tagesschau 24.05.2022, 12:00 Uhr - Weltwirtschaftsforum
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (24.05.2022)
Heute im Studio: Michail Paweletz
Guten Tag, ich begrüße Sie zur tagesschau.
Vor genau drei Monaten begann der Ukraine-Krieg.
Täglich sind weitere Opfer zu beklagen.
Vor allem im Osten des Landes,
wo die Angriffe mit unverminderter Härte weitergehen.
Die Ukraine kann aber auch weiter mit militärischer Hilfe rechnen.
20 westliche Staaten wollen Panzer und Artilleriemunition liefern.
US-Verteidigungsminister Austin
gab dies nach einer Videokonferenz der Ukraine-Kontaktgruppe bekannt.
Warten auf Essen.
In Charkiw in der Ost-Ukraine sind viele Menschen zurückgekehrt,
nachdem die russischen Truppen zurückgedrängt wurden.
Doch von Normalität ist nicht viel zu spüren.
Die meisten Menschen kommen, weil sie kein Geld haben.
Außerdem haben viele kleine Kinder und geben ihr Geld für sie aus.
Sie brauchen Unterstützung in Form von Lebensmitteln.
300 Kilometer weiter südlich: Gefechte in der Region Donezk.
Seit Beginn des Krieges habe es fast 1500 Raketenangriffe gegeben.
Russland gehe es darum, das Land zu zerstören,
sagte Präsident Selenskyj in einer Ansprache.
Momentan ist die Lage im Donbass am schlimmsten.
Sie haben dort ein Massaker angerichtet
und versuchen, alles Leben zu vernichten.
Noch niemand hat den Donbass so zerstört
wie das russische Militär jetzt.
Laut US-Regierung hat die Ukraine von etwa 20 Staaten
Zusagen für weitere militärische Unterstützung bekommen.
Verteidigungsminister Austin teilte dies nach Gesprächen
mit der neuen Ukraine-Kontaktgruppe mit.
Demnach wollen Italien, Griechenland und Polen Artilleriesysteme liefern,
Dänemark versprach weitere Raketen.
An der Videokonferenz nahmen Vertreter aus 47 Staaten teil.
Der russische Angriffskrieg bestimmt auch
das diesjährige Weltwirtschaftsforum in Davos.
Das zeigte schon die Auftaktrede des ukrainischen Präsidenten gestern.
Auch heute blickten die Teilnehmer aus Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft mit Spannung auf das Podium.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen
und NATO-Generalsekretär Stoltenberg äußerten sich dort heute zum Krieg.
Rainald Becker, was kam von der EU-Kommissionspräsidentin?
Ursula von der Leyen hat sich selbst und damit die EU
in diesem Konflikt positioniert.
Sie hat klargemacht:
Europa wird vereint helfen -
mit hohen Geldbeträgen für den Wiederaufbau.
Für den Wiederaufbau solle man auch, wenn es nach ihr ginge,
beschlagnahmte russische Vermögen mit einbeziehen.
Das sei man den Ukrainern schuldig.
Da war sie sehr klar.
Es gehe um die Einheit Europas.
Die Kriegsfolgen, wie die Ernährungskrise,
die müssten angegangen werden.
Das ginge nur mit europäischer Hilfe.
Auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat sich geäußert.
Was waren die wichtigsten Punkte seiner Rede?
Er hat klargemacht:
Die NATO ist für alles vorbereitet.
Die Einsatzgruppen stehen.
Er hat festgestellt:
Putin hat das erreicht, was er nie wollte.
Die NATO wird größer und stärker.
Sie wird enger an die russischen Grenzen rücken.
Das war hier auch Thema.
Es wird auch im Nachgang noch thematisiert werden.
Danke, Rainald Becker.
Gestern war er in Niger zu Gast, am Sonntag im Senegal.
Zum Abschluss seiner Reise besucht Bundeskanzler Scholz heute Südafrika.
Präsident Ramaphosa empfing Scholz am Vormittag
in der Hauptstadt Pretoria mit militärischen Ehren.
Thema ihres Treffens soll auch der Ukraine-Krieg sein.
Südafrika gilt als wichtigstes Partnerland Deutschlands
in Afrika südlich der Sahara.
Menschenrechtler werfen China schon länger vor,
die Minderheit der Uiguren im Norden des Landes zu unterdrücken.
Von Internierungslagern
wird von Folter und Zwangssterilisationen berichtet.
Die kommunistische Führung bestreitet die Vorwürfe.
Ein internationales Rechercheteam, an dem der BR und der Spiegel
beteiligt sind, hat nun Fotos, Reden und Behördenweisungen veröffentlicht.
Sie belegten, dass diese Lager nicht -
wie behauptet - Fortbildungseinrichtungen seien.
Bewaffnete Sicherheitskräfte führen einen Inhaftierten ab.
Bei einem Verhör kommt ein Stuhl zum Einsatz,
der laut Human Rights Watch zur Folter verwendet wird.
Erschreckende Bilder aus chinesischen Internierungslagern
im Regierungsbezirk Xinjiang von 2018.
Sie zeigen, wie brutal China mit der uigurischen Minderheit umgeht.
Dem Chinaforscher Adrian Zenz wurden die Fotos anonym zugespielt.
Nach seinen Angaben stammen die Dateien von Computern
des Büros für öffentliche Sicherheit im Norden der Region Xinjiang.
Das ist wie ein Fenster in einen Polizeistaat,
aus dem ja so wenig herausdringt - so etwas haben wir noch nie gesehen.
Die Daten übergab der Forscher 14 internationalen Medienhäusern,
u.a. dem Bayerischen Rundfunk, dem Spiegel und BBC News.
In wochenlanger Recherche
hat das Reporterteam die Daten verifiziert und ausgewertet.
Aus ihnen geht u.a. hervor, dass es in den Internierungslagern
auch einen Schießbefehl bei Fluchtversuchen gab.
Für Menschenrechtsorganisationen keine Überraschung.
China begeht hier Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Mindestens mit Blick auf die Punkte Folter, Inhaftierung und Verfolgung.
Eine ausführliche Anfrage zu den Recherchen
ließ Chinas Regierung bislang unbeantwortet.
Man erklärte,
die Maßnahmen richten sich gegen terroristische Bestrebungen.
Die Menschen vor Ort würden glücklich leben.
Ich frage nach bei Hakan Tanriverdi, der an der Recherche beteiligt ist.
Wie haben Sie das Material verifiziert?
Wir haben es auf vielfältige Arten verifiziert.
Die Kollegen der BBC haben 150 Telefonnummern angerufen.
Die Nummern waren in den Dokumenten enthalten.
Ein paar Menschen sind rangegangen.
Sie haben ihren Namen und ihren Dienstrang bestätigt.
Wir haben die Bilder abgeglichen mit Satellitenaufnahmen.
Wir haben GPS-Daten ausgewertet.
Wir haben uns mit Angehörigen getroffen.
Wir haben denen gezeigt: Hier ist eine Identifikationsnummer.
Wir haben gefragt: Sind die Daten richtig?
Das wurde bestätigt.
Wir haben ein forensisches Gutachten erstellen lassen.
Die Recherchen von uns zeigen:
Die Daten sind echt.
Es spricht nichts dafür, dass sie gefälscht sein könnten.
Ist auch deutlich geworden, warum Chinas Regierung foltern lässt?
Es geht nach offiziellen Angaben immer darum,
terroristische Bestrebungen zu verhindern.
Es gehe nicht darum, gegen Menschenrechte zu verstoßen.
Das war die Antwort auf unsere Anfrage
von der Botschaft in Washington DC.
Vielen Dank.
Kinder zwischen fünf und elf Jahren gegen Corona impfen oder nicht?
Dazu gab es in Deutschland
keine generelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission.
Bis jetzt.
Das Gremium geht davon aus, dass die meisten Kinder inzwischen
eine Corona-Infektion durchgemacht haben.
Daher sollen sie zunächst nur eine Impfung bekommen.
Frühestens drei Monate nach der Infektion.
Kinder mit Vorerkrankungen oder gefährdete Menschen
im Umfeld sollten zweimal geimpft werden.
Gleich in zwei Bundesländern
beginnen CDU und Grüne heute Sondierungsgespräche.
Den Auftakt machte am Vormittag Schleswig-Holstein.
Dort hat sich CDU-Ministerpräsident Günther
für die Grünen entschieden.
Seine Bemühungen um eine Neuauflage des Jamaika-Bündnisses mit der FDP
waren gescheitert.
Am Nachmittag folgt mit NRW das bevölkerungsreichste Bundesland.
CDU-Ministerpräsident Wüst hatte die Landtagswahl
vor gut einer Woche gewonnen.
Die Grünen waren auf Platz drei gelandet.
Die deutsche Wirtschaft musste zuletzt viel wegstecken:
Erst die Pandemie, jetzt den Krieg in der Ukraine.
Wie beurteilen Dienstleister, Handel und Industrie die Lage?
Dazu hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
25.000 Unternehmen befragt.
Die Konjunktur wird weiter im grünen Bereich gesehen,
allerdings mit gestiegenen Risiken.
Zudem geht der DIHK mittlerweile von einer Inflation
in Höhe von sieben Prozent aus.
Es sind die steigenden Rohstoff- und Energiepreise,
die den Unternehmen immer mehr zu schaffen machen.
Egal ob Industrie, Bau, Handel oder Dienstleistungen:
Alle Branchen schätzen die Entwicklung
in diesem Sektor als das größte Geschäftsrisiko ein.
Wir erleben, dass die Unternehmen in ihren Investitionsplänen
diese hohen Kosten auch spüren.
Das zehrt an den Investitionsplänen.
Das heißt, die Betriebe investieren in Umweltschutz,
also Maßnahmen zur Energieeinsatzreduktion.
Und sie investieren in Ersatz.
Aber sie investieren leider nicht
in Kapazitätserweiterung oder Innovation.
Entsprechend sind die Geschäftserwartungen
der Unternehmen.
Von einer Verschlechterung der Lage gehen nun 33 statt 19 Prozent aus.
Die Erwartung, dass die Situation gleich bleibe,
sank von 57 auf 48 Prozent.
Glaubten zu Jahresbeginn 24 Prozent, die Lage werde besser,
sind es jetzt noch 19 Prozent.
Unternehmen, die bestimmte Zulieferprodukte brauchen,
die nicht lieferbar sind - das ist eine Herausforderung.
Wir erleben zum Beispiel auch in der Bauwirtschaft
Probleme in dem Bezug von einzelnen Baustoffen.
Und auch dort eine Zurückhaltung der Unternehmen,
Aber es gibt auch Lichtblicke:
Grund sind die Lockerungen im Umgang mit der Corona-Pandemie.
Betreiber von Fitnessstudios oder Gastronomen
blicken optimistischer in die Zukunft.
Steigende Rohstoffpreise sind trotzdem ein Riesenproblem.
Vor dem Hintergrund haben die Grünen
eine internationale Obergrenze für Öl angeregt.
Es sei eine Überlegung, sich in Zukunft auf Höchstpreise zu einigen,
so Wirtschaftsminister Habeck.
Stefan Wolff, was hält man von dieser Idee an den Finanzmärkten?
In einer Welt, in der die Preise von Angebot
und Nachfrage bestimmt werden, ist wenig Begeisterung da,
wenn es um Regelungen geht.
Es darf angezweifelt werden,
dass man den Ölpreis unter Kontrolle bekommen kann.
Man braucht eine Kundengemeinschaft,
die sagt, wir wollen das nicht mehr zahlen.
Man muss viele Länder unter einen Hut bringen.
Dann müssen die Lieferanten sagen, dass sie es akzeptieren.
Das scheint unwahrscheinlich.
der Ölpreis ist in diesem Jahr bereits um 40 Prozent gestiegen.
Das macht den Unternehmen zu schaffen.
Der DAX ist im Minus.
Die DIHK-Prognose spielt da auch mit rein.
Danke, Stefan Wolff aus der Frankfurter Börse.
Jubel bei Hertha BSC, Enttäuschung beim HSV:
Mit einem 2:0 in Hamburg haben die Berliner
den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga abgewendet.
Der HSV spielt weiter zweitklassig.
Ende. Aus.
Aus der Traum.
Die Berliner Fans verlassen an anderer Stelle das Stadion.
Hier die große Masse der gefrusteten HSV-Anhänger.
Die Zeichen waren perfekt für den Aufstieg.
Im Endeffekt waren die Berliner präsenter auf dem Platz.
Einfach Mist!
Wir haben so lange drauf gewartet.
Dann gehen wir alle mit den Köpfen runter nach Hause
und müssen wieder auf nächstes Jahr hoffen.
Was soll's ... Nur der HSV.
Beim HSV: ganz viel Leere.
Trainer Tim Walter.
Im tiefen Loch der Tristesse: seine Spieler.
Berlin bleibt Erstligist.
190 Sekunden nach Anpfiff geht die Hertha in Führung.
Kopfball Boyata -
die 0:1-Niederlage aus dem Hinspiel aufgeholt.
Felix Magath, seit März Trainer bei Hertha BSC,
registriert es stoisch.
Mit mehr Hingabe: seine Mannschaft, die Berliner Fans.
Plattenhardt liebkost das Spielgerät.
63. Minute.
Der direkte Freistoß - direkt ins Herz des Hamburger SV.
Stellungsfehler von Torwart Heuer Fernandes.
Dennoch ein wunderschöner Treffer, 2:0 Hertha.
Magath behält seine Bilanz,
ist noch nie aus der Bundesliga abgestiegen.
Das war ein rundherum professioneller Auftritt.
Die Mannschaft hat von Anfang an leidenschaftlich gekämpft.
Sie hat fokussiert und konzentriert 90 Minuten lang
den HSV versucht zu kontrollieren und es größtenteils geschafft.
Sie hat verdient mit 2:0 gewonnen.
Damit geht der HSV in sein fünftes Zweitliga-Jahr.
Die tagesschau meldet sich wieder um 14 Uhr.
Weitere Informationen auf tagesschau24 und tagesschau.de
Es folgt das ARD-Buffet.
Ihnen einen schönen Tag.
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