tagesthemen 17.03.2021, 22:15 Uhr - Notbremse bei hohen Inzidenzwerten
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (17.03.2021)
Heute im Studio: Ingo Zamperoni
Guten Abend.
Sie kennen das Problem sicher aus der Fahrschule:
Wer zu lange zögert, verlängert den Bremsweg.
Das gilt auch für die Notbremse in der Corona-Strategie,
auf die sich Bund und Länder Anfang März verständigten.
Sie sollte gezogen werden, wenn die Inzidenzzahlen steigen.
Doch der simple Mechanismus entpuppt sich erneut
als politischer Zankapfel - Ole Hilgert:
Der Landkreis Elbe-Elster im Süden Brandenburgs.
Seit Tagen steigt hier die Sieben-Tage-Inzidenz.
Mittlerweile liegt sie bei 198,4.
Die Notbremse wurde aber nicht gezogen.
Stattdessen: mehr Kontrollen.
Man wolle die Menschen für die geltenden Regeln sensibilisieren.
Ein neuer Lockdown sei realitätsfern, hieß es aus dem Landratsamt,
das den Handlungsspielraum ausnutzte.
Ab 100 haben wir die Verpflichtung der Landräte, zu reagieren.
Wenn "soll" in der Verordnung steht, heißt das nicht,
dass man nix tun soll oder darf.
Der zweite Punkt ist: bei 200 "müssen".
Da stehen die Maßnahmen, die dann ergriffen werden müssen.
Im Bund-Länder-Papier vom 03. März liest sich das anders:
Öffnungen bis Inzidenz 100, darüber: Notbremse.
Mit der Bitte an die Länder, sich daran zu halten.
In Osnabrück tut man das.
Hier stieg die Sieben-Tage-Inzidenz über 100.
Nun gelten wieder scharfe Maßnahmen.
So sollte es überall sein, finden Intensivmediziner.
Ihre Stationen könnten sich sonst wieder mit Covid-Erkrankten füllen.
Wir sehen jetzt steigende Neuinfektionszahlen.
Deshalb muss auf jeden Fall bei 100 spätestens die Notfallbremse
wie vereinbart vollzogen werden.
Die Forderung ist ja nicht neu.
Tun wir das nicht, sind wir Mitte bis Ende April
bei einer Inzidenzrate von 200 und 5000 oder 6000 Intensivpatienten.
Die Gefahr sieht auch Sachsens Ministerpräsident.
Er zieht ein frustriertes Fazit.
Die Lockerungen sind gescheitert.
Das Ziel war, dass die Inzidenzen weiter sinken
oder sich auf einem Niveau bewegen.
Wir erleben seit Wochen beängstigend steigende Zahlen.
Darum muss aus meiner Sicht der Versuch abgebrochen werden.
Im Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg
dürfte die Inzidenzmarke 200 bald geknackt werden.
Dann setzt hier die Notbremse automatisch ein:
Kontaktbeschränkungen würden wieder verschärft
und Lockerungen im Einzelhandel zurückgenommen werden.
Dazu begrüße ich aus der Opposition im Bundestag
die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckhardt.
Guten Abend.
Guten Abend.
Die Lockerungen sind gescheitert, sagt Sachsens Ministerpräsident.
Glauben Sie, dass die Menschen das mitgehen,
wenn alles wieder runtergefahren wird?
Die meisten Menschen sind sehr genervt von dem Hin und Her.
Es gibt keine klare Perspektive.
Die Lockerungen wurden ohne einen Schutzschirm gemacht.
Man braucht Tests, um Lockerungen durchführen zu können.
Es gibt Modellprojekte, aber die sind gar nicht da.
Man musste eine Task-Force einrichten
mit Herrn Scheuer und Herrn Spahn.
Die hat aber auch nichts gebracht.
Davon sind viele genervt.
Wir müssen aber darauf achten,
wie wir in dieser Pandemie vorangehen können.
Die Verwirrung ist aber maximal:
Da einigt sich die Politik auf eine Notbremse -
und jeder Landkreis legt die anders aus.
Wie soll die Bereitschaft entstehen, wieder die Zähne zusammenzubeißen?
Da müssen Sie eigentlich die Bundesregierung fragen.
Erst wurde eine Notbremse eingerichtet
und jetzt, wo der Zug zu schnell in der Kurve ist,
wird die Einrichtung doch wieder abgebaut.
Eine Notbremse ist dazu da, dass sie auch gezogen wird.
Ich verstehe, dass kommunale Politiker sagen,
sie wollen das ihren Leuten nicht mehr zumuten.
Aber wenn die Inzidenz weiter steigt,
wird den Menschen ganz etwas anderes zugemutet.
Wir sind in der Situation gerade nicht handlungsfähig.
Manche wollen die Welle jetzt durchlaufen lassen.
Das darf aber nicht passieren.
Wir müssen alle Vorkehrungen treffen, damit Schutz besteht.
Wir haben mit den Schnelltests und dem Impfen gerade Probleme.
Am Anfang waren die Masken nicht bestellt.
Jetzt sind es die Schnelltests.
Damit könnten wir Freiheit und Sicherheit haben.
In der ersten Welle hieß es von den Grünen,
das sei nicht die Zeit für Opposition.
Jetzt gehen Sie den Gesundheitsminister scharf an
wegen seiner Impfstrategie.
Was würden Sie tun, wenn Sie an der Macht wären?
Schon am Anfang haben wir gesagt,
die Pandemie-Wirtschaft muss besser laufen.
Wir haben eine ganze Menge konstruktiv dazu beigetragen.
Die Pandemielage wird zum Beispiel im Deutschen Bundestag beschlossen
und nicht woanders.
Ich hätte gesagt,
wir müssen immer in Bundestag und Bundesrat entscheiden.
Gemeinsam und transparent nachvollziehbar.
Es geht auch um die Hilfen:
Wenn man jetzt womöglich Dinge wieder zumachen muss,
das steht uns ja bevor ...
Aber immer noch sind nicht alle Hilfen
bei den Betroffenen angekommen.
Das ist ein Riesenproblem.
Da darf man nicht immer nur auf Sicht fahren.
Man muss das planen, was man langfristig planen kann.
Aber in diesem Fall muss man doch oft auf Sicht fahren.
Man weiß ja oft gar nicht, wie es weitergeht.
Das stimmt, dass die Mutante kommt, konnten wir nicht wissen.
Man hätte aber trotzdem eher Schnell-Tests bestellen können.
Man hätte auch schneller einen Stufenplan entwickeln können.
Hätten Bundesrat und Bundestag gemeinsam beschlossen,
wäre es auch verbindlich gewesen.
Jetzt haben wir immer das Hin und Her
hinter verschlossenen Türen auf der Ministerpräsidentenkonferenz.
Und dann halten sie sich hinterher selbst nicht an das,
was sie dort verabredet haben - das ist fatal.
Sie kritisieren die Entscheidung von Jens Spahn,
den AstraZeneca-Impfstoff zurückzuhalten.
Aber das war die Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts
für die Sicherheit von Impfstoffen.
Die hätte Herr Spahn doch nicht ignorieren können.
Nein, einfach ignorieren natürlich nicht.
Man muss aber auch nach den Nebenwirkungen schauen.
Da geht es auch um die Sicherheit.
Man muss aber beide Gefahren miteinander abwägen.
Menschen werden jetzt nicht geimpft und können schwer erkranken.
Was dann daraus folgt, wissen wir auch.
Man hätte da jetzt eine Abwägung treffen müssen.
Es geht auch um die Kommunikation und die Transparenz.
Wir wissen bis heute nicht,
wie die Abwägung eigentlich zustande gekommen ist.
Die EMA hat gesagt,
man könne während des Impfens weiter untersuchen.
Vielleicht möchte man lieber vorsichtig agieren.
Mir wäre es lieber gewesen, man hätte bis Donnerstag gewartet.
Dann hätte man mit der EMA ein gemeinsames Vorgehen gehabt.
Das Vorgehen Deutschlands hat immer eine Wirkung innerhalb der EU.
Das muss man dabei auch bedenken.
Das ist aber nicht der schwerste Fehler von Jens Spahn.
Aber er kommt mit dazu.
In so einer Situation ist es wichtig, dass man erklärt:
Wie geht es weiter?
Wenn das passiert, dann machen wir Folgendes.
Dann haben wir einen Impfstoff-Manager.
Diese Sicherheit brauchen die Menschen.
Sonst halten sie das nicht aus.
Katrin Göring-Eckhardt, vielen Dank.
Die Meinung von Jeanne Rubner,
Leiterin der Redaktion Wissenschaft beim Bayerischen Rundfunk:
Corona nervt.
Gerade haben wir uns an ein paar Freiheiten gewöhnt
wie den Museumsbesuch oder Shopping mit Anmeldung.
Da schlagen das Virus und seine Mutanten zu.
Hoffnungen auf Kino, Theater oder einen Kaffee draußen
könnten enttäuscht werden.
Denn die Infektionszahlen steigen.
Man muss nicht in Alarmstimmung verfallen.
Die gute Nachricht ist:
Es kommen weniger Covid-19-Patienten in die Intensivstationen
und es sterben weniger Infizierte als in der ersten Welle.
Zudem sind die besonders gefährdeten Menschen größtenteils geimpft.
Trotzdem darf man die Inzidenz-Grenze von 100 nicht zerreden.
Das ist kein Gummiband, das man beliebig dehnen kann.
Die 100 ist keine streng wissenschaftlich begründete Zahl.
Ob ein Ausbruch im Altersheim oder Kindergarten
oder diffuses Infektionsgeschehen: Das macht einen Unterschied.
Auch die Auslastung der Kliniken, die Zahl der Tests,
die vorhandenen Mutanten: All das spielt eine Rolle.
Aber daraus lässt sich trotzdem keine schlüssige Formel
für eine flexible Inzidenzschwelle konstruieren.
Wer soll Maßnahmen noch verstehen, wenn hier 100 gilt und dort 150?
Bund und Länder beschlossen ein kompliziertes, schlüssiges Konzept
für Lockerungen mit Notbremse.
Es wäre fatal, diesen Plan aufzuweichen.
Nur, weil manche Landräte und Bürgermeister meinen,
man könne die Geschäfte trotz einer Inzidenz über 100 offenlassen.
Eine Notbremse wirkt nur, wenn sie konsequent gezogen wird.
Dafür müssen die Länder sorgen.
Die Meinung von Jeanne Rubner.
Gucken wir auf den Sommer.
Wenn alles ideal läuft, ist zu Beginn der Ferien
mehr als die Hälfte aller Deutschen zumindest einmal schutzgeimpft.
Dann könnte so was der Eintritts-Code sein
zu mehr Freiheiten: drei Quadrate, ein Pixel-Muster.
Und darin verschlüsselt die Antwort auf die Frage:
Ist man geimpft, negativ getestet
oder erkrankt an Covid-19 und damit immun.
Quick Response - der QR-Code, der europaweit lesbar sein soll.
So stellt sich die EU-Kommission das Immun-Zertifikat vor.
Die Mitgliedsländer müssen überlegen, wie es laufen soll.
Hier gibt es ihn bereits, im oberbayerischen Altötting:
Den digitalen Impfpass.
Hinter einem QR-Code verbergen sich alle Daten zur Impfung.
So weit, so einfach.
Seit Januar wird der hier ausgegeben.
Landrat Schneider kam auf die Idee, um die Impfbereitschaft zu erhöhen.
Der digitale Impfpass ermöglicht bisher noch nichts.
Trotzdem wollen ihn alle haben.
Auch weil jeder damit rechnet,
dass er im Laufe des Jahres eine große Rolle spielen wird.
Das System entwickelte das Kölner Start-up UBIRCH.
Es wird zur Blaupause für ganz Deutschland.
Ähnlich wie in Israel kann man den QR-Code auf dem Handy speichern.
Dort werden Daten zur Person, zu Impfstoff, Impfstatus,
Testergebnissen oder überstandenen Corona-Erkrankungen hinterlegt.
So können auch Ungeimpfte den Pass nutzen.
Die Daten verbleiben immer beim Nutzer.
Sie werden nur per Scanner ausgelesen.
Ein Pluspunkt, meinen Experten.
Der Vorteil bei der Lösung ist,
dass keine Impfdaten zentral gespeichert werden.
Es gibt kein Zentralregister, in dem man sehen könnte:
Wer ist wann wo geimpft worden?
Der QR-Code ist digital mit einem Datensatz verschlüsselt.
Die Verschlüsselung wird in verschiedene Datensätze zerlegt
und dezentral in der "Blockchain" gespeichert.
Solche Verschlüsselungen gelten als fälschungssicher.
Nur mit der richtigen Software kann das Zertifikat überprüft werden.
Aber es gibt einen Nachteil:
Eine Blockchain zu installieren ist sehr aufwändig.
Man braucht man immer einen Online-Zugang.
Die Software ist aufwändig, muss regelmäßig aktualisiert werden.
Trotzdem - auch die EU setzt auf das Prinzip QR-Code und Blockchain.
Wäre das dann wieder möglich?
Gefüllte Theater, jubeln im Stadion, mitsingen im Konzert?
Neidisch schauen Konzertveranstalter ins Ausland:
Wir sehen das in England und Israel:
Die Ticketverkäufe sind wieder um 600 Prozent gestiegen.
Seit klar ist, dass in Israel ab April und in England ab Juni
Veranstaltungen zugelassen sind.
Auch die Tourismusbranche hofft auf den Ausweis.
Jedes Stück mehr an Bewegungsfreiheit bedeutet mehr Reisen -
sprich mehr Flüge.
Werden dann Geimpfte bevorzugt?
Die Lufthansa plant das nicht.
Uns ist wichtig,
dass wir für den Kunden Sicherheit, aber auch die Wahl geben.
Zu differenzieren, wer geimpft ist oder nicht:
Uns ist wichtig, dass alle negativ sind, die an Bord sind.
Das kann durch Immunitäts-, Impf- oder Testnachweise gehen.
Ab 1. Juni
soll der digitale Impfnachweis europaweit einsetzbar sein.
In Altötting ist man schon startklar.
Bis wir so weit sind, müssen wir uns anders schützen.
Da gehört die FFP-2-Maske zur ersten Wahl.
Seit Dezember bekommen alte und vorerkrankte Menschen
die Masken vom Staat gestellt.
Abzuholen in Apotheken
gegen ein geringes Entgelt und auf Gutschein der Krankenkasse.
Das kostet den Bund 2,5 Mrd. Euro, womöglich viel verplempertes Geld.
Denn für jede Maske erhielten Apotheken zu Beginn 6 Euro -
mindestens viermal mehr als die Hersteller damals verlangten.
Ein Corona-Konjunkturprogramm für Apotheken?
Die Recherche von Lena Kampf, Markus Grill und Arnd Henze:
Diese Gutscheine sind ein Vermögen wert:
Jeder steht für sechs FFP2-Masken, die Simon Krivec an Kunden über 60
oder mit Vorerkrankungen abgegeben hat.
Der Apotheker schätzt,
dass er dafür mehr als 400.000 Euro vom Steuerzahler erstattet bekommt.
Etwa das Fünffache seiner Kosten für den Einkauf der Masken.
Und das, obwohl die Erstattung
durch den Bund von 6 auf 3,90 Euro pro Maske gekürzt wurde.
Für die Abgabe der ersten drei Masken im Dezember
brauchte es nicht einmal Gutscheine.
Die Apotheken bekamen eine Pauschale,
die sich nach der Höhe des Umsatzes an Medikamenten richtete.
Ob dafür 10.000, 1000 oder gar keine Masken verteilt wurden:
Niemand kontrollierte es.
Ich kann nicht für Kollegen sprechen.
Aber ich glaube – zumindest hört man das im Kollegenkreis -
dass sich manche mehr beteiligt haben als andere.
Wir haben gesagt: Wir gehen unbürokratisch damit um.
Jeder, der kommt, bekommt die Maske,
wenn er sich als vulnerable Gruppe ausweisen kann.
Stolz hatte Gesundheitsminister Spahn das Maskenprogramm vorgestellt:
Risikogruppen in der Pandemie bestmöglich zu schützen,
ist und bleibt unser oberstes Ziel.
Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung zeigen:
Die Fachabteilungen im Gesundheitsministerium hatten zuvor
von einer Maskenverteilung an Teile der Bevölkerung abgeraten:
Zu aufwändig, zu bürokratisch und zu teuer.
Minister Spahn forderte trotzdem eine Verordnung
für das Milliardenprogramm.
Doch wie kam das Ministerium auf den Preis von 6 Euro pro Maske
für die Erstattung an die Apotheken?
In den Unterlagen findet sich eine Stichprobe
der Unternehmensberatung EY.
Die ermittelte Ende November einen durchschnittlichen Einkaufspreis
von 1,22 Euro pro Maske.
Das Ministerium rechtfertigt die höhere Erstattung damit,
dass im Oktober der Preis in Apotheken bei fünf Euro gelegen habe.
Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt, sagt der Koalitionspartner:
Es wäre wohl besser gewesen, allen Bürgern Masken zuzusenden.
Dann wäre der Umstieg auf die FFP2-Maske effizienter gewesen.
Man hätte mehr Leute erreicht und es wäre nicht teurer gewesen.
Wie es auch gehen kann, zeigt das Beispiel Bremen.
Der Senat gab der Post den Auftrag, jeweils fünf Masken
an alle Einwohner über 15 Jahre abzugeben.
In nur zwei Wochen waren drei Millionen Masken verteilt -
für nur drei Millionen Euro.
Es gab einen Dienstleister, der das übernommen hat.
Wir haben fünf Masken pro Nase eintüten lassen.
Und das kam auf ungefähr einen Euro pro Maske heraus.
Auch Discounter und Drogerien standen längst in den Startlöchern,
als die teure Verteilung über Apotheken startete.
Doch der Gesundheitsminister hatte sich festgelegt
und günstigere Wege über Post oder Einzelhandel nicht geprüft.
Übrigens: Auch Apotheker Simon Krivec hat Masken an alle Altersgruppen
für einen Euro verkauft.
Es blieb noch ein satter Erlös,
den er an soziale Projekte spenden konnte.
Wir bleiben beim Thema Masken,
jetzt mit Blick auf die Affäre um einzelne Abgeordnete im Bundestag.
Die Union hat eine neue Linie,
was Transparenz angeht im Umgang mit Lobbyisten.
Weitere Nachrichten mit Susanne Daubner:
Das Bundeskabinett brachte
das von Union und SPD ausgehandelte Lobbyregister auf den Weg.
Meldepflichtig wird regelmäßige und auf Dauer angelegte Lobbyarbeit
bei Abgeordneten, Fraktionen und der Regierung.
In Ministerien sollen Treffen bis auf Unterabteilungsleiter-Ebene
erfasst werden.
Der Opposition geht das nicht weit genug.
Die Bundesregierung hat ihr Hilfsprogramm
zur Sicherung von Ausbildungsplätzen verlängert und erweitert.
Prämien und Zuschüsse werden erhöht.
Künftig soll es bis zu 6000 Euro pro Azubi geben.
Und auch größere Betriebe dürfen die Hilfe beantragen.
Ziel der Förderung ist es, Unternehmen zu motivieren,
trotz Schwierigkeiten in der Pandemie weiter auszubilden.
Der Autokonzern BMW
hat seine Strategie für Elektro-Mobilität vorgestellt.
Anja Kohl aus der Frankfurter Börse:
BMW will für alle Modellreihen auch Elektro-Antriebe anbieten.
Die gesamte Produktionskette soll umweltfreundlich werden:
Von den Rohstoffen über den Stromverbrauch
bis hin zu recycelten Materialien.
Erstmals nannte BMW ein Absatzziel für E-Autos.
Vergangenes Jahr trotzte BMW der Corona-Krise
mit einem Milliardengewinn dank der guten Verkäufe in China.
Dies verschafft Luft für Investitionen in die E-Mobilität.
Investoren, die die Aktien deutscher Autobauer lange mieden,
greifen auf einmal zu.
BMW und VW legten seit Wochenbeginn prozentual zweistellig zu.
Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind zunehmend angespannt.
Der Kreml rief heute seinen Botschafter in Washington
nach Moskau zurück, um zu klären:
Wie kann die irreversible Verschlechterung der Beziehungen
verhindert werden?
Hintergrund sind Vorwürfe,
Russland habe sich in die US-Wahl im vergangenen Jahr eingemischt.
Auch hatte US-Präsident Biden den russischen Präsidenten Putin
in einem Interview als "Mörder" bezeichnet.
In den Niederlanden steuert Ministerpräsident Rutte
auf eine vierte Amtszeit zu.
Bei den Parlamentswahlen wurde seine rechts-liberale Partei
erneut stärkste Kraft.
Einer Befragung zufolge kann sie mit 35 von 150 Sitzen rechnen.
Zulegen konnte demnach auch der links-liberale Koalitionspartner.
Die Partei des Rechtspopulisten Wilders
wird offenbar drittstärkste Kraft.
17 Parteien stehen vor dem Einzug ins Parlament.
Die Hoffnung schwindet,
dass die Lage in Myanmar sich beruhigt.
Stattdessen erleben die Menschen weitere Eskalationen.
Fast täglich gibt es Proteste
gegen den Putsch der Militärs Anfang Februar.
Auch buddhistische Mönche gehen inzwischen auf die Straße.
Der Mönchsrat ist das höchste Gremium des Buddhismus im Land.
Er unterstützt die "Bewegung für zivilen Ungehorsam",
die sich gegen die Gewalt stemmt.
Aber die Sicherheitskräfte versuchen immer brutaler,
die Proteste einzudämmen.
Es ist Frühling in Yangon.
Und Myanmars größte Stadt gleicht immer mehr einem Kriegsgebiet.
Barrikaden gegen Polizei und Militär
und auch heute weint wieder eine Mutter um ihr Kind:
Medizinstudent, 17 Jahre, bei einer Demonstration erschossen.
In einem Hinterhaus versteckt sich Shing Ling, 30 Jahre, Ex-Soldat.
Er ist desertiert kurz nach dem Militär-Putsch.
Wir sind rausgeschickt worden, um die Demonstranten zu überwachen.
Dann wurde Tränengas eingesetzt und auch scharf geschossen.
Das hat mich wachgerüttelt. Da wollte ich nicht mitmachen.
Ärzte, Mönche, Zimmerer:
Ziviler Ungehorsam, der sich durch die ganze Gesellschaft zieht.
Revolutions-Tattoos sind angesagt.
Auch diese 23-Jährige lässt sich die Symbole auf die Haut stechen.
Gerade junge Leute treten unerschrocken für Demokratie ein.
Sie bedrohen uns mit Waffen.
Aber unsere Revolution kann nicht erfolgreich sein,
wenn wir Angst haben.
Wir müssen uns davon befreien.
Nur so können wir gewinnen.
Am Wochenende steckten Demonstranten chinesische Fabriken in Brand,
weil China als Unterstützer der Militärjunta gilt.
Die Generäle verhängten daraufhin das Kriegsrecht.
Nun sind Menschen auf der Flucht aus Yangon.
Der Westen schaut weitgehend hilflos zu.
Heute appelliert der Papst.
Auch ich knie auf den Straßen von Myanmar nieder und sage:
Stoppt die Gewalt.
Ich öffne meine Arme und sage: Lasst den Dialog siegen.
Blut löst gar nichts.
Die bisherige De-Facto- Regierungschefin Suu Kyi in Haft.
Eine Protestbewegung ohne Anführer.
Und Generäle, die bei Widerstand nur eine Antwort kennen.
Dieses Video zeigt,
wie wieder ein Demonstrant zu Boden geht.
Das wahrscheinlichste Szenario:
Es könnte mit einem Big Bang enden und vielen Toten.
Viele Leute nehmen wie schon 1988 die Waffen in die Hand
und kämpfen im Untergrund.
Zurück bei Ex-Soldat Shing Ling:
Wenn die Armee ihn erwischt, droht ihm die Todesstrafe.
Er ist vorbereitet.
Wir Soldaten müssen unser Leben dem Militär und dem Land widmen.
Aber jeder sollte sich fragen:
Wenn du dich zwischen dem Militär und dem Land zu entscheiden hast,
welche Wahl triffst du dann?
Shing Ling hat seine Wahl getroffen.
Ob ihm viele andere folgen, ist unklar.
Myanmar stehen wohl dunkle Zeiten bevor.
Die Mauer zu Mexiko ist nicht im Ansatz so weit gebaut,
wie Donald Trump es versprochen hat.
Das dürfte vielen Fans egal sein.
Ihnen ging es in erster Linie um die Botschaft,
die der Ex-Präsident damit aussenden wollte:
Versucht gar nicht erst, in die USA zu flüchten.
Wir werden euch daran hindern.
Tatsächlich machten sich eine Weile weniger Menschen auf den Weg
aus Mittel- und Südamerika.
Nur sind die Fluchtursachen nicht verschwunden,
wie Gewalt, Armut und die Pandemie.
Jetzt wächst wieder die Zahl der Schutzsuchenden.
Dazu könnte auch beigetragen haben,
dass jetzt Joe Biden im Weißen Haus sitzt.
Von der Lage an der Grenze zwischen den USA und Mexiko
berichtet Jan Koch.
Wo kommt ihr her? Aus El Salvador?
Diesen Zehnjährigen fragt er: "Bist du allein unterwegs?"
Ja, aus Bolivien.
Sie kommen aus Mittel- und Südamerika:
Kinder, Jugendliche - häufig allein.
Der Traum: ein besseres Leben in den USA.
Die Situation an der Grenze zu Mexiko spitzt sich zu.
Fast dreimal so viele Minderjährige kommen im Vergleich zum Vorjahr.
Unbegleitete Minderjährige dürfen vorerst bleiben.
Erwachsene und Familien landen schnell
in einem überfüllten Abschiebelager.
Wie die junge Mutter mit ihren Kindern aus Honduras.
Heute Morgen wurden wir in einen Bus gesteckt
und zum Flughafen gebracht.
Wir wurden in die texanische Grenzstadt El Paso geflogen.
Nun sind wir wieder auf der mexikanischen Seite.
Eine Frage, die sich stellt:
Hat Präsident Biden mit einer offeneren Einwanderungspolitik
vielen Hoffnungen gemacht?
Wachsende Armut, zerstörte Infrastruktur in Mittelamerika
lassen die Zahl der Asylsuchenden schon seit April 2020 steigen.
Seit Bidens Präsidentschaft nimmt sie aber rapide zu.
Der Präsident steht unter Druck.
Tagelang kein Kommentar von ihm.
Gestern kam er im TV-Interview um eine klare Antwort nicht herum.
Ich sage es deutlich:
Kommt nicht, verlasst nicht eure Stadt oder Heimat!
Auffanglager - ausgelastet, überfüllt.
Lebensbedingungen zum Teil unwürdig eng.
Bidens linke Parteikollegen fragen sich, wie er das zulassen kann.
Republikaner werfen ihm vor, falsche Hoffnungen zu schüren.
Das ist ein direktes Ergebnis
von Bidens rücksichtsloser Politik der offenen Grenze.
Die führt zu einem Anstieg der Grenzübergänge
und Kartellaktivitäten.
Die Biden-Regierung lieferte den Texanern noch keine Antworten:
Wie lange werden diese Kinder bleiben?
Das ist unklar.
Eine Übergangslösung:
Im Kongresszentrum in Dallas
sollen ab heute gut 3000 Jugendliche unterkommen.
Das könnte nicht reichen.
Viele sind noch auf dem Weg -
voller Hoffnung auf ein besseres Leben in den USA.
An wenigen Schulen in Deutschland müssen sich junge Leute vorkommen
wie im Zauber-Internat Hogwarts.
Ein Hauch von Harry Potter scheint das Gelände zu umwehen.
Denn das reale Internatsgymnasium hat seinen Sitz
in einer Abtei aus dem Mittelalter.
In der Landesschule Pforta bereiten sich die Schüler
aber nicht aufs Zauber-Examen, sondern aufs Abitur vor.
Das ist in Pandemie-Zeiten eine Herausforderung -
aber erst recht in einem Internat?
Friederike Rohmann ist der Frage nachgegangen,
in Naumburg, in Sachsen-Anhalt.
Bedecke deinen Himmel, Gott, mit Wolkendunst.
Goethes Prometheus – interpretiert von Josefine und Fiona,
Abiturientinnen an der Landeschule Pforta in Naumburg.
Seit einigen Wochen haben sie wieder im Klassenraum Unterricht.
Bald beginnen ihre Abi-Prüfungen,
nach zwei Lockdowns, Homeschooling und einem anstrengenden Jahr.
Ich bin super dankbar,
dass wir als Abschlussklassen das Privileg haben.
Es ist gemein den anderen Klassen gegenüber.
Aber ich bin froh, dass zumindest wir hier sein dürfen.
Es ist total wichtig für mich.
Pforte gibt mir Struktur und Halt, was ich zu Hause nicht so habe.
"Pforte" nennen alle hier liebevoll ihre Schule -
ein Internat im Saale-Unstrut-Tal mit Gemäuern aus dem 12. Jahrhundert.
Für viele ist Pforte eine zweite Heimat.
Doch vor Ort sein dürfen derzeit nur die Abiturienten.
Es ist still.
So war es fast ihr ganzes Abschlussjahr,
erzählen Fiona und Josefine.
Ein Jahr, auf das sie lange hin gefiebert hatten,
und das jetzt ganz anders war.
Dann ist man 12er und kennt alles.
Dann sind da jüngere Schüler, die einen bewundern.
Darauf freut man sich richtig.
Wir dachten immer: Das muss das krasseste Jahr sein.
Und wenn man sich jetzt erinnert:
Was haben wir in unserer 12. eigentlich gemacht?
Dann ist es sehr ernüchternd.
Fiona und Josefine singen im Chor.
Proben sind normalerweise in der Klosterkirche.
Auch die fallen seit Monaten aus,
genau wie die Fahrt zu einem Chor-Wettbewerb in Verona.
Das sind Sachen, auf die man sich total gefreut
und lange gewartet hat.
Und es gibt keinen Weg, diese Erfahrungen wiederzubekommen.
Das ist sehr schade.
Nachmittags trennen sich die beiden und gehen in ihr Internatshaus.
Davon gibt es fünf.
In jedem wohnen normalerweise 50 bis 70 Schüler.
In Fionas Haus sind sie derzeit zu dritt,
in ihrem Zimmer zu zweit.
Besuche bei anderen sind nicht erlaubt.
Auch hier ist es merkwürdig still.
Hat Vor- und Nachteile - zum Lernen ist es praktisch.
Aber grundsätzlich ist es schade, dass die Gemeinschaft so fehlt.
Man trifft sich ja auch mal in der Gruppe
und guckt einen Film oder feiert einen Geburtstag.
Das fehlt.
Vereinzelung statt Gemeinschaft:
Das Leben im Internat hat sich geändert.
Einiges ist weggefallen, auch der Ausblick ist dürftig.
Ob es eine Abschlussfahrt oder einen Abiball geben wird: ungewiss.
Natürlich ist man immer wütend, wenn man erfährt,
dass wieder was ausfallen muss.
Aber ich bin voll dankbar für das, was wir hingekriegt haben.
Wir waren ziemlich kreativ. Man muss nicht nur rummeckern.
Spazieren gehen, die Internats-Alpakas besuchen.
Josefine und Fiona machen das häufig.
Viel mehr können sie nicht gemeinsam unternehmen.
Wie werden sie in Zukunft wohl auf ihr Abschlussjahr zurückblicken?
Stressig - sehr viel Stress.
Abitur ist eh schon stressig und dann auch noch Corona.
Also ich glaube, eher negativ.
Vielleicht denken wir auch: Pandemie - haben wir weggesteckt.
Was sind wir für ein krasser Jahrgang.
In wenigen Monaten wird Pforte nicht mehr das Zuhause
von Josefine und Fiona sein.
Beide wollen studieren und hoffen,
dass Corona dann kein großes Thema mehr sein wird.
Das hoffe ich auch.
Großes Thema für Claudia Kleinert ist der März-Winter und seine Tücke.
Was hat er denn?
Der hat noch Schnee und Glätte dabei.
Die nächsten Tage bleibt es relativ kalt.
Das ist eigentlich normal für die Jahreszeit.
Aber wer in Frühlingsstimmung ist, dem fehlt die Wärme.
Morgen Früh besteht Glättegefahr.
Es gibt gefrierende Nässe.
Am Alpenrand schneit es auch.
Dort gibt es auch Glättegefahr.
Die Kälte liegt an der Luft, die aus nördlichen Richtungen kommt.
Die Luft, die zu uns kommt, muss erst über die Nordsee.
Da ist es noch ganz schön kalt.
In der Nacht gibt es Schnee am Alpenrand.
Es gibt Glättegefahr durch gefrierende Nässe.
Im Tagesverlauf gibt es immer wieder Schauer, Schnee und Regen.
Die nächsten Tage bringen mehr Sonnenschein.
Am Freitag über der Mitte aber noch dichtere Wolken.
Im Norden und Westen gibt es häufiger Sonne.
Am Samstag nur noch im Süden Schnee.
Das waren die tagesthemen.
Sandra Maischberger bespricht hier gleich die Themen der Woche,
unter anderem mit Armin Laschet, dem Ministerpräsidenten von NRW.
Um 00.05 Uhr dann das nachtmagazin.
Wir sind morgen wieder für Sie da.
Bis dahin, tschüss - bleiben Sie zuversichtlich.
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