nachtmagazin 20.01.2022, 00:16 Uhr - Ein Jahr nach Bidens Amtsantritt ist die amerikanische Gesellschaft weiterhin
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit dem nachtmagazin.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (20.01.2022)
Heute im Studio: Constantin Schreiber
Guten Abend, ich begrüße Sie zum nachtmagazin.
Vor einem Jahr löste Joe Biden Donald Trump ab
und wurde 46. Präsident der USA.
Er trat an mit großem Versprechen:
Er wolle die Amerikaner versöhnen
und - wie er sagte - die Seele der gespaltenen Nation heilen.
Heute ist anfängliche Begeisterung bei vielen Ernüchterung gewichen.
Die gesellschaftliche Spaltung habe nicht abgenommen,
so die häufige Einschätzung.
Auch weil Trump weiter die Legende vom Wahlbetrug aufrechterhält,
der Biden ins Amt gebracht hätte.
Aber vieles läuft auch nicht rund.
Arndt Brorsen blickt auf diesen Jahrestag.
Ein zuversichtlicher neuer Präsident:
Joe Biden vor einem Jahr bei seiner Amtseinführung.
Eines seiner Ziele:
Das amerikanische Volk nach der Trump-Ära wieder zu einen.
Außenpolitisch macht er gleich Nägel mit Köpfen - schriftlich:
Rückkehr zum Pariser Klimaschutzabkommen.
Verbleib in der WHO.
Er reicht den westlichen Partnern sofort die Hand.
Amerika ist zurück, das transatlantische Bündnis ist zurück.
Wir schauen nicht zurück - sondern gemeinsam in die Zukunft.
Innenpolitisch bringt er ein Konjunktur-Förderprogramm
und Investitionen in die Infrastruktur auf den Weg.
Einige Versprechen konnte er noch nicht einlösen:
Die Wahlrechtsreform und das Klimaschutz- und Sozial-Paket -
obwohl seine Demokraten im Kongress die Mehrheit haben.
Desaströs endet der Afghanistan-Einsatz -
mit dem fluchtartigen Abzug der eigenen Truppen.
Angeordnet noch von Bidens Vorgänger.
Durchwachsen ist Bidens Corona-Politik.
Die Impfkampagne läuft anfangs gut an,
aber die neuen Virusvarianten führen zu neuen Infektionswellen.
Kurz vor Ende seines ersten Amtsjahres kippt das Oberste Gericht
die Impf- und Testpflicht für größere Unternehmen.
Bidens Umfragewerte sind nach einem Jahr stark gesunken.
Nur 42 % der US-Bürger finden, dass er seine Arbeit gut macht.
US-Präsident Joe Biden hat vor dem ersten Jahrestag seines Amtsantritts
eine große Pressekonferenz abgehalten.
Ulrich Ückerseifer in Washington, was waren seine wichtigsten Themen?
Die Pressekonferenz ging fast zwei Stunden.
Er hat über viele Punkte geredet.
Über die Inflation.
Er hat über Covid gesprochen.
Und über die Außenpolitik.
Was passiert in der Ukraine?
Er hat gesagt:
Wir nehmen Russland den Dollar weg, wenn sie einmarschieren.
Wie stehen die USA nach einem Jahr unter Biden da?
Sehr gespalten.
Die Republikaner sind sehr nach rechts gerückt.
Donald Trump ist auf dem Sprung zurück.
Die Demokratische Partei ist breit aufgestellt:
Von der Mitte bis weit nach links.
Man sieht die Spaltung auch an den amerikanischen Fernsehsendern.
Zum Beispiel Fox News.
Da ist nur noch wenig Journalismus zu finden.
Auch bei CNN ist es ähnlich.
Abends kippt der Sender Richtung Propaganda.
Wie ist die Lage in seiner eigenen Partei?
Die ist breit aufgestellt.
Man kann das mit dem deutschen Parteiensystem vergleichen.
Da sind sehr viele Parteien drin.
Die Linke ist gefrustet.
Das Sozialprogramm wird nicht umgesetzt.
Danke, Ulrich Ückerseifer.
Ein Krieg in Europa, zwischen der Ukraine und Russland.
Dieses Schreckgespenst erscheint derzeit ja allzu realistisch.
Um noch eine friedliche Lösung in dem Konflikt zu finden,
reisen westliche Diplomaten zu den beteiligten Konfliktpartnern.
Heute war US-Außenminister Blinken in Kiew.
Im Gepäck: Militärische Hilfszusagen in Höhe von Millionen Dollar.
Und die Zusicherung, man werde noch mehr tun,
sollte Russland wirklich angreifen.
Demian von Osten.
Der Besuch von US-Außenminister Blinken:
Ein Zeichen der Unterstützung für die Ukraine.
Kiew sei derzeit das beliebteste Reiseziel,
witzelt er bei Präsident Selenskyj.
Doch die Lage ist ernst
angesichts der russischen Truppen unweit der Grenze mit der Ukraine.
Es gibt Pläne, diese Truppen kurzfristig weiter zu erhöhen.
Das gibt Präsident Putin die Möglichkeit,
auch kurzfristig sehr aggressiv zu handeln.
Auch aus Belarus, Russlands Verbündetem.
Dort beginnen dieser Tage Militärübungen
nahe der ukrainischen Grenze.
Gleichzeitig diplomatischer Druck aus Moskau.
Der Vizeaußenminister sagt:
Der Westen picke sich aus Russlands Forderung nach Sicherheitsgarantien
das heraus, was ihm passe und habe noch nicht schriftlich geantwortet.
Die Frage ist dringend.
Wir sind nicht bereit, ewig zu warten.
Russland will, dass sich die NATO aus Osteuropa zurückzieht.
Das hieße auch:
Keine gemeinsamen Übungen mehr mit der Ukraine.
Die Ukrainer aber wollen zu großem Teil in die NATO.
Viele wünschen sich gegen Russland Unterstützung von den USA.
Die stellen der Ukraine weitere 200 Mio. Dollar zur Verfügung
zur Landesverteidigung.
Blinken sagte, weitere Militärhilfe stünde bereit,
wenn Russland in die Ukraine einmarschiere.
Es ist ein Ausblick, der nicht optimistisch stimmt.
Erst für Mitte Februar erwartet Gesundheitsminister Lauterbach
den Höhepunkt der derzeitigen Corona-Welle.
Dabei wurde erst jetzt wieder
eine weitere Höchstmarke in Deutschland überschritten:
Mehr als 100.000 Neuinfektionen an einem Tag.
Und der Blick über die Landesgrenzen zeigt,
dass das wohl nicht das Ende ist.
In Frankreich liegt die Zahl bei über 400.000.
Doch was bedeutet das für unser Gesundheitssystem?
Und wie geht es weiter mit der Impfpflicht?
Fragen, auf die die Politik um Antworten ringt.
Markos Kastanis.
Die Omikron-Variante weiter auf dem Vormarsch.
Immer häufiger gibt es die Diagnose Covid-positiv.
Höchststand: mehr als 100.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden.
Die Belastung auf den Intensivstationen
sinkt aufgrund des oft milderen Verlaufs der Omikron-Variante.
Grund zur Entwarnung sehen Virologen aber nicht.
Was man sagen kann:
Ungeimpfte, Unimmunisierte, Nicht- Genesene haben das höchste Risiko,
einen schweren Verlauf durchzumachen.
Das sind überwiegend die Älteren ab 60 aufwärts.
Das zeigen Studien aus Südafrika.
Impfen gegen die Pandemie.
Für den Bundesgesundheitsminister der Weg raus aus der Krise.
Dafür legt er auch selbst Hand an wie hier in Schwerin.
Lauterbach warnt vor "rekombinierten" Varianten.
Die könnten so gefährlich sein wie Omikron.
Unter Umständen mit der Tötlichkeit der Delta-Variante.
Das können wir nicht ausschließen.
Um dafür vorbereitet zu sein,
brauchen wir eine allgemeine Impfpflicht.
Sonst könnte es im Herbst erneut Einschränkungen geben.
Geht es nach dem Minister,
müsste die Impfpflicht spätestens im Mai kommen.
Aber es bleiben Fragen.
Etwa zu verpflichtenden Beratungsgesprächen in Arztpraxen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung lehnt diese ab.
Verpflichtende Gespräche sind in Praxen nicht gut aufgehoben.
Jeder wird beraten, der mehr Informationen zur Impfung will.
Aber wir möchten nicht der verlängerte Arm
des öffentlichen Gesundheitsdienstes sein
und sanktionsbewehrte Beratung durchführen.
Es gibt also noch Diskussionsbedarf.
Nächste Woche erreicht das Thema den Bundestag.
Dann diskutieren die Abgeordneten
über das Für und Wider der Impfpflicht.
Das Wüstenemirat Dubai.
Sitz des umstrittenen Messengerdienstes Telegram,
betrieben von einem russischen Unternehmer.
Man weiß, wo die Firma sitzt, wer sie betreibt.
Aber kooperieren, um Hass und Hetze im Netz zu reduzieren,
will sie offenbar nicht.
Innenministerin Faeser kündigte daher nun
härteres Vorgehen gegen Telegram an.
Ein Brandbeschleuniger sei die App für "Reichsbürger",
Verschwörungstheoretiker und Rechtsextremisten.
Und da Telegram nicht reagiert, will Faeser dem Dienst
nun anders zu Leibe rücken:
Google und Apple sollen Telegram
nicht mehr in ihren App-Stores anbieten.
Nicole Kohnert.
Aufgeheizte Stimmung bei Demos gegen Corona-Maßnahmen.
Wie Anfang der Woche in Rostock.
Polizisten werden immer wieder angegriffen.
Der Innenminister von Niedersachsen
macht heute bei einem Treffen mit der Bundesinnenministerin klar:
Wir stellen fest, dass die Zahlen
bei den Versammlungen und Demonstrationen schwanken.
Aber der harte Kern wird größer.
Derjenigen, die bereit sind,
verfassungsfeindliche Sprüche zu skandieren.
Die die Polizei beschimpfen und Journalisten angreifen.
Laut Bayerns Innenminister
seien Hass und Hetze aus der "Querdenker"-Szene angestiegen.
Diese Szene sei nicht nur in Bayern.
Wir erleben einen starken Demo- Tourismus dieser radikalen Leute.
Die tauchen heute in Bayern und morgen in Thüringen auf.
Wir erleben, dass über Social Media
viele Kontakte untereinander da sind.
Organisiert werden die Treffen auch über den Messenger Telegram.
Dagegen möchte Innenministerin Faeser vorgehen,
aber der Anbieter redet noch nicht mit ihr.
Darum will sie auch Google und Apple in die Pflicht nehmen.
Also Apple und Google
an ihre gesellschaftliche Verantwortung erinnern.
Weil sie diese Apps anbieten.
Damit sind sie auch Brandbeschleuniger
für Rechtsextremistische und Verschwörungstheorien.
Vor allem Telegram ist laut Faeser
der Brandbeschleuniger bei Anti-Corona-Demonstration.
Aber Faeser hat keinen Ansprechpartner bei Telegram.
Deshalb setzt sie auf Zusammenarbeit mit der EU.
Skandalumwittert war Boris Johnson ja häufig
in seiner politischen Karriere.
Der Skandal um Partys während des Lockdowns
könnte ihm nun aber zum Verhängnis werden.
Denn es regt sich auch in den eigenen Reihen Kritik an ihm,
droht ihm sogar ein Misstrauensvotum.
Jetzt ging Johnson im Parlament in London
zum Gegenangriff über, lenkte von seinem Skandal ab:
Indem er das Ende der Maskenpflicht für die kommende Woche ankündigte.
Sven Lohmann.
Der renovierte Big Ben strahlt,
aller mieser Stimmung in Westminster zum Trotz.
Mehr und mehr konservative Parteimitglieder rebellieren
und arbeiten am Sturz von Premier Johnson.
Einer von ihnen läuft zur Opposition über.
Ich soll entschuldigen, was nicht zu entschuldigen ist.
Die Partys waren respektlos gegenüber dem Land
und unwürdig für das Amt des Premiers.
Viele Feiern am Regierungssitz, obwohl Pandemie-bedingt verboten.
Und Johnson behauptet, nicht gewarnt worden zu sein,
dass das problematisch sein könnte.
Viele fühlen sich für dumm verkauft.
Um Kritiker von Corona-Maßnahmen in den eigenen Reihen zu beruhigen,
kündigt er das Ende von 3G und Maskenpflicht an.
Rücktrittsforderungen hält er für Zeitverschwendung.
Alle sollen warten, was die interne Untersuchung ergibt.
Aber meine Mitarbeiter und ich
haben das erfolgreichste Impfprogramm geschaffen.
Wir sind nun die offenste Wirtschaft in Europa.
Dennoch könnte ihm ein Misstrauensvotum drohen.
54 Anträge aus seiner Partei braucht es.
Die sind noch nicht zusammen.
Aber selbst Parteigrößen haben genug.
Ich möchte einen berühmten Satz zitieren:
"Du hast zu lange dort gesessen für all das Gute, das du getan hast.
In Gottes Namen, geh."
Einige Abgeordnete wollen den Untersuchungsbericht abwarten,
bevor sie über ein Misstrauensvotum entscheiden.
Zum Sport.
Da stand der Abend im Zeichen der DFB-Pokalspiele.
Vorjahresfinalist RB Leipzig kann sich freuen.
Ein glanzloser 2:0-Sieg gegen Zweitligist Hansa Rostock
genügte den Sachsen zum Einzug ins Viertelfinale.
Im Berliner Stadtduell
konnte sich der 1. FC Union bei Hertha BSC durchsetzen.
3:2 stand es am Ende.
Dennis Wiese und Ingo Hahne.
Hertha-Trainer Tayfun Korkut ahnt: Dieses Derby wird viel Arbeit.
Die 11. Minute.
Union in Rot. Einfach. Direkt.
Wunderschön.
Andreas Voglsammer mit der Gästeführung.
Die Unioner unter den 3000 Besuchern haben Spaß.
Nach Wiederanpfiff wird es wild.
Flanke Öztunali.
Niklas Stark ins eigene Tor - 0:2.
Doch Hertha lebt.
Suat Serdar.
Abgefälscht von Rani Khedira.
Der Anschluss.
Sekunden später trifft Unions Robin Knoche zum 1:3.
Es ist das dritte Tor innerhalb von fünf Minuten.
Serdars erneuter Treffer in der Nachspielzeit kommt zu spät.
Der 1. FC Union gewinnt das Berliner Derby auswärts mit 3:2
und zieht ins DFB-Pokal-Viertelfinale ein.
Rostocks Trainer Härtel wollte die Pokalsensation.
Seine Mannschaft stand tief, das ging sechs Minuten gut.
Dann hatte Leipzig die Abwehr überspielt.
Yussuf Poulsen.
Den hatten die Rostocker allein gelassen.
Danach erspielte sich der Bundesligist kaum Abschlüsse.
Nkunku ließ hier mal seine Extraklasse aufblitzen.
Es blieb aber beim 1:0 zur Pause.
Nach dem Wechsel legte Rostock das Spiel offensiver an.
Die größte Chance - durch Neidhart.
Leipzig sonst sicherer, Gulacsi sorgte für eine Schrecksekunde,
als er den Kasten verließ.
Rother spielte den Ball nicht weit und zielsicher genug.
82. Minute: Leipzig macht doch noch den Deckel drauf. Olmo mit dem 2:0.
Wunderbar serviert von Nkunku.
Das Bundesliga-Schwergewicht darf weiter träumen vom Pokalsieg.
Die Ergebnisse der übrigen Achtelfinal-Partien von heute:
Zweitligist Hannover schlägt Mönchengladbach mit 3:0.
Hoffenheim unterliegt Freiburg 1:4.
"Beckenbauer des Ostens" wurde er genannt:
Hans-Jürgen Dörner, kurz "Dixie" Dörner.
Er galt als einer der besten Fußballer Ostdeutschlands
und war Ehrenspielführer bei Dynamo Dresden.
100 Mal stand er für die DDR- Nationalmannschaft auf dem Platz.
Nach der Wende wechselte Dörner als erster Ost-Trainer in den Westen.
Nun ist die Fußballlegende im Alter von 70 Jahren gestorben.
Uwe Karte.
Hans-Jürgen "Dixie" Dörner war einer, wenn nicht sogar der größte Künstler,
den der Ost-Fußball hatte.
Für ihn gab es immer eine spielerische Lösung.
Deutschlandweit bekannt wurde er mit den Europacup-Duellen
zwischen Dynamo Dresden und Bayern München.
Aus dieser Zeit stammt sein zweiter Beiname:
"Der Beckenbauer des Ostens".
Dörner wurde fünfmal DDR-Meister, fünfmal Pokalsieger.
Dazu 100 Länderspiele, dreimal Fußballer des Jahres
und der Olympiasieg 1976.
Die Niederlage gegen Uerdingen
bedeutete für ihn 1986 das Ende seiner aktiven Laufbahn.
Nach der Wende war Dörner erst Trainer beim DFB,
später bei Werder Bremen.
Ich bin ein ruhiger und sachlicher Typ.
Was das Wichtigste ist:
Ich bin in meiner Arbeit ehrgeizig und kann schlecht verlieren.
Nach schwerer Krankheit verstarb Dixie Dörner heute -
kurz vor seinem 71. Geburtstag.
Regen, Schnee, Sonne und Wind.
In den nächsten 24 Stunden ist beim Wetter alles dabei.
Je nachdem, wo Sie sich befinden.
Die genaue Vorhersage.
In der Nacht ziehen Regen und Schnee über die Mitte in den Süden.
Erst Schnee nur im Bergland, später bis in tiefere Lagen.
Auch am Tag bis in tiefere Lagen Schnee oder Graupel,
v.a. im Nordstau der Berge.
Nordöstlich der Elbe die wenigsten Schauer,
dort teils länger sonnig.
So weit das nachtmagazin für heute.
Hier geht es weiter mit einem Kluftingerkrimi.
Um kurz nach zwei meldet sich Carl-Georg Salzwedel
mit der tagesschau.
Kommen Sie gut durch die Nacht und in den neuen Tag!
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