Podcast #26: PTBS - Bundeswehr (2)
anderen Therapieformen durchaus ordentlich, sodass es umso bitterer ist für die,
die sich nicht trauen.
(A): Oh ja auf jeden Fall natürlich. Also
wenn die wissen, dass die Chance doch relativ hoch ist und gut ist, dann ist das natürlich
auch ein Anreiz sich doch mal einen Ruck zu geben und diesen Schritt zu gehen. Es gibt
ja auch sehr viele niederschwellige Angebote, aber bevor wir dazu kommen nochmal zurück
zu den Therapien. Es gibt ja auch immer neue Ansätze, neue Möglichkeiten, Stichwort Pferdetherapie.
Was genau ist das und halten sie das für sinnvoll, für zielführend oder gibt es irgendwelche
neuen Therapien über die wahrscheinlich noch kaum jemand was weiß, die man aber vielleicht
in die Öffentlichkeit stellen sollte?
(B): Die wichtigste Neuerung die wir in unser
Setting, unser therapeutisches Therapiekonzept übernommen haben, das ist die Behandlung
moralischer Verletzungen. Aber eine der Möglichkeiten ist auch das Arbeiten mit Tieren und da gibt
es verschiedene Ansätze die jetzt in den letzten Jahren in diversen Armeen auch schon
mal erprobt worden sind. Zum Beispiel das Arbeiten mit Hunden
oder auch das mit Pferden.
Beides sind Ansätze wo die Sprache nur bedingt benötigt wird. Natürlich werden
auch da therapeutische Erfahrungen besprochen, aber das Tier als solches spricht natürlich
nicht, sondern reagiert auf eine sehr unmittelbare und sehr gut spürbare Art und Weise. Vielen,
die auch mit tiergestützten Therapien behandelt werden, gelingt es dadurch einen Zugang zu
eigenen Gefühlen zu finden. Beispielweise führt allein der Blickkontakt zu Hündinnen
insbesondere zu Veränderungen verschiedener Hormone und dadurch zu einem entängstigenden
Effekt den man gut nutzen kann, auch in der Therapie zu einem Effekt von erhöhtem Interesse
an Gemeinsamkeit was man therapeutisch gut nutzen kann. Es gibt nun in der Bundeswehr
bei uns in der Wehrpsychatrie erste Ansätze mit Hunden, die sich jetzt auch erweitern
sollen wo dann Hunde in ein Behandlungssetting als quasi Co-Therapeut, wenn sie so wollen
eingebunden werden. Und es gibt einen zweiten Ansatz der speziell hier in Berlin auch läuft
mit Pferden, wo Pferde in ähnlicher Weise als Arbeitssubstrat für Entdeckungen des
Patienten genutzt werden. Das Ganze soll dann helfen den therapeutischen Zugang zu erleichtern
und das therapeutische Vorkommen zu erleichtern.
(A): Also auch, dass er vielleicht, der Betroffene,
auch Zugang zu seinen Gefühlen findet, weil eben die Interaktion mit dem Tier nur auf
dieser gefühlsmäßigen oder auch durch Gesten gestützten Umgebung stattfindet, oder?
(B): Der Zugang zu Gefühlen wird oft leichter, wenn mit Tieren gearbeitet wird.
(A): Und Tiere werten nicht. Ich glaube das macht vielleicht auch den Unterschied.
(B): Also Tiere haben ganz viele Effekte in dieser Richtung. Sie reagieren durchaus sehr
differenziert auf das was sie bei Menschen wahrnehmen und dass sie das nicht bewerten
ist eines, dass sie auch unmittelbar Zuwendung geben können ist ein zweites. Dass sie aber
auch unmittelbar Widerstand geben, wenn das Verhalten des Betreffenden eigentlich seltsam
ist, Menschen würden sich da vielleicht zurückhalten und sagen „naja, der ist komisch“.
Tiere reagieren unmittelbar und vermitteln dadurch auch einen direkten Lerneffekt für den Betroffenen.
Also da gibt es ganz viele Elemente, weswegen sich Tiere gut eignen. Man muss solche Ansätze
in einen Gesamtplan integrieren und die wichtigsten Elemente im Gesamtplan, das sind die guten
Fachgespräche mit Psychotherapeuten. Aber um die zu erleichtern und auch weiterzubringen
oder auch mal anzuregen, da können solche Ansätze wie Tiere tatsächlich sehr nützlich sein.
(A): Und was gibt es sonst noch an neuen Therapien
wo sie sagen da sollte die Öffentlichkeit was darüber wissen?
(B): Zum Beispiel das Arbeiten mit „Serious Gaming“, so nennt sich das mit dem ernsten
Spielen. Spielen im spielerischen Sinne ist ja nun sehr verbreitet in unserer Gesellschaft.
Gerade unter Nutzung der neuen Medien. Wir haben da bei uns im Psychotraumzentrum in
Zusammenarbeit damals mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung hier in Berlin einen
Ansatz gefunden, dass das Computerspiel Tetris sich im Heilungsprozess auch posttraumatischer
Belastungsstörungen als günstig erweisen kann. Unsere Forschungspartner aus dem Max-Planck-Institut
für Bildungsforschung haben da einen MRT-Scanner eingesetzt mit dem sie feststellen konnten,
dass bestimmte Hirnstrukturen tatsächlich besser funktionieren, wachsen, wenn regelmäßig
begleitend Tetris gespielt wird. Es gibt auch Voruntersuchungen, insofern auch vielleicht
sogar tatsächlich für die Bevölkerung interessant, die zeigen, dass jemand der akut in einer
Notlage ist, also noch gar nicht mal in einem therapeutischen Setting, auch davon profitieren
kann. Wer also akut nach einem Ereignis solche Spiele spielt, insbesondere Tetris scheint
da sehr günstig zu sein, der hat eine Chance,
dass er deutlich weniger Traumasymptome entwickelt hinterher.
(A): Das ist wirklich spannend.
Generell, man kann ja bestimmt auch viel schon in der Vorbereitung tun in der Einsatzvorbereitung.
Also die Ausbildung hat sich ja auch dahingehend schon ein bisschen verändert. Gibt es auch
ihrerseits da Untersuchungen, wie man quasi die Soldaten schon bevor sie in den Einsatz
gehen, stärken kann, dass die Einsatzfolgen, mögliche traumatische Ereignisse, nicht solche
tiefgreifenden Veränderungen nach sich ziehen?
(B): Wenn wir Menschen in den Krieg schicken,
müssen wir damit rechnen, dass es psychisch Belastete oder erkrankte Menschen gibt die
zurückkommen und zwar nicht ganz unerheblich. Und das wird sich auch durch eine sehr, sehr
gute Prävention nie ganz verhindern lassen, dafür ist das Erlebnis „Krieg“ aber auch
das Erlebnis „Zerstörung“ in einem Einsatz viel zu eingreifend. Dafür ist die menschliche
Psyche einfach nicht gestrickt. Es ist aber durchaus möglich, die Folgen etwas abzumildern,
wenn man gut vorbereitet.
Da sind einige Untersuchungen in den letzten Jahren auch in anderen Armeen
durchgeführt worden. „Was könnte sich anbieten?“ „Was bietet sich weniger an?“
Und die weisen darauf hin, dass zumindest doch eine basale Vorbereitung auf das was
da kommen kann sich nützlich auswirken kann. Das kann durch den persönlichen Vortrag erfolgen.
Der psychologische Dienst der Bundeswehr hat zusätzlich auch mal ein computerbasiertes
Vorbereitungsprogramm mit dem Namen „Charly“ entwickelt, was wir im Psychotrauma-Zentrum
auch mal erforscht haben, das hilft auch tatsächlich gut, bis hin zu solchen Medien wie Apps, die
das unterstützen können, weil sie immer leicht verfügbar sind. Das Psychotrauma-Zentrum
hat 2016 eine App auf den Markt gebracht mit dem Titel „Coach“, wie der Trainer,
„Coach PTBS",
die sich auch tatsächlich zur Vorbereitung eines Einsatzes eignet. Es sind zum Beispiel
auch Entspannungstrainings dort mit drauf, die man sich dann als Voice-Dateien anhören
kann und wer an Entspannungstrainings gut gelernt hat, der kommt auch besser mit innerem
Stress zurecht.
(A): Wie wichtig ist es denn für die Betroffenen,
dass die sich wirklich Hilfe suchen, dass die sich behandeln lassen? Was kann im schlimmsten
Fall passieren, wenn Sie das versäumen?
(B): Wenn die psychischen Einsatzfolgestörungen:
PTBS, Depressionen, Angst sind inzwischen gut behandelbar, erfolgreich behandelbar. Natürlich erfordert das Geduld, es erfordert Mut und man muss sich einigen Leid auch noch
mal stellen, was man früher erlebt hat. Das Weglaufen beenden und das Wichtige ist,
die Menschen dann zu überzeugen, es zeitnah anzufangen.
Letztendlich kann man auch nach 20 Jahren
eine posttraumatische Belastungsstörung behandeln,
aber das Problem ist dann: Was ist mit den 20 Jahren?
(A): Na man hat dann einfach 20 Jahre verloren
und gelitten und die Angehörigen gleich mit.
(B): Dann sind 20 Jahre der Lebensqualität
verlorengegangen. Meistens die besten Jahre. Die Angehörigen haben 20 Jahren gelitten
und das lässt sich dann leider auch nicht wieder zurückholen. Was man auch sagen muss:
psychische Folgestörungen haben auch Auswirkungen auf den Körper. Das ist ein erheblicher Stressor,
wenn man unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet
und es gibt schon seit Jahren gut fundierte
Studien, die zeigen, dass sich dadurch das Risiko für schwere körperliche Erkrankungen
erhöht, dieser Dauerstress z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall Bluthochdruck, Rheuma-Erkrankungen,
Zuckererkrankung. Man hat sogar festgestellt, dass Menschen mit einer chronischen PTBS ein
höheres Sterblichkeitsrisiko haben als Menschen ohne. Das heißt: also doch erhebliche körperliche
Folgen und wir sehen inzwischen, nachdem wir ja doch einige haben, die sich 20 Jahre lang
nicht richtig haben behandeln lassen, die ersten Herzinfarkte, die ersten Schlaganfälle
auch bei noch verhältnismäßig jungen Menschen.
Jünger als man es erwarten würde. 40-Jährige bis 45-Jährige.
Und man kann das noch nicht beweisen, aber es ist doch wahrscheinlich, dass der
Dauerstress einer 20 Jahre bestehenden psychischen Erkrankungen zumindest dazu beigetragen hat.
(A): Ja na klar, dass liegt nahe und eben auch die die ganze soziale Geschichte die
da dranhängt. Das ist ja eben nicht nur die Familie, sondern auch häufig der Rückzug
aus möglichen sozialen Kontexten, dass muss man sich ja nicht antun.
Das bringt mich jetzt quasi so zur letzten Frage, bevor wir so ein bisschen in die Service
Geschichte reingehen. Wie wichtig sind die Angehörigen für sie und die anderen Ärzte,
Psychiater, Psychologen, die mit den PTBS-Erkrankten arbeiten? Welche Rolle spielen die?
(B): Angehörige sind in der Behandlung von Trauma Folgestörungen extrem wichtig.
Angehörige sind das soziale Umfeld. Da würde ich im weiteren Kreis auch Freunde mit einbeziehen.
Vielleicht auch Kameraden sogar. Das soziale Umfeld, das haben ganz viele Studien erwiesen,
ist das A&O; für den Heilungsprozess. Ein gutes, stützendes soziales Umfeld macht einfach einen viel besseren Heilungsprozess aus als ein armes soziales Umfeld und diese Unterstützung,
das Umfeld zu verbessern und zu stabilisieren ist gut, auch für denjenigen selbst. Abgesehen
davon, dass es natürlich auch für die Angehörigen selber viel besser ist, wenn sie mehr über
die Erkrankung wissen. Deswegen beziehen wir in der Psychiatrie der Bundeswehr Angehörige
schon seit Jahren intensiv in den Prozess mit ein. Dass kann anfangen bei psychosozialen
Netzwerken und den Familienbetreuungszentrum, die ja schon draußen vor Ort wichtige Unterstützer
sind, oder auch der Angehörige, der Sozialdienst der Bundeswehr und auch die Familienbetreuungszentren,
wo sich Angehörige dann auch Informiert und aufgehoben fühlen können.
Das geht weiter
mit therapeutische Unterstützung, es gibt das Arbeitsfeld Seelsorge, welches vorrangig
vom evangelische Kirchenamt betrieben wird, wo auch ganz viele Angehörigen-Maßnahmen
finanziert werden. Dies unter Beteiligung des katholischen Militär Bischofsamtes, die
an diversen Orten meisten in angenehmer Umgebung Gruppen-Maßnahmen oder Einzelmaßnahmen betreffen
und Angehörigen helfen ein bisschen mehr Oberwasser zu kriegen oder mehr über die
Erkrankung zu lernen. Da arbeiten wir eng zusammen, unterstützen auch fachlich etc.
und aus fachlicher Unterstützung sind z.B. Broschüren für Angehörige hervorgegangen,
die kostenlos in den Familienbetreuungszentren erhalten werden können. Die App „Coach
PTBS“, das Physiotrauma-Zentrums hat ein eigenes Portal für Angehörige, wo sie sich
auch Tipps holen können. Angehörige können unsere Trauma-Hotline nutzen, die die Bundeswehr
hat. Kostenfrei 24/7. Sie können da anrufen, sich Tipps holen „wie gehe ich denn jetzt
eigentlich mit dem Erkrankten um?“ und es gibt auch eingebettet in den therapeutischen
Kontext ganz spezifische Angehörigen-Maßnahmen.
Wir machen mit unseren Patienten Angehörigen-Wochenenden,
z.B. wo sie gemeinsam mit dem Patienten auch Dinge über die Erkrankung lernen können
und last but not least: wir haben auch mit dem Arbeitsfeld Seelsorge gemeinsam vor einigen
Jahren ein Kinderbuch rausgebracht, wo Kinder traumatisierter Soldaten etwas über
die Erkrankung ihrer Eltern lernen können und zum Beispiel dabei feststellen können,
dass sie nicht schuld an der Erkrankung sind, was Kinder oft denken. Das ist dafür gedacht,
dass jetzt eben Betroffene gemeinsam mit ihren Kindern auch mal durchgucken, eingebettet
in einem therapeutischen Kontext und dann gemeinsam auch lernen. Es ist tatsächlich
so, dass manche Soldaten sagen: „Jetzt habe ich endlich mal selber begriffen, was ich habe."
(A): Ja na das ist wunderbar. Ganz herzlichen
Dank, Herr Dr. Zimmermann. Wir haben es eben schon gehört, die eine Seite, die sie erwähnt haben:
PTBS-hilfe.de. Eine ganz wichtige Seite, da können sich Betroffene und Angehörige
natürlich auch hinwenden und sie können sich aber natürlich auch ganz direkt ans
Psychotrauma-Zentrum hier in Berlin wenden.
(B): Genau, es möglich, dass Angehörige
auch unsere Trauma-Hotline nutzen, auch die schriftlichen Angebote auf der App „Coach
PTBS“ oder auch auf der Website PTBS-Hilfe gibt es Kontaktformulare, die man befüllen
kann. Die landen dann hier bei uns, bei unseren Fachleuten und werden dann auch zeitnah beantwortet.
Natürlich kann man sich auch persönlich in den psychosozialen Netzwerken, dem Sozialdienst
der Bundeswehr, der durchaus auch zuständig für die Betreuung von Angehörigen
und wenn es dann einen Schritt weiterkommt, wenn sich diejenigen Betroffenen tatsächlich
dann trauen und sagen: „Jetzt tue ich mal was“, dann haben wir auch einen niederschwelligen
Zugang geschaffen. Wir haben bei uns hier in Berlin auch die Trauma Ambulanz, wo es