Warum es so viele US-Soldaten in Deutschland gibt
Eine kleine Quizfrage zum Start dieses Videos:
Was haben die Deutsche Friedens- bewegung und Donald Trump gemeinsam?
Gut, auf den ersten Blick vermutlich nicht so wirklich viel.
Aber auf den zweiten Blick gibt es da doch zumindest eine Gemeinsamkeit:
Beide finden offenbar, es gibt zu viele US-Soldaten in Deutschland.
9.500 der derzeit 34.500 in der Bundesrepublik stationierten Soldaten
aus den USA sollen in nächster Zeit abgezogen werden.
Das hat Donald Trump beschlossen, und wenn er das durchsetzen kann,
wäre das einer der größten Truppenab- züge in der deutschen Geschichte.
Um Frieden geht es Donald Trump allerdings nicht so sehr,
sondern eher um eine Bestrafung für Deutschland,
das sich, sagt er, nicht an bestimmte Regeln der NATO hält.
Aber bei alldem stellt sich natürlich die Frage:
Warum sind überhaupt Soldaten aus den USA dauerhaft in Deutschland?
Ist das rechtlich okay? Genau darum geht's jetzt.
(Lebhafte Musik)
Ganz zu Beginn müssen wir zeitlich ein paar Jahrzehnte zurückspringen.
Und zwar zur berühmten "Stunde Null".
Also, dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945.
Deutschland hat den Krieg verloren.
Das Land ist in weiten Teilen zer- stört, von den Siegermächten besetzt,
konkret die Sowjetunion, die USA, Großbritannien und Frankreich.
Aus den Besatzungszonen entwickeln sich zwei deutsche Staaten.
Die Bundesrepublik Deutschland im Westen
und die Deutsche Demokratische Republik, die DDR, im Osten.
Die DDR wird in der sowjetischen Besatzungszone gegründet,
die Bundesrepublik in den Zonen der westlichen Alliierten.
Was dabei ganz wichtig ist: Obwohl es zwei deutsche Staaten
mit eigenen Regierungen gibt,
sind die Bundesrepublik und die DDR nicht souverän.
Sie gelten nach wie vor als besetzt
und haben in wichtigen Bereichen keine Entscheidungsgewalt.
Für die DDR ändert sich daran bis zur Wiedervereinigung 1990 relativ wenig.
Das Land bleibt unter dem ständigen Einfluss der Sowjetunion.
Als "Bruderstaat" der Sowjetunion, so heißt es immer.
In der Bundesrepublik ist das ein bisschen anders.
1954 schließen Deutschland, die USA, Großbritannien und Frankreich
in Paris verschiedene Abkommen,
die umgangssprachlich als Pariser Verträge bezeichnet werden.
Sie übertragen Deutschland die, Zitat:
Allerdings mit einigen Einschränkungen.
Und eine der wichtigsten dieser Einschränkungen
ist festgehalten im sogenannten Aufenthaltsvertrag.
Hat eigentlich einen längeren Titel, aber das könnt ihr euch merken.
Darin heißt es sinngemäß: Die Siegermächte dürfen weiterhin
ihre Truppen in Deutschland stationieren, um, auch ein Zitat:
Ergänzt wurde dieser Vertrag später noch durch ein Zusatzabkommen
zum Truppenstatut der NATO.
Deren Mitglied wurde Deutschland auch durch die Pariser Verträge.
Durch diese Abkommen und den NATO-Beitritt Deutschlands
wurden die USA, Großbritannien und Frankreich von Besatzungsmächten
zu, kann man schon sagen, Partnern im Kalten Krieg mit der Sowjetunion.
Und von ihrem Recht auf Stationierung haben die Länder Gebrauch gemacht.
Im Jahr 1990, kurz vor der Wiedervereinigung Deutschlands,
waren im Osten und im Westen des Landes
insgesamt rund 800.000 ausländische Soldaten stationiert.
Darunter ungefähr 400.000 sowjetische Soldaten,
250.000 US-amerikanische, 40.000 aus Frankreich, 60.000 aus Großbritannien
und der Rest vor allem aus NATO-Staaten wie Belgien,
den Niederlanden und Kanada.
Allerdings: Mit der Wiedervereinigung hat sich das radikal verändert.
Im sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde geregelt,
wie das mit dem geeinten Deutschland genau ablaufen soll.
Und eine der Vereinbarungen damals war und gilt bis heute:
Egal, von wem. Auch nicht von NATO-Staaten.
Außerdem wurde in dem Vertrag festgehalten:
Die NATO-Staaten haben weiterhin das Recht auf Stationierungen
gemäß dem Aufenthaltsvertrag im Westen.
Allerdings darf Deutschland diesen Staaten
mit einer Frist von zwei Jahren kündigen. Dann müssen sie weg.
Aber das war nicht nötig, die meisten Länder zogen sich zurück.
Im Jahr 2020 sind nur noch wenige britische
und eine Handvoll französische Soldaten in Deutschland stationiert.
Dazu einige Soldaten anderer NATO-Verbündeter.
Der Hauptgrund für diese Entscheidung ist einfach:
Den früheren Siegermächten wurden die deutschen Standorte zu teuer.
Außerdem ist der Kalte Krieg vorbei,
in dem Deutschland als Pufferzone zwischen den Fronten lag.
Allerdings, wenn es um die USA geht, ist das ein bisschen anders.
Die haben ihre Truppenstärke zwar seit der Wiedervereinigung
auch kontinuierlich abgebaut, von 250.000 auf jetzt knapp 35.000,
aber trotzdem gibt es noch verhält- nismäßig viele US-Soldaten bei uns.
Wisst ihr wahrscheinlich auch.
Deutschland ist dabei für die USA militärisch nicht irgendein Land,
sondern tatsächlich mit der wichtigste Brückenpfeiler
außerhalb des eigenen Landes.
Die Vereinigten Staaten teilten die Welt in sechs Regionalkommandos auf.
Vier dieser Kommandos liegen innerhalb der USA
und zwei außerhalb.
Und beide in Deutschland.
Zum Einen AFRICOM,
das Kommando für US-Streitkräfte in Afrika.
Mit Ausnahme von Ägypten.
Zum Anderen EUCOM, das Kommando für Europa
und die asiatisch gelegenen Teile Russlands und der Türkei.
Gelegen sind diese Kommandos in und um Stuttgart.
Hier auf dieser Karte seht ihr mal alle Standorte
für Stationierungen von US-Streitkräften in Deutschland.
Ihr seht, das sind nicht wenige.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei in Rheinland-Pfalz.
Hier liegt einer der größten Militärflughäfen der Welt,
in Ramstein bei Kaiserslautern.
Ramstein ist das internationale militärische Drehkreuz der USA.
Es werden Verwundete versorgt, Transporte durchgeführt, Vieles mehr.
In und um Ramstein sind momentan
insgesamt rund 9.000 US-Militärs untergebracht.
Und dazu noch deren Familien, zivile Angestellte und weitere Beschäftigte.
54.000 Menschen sind es insgesamt
laut US-Militär.
Die größte dauerhafte Ansammlung von US-Amerikanern außerhalb der USA.
Hier in diesem Video des YouTubers und Armeeveteranen Lane McCall
könnt ihr sehen, was das genau bedeutet.
Es gibt in der Gegend Wohnsiedlungen, Tankstellen und Einkaufszentren,
in denen alles exakt so ist wie in den USA.
Auch Highschools. Es wird mit dem Dollar bezahlt.
Deutsche dürfen dort in der Regel gar nicht rein.
Im Prinzip ist das eine eigene kleine Welt mitten in Deutschland.
Momentan wird dort auch noch
eines der modernsten Militär- krankenhäuser der Welt gebaut,
an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt
mit rund 150 Millionen Euro. Aus Steuermitteln.
So oder ähnlich sieht es an anderen Standorten des US-Militärs aus.
Unter anderem in Wiesbaden und Stuttgart.
Wieviel Geld die USA sich ihre deutschen Stützpunkte kosten lassen,
ist nicht bekannt, man kann aber davon ausgehen,
dass jährlich Milliarden US-Dollar investiert werden.
Tja, und ... warum? Was bringt die USA dazu, so viel Geld auszugeben?
Und weshalb schauen alle deutschen Regierungen dabei bisher einfach zu?
Ohne den Aufenthaltsvertrag zu kündigen?
Wie gesagt, Deutschland hätte das Recht dazu.
Na ja. Aus deutscher Sicht geht es vor allem ums Geld.
Ja, die Stationierung des US-Militärs kostet den deutschen Staat
und damit auch uns Steuerzahler ziemlich viel.
Nicht nur durch Militärkrankenhäuser, sondern auch für andere Dinge.
Jährlich kommt ein zwei-, drei- stelliger Millionenbetrag zusammen.
Etwa für die Beseitigung von Schäden wie verseuchte Böden.
Dennoch bringen die Streitkräfte auch Geld ein in ihren Regionen.
Laut Angaben des rheinland- pfälzischen Innenministeriums,
das sich auf Informationen aus den USA bezieht,
landen rund 40 Prozent der Löhne von US-Militärangestellten
in Ramstein und Umgebung bei der regionalen Wirtschaft.
Und auch sonst gelten Militärbasen als Motor für die Region.
Für Ramstein hat die TU Kaiserslautern
vor einigen Jahren ermittelt, dass der US-Anteil in einigen Branchen
extrem hoch ist, 30 Prozent zum Beispiel im Baugewerbe.
20 Prozent im Handwerk und auch noch mal 20 Prozent bei den Hotels.
Das ist ein wichtiger Faktor, der auch dafür sorgt,
dass die Menschen, die um so einen Standort herum leben,
in der Regel Befürworter der Militärbasen sind.
Und auch, wenn das US-Militär in den vergangenen Jahren mehr Jobs abbaute:
Nach wie vor arbeiten viele Deutsche als Zivilangestellte der U.S. Army.
Rund 6.000 sollen es etwa um Kaiserslautern und Ramstein sein.
Über solche Dinge will die Politik nicht einfach hinweggehen
und sieht deshalb die US-Armee als einen wichtigen Faktor
für die regionale Wirtschaft an. Zumindest die großen Parteien.
Zudem gilt für viele Politiker nach wie vor das Prinzip der Sicherheit.
US-amerikanische Soldaten kamen ursprünglich nach Deutschland
um das Land nach innen und außen zu verteidigen.
Ja. Die Situation ist heute zwar ganz anders, dennoch spielt es eine Rolle.
Und auch die Perspektive der USA ist schnell erklärt:
Stellt euch vor, ihr wärt Vertreter eines Landes,
das militärisch zwar mächtig ist, vom Rest der Welt aber weit entfernt ist.
Was würdet ihr machen?
Genau. Das Einfachste ist, sich Stützpunkte aufzubauen,
wo es strategisch sinnvoll ist, wo Flugzeuge zwischenlanden und tanken.
Wo sich eure Soldaten verarzten lassen können
und vor allem auch wo bei militärischen Aktionen
nicht so genau hingeschaut wird.
Denn das ist ein ganz wichtiger Aspekt bei diesem Thema.
Die Militärbasen der USA liegen zwar auf deutschem Hoheitsgebiet,
auf dem deutsches Recht gilt laut Verträgen,
allerdings kann dieses Recht kaum angewendet werden.
In einem Sachstandsbericht des Wissenschaftlichen Diensts
des Bundestags aus dem Jahr 2017 heißt es dazu, Zitat:
Das heißt also, es gelten zwar theoretisch unsere Gesetze,
aber praktisch haben unsere Gerichte kaum Spielräume.
In Kaiserslautern patrouilliert deshalb an Wochenenden
meist die deutsche Polizei zusammen mit US-amerikanischer Militärpolizei,
weil deutsche Polizisten bei Armeeangehörigen keine Chance haben,
was durchzusetzen, die werden ausgelacht.
Wie schwierig diese Rechtslage ist, musste vor einiger Zeit
das Verwaltungsgericht Köln feststellen.
Es kam im Verbindung mit einer Klage gegen die U.S. Army in Deutschland
zu dem Ergebnis, es würde deutsches Recht gelten auf den Basen, aber:
Und genau das machen sich die USA immer wieder auch zunutze.
Darüber sprechen wir gleich noch etwas genauer.
Ansonsten profitiert das Land auch davon,
deutsche Technologien einsetzen zu können.
Viele wichtige NATO-Verbündete sind quasi vor der Tür.
Es gibt einen attraktiven Standort für die Armeeangehörigen.
Viele wollen in Deutschland stationiert werden.
Also im Prinzip für beide Seiten eine profitable Sache.
Trotzdem gibt es immer wieder Kritik daran,
dass die USA in Deutschland stationiert sind. Warum?
Und von wem kommt die Kritik?
Für Donald Trump ist das vor allem eine betriebswirtschaftliche Sache.
Schon vor zwei Jahren hat er gefragt,
warum die USA mit so vielen Soldaten in Deutschland sein müssen,
wo das jede Menge Geld kostet.
Außerdem nutzt er die Militärpräsenz als Druckmittel, nach dem Motto:
"Wenn ihr - Deutschland - nicht wollt wie wir, ziehen wir Truppen ab."
Dass das tatsächlich funktionieren kann, sieht man an den Reaktionen
auf die Ankündigung, das Kontingent um rund 9.500 Soldaten zu reduzieren.
Hab ich ja angesprochen.
Aber auch außerhalb der USA gibt es Argumente
gegen eine Stationierung des US-Militärs in Deutschland.
Einiges davon hab ich schon kurz angeschnitten.
Vereinfacht gesagt: Keine deutsche Behörde, keine Institution,
weiß so ganz genau, was auf den Militärbasen passiert.
Obwohl es deutsches Hoheitsgebiet ist.
Ja, und tatsächlich zeichnet sich ab, dass das manchmal ausgenutzt wird.
Nur mal ein paar Beispiele:
2016 wurde bekannt, dass vor allem von Ramstein aus
Drohnen in Gebieten gesteuert werden, wo die USA im Kampfeinsatz sind.
Unter anderem, wenn auch nur indirekt, im Jemen.
Das Problem ist: Der Einsatz von bewaffneten Drohnen in der Form
ist nach deutschem Recht verboten.
Dürfte gar nicht passieren. Es passiert aber doch.
Und das lange, ohne dass die Bundesregierung davon wusste.
Das heißt, von deutschem Boden aus wurden und werden Einsätze geflogen,
bei denen Zivilisten auf brutale Art und Weise ums Leben kommen.
Oder 2017:
Damals kam raus, dass die USA offenbar über Ramstein
Waffen und anderes Kriegsmaterial an Aufständische in Syrien lieferten.
Auch das ist nach deutschem Recht nicht erlaubt.
Und wenn man noch ein bisschen weiter zurückgeht, kommt man ins Jahr 2003.
Damals wurde ein Imam von der CIA in Mailand entführt
und über Ramstein in ein ägyptisches Foltergefängnis ausgeliefert.
Entführung, Auslieferung zur Folter - ist natürlich alles verboten.
Dazu kommen weitere Fälle, in denen zweifelhafte Aktionen
von US-Stützpunkten in Deutschland ausgingen.
Abhöraktionen durch die NSA etwa,
Geheimdienstoperationen oder verdeckte Missionen.
Tatsächlich muss man auch sagen: Das, was ich eben aufgezählt habe,
könnte auch nur die Spitze des Eisbergs sein.
Wie gesagt, Deutschland hat kaum Einblick in das,
was in den Militärbasen passiert.
Genausowenig ist offiziell bekannt,
wieviele potenziell gefährliche Atomwaffen in Deutschland lagern.
Deutschland, wisst ihr vielleicht, darf keine Atomwaffen besitzen.
Aber die USA haben schon vor längerer Zeit welche gelagert
und neulich erst modernisiert, nämlich in Büchel,
einem kleinen Ort mitten in Rheinland-Pfalz.
Das ist natürlich permanent gefähr- lich, weit über die Region hinaus.
Verschiedene Gruppierungen und Parteien
sprechen sich deshalb für einen kompletten Truppenabzug der USA aus.
Sobald wie möglich.
Interessant dabei ist, dass Kritiker sowohl Grüne und Linke sind,
als auch die AfD - zumindest teilweise.
Andere, zum Beispiel die Union, sind grundsätzlich dagegen.
Was mich mal interessieren würde, ist: Wie seht ihr das denn?
Sollen sich die USA aus Deutschland zurückziehen?
Komplett? Oder teilweise? Sollte alles bleiben, wie es ist?
Was denkt ihr darüber? Schreibt es gern unten in die Kommentare.
Und wenn ihr mehr zu dem Thema wissen wollt, schaut in die Infobox,
da hab ich Einiges verlinkt, unter anderem Einschätzungen
des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, reingucken lohnt sich.
Neben mir findet ihr ein Video, das sich um den Zweiten Weltkrieg
und Besatzungszonen in Deutschland dreht, einfach hier klicken,
auf dem Kanal "Müsst ihr wissen to go Geschichte".
Direkt darunter was von diesem Kanal hier,
da geht es um Trumps Konkurrenten bei der US-Präsidentschaftswahl
in diesem Jahr, Joe Biden. Hier klicken.
Danke dafür und fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.