Rola | GERMANIA
Wenn ich heut' drüber nachdenke:
Alle Ausländer in meiner damaligen Klasse,
keiner hat's ins Gymnasium geschafft! Ist das jetzt Rassismus?
Oder waren wir wirklich einfach nicht so gut?
*Titelmelodie*
*Musik*
Mein Name ist Rola, ich komme aus Frankfurt,
bin in Ghana geboren, in Accra, bin 28 Jahre alt
und bin Sängerin, Songwriterin und Freestyle-Designerin.
*Musik*
Meine Mama ist aus Ghana
und mein Vater ist armenischer Libanese.
Meine Eltern haben sich dann aber getrennt,
und dann kam mein deutscher Papa ins Spiel.
Der hat damals in Ghana Autos verkauft.
Und meine Mama hat am Flughafen gearbeitet,
und die haben sich dann kennengelernt.
Und dann haben sie sich entschieden, zu heiraten
und nach Deutschland zu ziehen.
Da war ich ungefähr 3 Jahre alt.
Dann sind wir hier in Frankfurt gelandet.
Und dann ist meine Schwester geboren.
Ich hab auch nicht so wirklich viele Erinnerungen an Ghana,
also die ersten 3 Jahre sind natürlich...
Man hat nicht so viele Erinnerungen.
*Musik*
Als allererstes ist so die Erziehung von meiner Mama,
also die ghanaische, afrikanische Erziehung,
aber halt auch sehr die deutsche Erziehung!
Das stand immer im Konflikt zueinander:
Meine Mama, die eher streng ist.
Wir sind sehr christlich aufgewachsen,
sind jeden Sonntag in die Kirche gegangen.
Dieses: "Man darf keinen Freund haben."
Und: "Nicht so lange draußen."
Und: "Am besten auch nicht mit dem abhängen."
Und: "Schule ist ganz wichtig!"
Natürlich, Schule ist überall wichtig!
Aber sie hat viel mehr Wert drauf gelegt,
weil irgendwie so dieses Gefühl: "Wir sind jetzt hier in Deutschland,
wir haben jetzt hier andere Möglichkeiten, mehr Möglichkeiten,
nutzt die bitte!"
Und dann hat man natürlich so diese andere Seite,
die deutsche Erziehung, die 'n bisschen lockerer ist,
die 'n bisschen mehr Freiraum lässt.
Wenn's nach meinem Papa ging, hätten wir auch...
war's kein Problem, 'n Boyfriend zu haben.
*Musik*
Wenn man Eltern hat, die z.B. nicht so gut Deutsch sprechen,
die es natürlich schwerer haben, bei den Hausaufgaben zu helfen,
ist klar. Und dass man dann noch mehr machen muss,
um alleine klar zu kommen.
Da kann auch am Ende des Tages die Schule nichts für.
Wir sind nach der Schule in den Hort
und haben dort unsere Hausaufgaben gemacht.
Meine Mutter hat uns schon auch gesagt:
"Ey, ihr müsst vielleicht auch ein- fach mehr machen als andere Kinder.
Weil die Hautfarbe ist halt einfach da."
Es gibt halt manche Menschen, die dich schon in 'ne Schublade stecken.
D.h. du musst schon Gas geben,
und du musst dich schon mehr anstrengen als andere,
um zu beweisen irgendwie: Okay, hey, ich hab's drauf.
*Gong*
*Klangschale*
Das Gefühl, dass man mehr machen muss als andere,
weil man sich wegen seiner Hautfarbe oder seiner Herkunft
irgendwie beweisen muss, ist eigentlich total blöd.
Aber das ist etwas, was in mir mitgegeben wurde,
was mir heute einfach hilft,
so 'n bisschen immer mehr zu geben als vielleicht nötig.
*Musik*
Deutschland ist auf jeden Fall ein Land der Möglichkeiten.
Man kann hier alles werden, was man will, wenn man will.
Aber ich glaub, das kann man eigentlich auch überall.
Wenn ich jetzt in Ghana geblieben wär'
mit den finanziellen Möglichkeiten, hätte ich das auch machen können.
Überall wo man ist, spielt einfach Geld immer 'ne Rolle.
Wenn man kein Geld hat, muss man hart arbeiten!
Und ranklotzen und einfach viel Glück haben.
Ich glaube auch, dass man, wenn man Glück hat,
das vielleicht auch erst im Nachhinein sieht.
(flüsternd:) Boah, Rola! Du hattest ein Interview bei "Germania". Krass!
*Titelmelodie*
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)
*Stille*