×

Używamy ciasteczek, aby ulepszyć LingQ. Odwiedzając stronę wyrażasz zgodę na nasze polityka Cookie.

image

Nachrichten, Deutsch-französische Freundschaft in der Krise?

Deutsch-französische Freundschaft in der Krise?

Deutsche und Franzosen verbindet eine enge Freundschaft. Aber in der Corona-Krise sahen vor allem manche Deutsche in ihren Nachbarn eine Gefahr. Die Schließung der Grenzen sorgte für Unruhe.

SPRECHER: Im Zollmuseum von Habkirchen hat Franz-Josef Fries alle Hände voll zu tun. Der pensionierte Zöllner kümmert sich ehrenamtlich um die Ausstellung im alten Grenzhäuschen. Eigentlich ist die deutsch-französische Grenze hier Geschichte, das Museum ein Symbol für gute Nachbarschaft. Doch jetzt hat die Corona-Krise einen Keil in die länderübergreifende Freundschaft getrieben.

FRANZ-JOSEF FRIES (Zollmuseum Habkirchen): Dass ich das noch erleben kann, dass Deutsche mit den Franzosen irgendwelchen Krach haben, nur weil sie aus Frankreich kamen, weil in Frankreich Corona eher war. Das hätte ich nie im Leben geglaubt, dass das wieder passiert.

SPRECHER: Franzosen werden beschimpft, stehen in Verdacht, das Virus zu verbreiten, als im März die Grenzen wieder geschlossen werden – so wie diese Brücke. Eine deutsche Behörde hatte die französische Nachbarregion zum Risikogebiet erklärt. Nur wer auf der anderen Seite arbeitete, durfte die Grenze weiter passieren. Eine Maßnahme, für die Franz-Josef Fries Verständnis hat.

FRANZ-JOSEF FRIES: Was wollten Sie denn machen? Natürlich, ein Virus macht an keiner Grenze der Welt halt. Die Leute, die rüberkommen mit dem Virus, die verbreiten den dann.

SPRECHER: Ihn hat das schwer getroffen: Jerome Lohmann ist Franzose, pendelt zur Arbeit nach Deutschland. Dann war über Nacht die Grenze zu, ohne Ankündigung. Als Grenzgänger durfte er zwar rüber. Doch mancher Deutsche sah plötzlich eine Gefahr in ihm.

JEROME LOHMANN: Wenn wir gesagt kriegen, wir sind jetzt unerwünscht und alles, und das war – das hat mir ein bisschen Weh am Herz gemacht. Wie? Warum? Wir können nichts dafür. Jeder weiß, es kommt ja von China. Das hätten können die deutschen Kollegen kriegen oder egal was. Und wir können nichts dafür. Das hat mir doch ein bisschen wehgetan.

SPRECHER: Im deutschen Grenzort Gersheim hat der Bürgermeister selbst französische Wurzeln, wie man schon an seinem Namen merkt. Michael Clivot hat die Berichte gelesen von Grenzgängern aus Frankreich, die auf der Straße als „Scheißfranzosen“ beschimpft wurden, die in ihr „Corona-Land“ zurückgehen sollten. Ausgerechnet im frankophilen Saarland steht die deutsch-französische Freundschaft auf dem Prüfstand.

MICHAEL CLIVOT (Bürgermeister Gersheim): In dieser Krise hat sich tatsächlich gezeigt, dass sie vielleicht doch nicht so stabil ist, wie wir das uns bisher immer vorgestellt haben und auch gewünscht haben. Und ich glaube, dass wir jetzt einiges auch noch mal tun müssen, um zumindest mal bei den Menschen vor Ort dieses Gefühl, dass die Partnerschaft so wichtig für Europa ist, noch mal tatsächlich aufzubauen.

SPRECHER: Michael Clivot hat das Verhalten seiner Saarländer öffentlich kritisiert. Und jetzt steht er selbst in der Kritik.

MICHAEL CLIVOT: Mir hat man tatsächlich Fakenews hier vorgeworfen, weil viele das auch nicht wahrhaben wollten, aber ich glaube, es war wichtig, das auch laut und stark zu sagen, dass wir hier ein Problem haben.

SPRECHER: Jetzt, wo die Grenze endlich wieder geöffnet ist, will der Deutsche ein Zeichen setzen, besucht seinen französischen Amtskollegen im benachbarten Rimling. Eric Hemmert erlebt die Freundschaftskrise von der französischen Seite. Er fürchtet, die Reaktionen aus Deutschland könnten Narben hinterlassen.

ERIC HEMMET (Bürgermeister Rimling): Das hat ein Klima des Misstrauens geschaffen. In gewisser Weise hat uns unsere Geschichte wieder eingeholt. Da ist bei dem einen oder anderen plötzlich wieder der Extremismus hochgekommen.

SPRECHER: Das Denkmal von Rimling zeugt von der Geschichte einer schwer umkämpften Grenzregion, von den Kriegen zwischen beiden Staaten. Eine Mahnung für Politiker beider Seiten, sagen die Bürgermeister. So manche unbedachte Äußerung habe die Krise verschärft.

MICHAEL CLIVOT: Die politische Rhetorik beeinflusst auch das Handeln der Menschen und wie sie mit der Angst auch, die im Moment da ist, auch umgehen. Und wenn man natürlich über Wochen erzählt, dass man die Saarländerinnen und Saarländer vor den Franzosen schützen muss, dann fangen natürlich die Menschen an, drüber nachzudenken, und kommen dann vielleicht zu irrationalem Handeln, und das haben wir hier auch gehabt.

SPRECHER: So bekommt das alte Schild der europäischen Freundschaftsbrücke in Habkirchen wieder besondere Bedeutung. Franz-Josef Fries, der ehemalige Zöllner, hätte es am liebsten wieder am alten Platz.

FRANZ-JOSEF FRIES: Eine Freundschaft, die so fest war wie Deutschland und Frankreich, die gewachsen ist über Jahrzehnte, wirklich über Jahrzehnte, die macht man durch so 'n Quatsch nicht kaputt. Dass das jetzt bleibende Schäden hat, also, das kann ich mir beim allerbesten Willen nicht vorstellen. Absolut nicht.

SPRECHER: Im kleinen Museum von Franz-Josef Fries wird die Corona-Blockade jedenfalls ihren Platz finden: als ein neues Stück deutsch-französischer Grenzgeschichte.

Learn languages from TV shows, movies, news, articles and more! Try LingQ for FREE

Deutsch-französische Freundschaft in der Krise? Franco-German friendship in crisis?

Deutsche und Franzosen verbindet eine enge Freundschaft. |||connects||| Germans and French share a close friendship. Aber in der Corona-Krise sahen vor allem manche Deutsche in ihren Nachbarn eine Gefahr. But in the Corona crisis, some Germans in particular saw a danger in their neighbors. Die Schließung der Grenzen sorgte für Unruhe. The closure of the borders caused unrest.

SPRECHER: Im Zollmuseum von Habkirchen hat Franz-Josef Fries alle Hände voll zu tun. ||||||||Fries||||| NARRATOR: In the customs museum in Habkirchen, Franz-Josef Fries has his hands full. Der pensionierte Zöllner kümmert sich ehrenamtlich um die Ausstellung im alten Grenzhäuschen. |||cares||voluntarily||||||border hut The retired customs officer takes care of the exhibition in the old border house on a voluntary basis. Eigentlich ist die deutsch-französische Grenze hier Geschichte, das Museum ein Symbol für gute Nachbarschaft. ||||||here|||||symbol||| Actually, the German-French border is history here, and the museum is a symbol of good neighborliness. Doch jetzt hat die Corona-Krise einen Keil in die länderübergreifende Freundschaft getrieben. |||||||wedge||||| But now the Corona crisis has driven a wedge into the transnational friendship. Mas agora a crise de Corona criou uma barreira na amizade transnacional.

FRANZ-JOSEF FRIES (Zollmuseum Habkirchen): Dass ich das noch erleben kann, dass Deutsche mit den Franzosen irgendwelchen Krach haben, nur weil sie aus Frankreich kamen, weil in Frankreich Corona eher war. ||||||||||||||||any|noise||||||||||||| FRANZ-JOSEF FRIES (Customs Museum Habkirchen): That I can still experience that Germans have some kind of row with the French just because they came from France, because Corona was more likely in France. Das hätte ich nie im Leben geglaubt, dass das wieder passiert. I never would have believed in my life that this would happen again.

SPRECHER: Franzosen werden beschimpft, stehen in Verdacht, das Virus zu verbreiten, als im März die Grenzen wieder geschlossen werden – so wie diese Brücke. ||||||||virus|||||||||||||| NARRATOR: The French are being insulted, suspected of spreading the virus when the borders are closed again in March - like this bridge. Eine deutsche Behörde hatte die französische Nachbarregion zum Risikogebiet erklärt. ||||||neighboring region||| A German authority had declared the neighboring French region a risk area. Nur wer auf der anderen Seite arbeitete, durfte die Grenze weiter passieren. Only those who worked on the other side were allowed to continue crossing the border. Eine Maßnahme, für die Franz-Josef Fries Verständnis hat. A measure that Franz-Josef Fries understands. Uma medida que Franz-Josef Fries entende.

FRANZ-JOSEF FRIES: Was wollten Sie denn machen? FRANZ-JOSEF FRIES: What did you want to do? Natürlich, ein Virus macht an keiner Grenze der Welt halt. Of course, a virus does not stop at any border in the world. Die Leute, die rüberkommen mit dem Virus, die verbreiten den dann. |||come over||||||| The people who come over with the virus, they then spread it.

SPRECHER: Ihn hat das schwer getroffen: Jerome Lohmann ist Franzose, pendelt zur Arbeit nach Deutschland. |||||||||Frenchman||||| SPEAKER: It hit him hard: Jerome Lohmann is French and commutes to work in Germany. Dann war über Nacht die Grenze zu, ohne Ankündigung. Then overnight the border was closed, without notice. Então a fronteira foi fechada durante a noite sem aviso prévio. Als Grenzgänger durfte er zwar rüber. |border crosser|||indeed| As a border crosser, he was allowed to cross. Como viajante transfronteiriço, ele foi autorizado a ir para lá. Doch mancher Deutsche sah plötzlich eine Gefahr in ihm. But some Germans suddenly saw a danger in him.

JEROME LOHMANN: Wenn wir gesagt kriegen, wir sind jetzt unerwünscht und alles, und das war – das hat mir ein bisschen Weh am Herz gemacht. |||||to get|||||||||||||||hurt||| JEROME LOHMANN: When we were told that we were now unwanted and everything, and that was - that made my heart ache a little. Wie? Warum? Wir können nichts dafür. Its not our fault. Jeder weiß, es kommt ja von China. Everyone knows it comes from China. Das hätten können die deutschen Kollegen kriegen oder egal was. The German colleagues could have gotten that or whatever. Und wir können nichts dafür. And we are not to blame. Das hat mir doch ein bisschen wehgetan. ||||||hurt That hurt me a bit.

SPRECHER: Im deutschen Grenzort Gersheim hat der Bürgermeister selbst französische Wurzeln, wie man schon an seinem Namen merkt. |||border town|||||||||||||| NARRATOR: In the German border town of Gersheim, the mayor himself has French roots, as you can tell from his name. Michael Clivot hat die Berichte gelesen von Grenzgängern aus Frankreich, die auf der Straße als „Scheißfranzosen“ beschimpft wurden, die in ihr „Corona-Land“ zurückgehen sollten. |||||||cross-border commuters||||||||||||||||return| Michael Clivot has read the reports of cross-border commuters from France who were insulted on the street as "fucking French" who were supposed to go back to their "Corona country". Ausgerechnet im frankophilen Saarland steht die deutsch-französische Freundschaft auf dem Prüfstand. |||||||||||test The Franco-German friendship is being put to the test in the Francophile Saarland of all places.

MICHAEL CLIVOT (Bürgermeister Gersheim): In dieser Krise hat sich tatsächlich gezeigt, dass sie vielleicht doch nicht so stabil ist, wie wir das uns bisher immer vorgestellt haben und auch gewünscht haben. MICHAEL CLIVOT (Mayor of Gersheim): This crisis has actually shown that it is perhaps not as stable as we had always imagined and wished. Und ich glaube, dass wir jetzt einiges auch noch mal tun müssen, um zumindest mal bei den Menschen vor Ort dieses Gefühl, dass die Partnerschaft so wichtig für Europa ist, noch mal tatsächlich aufzubauen. And I believe that we now have to do a lot more to at least build up this feeling among the people on the ground that the partnership is so important for Europe.

SPRECHER: Michael Clivot hat das Verhalten seiner Saarländer öffentlich kritisiert. |||||||Saarlanders|| SPEAKER: Michael Clivot has publicly criticized the behavior of his Saarlanders. Und jetzt steht er selbst in der Kritik. And now he's being criticized himself.

MICHAEL CLIVOT: Mir hat man tatsächlich Fakenews hier vorgeworfen, weil viele das auch nicht wahrhaben wollten, aber ich glaube, es war wichtig, das auch laut und stark zu sagen, dass wir hier ein Problem haben. ||||||fake news||||||||to acknowledge|||||||||||||||||||| MICHAEL CLIVOT: I was actually accused of fake news here because many did not want to accept it, but I believe it was important to say loudly and clearly that we have a problem here.

SPRECHER: Jetzt, wo die Grenze endlich wieder geöffnet ist, will der Deutsche ein Zeichen setzen, besucht seinen französischen Amtskollegen im benachbarten Rimling. SPEAKER: Now that the border is finally open again, the German wants to make a statement, visiting his French counterpart in neighboring Rimling. Eric Hemmert erlebt die Freundschaftskrise von der französischen Seite. |Hemmert||||||| Eric Hemmert experiences the friendship crisis from the French side. Er fürchtet, die Reaktionen aus Deutschland könnten Narben hinterlassen. |||||||scars| He fears that the reactions from Germany could leave scars.

ERIC HEMMET (Bürgermeister Rimling): Das hat ein Klima des Misstrauens geschaffen. |HEMMET||||||||| ERIC HEMMET (Mayor Rimling): This has created a climate of mistrust. In gewisser Weise hat uns unsere Geschichte wieder eingeholt. ||||||||caught up In a way, our history has caught up with us again. Da ist bei dem einen oder anderen plötzlich wieder der Extremismus hochgekommen. |||||||||||risen

SPRECHER: Das Denkmal von Rimling zeugt von der Geschichte einer schwer umkämpften Grenzregion, von den Kriegen zwischen beiden Staaten. ||monument|||||||||||||||| Eine Mahnung für Politiker beider Seiten, sagen die Bürgermeister. |reminder||||||| A reminder for politicians on both sides, say the mayors. So manche unbedachte Äußerung habe die Krise verschärft. ||thoughtless||||| Some thoughtless remarks have exacerbated the crisis.

MICHAEL CLIVOT: Die politische Rhetorik beeinflusst auch das Handeln der Menschen und wie sie mit der Angst auch, die im Moment da ist, auch umgehen. |||||influences||||||||||||||||||| MICHAEL CLIVOT: Political rhetoric also influences people's actions and how they cope with the fear that exists at the moment. Und wenn man natürlich über Wochen erzählt, dass man die Saarländerinnen und Saarländer vor den Franzosen schützen muss, dann fangen natürlich die Menschen an, drüber nachzudenken, und kommen dann vielleicht zu irrationalem Handeln, und das haben wir hier auch gehabt. ||||||||||women from Saarland||Saarlanders|||||||begin|||||about it|to think|||||||||||||| And of course, if you talk for weeks about needing to protect the people of Saarland from the French, people start to think about it, and they might engage in irrational actions, which we have also experienced here.

SPRECHER: So bekommt das alte Schild der europäischen Freundschaftsbrücke in Habkirchen wieder besondere Bedeutung. ||||||||friendship bridge||||| SPOKESPERSON: This way, the old sign of the European Friendship Bridge in Habkirchen takes on special significance again. Franz-Josef Fries, der ehemalige Zöllner, hätte es am liebsten wieder am alten Platz. Franz-Josef Fries, the former customs officer, would prefer it to be back in its old place.

FRANZ-JOSEF FRIES: Eine Freundschaft, die so fest war wie Deutschland und Frankreich, die gewachsen ist über Jahrzehnte, wirklich über Jahrzehnte, die macht man durch so 'n Quatsch nicht kaputt. ||||||||||||||grown|||||||||||||nonsense|| FRANZ-JOSEF FRIES: A friendship that was as strong as Germany and France, that grew over decades, really over decades, you don't destroy it with nonsense like that. Dass das jetzt bleibende Schäden hat, also, das kann ich mir beim allerbesten Willen nicht vorstellen. |||lasting|||||||||||| Absolut nicht.

SPRECHER: Im kleinen Museum von Franz-Josef Fries wird die Corona-Blockade jedenfalls ihren Platz finden: als ein neues Stück deutsch-französischer Grenzgeschichte. ||||||||||||||||||||||border history SPEAKER: In the small museum of Franz-Josef Fries, the Corona blockade will certainly find its place: as a new piece of German-French border history.