Polyamorie: Beziehung mit mehreren Partnern! Müssen wir anders lieben? Folge 1/6
. Ich bin auf einer Party für polyamor-lebenden Menschen. Die Leute hier können sich vorstellen,
mit mehr als einem Partner zusammen zu sein.
- Wird man nicht schnell eifersüchtig?
- Gibt es oft Streit?
- Habt ihr alle zusammen Sex?
An welchem Punkt hast du dir bewusst die Frage gestellt, o.k.,
ich möchte monogam leben?
- Ich habe es eigentlich nie hinterfragt.
Ich glaube, so geht es den meisten.
In den nächsten Wochen werde ich mich fragen, müssen wir anders lieben?
Weil ich habe schon das Gefühl, wenn es um die Liebe geht, dann trauen wir
uns überhaupt nicht, darüber nachzudenken, ob wir vielleicht
eine andere Art von Beziehung leben wollen, als die,
die in der Gesellschaft eh schon normal ist.
Was ich mir bis jetzt überhaupt nicht vorstellen kann, ist eine Beziehung
mit mehreren Partnern gleichzeitig.
Wie so eine polyamore Beziehung aussieht,
das möchte ich jetzt rausfinden,
treffe mich deshalb mit Oskar und Kimmi.
Hi. - Hallo.
Frank. - Kimmi. Hi. - Oskar. - Hi.
Danke, dass ihr mich eingeladen habt zum Abendessen.
Was gibt es denn eigentlich?
Wir machen eine Kartoffelsuppe. - Voll gut.
Kimmi, wie ist das bei dir, du bist mit Oskar in einer Beziehung
und mit wem noch? - Oskar, ich nenne das gerne meinen Nest-Partner,
weil wir zusammen wohnen, wir sind jetzt seit 1 1/2 Jahren zusammen.
Ein bisschen mehr mittlerweile. - Kommt hin.
Jetzt bin ich seit zwei Monaten ungefähr mit Maxi zusammen.
Ganz frisch noch, ziemlich in der Verliebtheit-Phase.
Der Maxi kommt später auch noch zum Essen. - Das macht doch was mit dir?
Ja, natürlich.
Ich würde in der Situation jetzt denken, o.k., das ist etwas,
was ich nicht bieten kann.
Der Gedanke bei Poly ist eigentlich immer, dass es mehr ist.
Das unsere Beziehung dadurch nicht abgewertet wird.
Oder dass irgendwas in unserer Beziehung fehlt.
Sondern das dann noch ein Mensch ist, für den man auch etwas empfindet.
In einer monogamen Beziehung müsste man entscheiden,wie man damit umgeht.
Ob man die alte Beziehung fallen lässt, oder die Gefühle ignoriert.
Und in der Poly-Beziehung hat man die Möglichkeit,
vernünftig damit umzugehen.
Das nimmt auch ein bisschen den Druck raus, dass man nicht das Gefühl hat,
man ist alleine für das Glücklich- Sein des Partners verantwortlich.
Auf einer theoretischen Ebene macht das für mich auch Sinn.
Emotional glaube ich, wäre es für mich total schwierig,
das auch wirklich so zu trennen.
Ein großer Punkt an Poly ist, viel miteinander reden.
Viel offen miteinander reden, jeder sei Bescheid wissen,
in welcher Beziehung er zu einer anderen Person steht,was sich da tut.
Sonst funktioniert das nicht.
Dabei hilft es, dass Oskar und Maxi sich gut verstehen.
Es ist wichtig, dass alle gut miteinander sind.
Ihr unternimmt auch wirklich etwas zusammen? - Genau.- Ja. - O.k.,krass.
Ich musste unten an die Töpfe bitte. Danke.
Kimmi, wie hast du Oskar gesagt,
dass es jemanden Neues in deinem Leben gibt?
Als ich den ersten Mal gedacht habe,
Maxi würde ich gerne mit nach Hause nehmen, habe ich Oskar geschrieben,
Oskar, du kennst ja den Maxi, und ich bin auf dem Weg heim
und kann ich den mitnehmen?
Da meinte Oskar erst mal, ne, damit fühlt er sich nicht so wohl.
Und dann hast du darauf Rücksicht genommen? - Ja, natürlich.
Ich möchte ja nichts tun, was für ihn nicht o.k. ist.
Als es dann mehr wurde, kann nach und nach, ich würde Maxi gerne küssen.
- Darf er mal übernachten?
Es hat sich Schritt für Schritt verschoben.
Wir haben immer wieder geschaut, ist das noch o.k? Ist das zu viel?
Müssen wir einen Schritt zurückgehen, oder passt das?
Ich finde das so krass reflektiert von dir,
weil du bist der in dem Moment alleine. Wenn man so will.
Du bist ja derjenige, der alleine gelassen wird,
so fühlt es sich jetzt für mich an.
Ja, schon, aber ich weiß ja auch, dass Kimmi wieder zu mir zurückkommt.
Diese Sicherheit haben wir gebraucht, dieses Vertrauen,
dass ich bei ihr an erster Stelle stehe. Und sie bei mir.
Und dann geht so was. Dann kann man sich öffnen, andere Gefühle zulassen.
Wenn man diese Sicherheit, diesen Rückhalt hat.
Das ist mein Kalender mit Oskar zusammen.
Ich habe mit Maxi auch einen. Für mich ist das wichtigste,
es gibt Zeit, die ich nur mit Oskar verbringe,
und Zeit, die ich nur mit Maxi verbringe,
und es gibt Zeit, die wir zu dritt verbringen. Miteinander.
Das muss sich irgendwie die Waage halten, dass alle zufrieden sind.
Das ist der komplizierte Part.
Jetzt kommt der Maxi.
Hallo. - Na.
Du bist kalt. - Ja?
Ist eine schlechte Idee, von draußen zu kommen. Geht's dir gut? - Ja.
Hi, ich bin Frank. - Hallo, Maxi.
Schön, dich kennen zu lernen, habe schon etwas über dich gehört.
Hoffentlich nichts Schlechtes? - Nein, nein. Überhaupt nicht.
Nur Gutes.
Komm erst mal rein.
Hi Maxi.
Was macht das mit dir,
wenn an der Tür jemand anderes deine Freundin küsst?
Inzwischen nichts mehr. Nicht mehr Negatives.
Ich freue mich, dass Kimmi sich freut. Dass Maxi da ist.
Das ist immer sehr schön, sie lächeln zu sehen.
Ob ich sie zum Lächeln bringe oder Maxi,
dass es erst mal nicht so wichtig.
Was würde dir sein, was habt ihr für ein Verhältnis untereinander?
Was habt ihr für eine Beziehung? - Normale Freundschaft? - Ja.
Wir sind Freunde, und über die Kimmi haben wir einen gemeinsamen Menschen,
den wir sehr lieben.
Das verbindet uns auch ein bisschen mehr als nur eine Freundschaft.
Ansonsten sind gute Freunde.
Aber Maxi du kommst ja
in die gemeinsame Wohnung von Kimmi und Oskar?
Fühlt sich das nicht komisch an? - Es hat sich am Anfang komisch angefühlt.
Inzwischen ist es eher normal.
Ich fühle mich schon zu Hause hier. Würde ich sagen. - Schön.
Ich kann es mir ganz schwer vorstellen, wie das ist.
Wenn ich weiß, dass meine Freundin gerade im Raum nebenan wäre,
und Spaß hat mit einem anderen. Irgendwie fühlt es sich unrichtig an.
Es fühlt sich irgendwie falsch an.
Was ich ein bisschen habe, ist, wenn Oskar besucht da hat,
dass ich ein bisschen neugierig bin.
Man hört schon mal Geräusche aus dem Zimmer. Man denkt sich, aha...
Maxi, wie ist das bei dir? Hast du auch noch jemand anderen?
Ich habe so on-off nebenher.
Das ist nichts derart Tiefes, wie ich es mit Kimi habe im Moment.
Ich denke, manchmal ist es auch sehr schön, dass man nur einem Menschen
eiserne Liebe schenkt, geht es euch nicht auch manchmal so?
Ich glaube nicht, dass Liebe so eine begrenzte Ressource ist,
die man dann auf Teil zwischen unterschiedlichen Personen.
Das Konzept ist für mich befremdlich.
Ich finde es ein schönes Gefühl zu wissen, wenn eine Partnerschaft
wegbricht, bin ich nicht wieder komplett alleine.
Ich habe noch andere Support-Systeme sozusagen.
Dass ich mich da trösten kann. Und dass ich mich da auffangen kann.
Investiert man denn dann auch so viel, wenn man immer weiß,
eigentlich habe ich noch einen Plan B?
Ich glaube, man investiert insgesamt deutlich mehr
als in jeder monogamen Beziehung.
Ich kenne nicht viele, die in meinem Alter sind, die mit ihren
Beziehungspartnern offen und ehrlich über ihre Probleme reden.
Das kostet Kraft, und Zeit, Energie.
Kimmi, wo gehen wir jetzt hin? - Zum Poly-Reaktor.
Die Idee davon ist, man nehme einen Haufen Leute,
die nicht in monogame Beziehungen wollen,
steckt sie in einen kleinen Raum, gießt ein bisschen Alkohol dazu,
und alle haben einen netten Abend.
Und wer weiß, was da in dem Reaktor so passiert.
Hallo. - Tach!
Hi, ich bin Frank.
Krieg ich auch so ein Namensschild? - Ja.
Möchtest du dich auch noch mit Punkten identifizieren? - Ja.
Das eine ist, um zu zeigen, dass du vergeben bist.
Obwohl vergeben ja auch bedeutet, dass du trotzdem auf der Suche bist.
Dann gibt es ein sehr straight, wenn du hetero bist.
Und eins für queer, wenn du irgendwas bist, was nicht hetero ist.
Dann kann ich dir, jetzt einfach so einen roten Punkt geben.
Dann wissen die Leute immer wenn sie mit dir reden schon, was es ist.
Ich dachte, wir spielen eine Runde Flaschendrehen,
und zwar nur mit Wahrheit. In dieser Box sind Fragen drin,
ie habe ich von der Community mitgebracht.
Wenn die Flasche auf mich kommt, dürft ihr mir eine Frage stellen.
Zu meinem monogamen Beziehungsmodell.
Eine normale Beziehung ist ja schon kompliziert,
ist Poly nicht noch viel anstrengender?
Jein.
Es kommt immer drauf an mit wem.
Wenn man die Beziehung mit einer Person hat,
die offen und ehrlich ist, dann ist sie kein bisschen kompliziert.
Und wenn man eine Polybeziehung hat, mit mehreren Leuten, die offen
und ehrlich miteinander umgehen, dann ist es auch nicht kompliziert.
Was meint ihr, kann man mehrere Menschen gleichzeitig lieben?
Schreibt mir das mal bitte in die Kommentare.
Ist der Hauptgrund für solche Beziehung der Wunsch
nach mehreren sexuellen Partnern? - Nein.
Dafür gibt es genug andere Beziehungsformen,
wo man nicht so viel Energie in die einzelnen Beziehungen steckt.
Die Zeit, die man mit dem Partner verbringt,
ist nicht rein sexuell motiviert.
Ist Polyamorie nicht ein Zeichen für Bindungsangst?
So wie ich Polyamorie lebe,
möchte ich tiefere Beziehungen mit mehreren Leuten eingehen.
Wenn ich Bindungsangst hätte, wäre das die falsche Strategie.
Wenn ich mit jemanden eine Beziehung eingehe,
warum darf ich dann mit niemand anderem er eine Beziehung eingehen?
Das ist so, wie wenn man Windows installiert
und nur mit Internet Explorer...
- O.k.
Wie würdest du reagieren, wenn deine Freundin die Beziehung öffnen möchte
für ein weiteres Beziehungsmitglied?
Ich glaube, ich würde sagen, bevor ich die Beziehung komplett kille,
würde ich es ausprobieren. Ich würde es ausprobieren,
aber ich wäre glaube ich nicht sonderlich begeistert.
Ich hätte Sorge, dass mir etwas weggenommen wird.
Das ist ein ganz komisches Gefühl.
Wird man nicht schnell eifersüchtig?
Ich glaube, das kommt tatsächlich auf den Menschen an.
Weil jeder hat eine gewisse Eifersucht in sich.
Nur, wo die Grenze liegt ist die Frage.
Ich hatte das tatsächlich auch einmal, dass sich starke Eifersucht
gespürt habe, als eine Freundin von mir jemanden Neues hatte.
Und ich hatte wirklich Angst, dass ich etwas verliere, dass ich dachte,
jetzt hat sie weniger Zeit für mich, jetzt bricht alles zusammen.
Da haben wir aber drüber gesprochen, und nach einiger Zeit sah ich,
es stimmt nicht, sie hat nicht signifikant weniger Zeit plötzlich.
Wir haben das ein bisschen anders arrangiert, dann war das ganz gut.
In jeder anderen Beziehung auch, egal, ob mono oder poly,
reden, reden, reden. Klingt blöd, ist aber so.
Das ist auf jeden Fall etwas, das ich mitnehmen, viel drüber reden hilft
auf jeden Fall, um seine Beziehung stabil zu halten.
Du musst doch erst mal deine eigenen Bedürfnisse kennen,
bevor du darüber reden kannst.
Das ist auch etwas, dass ich noch viel mehr gelernt habe,
als ich dann in einer Polybeziehung war. Das wurde noch viel wichtiger.
Auch Julia vom Y-Kollektiv hat sich mit dem Thema Polyamorie beschäftigt.
Das Video dazu könnt ihr hier sehen.
Und nächste Woche da geht es um Sex.
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Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)