Podcast #15 | Strategie der Reserve (2)
Es gibt nämlich eine ganze Menge, die werden gar nicht gefragt oder wollen den Fragebogen
nicht vernünftig ausfüllen.
Nein, das spielt für mich eine ganz entscheidende Rolle.
Wir wollen ... ich meine „zwingen“ ist das Eine, „zwingen“ im Sinne von „wir
machen das so“.
Aber für mich kommt es immer darauf an, die ausscheidenden Menschen auch zu gewinnen und
zu begeistern und zu motivieren.
Die sollen ja hinterher auch so eine Heimat finden.
Also wenn die ausscheiden aus ihrem Truppenteil, wo sie groß geworden sind ... Ich bin Aufklärer.
Mir ist es noch nicht so wie sie gegangen, weil ich Berufssoldat bin.
Aber wenn ich ausscheide, möchte ich schon, dass ich gefragt werde, dass mein Chef mit
mir ein nettes Gespräch führt, dass er mir auch ein paar Möglichkeiten anbietet und
erläutert, wie geht denn das und mich sozusagen für sich gewinnt und begeistert und ich dann
hinterher sage: „Boah.
War prima.
Hat mir gut gefallen die zwölf Jahre oder die zehn Monate, die ich da war, und da bleibe
ich auch gerne.“
Und deswegen ist es sehr wichtig, dass die Chefs, dass die Spieße und dass die Vorgesetzten
insgesamt mit denjenigen, die ausscheiden über die Zeit Gespräche führen.
Es bringt weder etwas, das jemandem am ersten Tag zu sagen, noch ist das hilfreich am letzten
Tag, wenn der sowieso abgeschlossen hat und wenn er an seine Zukunft draußen denkt, zu
sagen „ach, und da war noch was“.
(A) Ich wollte mal fragen, ob ...
(B) ... Ich wollte mal fragen, ob.
Nein, das ist ein Begleitprozess, den müssen Sie sinnvoll machen.
Und das kann ein Pausengespräch sein.
Das kann ein Beurteilungsgespräch sein.
Das kann bei der Dienstaufsicht draußen sein, wo so ein Chef da mal sagt: „Mensch prima.
Im Übrigen könnte ich mir auch vorstellen, wenn sie mal gehen, kommen Sie zu mir in die
Reserve rein.
Was halten Sie denn davon?“
Also so etwa muss man sich das vorstellen.
Das wird nicht bei allen gelingen.
Ich zeichne natürlich jetzt ein sehr hehres Bild von den guten Vorgesetzten, von denen
wir natürlich sehr viele haben in der Bundeswehr – hoffentlich sehr viele haben.
Da werden uns auch Leute durchs Raster fallen.
Da wird es auch Spieße und Vorgesetzte geben, die sagen: „Ich bin froh, dass der weg ist.
Mit dem will ich nicht mal mehr ein Gespräch führen.
Der soll sehen, wo er bleibt.“
Aber das ist nicht zielführend.
(A) Was wird sich für Reservisten dann in den
kommenden Monaten ändern?
Was passiert nach den sechs Jahren Grundbeorderung?
Ist dann einfach Schluss oder kommt da noch irgendwas?
Kann ich dann verlängern?
Oder was bedeutet für mich dieser sechsjährige Zeitraum?
(B) Der Sechsjahres-Zeitraum, der bedeutet für Sie zunächst mal, dass
in diesen sechs Jahren die Bundeswehr an Ihnen einen Bedarf hat und sie sagt, für diese
Zeit bleiben Sie in jedem Fall beordert.
Nach diesen sechs Jahren liegt es an Ihnen.
Dann gehen wir zu dem, was wir heute flächendeckend haben, nämlich zu dem kompletten Freiwilligkeitsprinzip,
in welchem Sie dann sagen: Ja, ich würde mich gern weiter in der Reserve engagieren.
- Oder aber Sie sagen: Nun war es mit den sechs Jahren auch genug und nun möchte ich
auch von der Bundeswehr nichts weiter hören und jetzt will ich nicht mehr.
Also wir verschieben die Grenze also für 6 Jahre weiter und danach, wenn Sie dabeibleiben,
können Sie sich entwickeln, können Sie gefördert werden, können Sie in die Spitzendienstgrade
kommen - je nachdem - oder Sie bleiben einfach da, wo es Ihnen gefällt und machen weiter,
solange Sie möchten und solange eben auch der Dienstherr das möchte oder der entsprechende
Vorgesetzte.
Das muss also beidseitig funktionieren.
(A) Würde das für mich auch gelten?
Ich bin ja schon länger Reservist.
Ich mach das ja schon eine ganze Weile, immer wiederkehrend.
Ist das jetzt für Reservisten, wie mich, dann auch so, dass dann ab ... weiß ich nicht
... in den nächsten Monaten gesagt wird, so ab jetzt gelten 6 Jahre?
(B) Wann wir das genau machen, das ist noch eine der entscheidenden
Fragen.
Also mit der Unterschrift der Ministerin unter die „Strategie der Reserve“ haben wir
jetzt ein strategisches Papier, welches beschreibt, wie wir uns Reserve in der Zukunft vorstellen.
„In Zukunft“ heißt nicht morgen oder übermorgen aus ministerieller Sicht, heißt
auch nicht nächstes Jahr, sondern zielt auf einen Zustand der liegt irgendwo im Jahr 2030
als Zielzustand – nehmen wir jetzt mal an.
Dazwischen passiert eine ganze Menge an Umsetzungsmaßnahmen.
Dennoch gilt das nicht wie bei einem Gesetz, dass der Bundestag beschlossen hat, wo drunter
steht „Ab dem 1.
Januar 2020 geht's dann los“, sondern wir arbeiten gerade daran, wie wir das was wir
an Zielen dort formuliert haben, wie wir das in einen Umsetzungsplan bekommen, wo dann
auch Zeiten dahinterliegen.
Und da wird dann am Ende beispielsweise auch drinstehen, ob wir mit dieser Grundbeorderung,
die ich skizziert habe, im Jahr 2021 beginnen wollen oder 2022 oder wann auch immer – weil
wir dafür einfach ein paar Voraussetzungen brauchen.
Wir brauchen die aktive Organisation, die darauf eingestellt sein muss, dass jetzt nicht
jeder freiwillig sagt, ob er kommen will oder nicht, sondern jeder grundbeordert wird.
Wir brauchen Aufnahmekapazitäten.
Wir brauchen Verfahren.
Wir müssen auch gucken, ob wir an der ein oder anderen Stelle gesetzlich noch mal präzisieren
müssten.
Datenschutz spielt auch immer eine Rolle dabei.
Also Sie können davon ausgehen: Das, was in der Strategie drin ist, sind die Ziele.
Die werden jetzt in Zeiträume und Meilensteinpläne und Überlegungen gegossen, wie man es umsetzen
kann.
Und es muss natürlich auch kommuniziert werden.
Es hilft ja nichts, einfach zu sagen „Morgen legen wir los“.
Dann fühlt sich, in dem Sinne wie ich vorhin auch sagte, niemand mitgenommen, dann fühlt
sich keiner ernst genommen, dann fühlt sich keiner wertgeschätzt.
Das geht natürlich alles nicht.
Man kann ganz salopp sagen, da würde ich jetzt denjenigen der sie geschrieben hat wehtun,
die Arbeit ist noch längst nicht vorbei, sondern es geht jetzt in eine andere Phase
der Arbeit rein.
(A) Wenn Sie sagen für 60.000 hätten wir Platz,
aber 100.000 Reservisten hätten wir gerne, dann muss ja erstmal der Platz geschaffen
werden.
Die müssen ja dann in irgendeine Form von Ausbildung kommen.
Das sind ja ganz viele Baustellen, die mir gleich einfallen, ohne überhaupt was damit
zu tun zu haben.
(B) Da haben wir auch so einen schönen Flyer
Ich finde es ist ein gutes Produkt geworden
.mit den Kernelementen der Strategie der Reserve.
Da finden Sie dann die Sachen, die wir angehen wollen.
(A) Den habe ich mal hier.
(B) Genau.
Da steht das alles in diesem schönen Kreis da drin.
(A) Kernelemente.
(B) Kernelemente der Strategie der Reserve.
Und dann stehen eben solche Sachen jetzt mal plakativ, wie neben der Grundordnung auch
die Ausbildung, wie auch die Ausstattung.
Ausbildung und Ausstattung ist heute ein echtes Manko.
Wenn Sie als Reservist irgendwo hinkommen und haben nix, also da ist kein Gewehr für
Sie da, es keinen Panzer speziell für die Reserve, da ist kein Ausbildungsplatz speziell
für die Reserve, da ist möglicherweise auch keine IT-Ausstattung speziell für die Reserve.
(A) Computer zum Beispiel.
(B) Dann ist das ein unbefriedigender Zustand, der sich auch auf
Ihre Motivation auswirkt und auf die Frage „Kommen Sie eigentlich gerne zur Bundeswehr
oder nicht, um Reservisten-Dienst zu leisten?“.
Wenn wir künftig mehr gucken wollen auf Landes- und Bündnisverteidigung und auf die Befähigung
dazu, dann kann das nicht ohne Auswirkungen bleiben auf die Ausbildungseinrichtungen.
Dann müssen wir uns Gedanken machen, wo können wir Reservisten künftig ausbilden - im Team,
weniger als Individuum, aber im Team vor allen Dingen.
Wie wollen wir das machen?
Wie können wir das zeitlich machen?
Kann man sowas machen, was alte Leute aus der Vergangenheit kennen oder was heute unser
Territorial-Reserve gerne macht: Die kommen am Freitag zusammen, Freitagmittag beispielsweise,
gehen Sonntagmittag wieder auseinander und haben dann am Wochenende gemeinsam irgendwo
geübt, geschossen, sind ausgebildet worden, waren auf dem Übungsplatz, haben da biwakiert
- wie auch immer - und haben sich am Ende auch wohl gefühlt und haben auch was der
die Kameradschaft getan.
(A) Habe ich auch schon zwei Mal gemacht.
Nannte sich DVag.
(B) Nannte sich DVag, genau, oder auch Übung, je nachdem.
Das ist etwas, da braucht man Infrastruktur dafür, wenn man das in größerem Rahmen
machen will.
Da braucht man Personal, das ausbildet.
Das ist die Frage, kann die aktive Truppe das machen?
Da können auch Reservisten selber Reservisten ausbilden.
Da gibt es also noch eine ganze Menge auch an Spielräumen dazwischen.
Und ich brauche am Ende auch Großgerät und zwar nicht nur Großgerät, dass die aktive
Truppe für Reservisten bereithält, sondern mir wäre es am liebsten, wenn dieses Großgerät
zu einem Reservistenverband dazugehört.
Also ein Reservistenverband der Zukunft darf sich weder von der Personalausstattung, noch
von der Materialausstattung, noch von der IT-Ausstattung und dem ganzen Drumherum (Infrastruktur,
Munition, was auch immer) unterscheiden von einem aktiven Verband.
Das wäre so das, was ich mir am Ende wünsche.
Weil ich die ja auch einsetzen können muss am scharfen Ende.
Also das ist so ein Beispiel, wo ich sag, Ausstattung ist auch ein Motivationsfaktor
und wirkt sich dann auch hoffentlich aus auf Reservisten, die zu uns kommen wollen.
Und dann finden Sie halt da noch so ein paar Beispiele, wo wir mit der Strategie der Reserve
auch ran wollen.
(A) Hatten wir schon gesagt: Was motiviert einen, Reservist
zu werden?
Was hat die Bundeswehr denn vor, um das Ganze lukrativ zu machen?
Also wie soll das Ganze lukrativ gestaltet werden?
Was habe ich davon zu sagen, jetzt wäre am Wochenende ein schönes Schießen?
Entweder man hat da wirklich Interesse dran oder vielleicht auch nicht.
Aber gibt es da Ideen, das für einen Menschen lukrativ zu gestalten?
(B) Was ich immer erstaunlich finde, ist die unglaubliche
Bandbreite, warum Reservisten zur Bundeswehr kommen oder warum junge Leute, die nie bei
der Bundeswehr waren, in einer Karriere als Reservist einsteigen wollen.
Das ist ganz erstaunlich.
Es gibt ideelle Motive, also vereinfacht gesagt, etwas für das Land tun zu wollen oder für
die Region in der ich lebe, weil ich glaube das bin ich dem Staat oder der Gesellschaft
schuldig.
Der Bundesfreiwilligendienst hat ja auch eine ganze Menge an Zulauf.
Also es gibt auch Reservisten, die mit ähnlichen Motiven zu Bundeswehr kommen können.
Es gibt natürlich Menschen, die sie über monetäre Anreize an die Bundeswehr binden
können.
Das ist auch immer ein starkes Argument.
Es gibt Ausbildungen, die Sie möglicherweise im zivilen Bereich nicht bekommen können.
Es gibt Freude am Soldatenberuf.
Das trifft oftmals auf diejenigen zu, die in der aktiven Truppe gewesen sind und die
sich dann (nicht unbedingt beim Ausscheiden, aber früher oder später doch wieder) dran
erinnern nach dem Motto: „Mensch, eigentlich so schlecht war es da gar nicht.
Guck doch da mal wieder hin.
Vielleicht gibt's deinen alten Spieß noch und jetzt hätte ich auch wieder Zeit.
Jetzt habe ich mich ein bisschen gesetzt in meinem zivilen Umfeld.
Jetzt gehe ich da einfach mal wieder hin.“
Also die Motivlage ist durchaus heterogen.
Gleichwohl, wir wollen schon dafür Sorge tragen oder etwas dafür tun, dass wir Anreize
schaffen.
Es gibt viele kluge Überlegungen.
Das haben wir festgestellt in der Erarbeitung der Strategie der Reserve auf unterschiedlichsten
Feldern.
Also beispielsweise kann man jemanden, der dann hinterher studieren will, kann man dem
möglicherweise Punkte verpassen, kann man denen Vorteile verschaffen?
Kann man mit Blick auf die Rente etwas tun?
Kann man besondere Anreize in der Ausbildung schaffen?
Es gibt also Kooperationsüberlegungen und auch Modelle, wo man sagt: Irgendjemand kommt
zur Bundeswehr, wird dort ausgebildet, geht dann in einen Betrieb, wo er später vielleicht
mal weitermacht und kriegt dort eine Ausbildung, kommt dann als Reservist anschließend wieder
zur Bundeswehr in bestimmten Intervallen zurück und versucht das Ganze auch vertraglich zu
fixieren.
Oder man schafft ideeller Anreize.
Auch das, sagte ich, ist interessant.
Manche Leute wollen einfach nur mal das Feeling als Soldat oder Soldatin wieder genießen.
(A) Zusammenhalt.
(B) Wir müssen sicherlich etwas tun, zum einen für die Reservisten
selbst zum anderen aber auch für die Arbeitgeber, weil das kann man in der Strategie der Reserve
auch sehr deutlich lesen: Der Reservistendienst an sich bleibt unverändert freiwillig.
(A) Ja, ich war ja immer selbständig.