Podcast #41| Operation Mask Force | Bundeswehr
Delta to all, Radiocheck, over Hier ist Bravo, kommen
This is Tango, over.
Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.
1: Willkommen bei Funkkreis. Ich bin Christin Schulenburg aus der Redaktion der Bundeswehr in Berlin.
Unser heutiges Thema beschäftigt uns und die Bundeswehr
bereits eine ganze Weile - Corona.
Langsam wird es zäh und viele Maßnahmen werden nicht mehr so eingehalten
wie am Anfang. Dabei sollten wir genau das tun. Um uns dies näher zu erläutern haben
wir wieder mit einer Expertin gesprochen. Bei mir am Telefon habe ich Dr. Svenja Liebler.
Frau Doktor ist Oberfeldarzt in Koblenz. Frau Doktor was ist ihr Dienstposten und womit
haben Sie täglich zu tun?
2: Ich arbeite im Kommando Sanitätsdienst
in der Unterabteilung 6. Die ist für die Präventivmedizin zuständig. Ich selbst bin
Krankenhaushygienikerin und normalerweise eben für die Hygiene in den Krankenhäusern,
in den medizinischen Einrichtungen in den Auslandseinsätzen zuständig. Aber im Moment
ist ein Schwerpunkt natürlich die Prävention von Corona-Infektionen.
1: Gibt es denn bzw. gab es denn Fälle in der Bundeswehr an Corona?
2: Wir haben Fälle in der Bundeswehr gehabt bereits zu Beginn, wo sich auch Soldaten angesteckt
haben. Im zivilen Umfeld war das damals viel mehr. Wir haben aber vor allem aber auch im
Moment wieder 43 aktive Fälle in der Bundeswehr und damit sind wir leider wieder auf dem Stand
angekommen den wir im März schon mal hatten, als die Coronazahlen in Deutschland insgesamt
anstiegen. Zwischenzeitlich sah das deutlich besser aus, aber im Moment sind es eben insgesamt
auch die Urlaubsrückkehrer, die das Virus wieder nach Deutschland einschleppen und das
spiegelt sich natürlich auch bei den aktiven Fällen in der Bundeswehr wieder. Insofern
muss man eben ganz klar sagen, dass dieser einmalige negative Test bei Einreise oder
eventuell sogar 48 Stunden vor der Einreise nach Deutschland nicht ausreichen kann um
mit Sicherheit zu sagen, dass dieser Mensch nicht infektiös ist bzw. sich selbst nicht
angesteckt hat. Und insofern müssen wir eben einfach für die Bundeswehr sagen, dass wir
die Menschen, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, bitten, nicht mit diesen
einmaligen negativen Test wieder in den Dienst zu kommen, sondern eben sich für sieben Tage
in Quarantäne zu begeben, sich frühestens am 7. Tag beim Truppenarzt testen zu lassen
und erst dann mit dem negativen Testergebnis wieder den Dienst am Dienstort aufzunehmen.
1: Sollte sich nun doch jemand anstecken, wie sieht denn das momentan mit den Erkenntnissen
aus? Junge und gesunde Menschen, wie sie häufig in der Bundeswehr vertreten sind, haben die
auch eine besonders hohe Gefahr eventuell von Spätschäden oder ähnlichem?
2: Im Vergleich zu älteren Menschen, vor allem mit Vorerkrankungen, haben die jungen
und gesunden Menschen ein geringeres Risiko. Dennoch kann es eben auch die treffen und
im Einzelfall können auch junge gesunde Menschen einen schweren Verlauf haben, im Sinne von
überschießenden Reaktionen des Immunsystems, die dann eben wirklich diese schweren Verläufe
auch mit Beatmungspflichtigkeit verursachen können und selbst Patienten die eigentlich
nur sozusagen den Atemweginfekt hatten, merken zum Teil noch Wochen oder Monate später eine
eingeschränkte körperliche Belastbarkeit. Das kann dann eben für den Soldaten durchaus
relevant sein, wenn er eben schneller erschöpft ist oder ein geringeres Lungenvolumen hat
je nachdem welche Funktion die ausüben. Also wenn jemand jetzt am Schreibtisch tätig ist,
so wie ich das bin, dann mag das vielleicht keine großen Folgen haben, wenn ich jetzt
die nächsten 3- 4 Monate schlechter die Treppen hoch komme, aber bei jemandem der tatsächlich
körperlich schwere Tätigkeiten verrichten muss, für den kann es durchaus relevant sein.
Auch junge Menschen, auch an sich gesunde Menschen können schwere Verläufe erleiden.
Wir haben es auch im Einsatz gesehen, wo eben ein ausländischer Pilot repatriiert werden
musste, weil er einen schweren Verlauf entwickelt hat, weil er kurz vor der Beamtmungspflichtigkeit
war und solche Menschen haben natürlich wie wir es auch bei anderen Atemwegserkrankungen
sehen, lange noch mit den Folgen zu kämpfen im Sinne von eingeschränkter körperlicher
Belastbarkeit. Was die Lungenfunktion betrifft sind diese Menschen eingeschränkt und das
merke ich natürlich dann, wenn ich Treppen steige, wenn ich sportlich aktiv sein will,
wenn ich mich eben körperlich belaste. Insofern kann mich das durchaus betreffen. Das betrifft
auch Menschen die eine bakterielle Lungenentzündung erlitten haben, daher kennen wir das schon.
Somit ist das natürlich nichts Neues, was wir bei diesem Virus sehen, aber das ist eben
etwas, das viele junge Menschen etwas verdrängen. Die denken, das ist ein Schnupfen und nach
14 Tagen ist alles wieder gut. Das ist auch in der Mehrzahl der Fälle so. Wenn ich aber
gerade der eine bin, den es schwer trifft, dann kann ich durchaus lange damit zu tun haben.
1: Wie lange ist den lange?
Lange ist zum Teil über mehrere Monate hin, bis zu einem halben Jahr und länger. Letztendlich
wissen wir ja überhaupt erst seit einem guten halben Jahr oder seit einem dreiviertel Jahr
inzwischen, dass es dieses Virus gibt und insofern kann man natürlich noch nicht über
lebenslange oder jahrelange Spätfolgen sprechen. Aber was wir natürlich sehen ist, dass Menschen
die künstlich beatmet werden mussten enorme Problem haben und ein sehr eingeschränktes
Lungenvolumen haben können und das sind dann natürlich wirklich relevante Spätschäden.
Es kann natürlich dazu führen, dass ich für eine gewisse Zeit erstmal nicht mehr
auslandsverwendungsfähig bin. Auch wenn man jetzt Spezialkräfte vor Augen hat, Kampfschwimmer,
Minentaucher oder ähnliches, die eben natürlich enorm auf ihr Lungenvolumen angewiesen sind
oder auch Militärmusiker, Blasmusiker die leben natürlich davon, dass sie dieses Lungenvolumen
haben, um ihr Instrument spielen zu können. Insofern sind es ganz verschiedene Bereiche,
die davon betroffen sein können.
1: Und nun bin ich Bundeswehrsoldat und bin
ganz sportlich, mache nicht nur meinen Dienstsport, sondern auch darüber hinaus. Das heißt,
mein Herz und meine Atemwege sind eigentlich gut trainiert. Nichtsdestotrotz muss ich mich
wie alle anderen auch schützen?
2: Ich sollte mich auf jeden Fall schützen.
Denn man muss ja auch sagen, es geht nicht nur um den Soldaten selbst, sondern es geht
auch darum, dass der Soldat vielleicht auch Angehörige hat, Eltern, Großeltern, die
möglicherweise Vorerkrankungen haben. Dass der Soldat aber auch Kollegen im zivilen Umfeld,
aber auch Kameraden hat, die wiederum Angehörige haben und die eben auch verhindern möchten,
dass diese Infektion weitergetragen wird und eben vulnerable Patienten befallen könnte.
Was sehr häufig gesagt wird, dass wir in Deutschland gerade so wenig aktive Fälle
im Moment haben, dass unsere Todesraten sehr gering sind. Das Ganze liegt natürlich daran,
dass wir sehr konsequent und sehr frühzeitig massiv Maßnahmen ergriffen haben und insofern
eben italienischen Verhältnissen vorbeugen konnten. Wir haben es tatsächlich geschafft
vulnerable Patientengruppen zu schützen. Das ist den Schweden nicht so gut gelungen.
Die haben eine enorme Übersterblichkeit gerade bei den alten Patienten gehabt, bei den alten
Menschen und insofern ist das eben dieses Präventionsparadox. Den Schaden, den wir
verhindert haben, den sehen wir nicht und insofern erscheint uns diese Coronapandemie
in Deutschland oder bezogen auf Deutschland als nicht so dramatisch. Das hätte hier aber
auch ganz anders ausgesehen, wenn wir nicht so konsequent und so massiv Maßnahmen ergriffen
hätten, die viele natürlich auch als Beschränkungen der persönlichen Freiheit sehen.
1: Das heißt, wenn wir jetzt lockerlassen und tatsächlich die berühmte zweite Welle
kommt, dann kann oder könnte uns das trotzdem noch treffen wie in anderen Ländern?
2: Dann könnte uns das auch noch treffen wie in anderen Ländern. Zumindest dann, wenn
sich wieder vermehrt alte Menschen anstecken. Das was wir im Moment sehen ist, dass sich
junge Menschen anstecken. Eben gerade die, die aus dem Urlaub zurückkommen, die auch
ein geringeres Risiko für einen schweren Verlauf haben,
sodass natürlich das Gesundheitssystem
derzeit weit entfernt von einer Überlastung ist. Wenn die das Virus aber breit in der
Bevölkerung verteilen und sich vermehrt auch alte Menschen und Risikopatienten anstecken,
dann werden wir auch wieder mehr Fälle im Krankenhaus sehen, dann werden wir auch wieder
steigende Todesfälle haben. Wenn wir den Herbst und den Winter vor Augen haben, haben
wir natürlich auch die vollen Wartezimmer beim Truppenarzt vor Augen, wo die Soldaten
mit den Erkältungssymptomen sitzen und wenn ich jetzt gegen Grippe geimpft bin habe ich
schon mal eine infektiöse Erkrankung die ich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit
ausschließen kann. Und dadurch wird natürlich das Gesundheitssystem enorm entlastet.
Das betrifft aber nicht nur die Grippeschutzimpfung sondern es betrifft genauso die Impfung gegen
Keuchhusten. Auch da sollte man nochmal schauen, dass die tatsächlich aktuell ist und das
betrifft bei entsprechend lebensalten Kameraden gegebenenfalls die Pneumokokkenimpfung oder
auch bei Mitarbeitern oder Kameraden mit Vorerkrankungen.
Das betrifft letztendlich alle Impfungen gegen
respiratorische Erkrankungen, also gegen Erkrankungen der Atemwege. Die sollten alle auf dem neusten
Stand sein, um eben dadurch, dass man zumindest gegen diese Erkrankungen geschützt ist das
Gesundheitssystem auch zu entlasten. Natürlich werden wir im Herbst vor dem Problem stehen,
dass wir eben differenzieren müssen, ist das eine Virusgrippe, ist es Corona oder ein
banaler Atemwegsinfekt. Aber wenn eben schon ein hoher Anteil der Soldaten gegen Influenza
durchgeimpft ist kann es auch dazu beitragen, dass die Kapazitäten des Truppenarztes und
die Kapazitäten der Testlabore nicht an ihre Grenzen stoßen.
1: Wenn ich jetzt merke ich habe einen Atemwegsinfekt und fühle mich nicht gut,
wie verhalte ich mich dann richtig?
2: Wichtig ist, dass man erst telefonisch
beim Truppenarzt einen Untersuchungstermin vereinbart und nicht einfach mit dem Verdacht
im Hinterkopf es könnte ja auch Cororna sein ohne vorherige Terminabsprache beim Truppenarzt
eintrifft. Denn wir möchten natürlich nicht, dass Patienten die potenziell ansteckend sind,
dort im Wartezimmer sitzen und dann vielleicht auch den Soldaten anstecken der sich einfach
nur das Sprunggelenk verstaucht hat.
Insofern macht es durchaus Sinn das auf spezielle Sprechstunden
einzurichten wo eben nur die Abstrichdiagnostik erfolgt. Soweit ich mich noch so gesund fühle,
dass ich meine, dass ich das Ganze auch ohne ärztliche Behandlung sozusagen überstehe,
kann ich mich auch telefonisch melden, eventuell auch telefonisch „Krank zu Hause“ schreiben
lassen und eben erstmal das Ganze zu Hause auskurieren. Nicht krank in den Dienst kommen
als Held der Arbeit, denn damit ist, denke ich, niemanden gedient, wenn man dann das
Risiko eingeht seine Kameraden anzustecken.
1: Sehr guter Schlusspunkt. Genau. Danke, Wiederhören.
2: Tschüss.
1: Danke fürs Reinschalten in den Funkkreis. Weitere Informationen zum Thema finden Sie
wie immer Internet oder schreiben Sie uns eine E-Mail auf podcast@bundeswehr.org . Passen
Sie auf sich auf und auf die Menschen in Ihrer Umgebung. Bis nächsten Donnerstag, Tschüss.