tagesschau 17.08.2021, 20:00 Uhr - Taliban umreißen Pläne für Afghanistan nach Machtübernahme des Landes, NATO-Botschaft
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (17.08.2021)
Heute im Studio: Susanne Daubner
Guten Abend, ich begrüße Sie zur tagesschau.
Nach der Machtübernahme in Afghanistan
haben die Taliban ihre Pläne für die Zukunft des Landes umrissen.
Ein Sprecher der Islamisten kündigte die Bildung einer Regierung an,
der auch andere Kräfte angehören sollten.
Zugleich erneuerte er das Versprechen einer weitreichenden Amnestie
für alle, die für die alte Regierung tätig waren.
Frauen dürften arbeiten,
sofern das in Einklang mit dem islamischen Recht der Scharia stehe.
Die Taliban kontrollieren Kabul.
Sie demonstrieren: Sie sind die neue Ordnungsmacht.
Erster öffentlicher Auftritt nach der Machtübernahme.
Afghanistan habe keine Regierung mehr, so die Taliban.
Deshalb wollten sie schnell eine neue bilden.
Sich die Freiheit zu nehmen, ist das Recht aller Nationen.
Das afghanische Volk hat nach 20 Jahren Dschihad
von seinem Recht Gebrauch gemacht.
Sich die Freiheit genommen und sein Land von den Besatzern befreit.
Man soll sie nicht mehr
mit den brutalen Gotteskriegern der 90er vergleichen, so ihr Sprecher.
Wie zum Beweis ein Live-TV-Interview.
Eine Frau darf auch unter der Herrschaft der Taliban moderieren.
Sie kündigen an, Frauen in die neue Regierung zu holen.
Viele trauen dem Versprechen nicht.
Sie geben beruhigende Botschaften, dass sie Frauen Grundrechte geben.
Ihre Taten vor Ort und Praktiken sind aber anders.
Die Frauen haben Angst.
Diese vier mutigen Frauen
demonstrierten heute für ihre Rechte in Kabul.
Unter den Augen der Taliban.
Wir Einwohner fordern die Taliban auf, für Sicherheit zu sorgen.
Damit Kinder zur Schule können, es keine Plünderungen gibt.
Viele wollen nur raus aus dem Land.
Dieses Foto wurde heute veröffentlicht.
Die US-Luftwaffe brachte Sonntag mit einem Flug 640 Menschen außer Landes.
Unser Afghanistan-Korrespondent Oliver Mayer
ist uns aus Neu Delhi zugeschaltet.
Was wissen Sie über die aktuelle Lage in Kabul?
Gestern herrschte großes Chaos am Flughafen.
Hunderte von Menschen stürmten auf das Rollfeld.
Das haben die Amerikaner jetzt wieder unter Kontrolle.
Es herrscht in der Stadt angespannte Stimmung.
Menschen haben sich eingeschlossen und sich Vorräte besorgt.
Die Taliban haben in einer Pressekonferenz
versöhnliche Töne angeschlagen.
Glauben die Menschen an diese Versprechen?
Viele, mit denen wir gesprochen haben, nicht.
Wir sagen, sie wissen noch, wie es war,
als die Taliban vor über 20 Jahren an der Macht waren.
Sie nehmen denen die Veränderung nicht ab.
Frauen durften in den letzten Jahren arbeiten gehen, hatten Bildung.
Das alles, das sehen sie jetzt in Gefahr.
NATO-Botschafter und EU-Außenminister haben heute darüber beraten,
wie die Ausreise afghanischer Ortskräfte beschleunigt werden kann.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte,
aus dem Einsatz in Afghanistan müssten viele Lehren gezogen werden.
Nun sei es Aufgabe des Bündnisses,
Personal und Ortskräfte schnell außer Landes zu bringen.
Er warnte er vor einer drohenden Terrorgefahr nach dem Machtwechsel.
Die Bundesregierung hat die Entwicklungshilfe
und andere Zahlungen an Afghanistan vorläufig eingefroren.
Man wolle die weitere Entwicklung abwarten,
hieß es nach einer Sitzung des Krisenstabs.
Im Mittelpunkt der Diskussionen in Berlin:
Das Krisenmanagement der Regierung
und der Verlauf der Evakuierungsaktion.
Der A400M der Bundeswehr setzt auf, heute Nachmittag.
An Bord: 125 Personen, Deutsche und andere Schutzbedürftige,
direkt aus Kabul ausgeflogen.
Bilder vom Flughafen Taschkent in Usbekistan:
Die deutsche Rettungsaktion läuft und sie wird weitergehen,
sagt die Verteidigungsministerin.
Solange es möglich ist, fliegen wir in dem Maß,
wie es möglich ist, Menschen aus Kabul heraus.
Ob eigene Staatsangehörige, Menschen anderer Nationalitäten,
Ortskräfte oder besonders Gefährdete.
Ein Ausfliegen der Ortskräfte aus Afghanistan aber ist nicht möglich.
Diese Menschen schaffen es nicht zum Flughafen Kabul,
muss der Außenminister zugeben.
Wir haben die Situation, dass die Taliban Kontrollpunkte haben.
Und damit den ganzen Bereich und den Flughafen in der Hand haben
und keinen durchlassen, nur ausländische Staatsbürger.
Nun soll der deutsche Botschafter in Doha
mit den Taliban über eine Ausreise der Ortskräfte verhandeln.
Auch der Bundespräsident
ruft zur Rettung der afghanischen Mitarbeiter auf.
Die Bilder der Verzweiflung am Flughafen in Kabul
sind beschämend für den Westen.
Umso mehr müssen wir zu denen stehen, denen wir durch ihre Arbeit
und Unterstützung für ihren Einsatz verpflichtet sind.
Die Bundeskanzlerin sagt, die Mission,
Demokratie nach Afghanistan zu bringen, sei endgültig gescheitert.
An dieser Stelle müssen wir konstatieren:
Wir haben unsere Ziele nicht erreicht.
Wir müssen darüber sprechen, was die Lehren daraus sind.
Aber in den folgenden Tagen haben die Rettungsoperationen Vorrang.
Die ersten Ausgeflogenen sind in Berlin angekommen.
Die deutsche Rettungsaktion läuft, der Anfang aber war schwierig:
Heute Nacht etwa, beim ersten Anflug konnte die Bundeswehr
in der großen Militärmaschine nur sieben Menschen ausfliegen.
Fazit:
Auf die wichtigen Fragen hat die Regierung momentan keine Antworten.
Wie Ortskräfte aus anderen Teilen Afghanistans zum Flughafen kommen
und wie lange der sicher genutzt werden kann.
Über die Entwicklungen in Afghanistan
halten wir Sie mit einem Liveblog auf tagesschau.de auf dem Laufenden.
Aktuelle Berichte und Hintergründe auch bei tagesschau24.
Nach dem Erdbeben verschärft ein Tropensturm die Situation in Haiti.
Starke Winde und Regenstürme zogen über den Süden des Karibikstaates,
wo Zehntausende in Notzelten leben.
Viele Straßen sind überschwemmt,
Hilfsorganisationen kommen nur schwer voran.
Am Samstag starben bei einem starken Beben mehr als 1400 Menschen.
Tausende wurden verletzt oder obdachlos.
Tropensturm Grace verschärfte nachts die Nöte der Menschen in Les Cayes.
Trifft diejenigen, die am stärksten vom Erdbeben betroffenen sind.
Verletzte müssen im Freien ausharren, weil das Krankenhaus überfüllt ist.
Knöchelhoch steht das Wasser in den spärlich errichteten Notunterkünften,
die dem Wind nicht standhalten.
Morgens regnet es, die Erdbebenopfer fühlen sich alleingelassen.
Niemand kam, um uns zu helfen.
Wir haben kein Zelt, wir mussten im Sitzen schlafen.
Ich will nach Hause, ich bin in Gottes Händen.
Ich habe große Schmerzen, mir wurde Medizin versprochen.
Gestern wurde welche verteilt, aber ich bin an keine rangekommen.
Gestern sind internationale Hilfskräfte vor Ort angekommen
und bringen erste Verletzte weg.
Lebensmittel, Medikamente und Technik erreichen Les Cayes.
Viele Hilfsorganisationen sitzen in der Hauptstadt Port-au-Prince fest.
Es gibt zwei Hauptgründe:
Erdrutsche, die die Straßen nicht passabel machen
und kriminelle Banden beim Ausgang aus der Hauptstadt.
Die blockieren die Straße seit drei Monaten
und sind ein Sicherheitsrisiko für internationale Organisationen.
Der Sturm der Nacht erschwert die Suche nach Überlebenden.
Das Krankheits- und Infektionsrisiko steigt.
Auch, weil das Wasser verunreinigt ist.
Die Menschen in Les Cayes sind dringend auf Hilfe angewiesen.
Sie können für die Erdbeben-Opfer in Haiti spenden:
In Rheinland-Pfalz lässt der Landrat von Ahrweiler sein Amt vorerst ruhen.
Die Hochwasserkatastrophe im Juli traf den Kreis stark.
Pföhler (CDU) tritt nicht zurück,
sondern zieht sich krankheitsbedingt zurück.
Nach dem Hochwasser mit vielen Toten gab es Kritik am Krisenmanagement.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pföhler -
auch wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.
Über Großheide im Landkreis Aurich
ist gestern Abend ein mittelschwerer Tornado gezogen.
Das bestätigte heute der Deutsche Wetterdienst.
Der Wirbelsturm hatte Windgeschwindigkeiten
von bis zu 250 km/h.
50 Häuser wurden beschädigt, fünf sind vorerst nicht mehr bewohnbar.
Gas-, Wasser-, und Stromleitungen
wurden durch umgestürzte Bäume zerstört.
Verletzt wurde nach offiziellen Angaben niemand.
Die Wettervorhersage für morgen, Dienstag, den 18. August:
Der Ausläufer des Sturmtiefs sorgt für kühles,
im Norden windiges Schauerwetter.
An der Ostsee sind teils schwere Sturmböen möglich.
Heute Nacht lockern die Wolken im Norden und Osten auf,
sonst verbreitet Schauer.
Morgen viele Wolken und Schauer, die im Süden später seltener werden.
Die Sonne kommt dort häufiger zum Zuge, vor allem Richtung Alpen.
Im Norden und Nordosten den Tag über grau und öfter nass.
Am Donnerstag im Norden regnerisch,
sonst nur einzelne Schauer bei einer Mischung aus Wolken und Sonne.
Am Freitag ähnliches Wetter.
Am Samstag wird es freundlicher und deutlich wärmer.
Um 22.15 Uhr meldet sich Ingo Zamperoni mit diesen Tagesthemen:
Von hehren Zielen und herben Enttäuschungen –
Was bringen Auslandseinsätze?
Mittendrin im Harz –
Wo der Klimawandel zu besichtigen ist.
Einen schönen Abend.
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