Die Geschichte des Tempolimits
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Da hatten wir euch vor einiger Zeit gefragt,
ob ihr für oder gegen ein Tempolimit auf Autobahnen seid.
Auf diese Frage gab es rekordverdächtig viele Kommentare
und eine wirklich spannende Diskussion.
Das Thema beschäftigt euch anscheinend,
deshalb gibt es hier und jetzt ein eigenes Video dazu.
Deutschland, muss man wissen, ist eines der letzten Länder weltweit
ohne generelles Tempolimit.
Genauso wie z.B. Afghanistan, Somalia oder auch Nordkorea.
Nun muss man sagen,
sind dort die Straßenverhältnisse auch anders als bei uns.
Aber Deutschland?
Warum gibt es in Deutschland eigentlich kein Tempolimit?
Mehr Fragezeichen.
Denn so viel sei verraten: Das war nicht immer so.
Schauen wir mal in die Geschichte.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2020)
Lasst uns mal einen kleinen Abstecher
in die Geschichte des Automobils unternehmen.
1886 meldet der Ingenieur Carl Benz aus Mannheim
seinen Motorwagen zum Patent an.
Der sieht damals ganz anders aus als die Autos, die wir heute kennen.
Ohne Dach, es ist ein Dreirad.
Für viele gilt das Motorwagen-Patent von Benz als Geburtsstunde des Autos.
Auch wenn schon vorher andere Automobile entwickelt wurden.
Nicht schneller als ein mäßig trabendes Pferd,
so lautet das mehr oder weniger erste Tempolimit
für die ersten Karossen im deutschen Kaiserreich zur Jahrhundertwende.
Denn klar, seit es Autos gibt, gibt es auch die Diskussion darüber,
wie schnell sie fahren dürfen.
Aber um es ganz klar zu sagen: Die Angabe ist damals nur ein Appell.
Niemand kann das mit der Geschwindigkeit
und was sinnvoll ist, so richtig einschätzen.
Bisher sind die Leute vorwiegend zu Fuß, mit dem Fahrrad
oder mit der Kutsche unterwegs.
Vielleicht mal mit der Eisenbahn,
aber die ist ja nicht Teil des Straßenverkehrs.
Jedenfalls müsst ihr euch vorstellen:
Damals geht es auf den Straßen noch ziemlich chaotisch zu.
Alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt,
keiner hat Vorrang
und kaum jemand ist wirklich geübt im Umgang mit den neuen Fahrzeugen.
Auch für Polizisten ist es anfangs schwierig,
die Geschwindigkeit dieser Benzinkutschen einzuschätzen.
Denn die meisten Schutzmänner haben selbst noch nie
in so einer neuen Mobilitätsmaschine gesessen.
Wie schnell man genau fahren darf,
ist damals regional sehr unterschiedlich
und überhaupt nicht zentral geregelt.
Dazu kommt: Verkehrsschilder wie heute gibt es gar nicht.
Die kommen erst in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.
Anfangs werden die Verkehrsregeln
nur in einem Gesetzesblatt veröffentlicht.
Wer sich vor Reiseantritt nicht umfassend informiert,
verstößt wahrscheinlich schnell gegen eine Regel und muss Strafe bezahlen.
Ihr wisst vielleicht,
dass Kaiser Wilhelm II., der letzte deutsche Kaiser,
zunächst kein so ein Riesenfan der neuen Fahrzeuge ist.
Oft wird ihm auch die Aussage zugeschrieben,
dass das Automobil sicher nur eine vorübergehende Erscheinung sei
und er eher auf das Pferd setze.
Anders als viele Zeitgenossen,
die sich über das vermeintlich umweltfreundliche Automobil freuen.
Freundlich für die Umwelt in dem Sinne, dass es damit
nicht mehr so viel stinkenden Pferdemist in den Straßen geben soll.
Wir verstehen unter umweltfreundlich
heute bekanntermaßen ein bisschen was anderes.
Aber auch Kaiser Wilhelms Einstellung zu den Automobilen
ändert sich im Laufe der Jahre.
Technik begeistert ihn.
1910 wird zur Geschwindigkeit auf den Straßen ein Gesetz erlassen.
In geschlossenen Ortsteilen gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h.
Eben ungefähr so schnell wie ein trabendes Pferd.
Für Lkw gilt die Begrenzung von 12 km/h.
Aus heutiger Sicht erscheint es wenig,
aber Fahrzeuge und auch deren Bremsen stecken noch in den Kinderschuhen.
Der Kaiser beauftragt den Dampfkesselüberwachungsverein,
Führerscheinprüfungen abzunehmen.
Bei der Prüfung geht es aber mehr darum,
so ein Automobil reparieren zu können als es zu fahren.
Aus diesem Dampfkesselüberwachungs- und Revisionsverein, dem DÜV,
wurde später übrigens der TÜV, der Technische Überwachungsverein.
Während das Tempo auf den Straßen noch gemächlich ist,
geht die technische Entwicklung der Autos rasend schnell.
Und bald können sie wesentlich schneller fahren,
als es das Tempolimit zulässt.
Jetzt könnt ihr euch denken, was passiert: Der Streit geht los.
Autos sind so teuer, dass die meisten nur von wohlhabenden Menschen
aus den oberen Schichten gekauft werden.
Die Autobesitzer kritisieren das bestehende Limit,
denn es würde sie in der freien Nutzung ihres Autos beschränken.
Apropos Limit: Bei YouTube liegt das Limit für Abos bei 75 Kanälen am Tag.
Wenn ihr da noch ein bisschen Platz habt
und an spannenden Geschichtsvideos
zu allen möglichen Themen interessiert seid,
ob aktuelles Thema oder Schulthema,
dann gebt Gas und abonniert diesen Kanal
und drückt am besten gleich noch auf die Hupe, also auf die Glocke.
Jetzt aber weiter im Text.
Trotz des neuen Gesetzes gibt es allerdings auch noch weiterhin
individuelle, regionale Regelungen bis zum Jahr 1934.
Aber mit den Nationalsozialisten ändert sich vieles im Deutschen Reich
und auch das Verkehrswesen.
Jetzt gibt es eine verbindliche, einheitliche Regel.
Innerorts gilt eine Begrenzung von 60 km/h,
außerhalb gibt es immer noch kein Limit.
Bis heute hält sich übrigens der Mythos,
Adolf Hitler habe die Autobahn erfunden.
Die wahre Geschichte erzählt sich jedoch ein bisschen anders.
Pläne für solche "nur Autostraßen"
existieren bereits in den 1920er Jahren.
Zu der Zeit, als das Auto immer beliebter wird.
In Italien wird 1924 ein Abschnitt der heutigen Autobahn
zwischen Como und Varese eröffnet.
Und 1932 ist es Konrad Adenauer,
der spätere Bundeskanzler und damalige Kölner Oberbürgermeister,
der eine vierspurige Fahrbahn zwischen Köln und Bonn einweiht.
Die erste deutsche Autobahn.
Die NSDAP war bis 1933 sogar gegen Autobahnen.
Und warum verbinden wir trotzdem einige Autobahnen mit Adolf Hitler?
Naja, als Hitler 1933 Reichskanzler wird,
degradiert er Adenauers Autobahn zur Landstraße.
Der autobegeisterte Hitler nutzt den Bau von Autobahnen
als Propaganda- und Prestigeobjekt.
Denn für Hitler bedeuten Autobahnen gleich Fortschritt.
Diese Gedankenkette soll im Gedächtnis der Menschen bleiben.
Und weil Fortschritt auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun hat,
gibt es außerorts kein Tempolimit.
Das Regime appelliert lediglich
an das Verantwortungsgefühl für die Volksgemeinschaft.
Aber nicht nur das:
Wer ein neues Fahrzeug kauft, muss keine Kfz-Steuern zahlen.
Und das Regime ändert die Straßenverkehrsordnung so,
dass das Auto Vorrang hat.
Knapp 4000 km Autobahnen lassen die Nazis bauen.
Denn die Nazis bereiten sich schon auf einen Krieg vor.
D.h.: Das Militär rüstet auf und braucht dafür Material.
Gleichzeitig sind aber Ressourcen knapp.
Deshalb begrenzt die Regierung wieder das Tempo, um ...
Ja, ganz einfach, Treibstoff zu sparen.
Der z.B. für Panzer genutzt wird.
Nach Kriegsbeginn gilt: max. 40 km/h in der Stadt, 80 km/h außerhalb.
Nach diesem Hin und Her in der Zeit der Nationalsozialisten
gibt es einige Jahre später in der neu gegründeten Bundesrepublik
zunächst kein Tempolimit und das hat einen Grund.
Die neue Regierung will zeigen,
dass die schweren Kriegs- und Nachkriegsjahre vorbei sind.
Und dass sie ganz anders ist als das totalitäre Naziregime.
Deshalb versucht sie, in vielen Punkten
genau das Gegenteil von dem zu tun,
was die Nationalsozialisten gemacht haben.
Auch beim Tempolimit. Sie sagen:
Im Straßenverkehr habe jeder Fahrer selbst die Verantwortung,
das entspräche den Grundsätzen
des neuen freiheitlichen und demokratischen Staates.
Ihr merkt schon, wenn ihr euch daran erinnert,
was ich vorher erzählt habe,
diese Argumentation hat mindestens eine Schwäche.
Anfangs hatten die Nazis ja gar kein Tempolimit
und waren für die freie Fahrt.
Trotzdem vermittelt die Regierung in der Bundesrepublik jetzt,
das undemokratische Nazisystem habe damals im Straßenverkehr
seine autoritäre Kontrolllust ausgelebt.
Deshalb jetzt aus Abgrenzung kein Tempolimit.
Die Bundesregierung grenzt sich damit auch von der DDR ab,
in der die Geschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 km/h begrenzt ist.
In der jungen Bundesrepublik beginnt das Wirtschaftswunder
und immer mehr Menschen können sich ein Auto leisten.
Fast vier Jahre lang gibt es kein Tempolimit.
Und ich betone hier noch mal: kein generelles Tempolimit, nirgends.
Kein generelles Tempolimit heißt: Natürlich gibt es genau wie heute
Abschnitte, wo die Geschwindigkeit aus bestimmten Gründen,
z.B. wegen Baustellen gedrosselt werden muss,
aber sogar in der Stadt dürfen Autofahrer damals
so schnell unterwegs sein wie sie wollen.
Und weil sich von 1950-1953 die Zahl der Autos
in der Bundesrepublik verdoppelt, ist es auch nicht ganz verwunderlich,
dass auch die Zahl der Verkehrstoten steigt.
Von 7000 auf 12.000, alle 45 Minuten ein Verkehrstoter.
Und darunter sind, besonders schockierend, auch viele Kinder.
Damit hat die Bundesrepublik damals die meisten Verkehrstoten in Europa.
Erst 1957 begrenzt die Regierung innerorts das Tempo auf max. 50 km/h.
Aber auf Landstraßen und Autobahnen geht es eben oft schneller voran.
Auch die Autos selbst werden immer schneller
und stellen immer neue Geschwindigkeitsrekorde auf.
Es kommt auch zu noch mehr Unfällen.
Ein trauriger Rekord, der 1970 aufgestellt wird:
In diesem Jahr sterben 21.000 Menschen
auf den Straßen der Bundesrepublik.
In den folgenden Jahren bleibt die Zahl in Westdeutschland
auf diesem hohen Niveau.
Programme zur Verkehrserziehung
und Appelle an die Fahrer bleiben erfolglos.
Erst 1973 wird die Höchst- geschwindigkeit auf Landstraßen
auf 100 km/h begrenzt, sonst ändert sich nichts.
Bis eine Ressourcenkrise kommt, 1973 beginnt die sogenannte Ölkrise.
Oder genauer die Ölpreiskrise.
Und wie der Name schon sagt,
schießt der Ölpreis in der Zeit in schwindelnde Höhe.
Mehr zu den Hintergründen über Bundeskanzler Helmut Schmidt
und das Krisenjahrzehnt erfahrt ihr, oben auf dem "i".
Da gibt es ein Video dazu.
Der Treibstoff wird teurer. Um Sprit zu sparen,
führt die Regierung ein generelles Tempolimit ein.
80 km/h auf Landstraßen, 100 km/h auf Autobahnen.
Der wertvolle Treibstoff
soll für den wichtigen Waren- und Personentransport gespart werden.
Was diesem Beschluss vorausgeht,
sind genau die gleichen Debatten, wie wir sie auch heute führen.
Debatten darüber, wie groß, wenn überhaupt,
die Kraftstoffeinsparungen durch langsames Fahren wären.
Heute steht bei den Diskussionen natürlich auch der Umweltaspekt
und inwieweit ein Tempolimit
die Verkehrssicherheit beeinflussen würde, im Vordergrund.
Kritiker sagen:
Das langsame Fahren bringe nichts, man würde dadurch kaum Sprit sparen.
Und was die Verkehrssicherheit anbelange,
seien Autobahnen von allen Straßen die sichersten.
Aber jetzt fragt ihr euch sicher: Wo ist das Tempolimit denn geblieben?
Denn heute haben wir auf den Autobahnen
nur noch eine Richtgeschwindigkeit.
Also eine Empfehlung, zumindest auf den meisten Abschnitten.
Es kann also noch nicht das Ende der Geschichte sein.
Was ist also passiert?
Naja, nach ungefähr einem Jahr
pendelt sich der Ölpreis erst mal wieder ein.
Die Krise scheint überwunden, der Realpreis sinkt sogar.
Trotzdem will die damalige Bundesregierung unter Willy Brandt
das Tempolimit verlängern.
V.a., um die Zahl der Straßenunfälle weiter zu reduzieren.
Denn die Maßnahme bleibt nicht ohne Wirkung.
Im Jahr 1974 sterben 4000 Menschen weniger als noch vier Jahre zuvor.
Die Gegner des Tempolimits behaupten, dass dieser Erfolg v.a.
durch die Einführung des Sicherheitsgurtes erreicht wurde.
Aber erst seit 1976 ist das Anschnallen Pflicht.
Die Gesetzesvorlage zum Tempolimit scheitert im Bundesrat.
Was stattdessen rauskommt: die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.
D.h.: 130 km/h sind empfohlen.
Wer aber will, darf auch schneller fahren.
Spoileralarm: Diese Regelung gilt bis heute.
Die aktuellen Diskussionen rund um dieses Thema
findet ihr auf meinem Kanal, da findet ihr auch
meine Meinung dazu, einfach oben auf das "i" klicken.
Und in der DDR?
Bisher haben wir über das Tempolimit
in der Bundesrepublik Deutschland gesprochen,
das Tempolimit in der DDR nur mal ganz kurz angerissen.
Aber man muss sagen, dieser Teil ist auch recht schnell erzählt.
Die Geschwindigkeit im Straßenverkehr wird in der DDR ganz klar geregelt.
Dort gibt es ein generelles Tempolimit:
100 km/h auf der Autobahn, 80 km/h außerorts und 50 km/h in der Stadt.
Und das soll auch ebenso konsequent kontrolliert werden.
Allerdings: Oft kommt die Volkspolizei nicht zum Einsatz.
Die Bürger der DDR halten sich fast alle an die Vorschriften.
Böse Zungen meinen, die Begrenzung sei fast natürlich gewesen,
wenn man die mageren Motorleistungen der Ost-Mobile betrachtet.
Fest steht auf jeden Fall, in den vergangenen Jahrzehnten
hat keine deutsche Regierung einen ernsthaften Vorstoß gemacht,
ein generelles Tempolimit einzuführen.
Auch für viele Bürger
gehört das schnelle Autofahren zum Lebensstil dazu.
Die Autolobby scheint sehr mächtig, die Fronten zwischen Befürwortern
und Gegnern eines Tempolimits sind verhärtet.
Aber zuletzt scheint zumindest wieder bisschen Bewegung
in die Diskussion zu kommen.
Im Mai dieses Jahres bezieht der Verkehrssicherheitsrat Position
für ein Tempolimit und das soll was heißen.
Denn im Verkehrssicherheitsrat sitzen Vertreter von Unfallversicherungen,
Verkehrsverbänden, Automobilclubs, vom TÜV-Verband,
aber auch von der Automobilindustrie.
Die Vertreter der Automobilindustrie konnten sich allerdings nicht
für ein generelles Tempolimit erwärmen, sie stimmten dagegen.
Und wenn ihr es entscheiden könntet? Wofür würdet ihr plädieren?
Für oder gegen ein Tempolimit? Und v.a. warum?
Falls ja, wie hoch sollte so ein Tempolimit sein?
Oder sagt ihr vielleicht sogar: Für mich ist das Thema
viel zu hoch gespielt, interessiert mich gar nicht.
Eure Meinung interessiert mich aber.
Also schreibt sie gerne unten in die Kommentare.
Und jetzt noch ein kurzer Hinweis in eigener, aber auch eurer Sache.
Wir gehen vom Tempolimit-Battle zum Geschichtslehrer-Battle.
Denn wir suchen den schlausten Geschichtslehrer
im härtesten Geschichtsquiz aller Zeiten.
Wenn ihr sagt, meine Lehrerin, mein Lehrer,
die sind total fit in Geschichte, die sollten da mitmachen
oder ihr seid selbst Lehrer, dann bewerbt euch,
dann könnt ihr mal den Rotstift weglegen oder weglegen lassen.
Und ich komme dann in eure Klasse
und gebe euch eine Stunde Geschichtsunterricht.
Die ganzen Bedingungen dazu und was ihr machen müsst
oder was eure Lehrer machen müssen, unten in der Infobox.
Einfach dort mal reingucken, da erfahrt ihr dann mehr dazu.
Neben mir noch das Video, das ich schon kurz angekündigt habe:
Meine Meinung zum Tempolimit könnt ihr euch hier angucken.
Und direkt darunter gibt es noch ein Video der Kollegen von "funk".
Auch da gerne mal reinschauen.
Danke euch fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal!