Leben in der Kommune: Wir teilen alles! | Was macht Geld mit uns? Folge 4
Das ist eure Gemeinschaftskasse.
Wenn ich das aufmache, ist Geld drin.
Ich hatte das nie in WGs, das allen alles gehört.
Ich habe dann immer das Gefühl, vielleicht komme ich zu kurz.
Kennst du das? -Äh, nö.
Stellt euch mal vor, ihr müsstet eure ganze Kohle in einen Topf werfen.
Und alle anderen dürfen sich draus bedienen
und sich irgendwas davon kaufen.
Ich treffe heute Leute, die genauso leben,
und ich will herausfinden, warum sie sich das ausgesucht haben.
Hi. Frank. -Ben.
Ich bin voll gespannt, wie es hier abläuft in der Kommune.
Ich kann mir unter Kommune noch nicht so viel vorstellen.
Vor allem bin ich daran interessiert, wie ihr mit Geld umgeht.
Weil ich hab es ja richtig verstanden,
dass ihr alle kein eigenes Geld habt?
Ja, genau, zumindest nicht für sich alleine.
Vielleicht kannst du mich einfach mal ein bisschen hier rumführen.
Gerne, ein paar von uns wohnen hier schon im Wohnhaus.
Und das ist jetzt der Stall, der ausgebaut wird.
Wie viele Leute leben hier insgesamt schon?
Vier Erwachsene, zwei Kinder und ein Baby.
Und, genau, dann kommen hier in den Stall noch mal acht Zimmer,
also am Ende sind wir dann 14 Erwachsene.
Wow, Bauwagen.
* Musik *
Wenn die Hühner kommen, das ist immer mein schöner Moment. *pfeift*
* Ben pfeift *
Genau, jetzt gibt es Frühstück.
Das sieht wirklich idyllisch aus.
Und hier in den Bauwagen wohnen auch Leute?
In den Bauwagen haben die quasi ihr Zimmer,
aber die Küche und das Bad sind dann im Haus.
Vielleicht können wir später nochmal in so einen Bauwagen reingucken.
Ich weiß nicht, ob das cool ist für die,
aber ich finde sowas immer mega schön.
Ich habe mir im Vorfeld gedacht,
was kann ich unter einer Kommune erwarten?
Was stelle ich mir unter einer Kommune vor?
Dann kommen sofort Bilder von Alt-68er-WGs, weißt du?
Genau, so freie-Liebe-mäßig. Was ist denn Kommune für euch?
Was bedeutet das für euch?
Ich glaube, freie Liebe ist es für die wenigsten.
Für uns ist es gemeinschaftliches Wohnen und unser Geld teilen.
Also, das ist für mich ein spannender Faktor:
Mit wem wäre ich bereit, mein Geld zu teilen?
Ja, die Hemmschwelle, sein Geld zu kollektivieren
ist schon relativ groß. -Würde ich von mir auch sagen.
Genau, wenn du sagst, du hast Bock auf Kommune, würden sie sagen,
klar, komm rum, aber dein Geld ist dann unser Geld.
Und dann wären viele schon wieder draußen.
Oder wären zumindest einen Schritt langsamer.
Ich kann es mir noch nicht so richtig vorstellen, ob das was für mich wäre.
Ich bin gespannt, wenn ich ein bisschen mehr herausfinde,
wie ihr das konkret macht,
ob ich mir das auch vorstellen könnte.
Oder ob das für mich ganz abwegig ist.
Sag mal, Ben, was machen wir heute?
Wir wollen es heute warm haben, wenn wir reingehen.
Deswegen können wir mit Zora, einer Mitbewohnerin, zusammen Holz machen.
Und Zora wohnt wo?
Zora wohnt direkt hinter dir, in dem schönen Bauwagen da,
bei uns im Garten. -Ach, cool.
* klopfen *
Hi. Frank. -Moin. Zora.
Hi. Darf ich mal kurz einen Blick rein werfen? -Na klar. Kommt rein.
Das ist ja gemütlich. -Ja, ne?
Gemütlich, aber auch klein. -Ja, aber man gewöhnt sich dran.
Man gewöhnt sich dran, mit wenig auszukommen? -Ja.
Und das Haus ist ja auch groß genug.
Das gleicht das dann so ein bisschen aus.
Du schläfst also hier und hast hier deinen Kram,
aber Klo und Küche und so machst du alles im Haus.
Ja, Gemeinschaftsräume, das Bad und die Küche.
Aber das ist schon ein bisschen mies im Winter, zu wissen,
ich muss jetzt noch aufs Klo, draußen ist es saukalt, Schnee liegt.
Das ist mein erster Winter, ich habe diese Erfahrung noch nicht gemacht.
Mal gucken, wie das dann sein wird.
Hast du ein bisschen Schiss davor? -Ja, schon ein bisschen.
Mal schauen, aber ich liebe diesen Wagen einfach total.
Es ist so mega gemütlich. Ich habe diesen Ofen mit dieser Scheibe drin.
Und dann liege ich in meinem Bett und kann dem Feuer zusehen.
Du hast dich bereit erklärt, mit uns Holz zu zerkleinern.
Auf jeden Fall.
* Musik *
Essen gibt es, wenn der Stapel weg ist, würde ich sagen.
Also morgen.
Ich gehe die Schubkarre holen.
Zora, wie bist du eigentlich hierher gekommen?
Als junge Erwachsene bin ich in Berlin gestrandet.
Da habe ich die ersten Erfahrungen gesammelt, mit vielen Menschen
unter einem Dach zu wohnen, sich gemeinsam zu organisieren,
den Alltag zusammen zu strukturieren.
Und das hat mich total fasziniert und begeistert.
Als ich das da erlebt habe, wusste ich, so will ich leben.
* Säge kreischt *
Cool, gut gemacht.
Ich hab für diese Reihe "Was macht Geld mit uns?"
auch einen jungen Millionär getroffen.
Das beste ist Porsche.
Kannst das Leben nicht besser genießen, wenn du wüsstest,
du müsstest dir über Geld keine Sorgen mehr machen?
Freiheit ist für ihn, dass er mit dem Geld bestimmen kann, was er will,
dass er das investieren kann, wo er möchte.
Und dass er sich auch mal was gönnen kann.
Kannst du damit gar nichts anfangen? -Ja, ich gönne mir auch was.
Ich würde sagen, wir gönnen uns hier alle Sachen.
Ich gönne mir, weiß nicht, was gönne ich mir denn?
Ach, ich gehe total gerne essen.
Aber das muss kein 5-Sterne-Restaurant sein.
Also, das kriegen wir von der Gesellschaft eingeimpft,
das haben wir so internalisiert, das ist so in uns drin,
dass das mein Geld ist, über das ich alleine verfüge.
Und dass das diese ominöse Freiheit ist,
die ich nicht unbedingt als Freiheit empfinde.
Und wo ich mich viel freier fühle, wenn wir in der Gruppe sind
und ich weiß, wir achten alle gemeinsam drauf.
Und wenn ich mal weniger verdiene,
kann ich meinen Lebensstandard halten.
Weil andere, die mehr verdienen, gar nicht so viel brauchen gerade.
Aber dafür muss ich kein Millionär sein, um da glücklich zu werden.
* Musik *
Das ist eure Kasse.
Das ist das gute Stück, unsere Bank.
O.k., und das ist jetzt,
was ihr in den nächsten zwei Wochen verbrauchen dürft?
Das Lustige ist, das werde ich dir gar nicht so genau sagen können,
weil immer, wenn ich das aufmache, ist einfach Geld drin.
Wenn ich morgens zur Arbeit fahre, renne ich zur Kasse, mache sie auf
und nehme mir ein bisschen Geld raus und stecke es ins Portmonee.
Ich trag aber vorher in unser Ausgabenbuch ein,
wofür ich das Geld ausgegeben habe.
Das ist so, um ein bisschen den Überblick zu behalten.
Man sieht schon, am meisten steht da vor allem Alltag drin.
Was bedeutet das? -Alltag bedeutet, alle Ausgaben,
normale Durchschnittsausgaben, die du unter der Woche hast,
weil du dir ein Brötchen in der Bäckerei holst,
deinen Einkauf machst für 50 Euro, mit der Tram fährst
und dir noch einen Döner holst oder so.
Das ist jetzt nur das, was für den täglichen Bedarf da ist.
Aber ihr habt ja noch ein Konto.
Habt ihr da auch euer ganzes Erspartes auf dieses Konto gebucht?
Nee, das ist auf jeden Fall noch so ein Schritt.
Wir haben gerade so eine gemeinsame Alltagsökonomie.
D.h. alles, was wir im Alltag erwirtschaften an Geld,
das fließt zusammen.
Was wir Erspartes schon hatten oder geerbt haben oder erben,
das ist da nicht mit dabei.
D.h. wir haben keine Vermögensökonomie,
das wäre sozusagen der nächste konsequente Schritt,
auch das Vermögen zu vergemeinschaften.
Gibt es überhaupt ein Szenario, dass jemand aussteigt. Was ist dann?
Wir sind ja hier in Deutschland,
deswegen wird hier alles ordentlich aufgeschrieben, festgehalten,
protokolliert und vertraglich geregelt.
Also, ihr habt einen Kommunenvertrag? -Ja, genau.
Und was hast du da für dich festgeschrieben?
Ist es auch ein Geldbetrag?
Ich? Oh Gott, das ist schon wieder so lange her.
Ich hab auf jeden Fall stehen, dass ich Sachen habe,
die ich mit einbringe, die aus der Familie kommen.
Die ich geerbt habe von meiner Oma und so.
Dass ich die dann wieder mitnehmen möchte.
Das ist ein Schrank, ein Bild, aber ich habe nicht reingeschrieben,
dass ich einen Geldbetrag brauche, wenn ich rauskomme.
Könnt ihr sagen, was ihr so in die Kasse reingebt?
Das sind 1,3 netto.
Also, 1200 - 1300, die dann immer weitergeleitet werden.
Bei mir sind es so zwischen 700 und 800 Euro.
Da darfst du dir so viel rausnehmen, wie du willst, gibt es ein Limit?
Es gibt ein Limit von 150 Euro.
Alles, was darüber geht,
soll per Mail erst an die anderen kommuniziert werden.
Wir haben gerade ein Thema, ich weiß nicht, wie das jetzt ...
Also, es gibt ein Thema bei einer größeren Anschaffung,
wo wir gerade noch Gesprächsbedarf haben.
Wo es um ein Auto geht, was zusätzlich angeschafft werden soll,
und die Frage ist, können wir uns das leisten?
Weil du gerade so rübergeguckt hast,
ist es etwas, das du dir anschaffen willst?
Und was ist das?
Ein Bus, ein ausgebauter Bus, um reisen zu können.
Also, natürlich auch kollektiviert,
damit alle aus der Gruppe den nutzen können.
Aber die Intention, die Idee, kam so von mir, das Bedürfnis.
Dafür musst du gerade kämpfen in der Gruppe?
Ich muss nicht dafür kämpfen.
Empfindest du das nicht so? Du musst ja irgendwie klarmachen,
warum muss das jetzt sein, dass es noch ein Auto dazu gibt, oder?
Also, es gibt auf jeden Fall Gesprächsbedarf.
Aber wir sind uns ziemlich wohlwollend.
Und eigentlich ist ja auch die Idee bei der gemeinsamen Ökonomie,
dass man Bedürfnisse anderer Menschen nicht hinterfragt.
Sondern, dass wir uns ermöglichen, unsere Bedürfnisse zu erfüllen.
Und natürlich muss man darüber sprechen.
Aber es ist o.k., darüber zu sprechen.
Vielleicht unterstelle ich euch, weil ich von mir ausgehe,
so einen Neidgedanken. So, hey, warum darf der sich jetzt das leisten?
Ich würde mir auch gerne ein neues Auto kaufen.
So sind ja alle sozialisiert, das ist ja auch ein Prozess.
Es ist ja nicht so, dass wir hier alles komplett richtig machen,
und immer die Antwort kennen, sondern wir lernen die ganze Zeit dazu.
Wir haben eine grobe Vorstellung, wie wir zusammen leben wollen,
wie wir wirtschaften wollen zusammen.
Und versuchen das in diesem Prozess herauszufinden,
wie wir das in die Praxis umsetzen können, was die Theorie ist.
Gerade die Frage von Neid, das ist gesellschaftlich total verbreitet,
aber ich finde, es ist immer gut zu gucken, was steht hinter diesem Neid?
Wenn ich das mal kurz ausblende und ich gucke nur auf mich
und ich stelle fest, eigentlich geht es mir voll gut,
dann geht es mir auch noch gut, wenn der andere sich ein neues Auto kauft.
Dann geht es mir nicht schlechter, weil der sich ein neues Auto kauft.
Zora, du wolltest mir noch was zeigen.
Genau, wir gehen jetzt in die Tofu-Manufaktur.
Und schauen uns da den Raum an, den wir zukünftig umbauen
zu einem Verarbeitungsraum, wo wir dann Tofu herstellen.
Wir treffen uns jetzt gleich mit dem Architekten.
Mit dem besprechen wir die nächsten Schritte.
Was getan werden muss in den nächsten Monaten.
Oha, der fühlt sich auch total komisch an. -Geht ja gut los.
Ich habe den Schlüssel noch nie benutzt,
der wurde uns letztens erst in die Hand gedrückt.
Hah, sehr gut.
Oh mein Gott. *Zora lacht*
Wow!
Krass, ich war hier schon richtig lange nicht mehr drin.
Und ich dachte, dass der Raum leer sein wird.
Das hier war mal eine Backstube? -Genau.
Und wie sieht das dann später hier aus?
Es wird hier einen Räucherofen geben, wo wir den Tofu räuchern.
Und es wird einen Käsekessel geben, wo die Sojamilch erhitzt wird.
Ein bisschen vom Prinzip wie eine Käserei wird das aussehen.
Also, wir sind zu zweit, wir werden darin arbeiten.
Und das Geld, das wir damit erwirtschaften,
in die gemeinsame Kasse tun, so wie die anderen auch mit ihrem Einkommen.
Wenn ich mir überlege, ich baue mir ein eigenes Business auf,
dann hätte ich vielleicht ein bisschen, wie soll ich sagen,
weniger Motivation, wenn ich wüsste, dass der Gewinn sowieso wieder
an die Gemeinschaft fließt. Ist das bei dir auch so?
Nein, das ist bei mir nicht so.
Ich glaube, ich würde die Tofurei niemals machen,
wenn ich nicht in der Kommune wäre.
Und wenn ich diesen Rückhalt und diese finanzielle
und zwischenmenschliche Sicherheit nicht hätte,
würde ich das gar nicht realisieren können.
Weil ich dadurch, dass ich in der Kommune bin, auf ein großes Netzwerk
und eine große Infrastruktur zurückgreifen kann.
Ich komme rüber wie der letzte konservative, neoliberale Mensch,
aber das sind so Gedanken, die ich tatsächlich habe.
* Musik *
Ich finde das total schön, dass ihr hier so in der Gemeinschaft lebt.
Das kann ich mir eigentlich auch gut vorstellen, wenn es jetzt
eine Gemeinschaft wäre, die sagt, jeder gibt 200 oder 300 Euro im Monat
in die Gemeinschaftskasse und davon kaufen wir einen Großteil der Sachen.
Aber jeder hat immer noch einen großen Anteil
an seinem eigenen Einkommen mit dem er machen kann, was er will.
Damit wäre ich, glaube ich, fein.
Das ist aber eben genau nicht der Gedanke, den ihr habt.
Weil das eben in letzter Konsequenz heißt, alles hinein zu geben.
Ich glaube, dass ich dafür nicht bereit bin.
Aber es gibt mir auch voll zu denken, warum nicht.
Was ist eigentlich mit euch? Könntet ihr euch vorstellen,
in einer Kommune zu leben und euer Geld mit allen zu teilen?
Schreibt das mal in die Kommentare.
Hier findet ihr alle Filme aus der Reihe "Was macht Geld mit uns?".
Und hier unten gibt es einen Film vom Y-Kollektiv,
die waren auch mal in einer Kommune.
Untertitel: ARD Text, 2019