Sendung: tagesthemen 09.01.2021 - Londons Bürgermeister ruft Katastrophenfall
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Heute im Studio: Ingo Zamperoni
Guten Abend.
So sehr der Beginn der Impfkampagne einen Silberstreifen darstellt,
so deutlich wird täglich:
Es wird dauern, bis dieser Streifen breiter wird.
Das zeigt sich in Großbritannien.
Der Bürgermeister von London hat den Katastrophenfall ausgerufen.
Die Krankenhäuser stehen vor dem Kollaps.
Mehr als 80.000 Tote beklagt das Vereinigten Königreich.
Heute hat das Staatsoberhaupt ein Zeichen gesetzt:
Die Queen hat sich impfen lassen - und auch Prinz Philip.
Bisher hatte der Buckingham Palast sich nicht äußern wollen.
Es hieß stets, das sei Privatsache der Königin.
Von öffentlichen Interesse ist, dass nun diskutiert wird,
bei bereits Geimpften den zweiten Pieks zu verschieben.
So könnte man mehr Menschen erst-impfen.
Die Sirenen waren in London die ganze Nacht zu hören.
8000 Notrufe gingen bei den Krankenhäusern ein.
Viele Rettungswagen mussten warten.
Die Intensivstationen sind überfüllt.
Ärzte und Pfleger sind verzweifelt.
Ich habe so etwas noch nie gesehen.
Dass unsere Krankenhäuser so unter Druck geraten.
Wir hoffen,
dass diese Welle nicht ins ganze Land überspringt.
Das scheint passiert zu sein.
Auch in Cambridge steigt die Zahl der Covid-Patienten.
Es hört einfach nicht auf.
Sie brauchen lange, um sich zu erholen.
Sie sind schwerer angeschlagen als die Fälle vom Sommer.
Es sind nicht nur Alte, sondern auch Jüngere.
Die britische Regierung hat sich entschlossen,
die erste Impfung so vielen Menschen wie möglich zu geben.
Die zweite Dosis wird zurückgehalten.
Sie soll erst in drei Monaten verabreicht werden.
Wir müssen so viele Menschen wie möglich
so schnell wie möglich impfen.
Die Daten zeigen, dass eine Impfung auch schützt.
Dass die erste Dosis schützt, ist belegt.
Keine Daten gibt es dazu, was passiert,
wenn die zweite Impfung drei Monate später stattfindet.
Einige Wissenschaftler halten die Strategie für riskant.
Eine impfresistente Mutation kannst du auf diese Weise erzeugen.
Das Risiko ist vielleicht niedrig.
Aber wenn es passiert, ist es eine Katastrophe.
Dann bräuchten wir neuen Impfstoff, was wieder ein Jahr dauert.
Die britische Regierung steht in einem Wettlauf mit der Zeit.
Wenn die Zahlen in London weiter so steigen,
dürfte die Welle das ganze Land erfassen.
So schlimm wie in Großbritannien ist es in Deutschland nicht.
Aber das mutierte Virus ist auch bei uns nachgewiesen worden.
Die Kanzlerin fand erneut eindringliche Worte.
Die nächsten Wochen sind wohl die schwierigste Phase.
Ärzte und Pflegepersonal arbeiten am Rande der Überforderung.
Über die angespannte Lage des Pflegepersonals
haben wir bereits berichtet, als von Corona keine Rede war.
Jetzt ist das Limit bei vielen überschritten.
Altenpflegerinnen und -pfleger kommen ans Ende ihrer Kräfte
und schlagen zum wiederholten Male Alarm.
Grüß Gott!
Ich komme zum Blutdruck messen.
Und dann weiter zum nächsten Bewohner ...
Das ist Alltag für Sebastian.
Der ist für den Pfleger noch stressiger geworden.
Zur medizinischen Versorgung kommt die Corona-Bürokratie.
Ich muss alles dokumentieren.
Ich muss die Leute aufklären.
Ich muss den Anzug an- und ausziehen.
Die Leiterin befürchtet für ihr Heim,
dass sich der Fachkräftemangel nach Corona verschärfen könnte.
Durch die vermehrten Aufgaben ist die Arbeitsbelastung hoch.
Ich mache mir Sorgen, dass viele sagen:
"Die Krise halte ich durch, aber danach bin ich raus."
Ein Pfleger aus Oberbayern möchte anonym bleiben.
Er beschreibt chaotische Zustände in einer Mail.
In der ambulanten Altenpflege fürchtet man den Anruf,
dass ein Mitarbeiter in Quarantäne geschickt werden muss.
Für uns bedeutet das, Personalersatz zu finden.
Aber auf der Reservebank der Pflege sitzen keine Mitarbeiter.
Zurück in Lauf:
Die hohe Belastung der Pflegekräfte bekommt Katharina Eggert zu spüren.
Die 83-Jährige setzt ihre Hoffnung auf die Impfbereitschaft.
Sie selbst ist geimpft.
Dann wäre doch alles vorbei, wenn jeder sich impfen lässt.
Sie hofft auch, dass sie dann wieder Besuch bekommt.
Inzwischen fühlt sie sich ziemlich einsam.
Republikanische Senatoren, Kabinettsmitglieder,
enge Mitarbeiter aus seinem Stab:
Schon erstaunlich, für wen im Umfeld von Donald Trump
doch noch die Schmerzgrenze erreicht ist.
Aber nicht nur politisch wird die Luft dünner für Trump.
Auch die Kommunikationsplattform Twitter hat genug.
Trumps Account wurde dauerhaft gesperrt.
Trump hat ausgezwitschert.
Bei Twitter verbreiten seine Anhänger weiter Hass:
"Hängt Mike Pence".
Der Aufruf, den Vizepräsidenten zu töten,
war bei der Stürmung des Kapitols zu hören.
Eine Reaktion auf Pences Weigerung,
die Bestätigung von Trumps Niederlage zu blockieren.
Heute zeigt sich Trump empört über die Sperrung bei Twitter.
Einige "Patrioten" waren Trumps Aufforderung gefolgt,
zum Kapitol zu marschieren.
Die Demokraten fordern eine strafrechtliche Verfolgung.
Der Präsident ist geistesgestört, verwirrt und gefährlich.
Er hat etwas so Schwerwiegendes getan,
dass es eine Anklage geben sollte.
Es erfolgten 56 Anklagen gegen Trump-Unterstützer,
die am Sturm beteiligt waren.
* Schrei *
Festgenommen wurde der Mann, der in die Senatskammer eindrang
und auf dem Platz des Vorsitzenden posierte.
Das FBI veröffentlichte Fotos von weiteren Gewalttätern.
Jan Philipp Burgard ist in Washington:
Die Demokraten fordern noch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump.
Welche Chancen gäbe es dafür?
Die Einleitung eines neuen Verfahrens gilt als wahrscheinlich.
Unter den Demokraten zirkuliert der Entwurf für eine Anklageaschrift.
Sie soll ins Repräsentantenhaus Montag eingebracht werden.
Aber den Demokraten läuft die Zeit davon.
Trump ist bis zum 20. 1. im Amt, der Senat pausiert bis zum 19.
Und diese Kammer entscheidet.
Man braucht auch eine Zweidrittelmehrheit.
18 Republikaner müssten für die Demokraten stimmen.
Nur drei haben ihre Offenheit signalisiert.
Die Aussichten sind gering.
Warum das Ganze?
Es geht den Demokraten um einen symbolischen Akt.
Sie wollen ein Zeichen setzen.
Trump sei zu weit gegangen.
Sie hoffen, dass Republikaner umschwenken können.
Sie wollen eine Drohkulisse aufbauen, um zu verhindern,
dass der Präsident noch mal unbedachte Taten macht.
Offenbar ist in Indonesien ein Passagierflugzeug abgestürzt.
Die Nachrichten.
Die Boeing 737-500 mit 62 Menschen befand sich auf einem Inlandsflug.
Kurz nach dem Start in Jakarta verschwand sie vom Radar.
Starker Regen hatte den Abflug um eine halbe Stunde verzögert.
Rettungsteams suchen nördlich von Java.
Dort fanden sie Trümmerteile, die von der Maschine stammen.
In mehreren pakistanischen Städten ist der Strom ausgefallen.
Wie Nutzer sozialer Netzwerke berichteten,
sind auch die Metropolen Lahore und Karatschi betroffen.
Der Energieminister rief auf Twitter dazu auf,
Ruhe zu bewahren.
Grund für den Stromausfall sei ein plötzlicher Abfall der Netzfrequenz.
Man arbeite daran, den Fehler zu finden.
Der Schnee hat wieder Besucher in die Wintersportgebiete gelockt.
Der befürchtete Ansturm blieb aus.
Wie im thüringischen Oberhof hatten Behörden an die Menschen appelliert,
zu Hause zu bleiben und Kontrollen angekündigt.
Anders die Lage im Harz: Hier gab es regen Betrieb.
Tagestouristen waren zugelassen.
Laut Polizei gab es kaum Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung.
In der Bundesliga wurde ein historischer Rekord verpasst.
Das wurde gefeiert.
30 Ligaspiele hatte Schalke nicht gewonnen.
Nur Tasmania Berlin schaffte das 31-mal am Stück.
Aber der Rekord bleibt in Berlin, Schalke hat gewonnen.
Und wie ...
Nach fast einem Jahr ohne Jubel gab es ein 4:0 gegen Hoffenheim.
Und niemand hatte damit gerechnet,
dass ein Nachwuchsspieler zum Matchwinner wird.
Matthew Hoppe spielte Anfang November noch in der Regionalliga.
Am Ende des Monats spielte er schon in der Bundesliga.
Der gebürtige Kalifornier scheint sich eingegrooved zu haben.
Es ist ein 19-jähriger Amerikaner,
der Schalke vor dem bitteren Rekord bewahrt.
Matthew Hoppe schießt drei Tore.
Jedes Mal ist Harit der Vorbereiter.
1:0 durch Hoppe kurz vor der Pause:
Eine Leichtigkeit, die verblüfft in dieser angespannten Lage.
Über das erste Tor habe ich mich extrem gefreut.
Es bleibt das gleiche Muster:
Vorlage Harit, Treffer Hoppe.
Schalke jubelt.
Vorlage Harit, Treffer Hoppe.
Seine ersten drei Tore in der Bundesliga.
Hoffenheim ohne Gegenwehr.
Harit gelingt das 4:0.
Seit 22 Spielen hatte der Marokkaner nicht getroffen.
Er bringt Schalke zurück in die Spur.
Es ist eine große Erleichterung.
Es war eine lange Phase,
die sich wie ein schlechter Film anfühlte.
Negativ-Rekord abgewendet.
Aber für den Klassenerhalt braucht Schalke mehr solcher Tage.
Matthew Hoppe wird erst mal einen Stammplatz haben.
Auch im Vereinsheim bei Tasmania Berlin
haben die Fans Schalke die Daumen gedrückt.
Sie wollen ihren Negativ-Rekord nicht hergeben!
In der Saison 65/66 blieben die Berliner 31 Spiele ohne Sieg.
Auch mit negativen Schlagzeilen kann man berühmt werden.
* Jubel *
Sie jubeln,
weil ihr Klub der erfolgloseste Bundesligaklub bleibt.
Fast hätte Schalke den Titel streitig gemacht.
Aber sie bleiben die Schlechtesten.
Wir sind stolz, weil das unser Rekord ist.
Alle haben heute mitgefiebert.
In der Saison 65/66 verlor Tasmania Partie um Partie.
Die Fans gaben die Hoffnung nie auf.
'n blindes Huhn findet och 'n Korn.
* (Reporter) Die blinde Henne hat das Korn nicht gefunden. *
* Wunder gibt es im Fußball nicht. *
Sie blieben 31-mal ohne Sieg.
Ein Grund zu feiern.
Seit 55 Jahren Rekordhalter als schlechtester Verein aller Zeiten.
Auch in Mainz ein Negativ-Rekord: kein Heimsieg bisher.
Der neue Sportvorstand und der neue Sportdirektor
stellten einen neuen Trainer ein:
Bo Svensson.
Der Däne war hier schon Spieler.
Sein Debüt als Cheftrainer geht aber daneben.
Die sieglose Serie ging gegen Eintracht Frankfurt weiter.
Es war ein bitterer Tag für den neuen Trainer von Mainz.
Beim 0:2 gegen Frankfurt wurde nur über Elfmeter diskutiert.
Absurd.
Du willst inhaltlich bleiben, aber so viele strittige Situationen.
Es begann in der 24. Minute,
als Niakhate Silva am Trikot festhielt.
Der Elfmeter war eine harte Entscheidung.
Silva traf zum 1:0.
Die Mainzer wollten einen Strafstoß, als Sow Burkardt umstieß.
Trotzdem gab es keinen Elfmeter.
In der zweiten Hälfte gab es einen für Mainz,
als Sow den Kopf von Barreiro getroffen haben sollte.
Nach Videoüberprüfung wurde die Entscheidung zurückgezogen.
Nach 72 Minuten gab es erneut Elfmeter für Frankfurt,
als Niakhate Niederegger zu fall brachte.
Andre Silva traf zum Endstand für die Gäste.
Der erste Bundesligasieg für Frankfurt in Mainz.
Die weiteren Ergebnisse des 15. Spieltags:
Der Rodel-Weltcup ist eine Art von Felix-Festspielen.
Felix Loch gewinnt in Sigulda auch das sechste Rennen des Winters.
Damit ist er gleichzeitig auch Europameister.
Johannes Ludwig landet auf Platz zwei.
Noch besser lief es bei den Bob-Teams.
Laura Nolte gewinnt in Winterberg auf ihrer Heimbahn
zum ersten Mal die Europameisterschaft.
Die 22-Jährige siegt mit Deborah Levi.
Die deutschen Damen feiern einen dreifachen Erfolg.
Kim Kalicki fährt auf Platz zwei.
Mariama Jamanka teilt sich Platz drei mit Katrin Beierl aus Österreich.
Auch Francesco Friedrich rast zum EM-Gold.
Mit Thorsten Margis deklassiert er die Konkurrenz.
Zweiter wird Johannes Lochner.
Die Lottozahlen:
Er heißt Filomena und hat Spanien ins Winterchaos gestürzt.
Vier Menschen kamen ums Leben.
Der Schneesturm überzog Madrid in 24 Stunden mit 50 cm Schnee.
So viel wie seit 1971 nicht.
Hunderte mussten aus ihren Autos gerettet werden.
In Madrid wurde die Alarmstufe Rot ausgerufen.
Die Menschen sollten zu Hause bleiben.
Viele hielten sich nicht daran.
Kommt der Schnee zu uns?
Nein.
Der bleibt in Spanien.
Unser Wetter geht ruhig weiter.
Es gab ein paar Sonnenstrahlen.
Den gibt es morgen in Regionen,
die bisher in diesem Jahr keinen abbekommen haben.
Wir sehen im Verlauf des Vormittags Wolkenlücken.
Im Norden kommt ein neues Wolkenband voran.
Montag wird entspannt und ruhig.
Dienstag kommen aus Norden neue Wolken.
Im Süden Schnee oder Schneeregen.
Hier folgt das Wort zum Sonntag,
in dem es um körperliche und seelische Heilung geht.
Gegen 1.20 Uhr informiert Sie die tagesschau über alles Wichtige.
Tagesthemen gibt es morgen wieder.
Bleiben Sie zuversichtlich.
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