Don't Look Up: Wie realistisch ist der Riesen-Komet? (feat. @European Space Agency, ESA)
Wir haben einen Kometen entdeckt. - Oh, schön für Sie.
Er steuert direkt auf die Erde zu.
Dieser Komet ist ein sogenannter Planetenkiller.
* dramatische Musik *
Hallo, Jack Pop hier.
Jennifer Lawrence, Leonardo DiCaprio, Meryl Streep,
Timothée Chalamet und Jonah Hill.
Das Staraufgebot ist riesig im Netflix-Film "Don't Look Up".
Und auch die Story ist cool.
Die Astronomen Professor Mindy und Doktorandin Kate
entdecken einen riesigen Kometen auf Kollisionskurs mit der Erde.
Ihnen bleiben 6 Monate Zeit,
um die Menschheit zu warnen und vor der Auslöschung zu bewahren.
* Er atmet schwer. *
Aber ist das plausibel?
Dass so ein Himmelskörper aus dem Nichts auftaucht?
Und was würden wir dann tun?
Das klären wir mit der ESA, den richtigen Space-Nerds.
Oh, das ist spitze.
Wir sahen den Film schon vorab.
Keine Panik, wir spoilern nichts, was den Spaß am Film nehmen könnte.
Uns geht es um den wissenschaftlichen Background.
Wenn ihr die Analysen liebt, helft diesem Kanal beim Abheben.
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* zartes Glöckchen *
Die Astronomie unterscheidet zwischen Asteroiden und Kometen.
Die meisten Asteroiden
kommen aus dem Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars.
Sie bestehen meist aus Gestein und Metallen.
Kometen sind Brocken aus Stein, Eis und gefrorenen Gasen.
Sie stammen von weiter draußen, aus dem äußeren Sonnensystem.
Sie setzen durch Wärme in Sonnennähe ihre gefrorenen Bestandteile frei.
Die erkennt man meist deutlich an ihrem Schweif.
Egal ob Asteroid oder Komet.
Wenn so ein Brocken in die Erdatmosphäre eindringt,
nennt man ihn Meteor.
Was nicht verglüht,
was auf der Erde einschlägt, nennt man einen Meteoriten.
Kollidiert also etwas mit der Erde sprechen wir von einem Meteoriten.
So weit ist es am Anfang von "Don't Look Up" nicht.
Da wissen wir nur:
Auf die Erde kommt ein Komet mit 5-10 km Durchmesser zu.
Er wird wahrscheinlich einschlagen.
Es sind 100% Einschlagwahrscheinlichkeit.
Bitte sagen Sie nicht 100%.
Und wenn wir 'möglicherweise' sagen?
Aber es ist nicht nur 'möglicherweise'.
99,78%, um genau zu sein.
Sagen wir 70% und dann sehen wir weiter.
Ist es realistisch, dass 2 Forschende
einen großen Himmelskörper finden, den keiner gesehen hat?
Wenn Sie das sagen.
Im Film müssten wir das Marvel-Darsteller Rob Morgan fragen.
Er ist dort Chef der NASA-Planetenverteidigung.
Diese Einrichtung gibt es wirklich. Hier ist ihr Logo.
Auch in Europa gibt es so etwas, nämlich bei der ESA.
Das Planetary Defence Office. Dort arbeitet Detlef Koschny.
Er ist das europäische Pendant zu Rob Morgans Charakter.
Ihn habe ich gefragt,
wie man Kometen und Asteroiden im Blick behält.
Es gibt im Moment 2 größere Surveys.
Das sind Überwachungsprogramme, die den Himmel abscannen.
Jede klare Nacht versuchen sie möglichst viel vom Himmel zu sehen.
Diese beiden Programme sind von der NASA finanziert.
Mit der arbeiten wir eng zusammen.
Wenn sie ein neues Objekt entdecken, muss man sofort schauen, wo es ist.
Ein paar Stunden später muss man noch mal hinsehen.
Und ein paar Tage später wieder. Das heißt: Follow-up-Beobachtungen.
Sie fragen, wie viele Objekte noch zu entdecken sind.
Leider noch ziemlich viele.
Im Moment werden durchschnittlich
jede Nacht etwa 5 bis 7 von diesen "Near Earth Objects",
oder erdnahen Asteroiden entdeckt.
Die großen sind so wie etwa die Dinosaurierkiller.
Damit haben wir keine Probleme.
Aber kleinere Objekte, wenige Meter, 10 m oder 100 m groß,
da ist noch viel zu finden.
Halten wir fest:
Die Wahrscheinlichkeit, dass so ein riesiger Komet
von über 5 km Durchmesser aus dem Nichts auftaucht, ist etwa 0.
Aber es werden andauernd neue Asteroiden und Kometen entdeckt.
Bei denen muss man auch prüfen, ob die für uns gefährlich sind.
Das wird in den USA am "Minor Planet Center" gemacht.
Dort müssen alle Sichtungen solcher Objekte gemeldet werden.
Dieses Center berechnet dann,
ob der Komet oder Asteroid der Erde jemals nah kommen wird.
Nah im astronomischen Sinne heißt: unter 45 Mio. km.
Ein Asteroid, der von der Erde über 100-mal weiter weg ist als der Mond,
gilt als erdnahes Objekt.
Nach der Distanzbestimmung folgt der 2. Schritt.
Von einem anderen Institut, wie der ESA, wird die Flugbahn des Objektes 100 Jahre in die Zukunft berechnet.
Aus dieser Berechnung ergibt sich, wie hoch das Risiko ist,
dass der Himmelskörper mit der Erde kollidiert.
Es gibt 1.000 Asteroiden und Kometen, für die das Risiko größer ist als 0.
Das ist aber kein Grund zur Sorge.
Von den 99,78% aus dem Film sind wir real weit entfernt.
Das Objekt mit der größten Einschlagwahrscheinlichkeit ist 10%.
Es ist aber nur ein paar Meter groß.
Da würde ich sogar hinfahren und mir die Feuerkugel anschauen,
die man in der Atmosphäre sieht.
Die meisten Objekte liegen bei kleinen Wahrscheinlichkeiten
von 1:10.000 und 1:100.000.
Was man aber vergleichen muss mit anderen Sachen.
Für die meisten Objekte, die wir auf der Risikoliste haben,
ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Erde treffen,
deutlich höher als ein 6er im Lotto.
Es passiert auch ab und zu.
Wie 2013.
Da ist ein über 20 m großer Asteroid
in die Atmosphäre eingetreten über Tscheljabinsk in Sibirien.
Er zerbrach dort in etwa 30 km Höhe.
Die Druckwelle, die dabei entstand, war heftig.
Aus tausenden Gebäuden in der Region wurden die Scheiben rausgehauen.
Über 1.500 Menschen wurden verletzt.
Statistisch betrachtet
kommt so etwas alle paar Jahrzehnte auf die Erde.
Je größer die Objekte, umso seltener ist es.
Bei 40 m Durchmesser sind es 100 bis 1.000 Jahre.
Der letzte große Himmelskörper, der mit der Erde kollidierte,
wie in "Don't Look Up", war vor 66 Mio. Jahren.
Er fegte die Dinosaurier von der Erde.
Nicht nur die, sondern über die Hälfte aller Arten.
Bei "Don't Look Up" ist es gesetzt.
Der Komet ist da, bewegt sich auf die Erde zu.
Er wird einschlagen und hat die Zerstörungskraft
von 1 Mrd. Hiroshima-Bomben.
Es besteht eine 100% Chance, dass wir alle sterben werden.
Der Menschheit muss eine Lösung einfallen.
Es gibt in der realen Welt verschiedene Szenarien,
wie man mit Himmelskörpern auf Kollisionskurs umgeht,
sagt Detlef Koschny von der ESA.
Also kleiner als 50 m würden wir nichts tun.
Da müsste man evakuieren.
Wir reden dann mit Katastrophenschutzbehörden usw.
Größer als 50m: Wenn ich Asteroiden ablenken will, gibt es verschiedene Techniken.
Das Eine nenne ich kosmischer Auffahrunfall.
Ich habe einen Asteroiden und schieße einen Satelliten
mit viel Geschwindigkeit auf den Asteroiden drauf.
So wie wenn ich auf ein anderes Auto drauf fahre.
Ich hoffe, es ist Ihnen noch nie passiert.
Dann schiebe ich das ein kleines bisschen nach vorne.
So einen kosmischen Auffahrunfall will die NASA 2022 testen.
Vor ein paar Wochen startete die DART-Mission ins All.
Die gleichnamige Sonde ist unterwegs zu einem Gespann aus 2 Asteroiden.
Im September soll sie in den kleineren Asteroiden fliegen,
um ihn aus seiner Bahn zu lenken.
Ob das geklappt hat, untersucht die ESA in einer Folgemission.
Die startet 2024.
Das ist ein brutaler Ansatz. Also reinballern, wegschubsen.
Das ist für mich das Spannende daran.
Es ist der 1. Versuch der Menschheit,
mit einem simplen Prinzip, einen Asteroiden abzulenken.
Es gibt noch eine 2. Möglichkeit,
um Kometen oder Asteroiden aus ihrer Bahn zu bewegen.
Die 2. Methode, die ich für realistisch halte,
nennt sich "Gravity Tractor".
Da bringe ich
einen schweren Satelliten in die Nähe des Asteroiden.
Die Anziehungskraft wirkt schwach, sodass ich ein paar Jahre brauche.
Wenn ich den Abstand gleich halte,
kann ich den Asteroiden aus seiner Bahn wegziehen.
Oder es gibt die Möglichkeit,
dass ich ihn mit einem Ionen-Triebwerk bestrahle.
Dann puste ich den quasi weg. Auch das dauert eine Weile.
Das sind realistische Verfahren, die wir anwenden können.
Das ist krass.
Ein paar Jahre müsste man das vorbereiten.
In "Don't Look Up" hat die Menschheit 6 Monate Zeit.
Davon geht jede Menge drauf,
Politik, Medien und Allgemeinheit davon zu überzeugen, dass es ein Problem gibt.
Zum jetzigen Zeitpunkt sollten wir Ruhe bewahren und sondieren.
- Ruhe bewahren und sondieren. - Ruhe bewahren und sondieren?
- Die Ruhe bewahren?
- Und dann sondieren.
5 Monate vor dem Einschlag hat man dann doch einen Plan.
Man schickt einen Veteranen ins All, bewaffnet mit Nuklearsprengköpfen.
Die sollen in die Nähe des Kometen gebracht werden,
detonieren und den Kometen aus der Bahn lenken.
Erst mal die Frage:
Kann ein Nuklearsprengstoff so ein Objekt ablenken?
Das dürfte gehen. Ich weiß es nicht sicher.
Denn die Kernexplosionstests sind militärische Geschichten.
Militärische Sachen erfahren wir leider nicht immer.
Wir hören auf Konferenzen Leuten zu,
die sich seit 30 Jahren damit beschäftigen.
Die wissen mehr als wir.
Die sagen, macht euch keine Sorgen. Das würden wir hinkriegen.
Dann zur Frage: Wieviel Zeit brauche ich.
Also 5 Monate ist nicht viel.
Wir hatten im Frühjahr 2021 ein gespieltes Szenario.
Da ist ein etwas kleineres Objekt,
das war nicht 10 km groß,
vorhergesagt worden über Europa in 6 Monaten.
Da wurde gesagt,
die einzige Möglichkeit sind diese nuklearen Explosionen.
Am Schluss kam man aber drauf,
selbst das schaffen wir nicht in diesem konkreten Fall.
Wie schwierig es wäre, solche Manöver vorzubereiten,
könnt ihr selbst testen.
Die NASA hat eine App entwickelt, in der man die Parameter
für simulierte Himmelskörper selbst einstellen kann.
Da kann man etwa Umlaufbahn, Durchmesser und Zusammensetzung
von einem Kollisionsobjekt verändern.
Dann kann man schauen, wie viele Raketen man
mit wie viel Vorlauf schicken muss, um den Einschlag zu verhindern.
Wenn ihr Bock habt ein bisschen damit rumzuspielen,
schaut in die Infobox. Da packe ich den Link hin.
Lasst eure Ergebnisse da, als "Kometar".
Im Film wird der Plan mit den Nuklearsprengköpfen
aus abstrusen Gründen verworfen.
Darauf möchte ich nicht eingehen.
Stattdessen versucht man den Kometen in 30 kleinere Teile zu sprengen.
Diese sollen kontrolliert über dem Meer abstürzen.
Ist so etwas denkbar?
Wenn ich in den Kometen reingehe und da Explosionen mache,
kommt es auf dessen Eigenschaften an, ob der in 1.000 Stücke zerbricht.
Wenn das Kernexplosionen sind,
kommen die alle radioaktiv verseucht
und dann doch vielleicht irgendwo über Land runter.
Da würde ich denen im Film, die die Entscheidung treffen,
dringend von abraten.
30 einzelne radioaktive Meteoriten,
die einen Durchmesser von mehreren 100 m haben.
Das klingt nicht nach einer wirklichen Alternative.
Mal abgesehen davon,
dass dieser Plan B nur knapp vor dem Einschlag startet.
Da ist der Komet schon am Nachthimmel zu sehen.
Wäre da irgendwas zu retten?
Bei einem Objekt von dieser Größe können wir nichts machen.
Wenn der auf die Erde trifft, hilft nur eins:
Auswandern, auf den Mond oder Mars fliegen.
Wie die Sache im Film ausgeht, spoilern wir nicht.
Das müsst ihr euch selbst anschauen.
"Don't Look Up" ist zwar mehr Fiktion als Fakt.
Aber für die Starbesetzung
und für den schwarzen Humor von Regisseur Adam McKay,
lohnt er sich allenfalls.
Ich habe ihn weniger als Weltraumfilm verstanden,
sondern als Metapher auf den Klimawandel.
Es gibt ein Problem, das die Menschheit bedroht.
Die Politik ist träge und die Allgemeinheit
ändert ihr Handeln nicht, obwohl die Gefahr da ist.
Die hat im TV gemeint, wir sterben alle.
- Nein. * Jubel *
Wie habt ihr den Film verstanden? Wie hat er euch gefallen?
Schreibt es in die Kommentare.
Ich freue mich,
wenn ihr ein Abo dalasst und die Glocke drückt.
Dann sehen wir uns bald wieder. Bis dahin, ciao.
Copyright UT: MDR 2021 - Felix Sassmannshausen -