heute journal vom 18.09.2021 - U-Boot-Streit und Indopazifik-Politik - USA suchen Gespräch mit Frankreich; Scholz in Bay
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das heute journal, mit Heinz Wolf und Marietta Slomka.
Guten Abend.
Emmanuel Macron legt heute noch mal nach.
Seinen Außenminister lässt er verkünden, der Streit mit den USA
belaste auch die Zukunft der NATO.
Gestern Abend hatte Frankreich ja seine Botschafter aus den USA
und Australien vorübergehend zurückgerufen.
Nach den Regeln der Diplomatie
ist das zwischen Demokratien der maximale Wutausbruch.
Darüber hinaus bliebe nur noch, die Botschafter ganz abzuberufen
oder gar die diplomatischen Beziehungen abzubrechen.
Das kommt zwischen Ländern, die eigentlich Verbündete sind,
Stichwort NATO, natürlich nicht in Frage.
Dass Frankreich so tobt, liegt nicht nur daran,
dass es sich um einen Milliarden- U-Boot-Deal betrogen sieht.
Sondern auch an der kränkenden Erkenntnis, dass den Amerikanern
der Machtkampf gegen China wichtiger ist als europäische Befindlichkeiten.
Christel Haas berichtet.
Der Mann in dem Auto ist normalerweise
kein Freund der harten Worte,
er ist schließlich französischer Botschafter in Australien.
Doch jetzt macht er sich ganz undiplomatisch Luft
über das Verhalten seines Gastlandes.
Es ist ein großer Fehler,
das ist ein sehr schlechter Umgang mit unserer Partnerschaft.
Zurückbeordert nach Paris wurde auch sein Kollege in den USA.
Das ist einmalig in der Geschichte beider Länder.
Und darum geht es: Die Australier hatten vor drei Tagen
einen seit Jahren bestehenden Milliardenvertrag
für zwölf französische U-Boote aufgekündigt.
Unmittelbar davor hatten sie ein Sicherheitsabkommen
mit den USA und Großbritannien geschlossen.
Es geht um den Schutz vor dem Machtstreben Chinas
im indopazifischen Raum.
Statt französische soll Australien nun
amerikanische und britische U-Boote bekommen, atomgetrieben.
Frankreich ist plötzlich außen vor - ein Affront.
Im Fernsehen wird der Außenminister mehr als deutlich.
Hier geht es um Lügen, um Doppelzüngigkeit,
um einen massiven Vertrauensbruch und um Verachtung.
Das geht überhaupt nicht, wir sind in einer richtigen Krise.
V.a. die eigennützige Haltung der USA sei schier unerträglich.
Frankreich fühlt sich ins Abseits geschoben,
fürchtet um seinen Einfluss.
Es ist eine diplomatische und wirt- schaftliche Niederlage Frankreichs.
Dieser Vorfall zeigt einen amerikanischen Unilateralismus,
der wirklich erstaunlich ist,
weil Frankreich eigentlich als einer der besten Verbündeten gilt.
Noch im Juni hatten Präsident Macron und der australische Premier
über die Zusammenarbeit und den U-Boot-Vertrag geredet.
Über den neuen Deal sei man aber bis zuletzt nicht informiert worden,
heißt es in Paris.
Wut in Frankreich, Irritation in der EU.
Der Außenbeauftragte drängt zum Handeln.
Diese Situation zwingt uns, nachzudenken,
und zwar darüber, ob wir nicht die Idee
einer strategischen Autonomie Europas umsetzen müssen.
Ein Deal und seine Folgen -
die USA und Australien versuchen zu beschwichtigen.
Frankreich sei nach wie vor ein wichtiger Partner,
betonen beide Länder.
Den Groll der Franzosen wird das nicht besänftigen.
Elmar Theveßen in Washington:
Wie wird das Ganze auf der anderen Seite des Atlantiks gesehen?
Die US-Regierung tut unschuldig.
Sie verweist auf Australien.
Der australische Premier sagt,
dass er die Probleme bei den U-Booten angesprochen hat.
Der US-Regierung ist es ganz recht,
dass Frankreich lange im Dunkeln tappte.
Die USA sehen die kommunistische Regierung in Peking
als Bedrohung an.
Die USA sehen als Belege für diese Bedrohung
die militärischen Provokationen von China an.
Australien sollte zur Abschreckung Atom-U-Boote haben.
Keine U-Boote mit veralteter Technik.
Am liebsten hätte man das noch bei anderen, zum Beispiel bei Indien.
Das Ganze ist ein Signal, um die Europäer dazu zu zwingen,
Farbe zu bekennen.
Wenn man an die letzten beiden Wahlkämpfe in den USA zurückdenkt,
versteht man,
warum auch US-Zeitungen den Wahlkampf in Deutschland "boring" finden.
Wobei manche dieser Langeweile durchaus Respekt zollen:
Wer in den Trump-Jahren gelitten hat, und dann auch noch erleben musste,
wie die amerikanische Demokratie mit einem blutigen Sturm aufs Kapitol
herausgefordert wurde, für den sind Trielle zwischen Olaf Scholz,
Armin Laschet und Annalena Baerbock
geradezu beneidenswert zivile Veranstaltungen.
Scholz oder Laschet,
einer von beiden wird wohl ins Kanzleramt einziehen.
Für beide geht es darum,
auf den letzten Metern nicht noch zu stolpern.
Wie die Kandidaten heute auftraten, hat Simon Pfanzelt beobachtet.
Es könnte ja demnächst schwieriger werden,
ein Foto mit Olaf Scholz zu bekommen.
Und so sind es Hunderte, die hier heute in München anstehen
für ein Bild, ein Autogramm.
Der Kandidat arbeitet das ab,
so wie er ja auch diese letzte Wahlkampfwoche noch abarbeiten muss.
Ohne viel Aufregung - und bloß keine Fehler machen.
In Deutschland gibt es eine große Erwartung,
dass wir einen Aufbruch bekommen,
dass es losgeht nach dem 26. September mit den 20er-Jahren und dass es eine gute Zukunft für Deutschland wird.
Scholz tourt heute durch Bayern,
traditionell schwieriges Gelände für seine Partei.
Selbst hier in München, früher mal SPD-Hochburg, hat die CSU
bei der letzten Bundestagswahl alle Direktmandate gewonnen.
Doch Scholz weckt Interesse,
auch wenn er viele Menschen nicht gerade begeistert.
Er ist kein mitreißender Redner,
aber trotzdem ein guter und sachlicher Mensch.
Und insgesamt sehr überzeugend in dem, was er sagt.
Er ist der richtige Mann, dass sich die Situation ändern wird.
Er ist das geringere Übel.
Dass man mit ihm zumindest nichts falsch macht,
diese Stimmung soll Scholz über die Ziellinie tragen.
Armin Laschet bleibt noch eine Woche, um das zu verhindern.
Er ist heute in seinem Heimatbundesland unterwegs.
Laschet versucht in Nordrhein-Westfalen,
den Eindruck zu zerstreuen, dass die Wahl schon gelaufen sei.
Es geht jetzt nicht um Lebensläufe oder wer wo wie quer gelacht hat,
sondern es geht um die politische Richtung Deutschlands
in den nächsten Jahren.
Das ist die Kernfrage, um die wir kämpfen.
Die nächste Bühne, der nächste Versuch, Scholz auszubremsen.
Die Durchsuchung im Finanzministerium
und die Ineffizienz der Geldwäsche-Spezialeinheit FIU
sollen dabei helfen.
Geldwäsche ist das Geschäft internationaler Krimineller.
Wir haben einen Bundesfinanzminister,
dass er Aufsicht ausübt und Geldwäsche unterbindet.
Wir erwarten, dass restlos aufgeklärt wird,
warum das in Deutschland so schlecht funktioniert.
Scholz macht es sich am Nachmittag in Regensburg gemütlich.
Aber er weiß auch, dass diese letzte Woche ungemütlich werden könnte.
Am Montag muss er in Sachen FIU vor den Finanzausschuss des Bundestags.
Es ist einfach richtig, fest- zuhalten, was gemacht worden ist.
Darüber spreche ich gerne.
Wir haben dafür gesorgt, dass die IT modernisiert wird,
wir haben dafür Sorge getragen,
dass jetzt Künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann.
Wir haben neue Rechte geschaffen, Abfragemöglichkeiten
bei den Datenbanken von Polizei und Staatsanwaltschaften,
wie sie vorher nicht existiert haben.
Zuversicht ausstrahlen, das wollen beide Kandidaten an diesem Samstag.
Die ganz heiße Phase des Wahlkampfs läuft.
Von Rückkehr zu Normalität
ist man in den Flutgebieten im Ahrtal noch weit entfernt.
Und auch die Bundestagswahl kann dort diesmal nicht normal ablaufen.
Viele Gebäude, die früher als Wahllokale dienten, wurden zerstört.
Viele Adressen, an die Wahlunterlagen geschickt wurden, gibt es nicht mehr,
oder die Empfänger wohnen dort zumindest derzeit nicht.
Trotz dieser Ausnahmesituation muss gesichert sein,
dass jeder und jede wählen kann.
Dafür wurden auch durchaus kreative Lösungen gefunden,
wie Bobby Cherian beobachtet.
Zelt und Bus kommen von der Landes- forstverwaltung Rheinland-Pfalz,
die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer
von der Hochschule für öffentliche Verwaltung.
Bis kommenden Freitag werden die improvisierten Wahlbusse
120 Stopps im Ahrtal, wie hier in Rech, absolviert haben.
So können Menschen vor Ort ihre Briefwahlunterlagen anfordern,
ausfüllen und einwerfen.
Gerade hier im Ahrtal sind die Menschen
aktuell in einer Notsituation.
Ihre Lebensbedingungen werden noch stärker
als in anderen Situationen von der Politik beeinflusst.
Es ist besonders wichtig,
dass die Menschen hier ihr Wahlrecht nutzen können.
Doch das ist gar nicht so einfach.
Klassische Räumlichkeiten für Wahllokale,
wie Turnhallen und Schulen, wurden durch die Flut im Juli zerstört.
In Bad Neuenahr-Ahrweiler soll am 26. September
u.a. auf einem Discounter-Parkplatz gewählt werden.
Auf die Frage, welche Bedeutung diese Bundestagswahl
für diese Menschen überhaupt hat,
fällt das Echo in der Stadt geteilt aus.
Wir haben hier andere Probleme und kümmern uns erstmal darum,
dass wir unsere Stadt wieder bestmöglich aufgebaut bekommen.
Wir beschäftigen uns sehr mit der Politik,
weil uns die politischen Entscheidungen jetzt sehr betreffen.
Deswegen beschäftigen wir uns mit der politischen Frage
und damit auch mit der Wahl.
Für die Menschen kommt es jetzt drauf an,
welche Politiker sich am meisten um sie kümmern.
Im Flutgebiet gibt es weder Wahlplakate noch Kundgebungen.
Darauf haben sich die Parteien in Rheinland-Pfalz
gemeinsam verständigt.
Auch beim Ahrtalradio, einer der vielen Freiwilligeninitiativen,
ist klar: Wahlwerbespots nein, Infos zur Wahl auf jeden Fall.
Es ist eine besondere Wahl, dadurch dass sich die Frage stellt:
Wie wählt man überhaupt, wo kann man welche Stimme abgeben?
Da machen wir viel im Vorfeld, aber aktiv Werbung machen wir nicht.
Das wäre in der Situation mehr als unangebracht.
Die Politik müsse auf andere Art und Weise präsent sein
und Interesse zeigen am Schicksal der Menschen,
so der Erste Beigeordnete des Landkreises Ahrweiler.
Es waren viele Politikerinnen und Politiker
im Flutgebiet unterwegs und haben auf diese Art und Weise
die Kommunikation mit den Wählerinnen und Wählern gesucht,
mit den Betroffenen hier vor Ort.
Das ist auch die Aufgabe letztendlich der Politik,
vor Ort zu sein bei den Menschen, zuzuhören und v.a. mit anzupacken.
Landes- und Bundeswahlleitung erwarten
eine normale Wahlbeteiligung im Flutgebiet.
Über die zusätzlichen Kosten für Zelte und Busse mache man sich
keine großen Gedanken.
Ohne Aufwand ist Demokratie nun einmal nicht zu haben.
Und jetzt andere Nachrichten des Tages, von Heinz Wolf.
In der Diskussion über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie
plädiert der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,
Gassen, für ein Ende der Beschränkungen zum 30. Oktober.
Damit solle auch ein Impfanreiz gesetzt werden,
sich bis dahin immunisieren zu lassen, so Gassen.
Andere Experten warnen vor zu schnellen Lockerungen.
Und so sind die aktuellen Corona-Zahlen:
Das Robert Koch-Institut
meldet 8.901 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden.
Das sind 2.313 weniger als am vergangenen Samstag.
63 Todesfälle kamen innerhalb eines Tages hinzu.
Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 72,0.
Zwei Wochen vor dem Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober
hat in Halle an der Saale
die Freiluftausstellung "EinheitsEXPO" begonnen.
Sachsen-Anhalts Regierungschef und Bundesratspräsident Reiner Haseloff
und Vertreter der Stadt eröffneten den rund 4,5 km langen Rundgang.
Wegen der Corona-Pandemie gibt es wie schon im vergangenen Jahr
kein Bürgerfest mit hunderttausenden Besuchern,
sondern stadtweite Präsentationen über einen längeren Zeitraum.
In Leipzig ist es im Zuge einer Demonstration
zu Ausschreitungen gekommen.
An der Kundgebung, die von einem Kampagnenbündnis organisiert wurde,
beteiligten sich laut Polizei bis zu 3.500 Menschen.
Anlass war der Prozess gegen eine Frau und drei Männer,
denen die Bundesanwaltschaft
Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung
und Angriffe auf mutmaßliche Rechte vorwirft.
Während des Aufzugs gab es immer wieder Steinwürfe.
Später entzündeten Vermummte Barrikaden.
Die Polizei fuhr Wasserwerfer auf, die mit Steinen beworfen wurden.
Wie die Polizei am Abend mitteilte, wurden sieben Beamte leicht verletzt.
Rund um eine Grenzbrücke zwischen Mexiko und Texas
harren derzeit mehr als 10.000 Flüchtlinge aus - in der Hoffnung,
in den USA Asyl zu bekommen.
Der Großteil von ihnen stammt aus Haiti.
Die Versorgungslage ist katastrophal
und die Behörden rechnen mit tausenden weiteren Migranten.
Die betroffene Gemeinde Del Rio hat Hilfe aus Washington angefordert.
Und jetzt die Lottozahlen dieses Samstags.
Sie lauten, wie immer ohne Gewähr:
Bleiben noch die Wetteraussichten für den Sonntag:
Teils ist es aufgelockert, teils stärker bewölkt.
Im Südwesten und am Alpenrand zieht Regen auf.
Die weiteren Aussichten:
Am Montag wechseln Sonne und Wolken, im Süden kann es etwas regnen.
Dienstag und Mittwoch
gibt es meist freundliches Wetter bei ähnlichen Temperaturen.
Das war's von uns, weiter geht's mit dem aktuellen sportstudio.
Und danach, um 0.55 Uhr gibt es dann die nächste heute Xpress.
Bis morgen, auf Wiedersehen.