Strukturwandel in der Automobilindustrie: Von Stellenabbau und neuen Motoren
Baden-Württembergs Wirtschaft steht vor einer historischen Wende. Eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaft, die Autoindustrie, erlebt den Beginn der Transformation. Das bedeutet, neben dem Verbrennungsmotor werden alternative Antriebsformen wie der Elektromotor entwickelt.
Skeptiker meinen, das Land könne so enden wie einst das Ruhrgebiet oder Detroit. Die Stadt im US-Bundesstaat Michigan war bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine der bedeutendsten Industriestandorte der Welt, auch „Motor City“ genannt. Von den Fabriken blieben am Ende noch Ruinen übrig.
Es droht der Wegfall von 110.000 Arbeitsplätzen
Droht Europas wirtschaftsstärkster Region ein ähnliches Schicksal? Allein in der Region Stuttgart haben 200.000 Menschen in der Automobilindustrie ihre Arbeitsplätze. Sollte der Verbrennungsmotor schon bald durch die Produktion von Elektromotoren ersetzt werden, könnten bundesweit etwa 110.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich wegfallen. So das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation aus dem Jahr 2018. Besonders betroffen wäre der Südwesten mit dem großen Arbeitgeber Daimler.
Die IG Metall ist alarmiert. Etwa 15.000 Mitarbeiter von Daimler, Audi, Bosch, Mahle, Continental und ZF folgten einem Aufruf der Gewerkschaft und gingen Ende November auf die Straße. Bei einer Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt rief IG Metall Bezirksleiter Roman Zitzelsberger der Menge zu:
„Ich sage, wir brauchen die Solidarität aller, um zu verhindern, dass Stellen gestrichen werden, Produktion verlagert, Standards gesenkt werden. Wer das vorhat, der handelt sich massiven Ärger mit uns ein. Das ist keine plumpe Drohung, liebe Kolleginnen und Kollegen.“
Daimler will Personalkosten bis zu 1,4 Milliarden Euro senken
Doch der Stellenabbau hat längst begonnen. Bosch, Mahle, Continental – alle bauen Arbeitsplätze ab, einige schließen ganze Werke. Betroffen sind auch Standorte in Baden-Württemberg.
Vor allem der angekündigte Sparkurs bei Daimler sorgt für zunehmende Nervosität im Land. Der Autobauer will seine Personalkosten um bis zu 1,4 Milliarden Euro senken. Hierfür sollen in den kommenden Jahren vor allem in Deutschland 10.000 Stellen im Verwaltungsbereich abgebaut werden. Auch Daimler Betriebsräte wurden von der Nachricht kalt erwischt. Michael Häberle Betriebsratschef im Stammwerk Untertürkheim:
„Dass die Kosten für die Transformation extrem hoch sind, war uns auch klar. Aber dass wir dann am Schluss jetzt, Ende 2019, in diesen Orkan reinlaufen, das kann man glaube ich so bezeichnen, das haben wir tatsächlich nicht vermutet. Was jetzt verbunden ist mit extremen Sparmaßnahmen, die das Unternehmen eben jetzt ziehen will.“
„Ganz eng bei den Menschen sein“
Hierfür haben sich bei Daimler Mitte Dezember Betriebsrat und Unternehmensleitung darauf geeinigt, dass künftig der elektrische Antriebsstrang, kurz eATS, am Standort Untertürkheim montiert und zum Teil auch dort gebaut wird.
Damit habe man eine gute Voraussetzung am ältesten Standort für eine gelingende Transformation geschaffen, erklärt Daimler Betriebsrat Häberle. Das bedeute allerdings nicht, dass es nun ruhiger werde:
„Auch im neuen Jahr wird das ganze Thema Sparprogramm und Maßnahmen des Unternehmens, um Kosten einzusparen, glaube ich, eine tragende Rolle in meiner Arbeit spielen. Ich glaube, man muss ganz eng bei den Menschen, bei den Kolleginnen und Kollegen sein, um zu erklären, um was es da geht.“
Favorisierung der Elektromobilität umstritten
Egal ob Daimler oder Bosch, die Unternehmen begründen ihre Sparmaßnahmen damit, dass sie ihre Transformation finanzieren müssten – also ihren technologischen Wandel weg vom Verbrennungsmotor und hin zu alternativen Antriebsformen.
Welcher Weg dabei richtig ist, darüber wird freilich nicht nur vor, sondern vor allem auch hinter den Werkstoren diskutiert. Nicht wenige halten die Favorisierung der Elektromobilität für falsch. Verbrennungsmotoren der neuesten Generation seien viel sauberer und umweltfreundlicher, ist dabei oft zu hören. Die Politik, allen voran die grün-schwarze Landesregierung sei für das sogenannte Diesel-Bashing verantwortlich. Vor allem die Grünen hätten das zu verantworten, heißt es mancherorts. Und Daimler-Betriebsrat Häberle ist der Überzeugung:
„Da verrecken die kleinen Zulieferer“
„Das geht nicht nur gegen das Unternehmen, sondern in Summe gegen die Automobilindustrie. Und ich würde mir wünschen, dass Politik alles berücksichtigt und nicht nur einseitig, die Frage Klimawandel und Umwelt, sondern auch die soziale Frage, das Thema Beschäftigung, und wie die ganzen Anforderungen an die Unternehmen umgesetzt werden sollen. Weniger diplomatisch drückt es ein Ingenieur von Bosch aus:
„Da ist so viel Lug und Trug und immer auf die Bösen schimpfen. Und währenddessen gehen die Arbeitsplätze verloren in Nürtingen und oben auf der Alb, da verrecken die kleinen Zulieferer, und bei den großen werden die Leute „sozialverträglich“ rausgeschmissen.“
Einseitige Fokussierung auf Elektrofahrzeuge
Der Mann ist Mitte 50 und möchte anonym bleiben. Was er erzählt, ist sehr persönlich. Nachts könne er manchmal nicht mehr schlafen, so treibe ihn die Sorge um, wie viele Arbeitsplätze nun verloren gingen:
„Detroit am Neckar, wenn die Politik meint, den Verbrennungsmotor kaputt machen zu wollen, dann erntet sie genau diese Arbeitslosenquote.“
Die einseitige Fokussierung auf Elektrofahrzeuge hält er für falsch. Eher geeignet seien Hybridfahrzeuge, Verbrenner also mit integriertem Elektromotor. So wie er denken viele.
„Man schickt die Leute nicht in die Nutzlosigkeit und Arbeitslosigkeit, und muss deshalb nicht ums Verrecken an so einem Batteriefahrzeugkonzept teilhaben.“
Einschneidende Sparprogramme bei 160 Betrieben im Südwesten
Auch Bosch-Chef Volkmar Denner spricht von einer schwierigen Lage. In einem Zeitungsinterview sagte er, politische Vorgaben könnten dazu führen, dass es in Autoländern wie Baden-Württemberg zu einem Strukturbruch komme, der viele Arbeitsplätze koste.
Nach Angaben von Baden-Württembergs IG Metall Bezirkschef Zitzelsberger haben bis zu 160 Betriebe im Südwesten einschneidende Einsparprogramme bis hin zum Personalabbau angestoßen. Die Transformation sei dabei nur ein vorgeschobenes Argument. Am Rande der Kundgebung in Stuttgart sagte Zitzelsberger jüngst:
„Das ist auch einer unserer Kritikpunkte an verschiedenen Unternehmen, die jetzt genau sagen: ‚Na ja, wenn es jetzt die Gelegenheit des Wandels gibt, komm, dann ziehen wir jetzt gleich mit einem Teil der Karawane nach Osteuropa, wer will hier noch produzieren?‘“
Daimler belastete Millionenstrafe aus der Dieselaffäre
An die Adresse der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg richtete Zitzelsberger den Appell, ein deutliches Wort bei den Unternehmensverantwortlichen zu sprechen.
Dabei schont in diesem Fall der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Autobauer keinesfalls. So wies er die Behauptung von Daimler Chef Ola Källenius zurück, wonach der Sparkurs notwendig sei, um auch die Transformation finanzieren zu können. Daimler belaste vor allem eine Millionenstrafe im Zusammenhang mit der Dieselaffäre, so Kretschmann. Und richtig sei auch, dass in China und Indien weniger Daimler-Fahrzeuge verkauft würden:
„Und das sind erst einmal die Gründe dafür und nicht in erster Linie die Frage der Transformation. Die beginnt ja erst, das kann es also gar nicht sein.“
Tiefer greifender Paradigmenwechsel beim Auto
Transformation oder Absatzrückgang – woher kommt also die Krise im wichtigsten deutschen Industriezweig? Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sieht eine Überlagerung beider Phänomene: Zum einen sei da der aktuelle, konjunkturelle Abschwung. Dieser überlagere sich aber mit einem tiefer greifendem Paradigmenwechsel:
„Das Auto hat einen Verbrennungsmotor, das Thema Autobesitz ist ganz wichtig, um sich zu differenzieren; und es geht um manuelles Fahren. Und jetzt lösen sich diese Paradigmen auf: Plötzlich hat das Auto keinen Verbrennungsmotor mehr, es wird auch nicht mehr nur gekauft, sondern wir reden über Sharing und plötzlich geht es nicht mehr um manuelles Fahren, sondern es geht auch um autonomes Fahren.“
CO2-Zielsetzung als Treiber
Aktuell am stärksten auf dem Vormarsch sieht Bratzel die Elektro-Mobilität. Das bestätigt auch Bernhard Mattes, scheidender Präsident des Verbandes der Automobilindustrie VDA, bei der Jahres-Pressekonferenz seines Verbands.
„Der Hochlauf der Elektromobilität – auch was die Verfügbarkeit angeht – ist in vollem Gange. Man sieht das auch an den Zulassungszahlen, die wir haben, auch der Zulassungszahl von deutschen Produkten.“
Treibende Kraft für die Autobauer ist allerdings nicht ein stetig steigendes Umweltbewusstsein:
„Es ist überhaupt unser Interesse, dass möglichst viele dieser Fahrzeuge in den Verkehr kommen, um eben auch die CO2-Zielsetzung zu erreichen.“
Neuwagen-CO2-Ausstoß ab 2020: 95 Gramm pro Kilometer
Die Zielsetzung der Europäischen Union. Ab kommendem Jahr darf ein durchschnittlicher Neuwagen noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Aktuell pusten neu zugelassene Pkw pro Kilometer aber rund 155 Gramm CO2 in die Luft. Zwar gilt der EU-Grenzwert erst einmal nur gemittelt für 95 Prozent der Neuzulassungen, ab 2021 dann aber für die kompletten Neuwagen-Flotten. Und bis 2030 muss der CO2-Ausstoß im Vergleich zu 2021 dann um weitere 37,5 Prozent sinken.
Als die EU sich vor einem Jahr auf diesen Grenzwert einigte, war das Entsetzen in der Autobranche groß: Sie hatte sich darauf verlassen, dass die Staaten einen geringeren Wert ansetzen würden. Entsprechend die Angst vor weiteren Verschärfungen durch die neue EU-Kommission und ihr geplantes Umweltprogramm Green Deal. So warnte Bernhard Mattes:
„Was sie nicht brauchen, unsere Unternehmen, ist ein erneutes Draufsatteln. Stichwort: European Green Deal. Der European Green Deal wird nicht dadurch besser, dass man Ziele verschärft. Wir dürfen nicht noch härtere EU-Klimaziele machen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Europa gefährden.“
Autobauern drohen Strafzahlungen von 1,8 Milliarden Euro
Schon jetzt müssen BMW, Daimler, VW und Co. bald dringend mehr klimafreundliche Autos verkaufen. Sonst drohen saftige Strafen: 95 Euro pro Gramm CO2 zu viel – je zugelassenem Fahrzeug in Europa. Allein den deutschen Autobauern drohen laut Berechnungen der dänischen Unternehmensberatung PA Consulting im Jahr 2021 Strafzahlungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Da die Strafe sich nach der Anzahl der verkauften Autos richtet, gilt: Je mehr Pkw ein Hersteller an die Kunden bringt, desto höher das finanzielle Risiko. Und so ist es kein Wunder, dass besonders der größter Autobauer der Welt, Volkswagen, den Umbau zur Elektromobilität mit aller Macht vorantreibt.
Volkswagen stellt Zwickau komplett auf E-Auto um seinen Sitz hat der Weltkonzern in Wolfsburg. Die Stadt am Mittellandkanal hat rund 125.000 Einwohner. Sie wurde von den Nationalsozialisten eigens für den Automobilbau gegründet – und lebt noch heute von Volkswagen. Am Bahnhof künden zahlreiche Werbetafeln von der Omnipräsenz des Autobauers. Hinter dem Bahnhofsgebäude ragen die vier Türme des werkseigenen Kraftwerks in den Himmel. 70 Kilometer Straßennetz durchziehen das riesige Werksgelände, drei Linienbusse fahren die Arbeiter zu ihren Schichten.
Rund um die Uhr werden hier Karosserieteile gepresst, Autos montiert und lackiert. Bisher haben sie alle noch einen Verbrennungsmotor.
Im Westen des Volkswagenreichs steht das sogenannte Markenhochhaus. Hier, im 12. Stock, plant der Vorstand den Systemwechsel. Eingeleitet wird der konkret rund 300 Kilometer süd-östlich von Wolfsburg, im Werk Zwickau:
„Da ist, wie man so schön sagt, kein Stein auf dem anderen geblieben,“ beschreibt der für Elektromobilität zuständige Vorstand der Marke Volkswagen, Thomas Ulbrich, den Umbau des Zwickauer Standortes. Seit dem 4. November wird dort das erste rein elektrische Volkswagen-Auto gebaut, der ID.3.
„Wir haben dort massiv in die Strukturen eingegriffen, haben erst eine Hälfte der Fertigung umgebaut. Und wir werden dann praktisch Ende 2020 den Umbau komplett bewältigt haben.“
Für die Mitarbeiter fällt weniger Arbeit an
Mehrere Jahre Arbeit also, und Investitionen von 1,2 Milliarden Euro allein für dieses Werk. Geld, das erwirtschaftet werden muss, beziehungsweise: an anderer Stelle gespart werden muss. Zum Beispiel durch Automatisierung. Mehrere hundert Roboter wurden in Zwickau zusätzlich montiert. Das heißt: Für die Mitarbeiter fällt weniger Arbeit an. Um das auszugleichen, baut VW in Zwickau künftig rund 200 Autos mehr am Tag als bisher.
Die Produktion wird also automatisierter. Und auch weniger komplex, weil E-Autos aus weniger Teilen bestehen. Viele davon bezieht Volkswagen nach eigenem Bekunden nach wie vor von Zulieferern aus der Region: Sitze oder Kabelstränge zum Beispiel. Viele strategisch wichtige Teile aber lässt das Unternehmen sich von der eigenen Tochterfirma für Komponenten bauen. Der E-Lieferservice – so betitelt VW die eigenständige Marke auf seiner Homepage.
Volkswagen beauftragt quasi sich selbst
Der Standort Braunschweig baut Batteriezellen zu Batteriesystemen zusammen. In Salzgitter entsteht zusammen mit dem schwedischen Batterie-Start-Up Northvolt ein eigenes Batteriezellenwerk. Und in Kassel werden die E-Motoren und Getriebe gebaut.
Volkswagen beauftragt also quasi sich selbst statt Zulieferer, auch um Beschäftigung in den eigenen Reihen zu sichern, wie Thomas Ulbrich – danach gefragt – einräumt:
„Zu einem entsprechenden nennenswerten Anteil: ja.“
Weltweit spart VW rund 37.000 Jobs ein
Weltweit sollen bei VW trotzdem bis zu 37.000 Jobs wegfallen, ein Großteil in Deutschland. Darauf hat sich VW mit den Arbeitnehmern geeinigt.
Nicht nur die haben bei Volkswagen immer ein Wörtchen mitzureden: Auch das Land Niedersachsen hat zwei Sitze im Aufsichtsrat. Und so werden die nächsten beiden E-Modelle von Volkswagen auch im Norden gebaut: In Emden und Hannover. Ulbrich spricht von einer „Übereinkunft der Interessen“ im Aufsichtsrat:
„Sowohl zur Förderung des Landes Niedersachsen als auch der hier ansässigen Belegschaft. Das sind aus meiner Sicht sehr gute, sehr positive Schritte nach vorne: auch gerade mit diesen neuen Technologien den Standort Niedersachsen als Wirtschaftsstandort zu festigen und in eine neue Zeit zu führen.“
Bratzel fordert ein Programm für die Autobranche
Man kann das auch als knallharte Interessenpolitik bezeichnen: Durch seinen unternehmerischen Einfluss kann Niedersachsen seine eigene Zukunft retten. Nicht jede vom Auto abhängige Region hat solche Möglichkeiten. Der Auto-Professor Stefan Bratzel fordert deshalb ein umfassendes Programm für die Autobranche, vergleichbar mit Plänen zum Ausstieg aus der Kohle:
„Weil wir eine so große Anzahl von Arbeitsplätzen haben, die potenziell bedroht sind. Da geht es um enorme Programme für Weiterbildungen etwa. Es geht aber auch darum, entsprechende Hilfen anzubieten, um in diese neuen Felder zu kommen: Da wird es auch um Kredite geben für neue Zukunftsfelder, in denen sich etwa Automobilzulieferer hin entwickeln müssen und ähnliches.“
„Konsequente Qualifizierung, Weiterbildung, Umschulung“
Kredite, Strukturfonds, derartige Forderungen passen so gar nicht in das Selbstverständnis der baden-württembergischen Wirtschaft. In den vergangenen zehn Jahren ging es im Südwesten, vor allem in der Metropolregion Stuttgart, immer bergauf. Das sagt Walter Rogg an einem Dezemberabend im schwäbischen Renningen. Der promovierte Sozialwissenschaftler ist seit 1995 Gründungsgeschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. Nur wenige kennen das stolze Ego der hiesigen Wirtschaft besser als er.
Nicht nur an diesem Abend erklärt er vor Wirtschaftsvertretern, Gemeinderäten und Bosch-Mitarbeitern, man müsse anfangen nachdenklich zu werden. Der Wohlstand hier in der Region sei nicht Gott gegeben. Vor der Tür des Renninger Bürgerhauses betont Rogg, man stehe vor einer Herausforderung:
„Es wird vorübergehend beides geben: Fachkräftemangel und einen Arbeitsplatzabbau. Dem kann man sich aber stellen, dieser Herausforderung, in dem man ganz konsequent Qualifizierung, Weiterbildung, Umschulung anbietet.“
Der Chef der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart sieht jetzt die Politik in der Pflicht.
„Ich habe schon ein bisschen das Gefühl, dass eine aktive Wirtschaftspolitik nicht im Schwerpunkt der deutschen und der europäischen Politik insgesamt in den letzten Jahren stand. Das es zu Recht sehr viele Initiativen in Richtung Sozialpolitik gab und gibt, das ist bis auf wenige Ausnahmen sicher auch sinnvoll. Aber letztendlich braucht es eine funktionierende Wirtschaft, damit wir uns alles andere leisten können.“
„Wenn wir die Fragen nicht stellen, droht der Absturz“
Allein der Fahrzeugbau mache beim Industrieumsatz in der Region Stuttgart rund 53 Prozent aus. Nehme man den Maschinenbau noch dazu, dann sei man bei zwei Drittel des Umsatzes. Doch auch der Maschinenbau im Exportland Baden-Württemberg schwächelt. Ohne neue Produkte werde es eng, sagt Rogg. Gemeint ist: Autos zu bauen wird künftig nicht mehr reichen:
„Die Gefahr besteht. Die Frage, was muss dazu kommen zum Fahrzeugbau, der weiterhin existieren wird, was muss dazu kommen zu einem Maschinenbau und zu Dienstleistungen, die digital werden und damit weniger Leute beschäftigen, diese Frage muss jetzt gestellt werden. Und wenn man dafür Antworten finden will, dann werden wir weiterhin ganz vorne dabei sein. Wenn wir die Fragen aber nicht stellen und keine Antworten finden, dann droht der Absturz.“