diese Wiese gucken:
Die würde mit Pfingsten prall gefüllt sein mit spielenden Kindern,
mit Menschen, die Spiele machen,
ein Feuer machen und zusammensitzen, lachen, Gitarre spielen.
Und wenn das dann so still bleibt,
ja, dann muss man einmal schlucken.
Der Campingplatz ist für das Paar mehr als nur eine Einnahmequelle.
Sie haben sich hier kennen gelernt während eines Campingurlaubs.
Für Otto Wilhelmi und seine 4 Geschwister
ist der Campingplatz ein Stück Heimat.
Das sind also schon große Sorgen in dem Sinne.
Ich bin hier groß geworden.
Es ist schon so, dass man das 'nen Leben lang gemacht hat
und sich schon fragt, ob das so bleiben kann.
Für die Wilhelmis heißt es jetzt: abwarten.
Im schlimmsten Fall fallen 80-100% der Einnahmen weg.
Beide hoffen jetzt darauf,
dass im Juli ein paar Urlauber kommen.
Die Pandemie trifft auch die Freizeitangebote am Edersee.
Die Sommerrodelbahn und die Adventure-Golf-Anlage
von Stefan Groll etwa, beide sind natürlich dicht.
Und das, nachdem Groll
2019 noch einmal richtig Geld in die Hand genommen hatte.
Das ist schon traurig:
Wir haben im letzten Jahr 'nen tollen Golfplatz gebaut,
ganz neu, investiert in Laser-Tag im Freien.
Wir haben keine Gäste hier, keine Einnahmen, null komma null.
Da hat man schon die ein oder andere schlaflose Nacht.
Aber nicht nur Groll selbst trifft das.
Er macht sich auch massive Sorgen um seine Mitarbeiter.
Da ist es ja so, dass die alle im Moment nur 60% vom Netto bekommen.
Für viele ists so, dass die Frauen noch in den Hotels gearbeitet haben.
Die Jobs sind auch alle weggefallen, die Nebenerwerbe.
Dann fehlen 800-1000 Netto in der Familienkasse, sehr, sehr schlimm.
Rund um den See tut sich nicht mehr viel,
auf dem See auch nicht.
Die Personenschifffahrt Edersee lebt von Touristen.
Ein Schiff dieser Größe kostet mehrere Millionen Euro.
Auch hier gilt: keine Touristen, keine Fahrten, keine Einnahmen.
Das heißt: Leben von der Substanz.
Wenn man über Jahre, sag ich mal, lange seinen Betrieb führt,
dann bilden sich automatisch für die Sicherheiten auch mal Rücklagen,
die wir jetzt dringend brauchen, um über die Runden zu kommen.
Einbruch auf ganzer Linie.
Und das macht auch Claus Günther das Leben schwer.
Sein Job ist als Geschäftsführer der "Edersee Touristic",
Menschen an den See zu locken.
Wir wollen, dass möglichst bald die Menschen
wieder bestimmte Dinge in ihrer Freizeit tun können,
unsere Angebote vor Ort nutzen.
Und dafür ist es wichtig, dass jetzt alle zu Hause bleiben.
Gerade über die schönen Wochenenden, die Osterzeit, ist es ganz wichtig,
dass die Menschen nicht in Strömen hierherkommen und versuchen,
hier ihre Freizeit zu verbringen.
Rund 10 Mio Euro Einnahmen verlieren die Betriebe am Edersee
im März und April, schätzt Günther.
Um zumindest etwas den Kontakt zu Gästen zu halten,
versucht es die "Edersee Touristic" digital:
über soziale Medien wie Facebook und Instagram,
Stichwort "Ederseensucht".
Auch wenn das einen sonnigen Tag am Wasser nicht wirklich ersetzen kann.
Kurz vorm Wochenende war die Verunsicherung groß:
Ist Sonnen oder Picknicken nun erlaubt oder nicht?
Ja und Nein, weiß Martin Wirsing.
Die Polizei gab in mehreren Pressemitteilungen bekannt,
es sei verboten,
sich "längerfristig in Parkanlagen zum Sonnen" niederzulassen.
Nun korrigiert die Polizei ihre Angaben und betont,
dass Sonnen in Parkanlagen
unter Beachtung der gültigen Regeln wie Abstandhalten erlaubt sei.
Unklar bleibt die Regelung fürs Picknicken.
Nach der 6. hessischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte
ist Picknicken generell verboten.
Auf hessenschau-Nachfrage sagte das Innenministerium,
es sei unter Beachtung der gültigen Regeln erlaubt.
Neben dem Profifußball wird es in absehbarer Zukunft
auch keine Amateurspiele mehr geben.
Der Hessische Fußballverband
setzte heute den Spielbetrieb bis auf Weiteres aus.
Eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes
müsse mit einer Vorlaufzeit von 14 Tagen erfolgen, so der Verband.
Wegen des großen Andrangs
blockierte die Polizei die Anfahrt zum Feldberg.
Komplett dicht gemacht hatte die Polizei den Feldberg nicht.
Man konnte nur nicht mehr mit dem Auto hochfahren.
Wegen der Corona-Krise hatte die Polizei an die Hessen appelliert,
trotz des schönen Wetters zu Hause zu bleiben.
Den Feldberg besuchten viele zu Fuß.
Zwei Posaunisten des Philharmonischen Orchesters
im Stadttheater Gießen spielten im Gießener Seniorenheim Johannesstift.
Es gab Volkslieder, Klassik, die "Ode an die Freude" von Beethoven.
Die Bewohner hörten sich das Konzert direkt auf der Terrasse an.
In den nächsten Tagen und Wochen wollen die beiden Musiker
eine Rundreise durch Seniorenheime im Kreis Gießen machen.
Wegen der Corona-Krise
können sie mit ihrem Orchester weder gemeinsam proben noch auftreten.
Soweit die Nachrichten, weiter mit Andreas
und einer schlimmen Begleiterscheinung von Corona.
Die einen fühlen sich alleine,
die anderen wären gerne ab und zu mal alleine.
Für viele Familien sind die aktuellen Einschränkungen
eine ganz schöne Herausforderung.
Das Zusammenleben auf engem Raum, da liegen die Nerven schnell blank.
Vor allem da, wo das Zusammenleben schon unter normalen Bedingungen
nicht konfliktfrei abläuft.
Es kommt in der Corona-Krise zu mehr häuslicher Gewalt.
Das betrifft vor allem Frauen.
Heute vor drei Jahren hat sich Svenja Beck von dem Mann getrennt,
der sie fünf Jahre lang geschlagen, gedemütigt und fast umgebracht hat.
Ich stelle mir heute die Frage, was mit mir gewesen wäre,
wäre ich zu diesem Zeitpunkt abisoliert gewesen.
Es ist so: Ich möchte mir das gar nicht vorstellen,
weil das ganz ganz furchtbar gewesen wäre,
mit diesem Mann 24 Stunden 7 Tage die Woche auf einem Fleck zu sitzen
und dann noch zwei oder drei Kinder dabei zu haben.
Es ist so, dass die Nerven generell schon blank liegen
und es einfach gefährlich ist, weil sowieso jeder überreizt ist,
mit 'nem Menschen zusammen zu sein, der ganz viel Gewaltpotential hat.
Seitdem es die Ausgansbeschränkungen gibt,
gingen 20 Prozent mehr Anrufe beim Hilfetelefon für Familien ein
als vor der Corona-Krise.
Noch verzeichnen die Frauenhäuser keinen Anstieg der Hilfsgesuche.
Doch das sei ganz typisch für eine Krisenzeit.
Oft kämen die Frauen erst danach.
Möglicherweise ist es im Moment ein ähnlich gelagertes Phänomen.
Das heißt, die Frauen sind im Moment so am Aushalten noch.
Es könnte sein, dass wenn der Lockdown wieder gelockert ist,
dass sie dann eher den Weg zu uns gehen.
Aber da sind wir im Bereich der Hypothesen.
Das weiß ich nicht.
Diese Hypothesen lassen sich prüfen, am Beispiel China.
In der Provinz Hubei ist das Virus schon im November ausgebrochen.
Nach den zwei Monaten mit Ausgangssperre
liegen jetzt die Berichte über den Anstieg häuslicher Gewalt vor.
Die Zahlen, die bekannt geworden sind, sind erschreckend.
Im südlichen Hubei, der Provinz, die am stärksten betroffen ist,
meldete die Polizei für Februar
drei Mal so viele Fälle häuslicher Gewalt im Vergleich zum Vorjahr.
Und auch ein nationales Sorgentelefon hier in Peking sagt,
sie haben 50% mehr Anrufe bekommen.
Und der Direktor hat erfasst,
dass die Schwere der Gewalt für diese Zeit auch zugenommen hat.
Fulda will vorbereitet sein, wie viele andere Städte in Hessen:
für den Fall, dass mehr Plätze im Frauenhaus gebraucht werden.
Momentan ist es nämlich voll belegt.
Sollte es zu Engpässen kommen,
gibt es immer die Möglichkeit,
grundsätzlich weitere Räumlichkeiten anzumieten.
Etwa in Pensionen oder Hotels,
die ja zur Zeit auch 'n Leerstand haben.
In diesem Zusammenhang sind auch schon Gespräche
mit Hoteliers und Pensionen geführt worden.
Das ist jetzt erst mal 'ne super Idee und auch 'ne tolle Lösung,
aber wir müssten dann einfach mal weiter schauen:
Wie können meine Mitarbeiterinnen die Frauen in Pensionen betreuen?
Wie ist der Schutzgedanke dort vor Ort?
Das sind Sachen, die müssen wir auch erst jetzt aus der Krise heraus
managen und lösen dann.
Für Svenja Beck ist es wichtig, dass die Frauen wissen,
dass sie nicht alleine sind.
Obwohl sie in ihrem eigenen Zuhause von Gewalt bedroht werden.
Vor drei Jahren hätte sie das auch gebraucht.
Es war ein sehr, sehr schwerer Weg.
Aber jeder Meter, den ich gelaufen bin,
der hat sich rentiert und ich möchte euch sagen und euch ermutigen,
dass ihr da rauskommt.
Ich weiß, dass es jede Einzelne von euch schaffen kann.
Habt den Mut und findet euch selber.
Es ist 'ne ganz, ganz wichtige Aufgabe.
Ich weiß, dass ihr das schaffen könnt.
Ich habs auch geschafft und aus dem Grund werdet ihr es auch schaffen.
Beim Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
können sich alle Frauen mit Angst vor Gewalt melden,
per Telefon oder im Chat.
Es ist noch immer die Ruhe vor dem Sturm in Sachen Corona,
meinen viele Experten.
Auch bei uns könnten Krankenhäuser bald an ihre Grenzen kommen.
Deswegen wird überall aufgerüstet.
Zusätzliche Beatmungsgeräte werden angeschafft,
das Personal geschult, wie man damit umgeht.
Auch Rehakliniken bereiten sich darauf vor,
wenns eng wird, Corona-Patienten aufzunehmen.
Das ist der Trakt,
den wir mit möglichen Covid-19-Patienten isolieren können.
Die Feuerschutztür kann geschlossen werden,
dass der Trakt isoliert werden kann.
Oberarzt Christoph Briel ist gut vorbereitet.
Hier haben wir dann unsere Isolationszimmer
und Untersuchungszimmer, wo die Patienten erstuntersucht werden.
Der Arzt zeigt uns Zimmer, da schliefen vorher die Kurgäste.
Jetzt will die Bad Wildunger Reha-Klinik am Kurpark
möglicherweise Covid-19-Patienten mit leichten Symptomen aufnehmen.
Eine ungewöhnliche Situation.
Infektionspatienten sind nicht unbedingt unser Stammgebiet.
Trotzdem haben wir das allemal gelernt.
56 Zimmer von 220 Zimmern
hat die Klinik am Kurpark in Bad Wildungen leergeräumt.
So wie hier sind viele der 900 hessischen Reha-Kliniken
schon in der Vorbereitung.
Unter der Federführung der Gesundheitsämter.
Karl-Friedrich Frese
ist Gesundheitsdezernent in Waldeck- Frankenberg.
Täglich ist er unterwegs.
Das ist irgendwo ein Gefühl der Unsicherheit.
Auf der einen Seite die relativ positiven Zahlen,
die man vom Robert-Koch-Institut gespiegelt bekommt.
Auf der anderen Seite sehe ich doch die Gefahr,
dass wir wieder mehr Erkrankte bekommen werden.
Insbesondere mehr Erkrankte mit schweren Verläufen,
die wir dann in den Krankenhäusern behandeln müssen.
Stippvisite des Amtsleiters bei der Klinik am Kurpark.
Rapport des Oberarztes.
Die Zimmer sind nach den Vorgaben vorbereitet.
Die Zimmer sind mit Schutzkleidung und anderen Materialien bestückt.
Unsere Taskforce plant die personelle Ausstattung,
dass wir im Ernstfall vorbereitet wären.
20% der Infizierten brauchen ein Krankenhaus.
Davon muss 1/3 auf die Intensivstation und beatmet werden.
Deshalb räumen jetzt auch die Akutkliniken ihre Zimmer.
Machbar, weil derzeit nur Notoperationen erlaubt sind.
Betten sind aber nur das Eine.
Hier im Asklepios Allgemein- krankenhaus in Bad Wildungen
laufen auch ganz andere Vorbereitungen.
Jennifer Stoppek Pflegerin auf der internistischen Station
hatte nie mit Beatmung zu tun.
Jetzt muss sie für den Ernstfall trainieren.
Ich glaube, sie muss zusätzlich beatmet werden.
Wir haben geübt, wie viel du einstellen sollst.
Mit 5 Liter anfangen ist ok. - Genau, erst mal in Ordnung.
Jetzt brauche ich noch die passende Maske.
Ich messe einmal aus: "M", bis zur Mitte vom Kinn.
Ich glaube, jetzt geht es ihr langsam ein bisschen schlechter.
Guck mal, die wird blau. Die braucht dringend die Beatmung.
Halt schon mal die Maske drauf aufs Gesicht.
Dreimal hat die Krankenpflegerin schon mitgemacht.
Alle 200 Mitarbeiter der Klinik durchlaufen dieses Training.
Jennifer Stoppek will noch öfter kommen.
Es wird von Mal zu Mal, dass man ruhiger wird.
Es sind ja immer wieder unterschiedliche Situationen.
Auf die trifft man auch im normalen Stationsalltag.
Was wirklich auf sie zukommt? Es lässt sich für alle nur erahnen.
Noch haben sie hier keinen Infizierten.
Christian Höftberger ist Chef der 12 Asklepioskliniken
und Präsident der hessischen Krankenhausgesellschaft.
Wie schaut er auf diese Situation?
Wir sind vor der Welle
und es ist sozusagen das Warten auf den Sturm,
der angekündigt ist und aufzieht, jedenfalls für hier.
Für Hessen haben wir derzeit ausreichend freie Strukturen,
um das zu bewältigen.
Wie lange die Zimmer reichen, Ärzte und Pflegepersonal durchhalten.
Alles hängt davon ab, wieviele Menschen noch infiziert werden.
Die ausführliche Reportage aus Bad Camberg, Bad Wildungen
und Ehringshausen sehen Sie morgen im hr-Fernsehen um 18.30 Uhr.
"Abstand halten" sagt sich leicht.
In vielen Berufen geht das ja nicht.
Wie soll man in der Altenpflege Abstand halten?
Dabei sind Alte und Kranke besonders gefährdet.
Das ist jetzt eine große Verantwortung!
Zusätzlicher Druck, der im ohnehin nicht einfachen Job dazu kommt.
In unserer Serie über unverzichtbare Berufe
begleiten wir einen ambulanten Pflegedienst in Frankfurt.
Kurz vor 8 in Frankfurt-Bockenheim:
Fabio D Adamo vom Ambulanten Pflegedienst "Komm"
sucht die Hausschlüssel seiner Patienten zusammen.
Diesem Vormittag muss der 27-Jährige eine doppelte Tour fahren.
Eine Kollegin fällt aus.
Wir hatten heute geplant, 4-5 Kunden zu übernehmen.
Leider kam gestern wieder eine Krankmeldung rein,
sodass wir 2 Touren zusammenlegen mussten.
Alles ist gepackt. 10 Patienten warten.
Ambulante Pflege in Zeiten von Corona:
eine Herausforderung auch für die Mitarbeiter.
Wir begleiten Fabio D Adamo quer durch Frankfurt.
Bei seiner ersten Patientin muss er Kompressionsverbände anlegen.
Sie ist hochbetagt.
Wir bleiben draußen, zur Sicherheit.
Die Situation an sich ist angespannt:
Von den Mitarbeiter und Kollegen, die dauerhaft belastet sind,
aber auch von den Kunden, die einfach Angst haben.
Denn einige Patienten lassen aus Angst vor Ansteckung
nicht mal mehr den Ambulanten Pflegedienst zu sich rein.
Neben seinen Aufgaben als Pfleger
muss Fabio D Adamo jetzt oft beruhigen und aufmuntern.
Für manche Senioren ist der Pflegedienst
zur Zeit der einzige Kontakt nach draußen.
Um einige seiner Patienten macht sich D Adamo bereits Sorgen.
Für ältere Menschen, die jetzt keine Angehörigen mehr haben,
nur auf die Pflege angewiesen sind,
für die ist die Isolation ziemlich erdrückend.
Beim nächsten Termin dürfen wir mit rein.
Vor jedem Patientenkontakt erst mal gründlich die Hände desinfizieren.
Fabio D Adamo arbeitet mit Mundschutz und Handschuhen.
Denn Abstand halten ist beim Versorgen von Wunden wie diesen
kaum möglich.
Noch ein par Absprachen mit der Ehefrau des Patienten.
Auch sie wird regelmäßig ambulant versorgt.
Für das Ehepaar ist der Pflegedienst elementar wichtig.
Da hab ich Angst, was passiert,
wenn der Pflegedienst sich erkrankt.
Sie werden da rausgezogen, kommen in Quarantäne
und wie geht es mit anderen Klienten und mir weiter?
Noch gibt es keinen Coronafall
bei den Kollegen vom Ambulanten Pflegedienst.
Trotzdem haben sie täglich zu kämpfen
mit knapper werdendem Personal und Material.
Sebastian Fuchs, Leiter der Sozialstation,
muss von Woche zu Woche planen.
In seinem Büro hat er Desinfektionsmittel
und Schutzmasken unter Verschluss.
Die Reserven reichen noch eine Woche.
Jetzt, sagt er, sei Erfindergeist gefragt.
Wir haben hier uns aus dem Internet
schon Material bestellt, Chemikalien,
auf Rezept durch unseren Betriebsarzt.
Mit einer Mischanleitung,
dass wir Hände-Desinfektionsmittel selbst herstellen.
Zurück zu Fabio D Adamo:
Bei seiner letzten Patientin dürfen wir auch mit rein.
Sie ist Diabetikerin.
D Adamo muss den Blutzucker bei ihr messen.
Noch wichtiger aber: das Zwischenmenschliche.
Was gabs denn heute Schönes?
Sauerkraut
und Schwein, wie so Rippchenfleisch.
Die Patientin ist Witwe, kommt zur Zeit nicht mehr raus.
Ihre Nachbarin ist aber kurz da und hat für sie eingekauft.
Nicht den Kopf hängen lassen, ja?
Ich bin ja morgen sicher auch wieder da.
Für jeden Patienten ein aufmunterndes Wort,
das hat sich Fabio D Adamo vorgenommen.
Bis morgen dann!
Einfach zu sagen: "Das schaffen wir schon."
Dann gibt es denen ja auch Kraft.
Weil wir sind ja die Personen, auf die sie sich verlassen.
Morgen macht er wieder seine Tour durch Frankfurt
als ambulanter Pfleger ist er wichtiger denn je.
In der Reihe "Corona auf dem Land"
war heute unsere Kollegin Hülya Deyneli unterwegs.
Da, wo wir nicht hinfahren sollen, auch wenn es uns dort gut gefällt.
Die Bürgermeister im Rheingau appellieren an alle,
die sonst gerne dort gesehen sind: Jetzt bitte nicht!
Wenn sich Menschenmassen durch die Drosselgasse schieben,
lassen sich Abstände von 2 Metern nicht einhalten.
Manche Straßen und Ausflugsziele sind sogar gesperrt worden.
Also bleiben wir morgen zu Hause und gucken jetzt mal,
was Hülya im Rheingau erlebt hat.
Wir sind heute wieder unterwegs.
Für mich ist das meine erste Tour, auf die ich mich besonders freue.
Wir fahren in einen meiner Lieblingsteile Hessens:
den Rheingau, nach Eltville.
Die Gegend um Eltville ist bekannt für Weinberge und Landschaften,
aber hier gibts auch das Kulturzentrum "Eichberg".
Das ist auch unser erster Stopp.
Ich sag mal aus der Entfernung: Hallo!
Junior und Senior?
Jürgen Scheurenbrand führt das KUZ seit fast 30 Jahren
und zeigt uns sein Baby.
Das ist das KUZ Eichberg, ja.
Wie wäre es an einem normalen Samstag?
Normalerweise wäre es hier bestuhlt.
Gestern hätten wir eine Gruppe aus Mongolei gehabt,
die auch nicht kommen kann.
Die Künstler triffts besonders hart,
denn die sind auf die Einnahmen durch den Ticketverkauf angewiesen.
Deshalb wollte das KUZ helfen.
Dann haben wir gedacht, wir fordern einfach unser Publikum auf
die Karten zu spenden, haben die Situation der Künstler geschildert.
Haben schon ein Drittel gespendet.
Kleinvieh macht eben auch Mist und weil jeder Euro den Bands hilft,
hofft Jürgen Scheurenbrand auf viele Nachahmer.
Wir verabschieden uns, fahren weiter und stoßen auf Josef Laufer.
Bei ihm gibts in Zeiten von Corona nicht nur Essen zum abholen,
sondern auch digitale Weinproben per Videochat.
Wir unterhalten uns über die Weine, was kann man dazu essen,
ganz spannende Sache.
Die er wohl auch nach Coronazeiten weiterführen wird.
In Geisenheim-Stephanshausen entdecken wir das dann hier:
Da vorne steht "Landgasthaus" und die Tür ist offen.
Ich sehe auch schon ein paar Leute.
Dieses schnucklige Landgasthaus ist ein Familienbetrieb.
Gäste gibts zwar gerade nicht.
Stattdessen verkaufen die Königs regionale Produkte
und 'ne überregionale Rarität.
Wein und Sekt: Alles, was man braucht.
Eier, Klopapier. - Klopapier?
Wir haben noch Klopapier.
Wird das gekauft? - Das wird gekauft.
Unsere Lieferkette rollt.
Es geht weiter zu Iris Schneider und ihrem "Weiberkram de Paris".
Seit einem Jahr hat sie den Laden, jetzt ist er geschlossen.
Für die 56-Jährige schwer zu ertragen,
zumal sie gerade die neue Kollektion bekommen hat.
Realisiert hab ichs erst, als ich dekoriert habe.
Ich sagte, ich will eigentlich
die ganze Kollektion ins Schaufenster hängen.
Dann wollte ich nicht mehr gehen.
Das Abschließen war ...
Das ist mein Herz.
Das ist mein Baby.
Aber Trübsal blasen kommt für Iris nicht in Frage.
Sie veröffentlicht jeden Tag kurze Videos,
in denen sie ihre Kleider präsentiert und online verkauft.
Als der erste Verkauf dann stattgefunden hat,
das war wie wieder aufschließen.
Zwar deckt der Onlineverkauf nicht die Kosten,
aber jeder Cent hilft.
Sie hofft, dass ihr Weiberkram de Paris in Eltville bleiben kann.
Bleiben Sie gesund. - Sie auch, tschüs.
Nach dem Wetter und der Tagesschau gibts für alle,
die jetzt gerne Urlaub gemacht hätten ein kleines Trostpflaster:
"Wunderschön: auf Kreuzfahrt im westlichen Mittelmeer".
Ansonsten: Bleiben Sie zu Hause!
Leider. - Und gesund.
Tschüs, bis morgen! - Tschüs!
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