Podcast #48: Heeresbergführer - Vor sich selbst bestehen können | Bundeswehr
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This is Tango. Over.
Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.
A: Willkommen beim Funkkreis.
Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna und heute habe ich einen besonderen Gast am Telefon.
Einen Heeresbergführer.
Ihr Wahlspruch lautet: „Vor sich selbst bestehen können“.
Seit Jahrzehnten gibt es sie in der Truppe.
Sie sind die absoluten Spezialisten am Berg.
Ihnen macht dort keiner was vor und das wissen sie auch.
Einer von den eher ruhigen und wortkargen Bergprofis ist Stabsfeldwebel Jörg Rauschenberger.
Er ist mit seinen 48 Jahren ein erfahrener Bergführer und dient im Brigadestab der
Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall.
Hallo Jörg!
B: Hallo Matthias!
A: Sag mal, was verbirgt sich eigentlich hinter dem Sprichwort von euch „vor sich selbst
bestehen können“?
B: Also aus meiner Sicht zielt es auf die psychische Komponente beim Bergsteigen, sag
ich mal da speziell auch beim Klettern ab.
Das man halt im Endeffekt vor sich selber das Ganze auch da voll dahinter stehen muss
das Geld auch beim Blättern ab, dass man halt im Endeffekt für sich selber das ganze
auch weil man ja jetzt beim klettern, denke ich mal wird es bei jeden am klarsten, ziemlich
viele Entscheidungen auch treffen muss und jetzt so direkt auf die eigene Gesundheit
Auswirkungen haben oder eventuell auch auf das eigene Leben.
Macht man das, hat man das, kann man das Können dazu?
Ich denke mal genauso als Führer dann für Andere im Gebirge und die Entscheidung dann
genauso zu treffen.
Und ich denke mal, da ist es halt wichtig, dass man mit sich selber im Reinen ist und
für einen selber das geklärt hat damit man da dann auch vernünftige Entscheidungen dann
auch für die Soldaten treffen kann.
A: Das heißt ihr leitet diesen Wahlspruch ja auch eigentlich daraus ab, dass ihr euch
ständig den Naturgewalten im Hochgebirge ausgesetzt seht.
Was zeichnet es denn eigentlich aus, den Heeresbergführer?
Was verbirgt sich hinter den Heeresbergführern im Allgemeinen?
Vielleicht kannst du ja kurz was erzählen aus deiner jahrelange Erfahrung, du bist ja
schon seit lange, ja wie lange jetzt schon?
Schon seit fast über 20 Jahren Heeresbergführer und was ist eigentlich ein Heeresbergführer?
B: Ja genau, ich habe meine Ausbildung ja 1997 abgeschlossen.
Ich denke mal das wichtige am Heeresbergführer ist, dass die halt zwei Dinge mitbringen.
Der muss ein guter Bergsteiger sein und ebenso ein militärischer Führer.
Weil mehr nur die Heeresbergführer und nicht die zivile Seite, ich denke mal ganz wichtig
ist halt auch, dass er in allen Disziplinen des Alpinbergsport da wirklich auch auf einem
Niveau unterwegs ist, dass er sich halt um die Führung von seinen Kameraden kümmern kann.
A: Ok und das nochmal erklärt für jemanden, der nichts mit Berge anfangen kann, warum
braucht die Bundeswehr überhaupt solche Spezialisten für Aufgaben am Berg?
B: Ja die Bundeswehr hat ja auch den Auftrag bei schwierigen Gelände im Hochgebirge extreme
Höhen, sag ich mal in arktische Regionen Aufträge durchzuführen, das ganze im speziellen
die Gebirgsjägerbrigade 23 und dafür braucht man die Spezialisten, die im Endeffekt die
Kommandeure beraten dabei, die die Truppe führen und im Endeffekt auch die Ausbildung
mit der Truppe in dem Gelände durchführen, damit das mit der Truppe überhaupt möglich ist.
A: Du bist ja eben auf die verschiedenen Aufgaben eingegangen.
Beratungsaufgaben gehören dazu, die Führung von Soldaten und Soldatinnen im Hochgebirge.
Aber was steht euch eigentlich für eine Ausrüstung da zu zur Verfügung?
Ich will mal kurz dazu einen Einspieler spielen aus einer Bundeswehr-Classics Aufnahme von 1973.
Hör mal kurz rein, wie es früher war.
C: Den Zauber der Berghöhen zu genießen, den Traum eines Gipfelstürmers zu verwirklichen,
die Sehnsucht des Forschens zu erfüllen kann nur mit Nüchternheit real werden.
Mit geeigneter Ausrüstung und unter Anleitung eines Führers, der die Gefahren kennt und
ihnen zu begegnen weiß.
Seil, Eispickel und eine große Portion Vorsicht sind nur einige Attribute die eine Seilschaft
mit sich tragen.
A: Ja, Seil und Eispickel ist das immer noch die Ausrüstung mit der ihr unterwegs seid?
B: Ja ich denke mal das ist immer noch so das Grundding.
Das Seil dient der Sicherung von einem selber oder den Kameraden und der Eispickel ist nach
wie vor auch noch ein wichtiger Ausrüstungsgegenstand.
Inzwischen ist da natürlich noch sehr vieles dazu gekommen, was denke ich mal im zivilen
Sektor jetzt beim bergsteigen, klettern natürlich auch die Ausrüstung sich wahnsinnig entwickelt
hat so die letzten 20 Jahre.
A: Und kannst du ein paar Beispiele aufführen?
Was ist denn da so dazu gekommen anders als zu Beginn deiner Heeresbergführerzeit?
B: Also wir haben inzwischen dienstlich auch mal versucht einzuführen die neusten Ausrüstungsgegenstände,
ziemlich viel hat sich da bei der Sicherheit getan, bei einzelnen Ausrüstungen.
Beim Gewicht natürlich, was man so mit sich führen muss und es gibt da jetzt grade beim
klettern zum Beispiel viele Klemmgeräte, wo man ansetzen kann und die eigene Sicherheit
dann auch nochmal deutlich erhöhen kann.
Zudem was da jetzt vor 30 Jahen oder noch länger möglich war.
A: Du hast eben Gewicht gesagt.
Heißt das, ihr führt jetzt mehr mit oder weniger?
B: Ja im Endeffekt führen wir jetzt leichtere Ausrüstung mit, weil natürlich auf Grund
der Materialforschung, Entwicklung der Ausrüstung ist jetzt die Bergsportausrüstung leichter
geworden, was uns als Sodaten natürlich das Ganze auch erleichtert weil wir ja zusätzlich
unsere Gefechtsausrüstung auch noch dabei haben, die natürlich inzwischen eher schwerer
und umgangreicher geworden ist als wie vor 30 Jahren wo man das andere hier aufgenommen haben.
A: Das heißt also, ihr Heeresbergführer seid ja auch zum Kampf im Gebirge in der Lage.
Was bedeutet das überhaupt?
Kann man im Gebirge überhaupt kämpfen, wie man in einem Wald kämpft oder ist das anders?
B: Ja, man kann sicher im Gebirge kämpfen, sieht man ja an aktuellen Schauplätzen überall
auf der Welt, dass sich da auch immer wieder Sachen im Gebirge abspielen.
Ich denke mal das ist grunsätzlich schon deutlich anders jetzt als, ja, vorm Urbanengelände
oder Waldgelände.
Die besondere Schwierigkeit ist halt mit dem Gelände zu kämpfen und sich darin bewegen
zu können.
A: Ok.
Was heißt das jetzt konkret?
Also was für Erfahrungen hast du denn jetzt selber schon mal gemacht im Gefechtsdienst
im Hochgebrige?
B: Ja meistens so die Durchhaktefähigkeit, die Möglichkeiten von Bewegungen im Hochgebirge
auszuführen, das braucht natürlich alles... also Bewegungen brauchen deutlich mehr Zeit
als wir es jetzt vom Flachland mit Infrastruktur kennen.
Also braucht man eine deutlich fittere Truppe, weil halt die meiste Bewegung wirklich zu
Fuß, also im Sommer halt zu Fuß, im Winter dann halt mit den Ski stattfindet und dementsprechend
hat man halt wenig Infrastruktur wo man sich jetzt irgendwie im Gelände schützen kann,
wo man ja unten doch oft Fahrzeuge oder Gebäude und sonstiges hat.
Da muss der Gebirgsjäger halt mit seiner Ausrüstung, die er im Endeffekt am Mann mitführen
kann überleben können.
A: Ja du sagst es schon.
Man muss alles was man im Gebirge braucht selber mit hochtragen, dass heißt, man muss
fit sein und man braucht auch eine lange Ausbildung.
Für Unteroffiziere und Offiziere der Gebirgstruppe ist ja deswegen auch eine lange Ausbildung
im Gebirge im Sommer und wie im Winter notwendig.
Für die Heeresberführer ist das ja nochmal deutlich verschärfter und länger.
Du warst jetzt 15 Jahre lang Ausbilder in Mittenwald in der Gebirgs- und Winterkampfschule.
Wie kann man überhaupt Heeresbergführer werden?
B: Also die Ausbildung zum Heeresbergführer ist im Endeffekt die Voraussetzung, dass man
die militärische Führerausbildung abgeschlossen hat, also da sind wir ja jetzt inzwischen
bei Feldwebel mindestens vom Dienstgrad.
Führer ist meistens Oberleutnant und dann braucht man halt noch die alpintechnischen
Fähigkeiten quasi, dass man einen Lehrgang besuchen kann.
A: Und dem Voraus geht ja auch ein Eingangstest.
Was hat es denn damit auf sich?
B: Genau.
Am Beginn von dem Lehrgang findet quasi eine einwöchige Überprüfung statt, wo festgestellt
wird ob die Kandidaten die Voraussetzungen mitbringen.
Dann müssen sie im Endeffekt mal eine Kletterprüfung machen auch mit militärischer Ausrüstung
klettern und da sag ich mal mindestens im fünften Schwierigkeitsgrad.
Danach müssen sie einen Konditionstest machen, wo sie eine festgelegte Strecke mit schwerem
Gepäck in einer bestimmten Zeit absolvieren müssen und dann werden die skifahrerischen
Fähigkeiten überprüft, weil der Winter ja auch ein ziemlich großer Teil der Ausbildung ist.
A: Das heißt, man muss ja nicht nur gut klettern können, sondern auch gut skifahren können.
Gibt es da überhaupt noch Möglichkeiten was nachzusteuern, wenn man zum Beispiel kein
guter Skifahrer ist?
B: Also ich denke mal dann während der Ausbildung geht es ja dann mehr darum das man zum Führer,
Berater und Ausbilder ausgebildet wird als wie die persönlichen Fähigkeiten.
Die muss man eigentlich vorher trainieren und so ausbilden, dass man die quasi mitbringt.
Aus dem Grund, vielleicht für dich auch interessant, führt ja die Gebirgsjägerbrigade quasi immer
so zur Zusammenziehung von den Heeresbergführernanwärter durch, wo man die dann in so einzelne Abschnitte
quasi auf ihren Lehrgang vorbereiten.
A: Und dieser Lehrgang insgesamt, der dauert ja ein Jahr.
Das heißt die Bundeswehr investiert viel Zeit und viele Mittel für diese Ausbildung
zum absoluten Bergspezialisten.
Das heißt, die Ausbildung ist ja nicht nur in den deutschen Alpen sondern auch in den
östereichischen, schweizer und in den französichen Alpen.
Ist da der Austausch auch ganz groß untereinander, also auch mit den Östereichern zum Bespiel
oder wie kann man sich das vorstellen?
B: Ja, genau.
Also die Ausbildung wird jetzt seit 2015 gemeinsam mit dem Bundesheer durgeführt, also mit dem
östereichischen Bundesheer und das findet halt so statt, das der Lehrgang dauert ja
fast ein Jahr, wenn man das so auf der Zeitachse anschaut, dass halt die zwei Nationen immer
im Wechsel also einmal die Durchführung in Deutschland die Leitung legt und einmal in
Östereich und die andere, die Partnernation, die Ausbilder trotzdem mit hinzu stellt aber
die Führung immer eine Nation hat für ein Jahr.
A: Das heißt binationale Ausbildung, viel unterwegs, das ist das Leben eines Heeresbergführers.
Jetzt bist du ja selbst auch staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und hast an diversen
Expeditionen teil genommen.
In Südamerika, in Asien und Noramerika am Mont Denali in Alaska.
Was war eigentlich der Hintergrund dazu?
Das war ja eine dienstliche Expedition der Bundeswehr in Alaska.
B: Genau.
Die Absicht von der Gebirgsjägerbrigade war eigentlich die Heeresbergführer für unseren
jungen Nachwuchs attraktiver zu gestalten und da war das Ziel halt den höhsten Berg
Noramerikas mit Heeresbergführern zu besteigen.
Das wurde jetzt in der ersten Phase mal so durchgeführt, dass wir uns bei den Amerikanern
angeklinkt haben und nicht einsam die Expedition gemacht haben, weil die US-Army das jedes Jahr macht.
Die haben ja in Alaska einen Ausbildungsstützpunkt und in Zukunft wäre jetzt der Plan, dass
man eventuell mal mit Heeresbergführern das selbstständig durchführen kann.
A: Das heißt, Expedition auf über 6000 Metern Höhe mit Heeresbergführern der Bundeswehr?
B: Ja genau, im Endeffekt geht es uns halt darum, ich sag mal wir haben es ja auch im
Auftragsbuch stehen, große Höhen, extremes Gelände und so arktische Regionen werden
da ja auch immer interessanter und da hat man halt mit dem nahlegenste, höhsten Gipfel
Nordamerikas relativ gute Bedingungen, dass man da die große Höhe und die arktischen
Bedigungen ganz gut zusammen unter einen Hut bekommt.
A: Und wie war deine Erfahrung da?
Kannst du das vielleicht mal beschreiben, wie es sich anfühlt, dort in Nordamerika
in Alaska auf 6000 Meter Höhe zu stehen.
Ist das eine besondere Erfahrung?
Du erzählst das hier, als wäre das eine Sache, die du nebenbei machst aber da steckt
ja mehr hinter.
B: Na ich denke mal, dass ist schon was ganz besonderes wenn man die Möglichkeit hat.
Man muss sich da halt wirklich jeden Tag aufs neue den Herausforderungen stellen.
Weil jetzt auf dem Denali zum Beispiel ist es ähnlich wie an den anderen hohen Bergen,
dass man sehr extreme Temperaturen hat und über drei, vier Wochen jeden Tag autark dort
unterwegs ist.
In Alaska ist noch die Besonderheit, dass wir unsere Ausrüstung komplett selber transportieren
müssen und nicht wie es in Nepal heut meist gemacht wird, dass man da so Trägerunterstützung hat.
A: Die besondere Kälte, ist die mit der Ausrüstung die wir haben, kann man damit bestehend und
auch durchhaltefähig bleiben?
B: Also die Bundeswehr hat da inzwischen so arktische Ausrüstung und mit der waren wir
da am Berg unterwegs und da ist es eigentlich, wenn man die richtig handhabt und sag ich
mal, wenn man wieß wie man das ganze händeln muss ganz gut möglich, dass man das da gesundheitlich
gut übersteht.
A: Dier Erfahrungen die du jetzt da sammeln konntest in der langen Zeit mit der Ausrüstung,
die sich auch immer weiter entwickelt hat zeigt, dass die Heeresbergführer nicht nur
eine alte traditionswürdige Spezialistengattung ist sondern sich auch in Zukunft immer weiterentwickelt.
Jörg, ich sag vielen Dank für dein Gespräch und die kleinen Einblicke und ja, allzeit
berg heil sagt man doch, oder?
B: Ja das passt.
Vielen Dank.
A: Danke, auf wiedersehen!
B: Tschau!
A: Vielen Dank für das reinhören.
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