Traumberuf Kraftfahrzeugmechatroniker
Er ist der beliebteste Ausbildungsberuf für junge Männer, der des Kraftfahrzeugmechatronikers. Doch die Ausbildung ist heute anspruchsvoller als früher. Ein „Schrauber“ zu sein, reicht nicht aus.
Für keinen Ausbildungsgang entscheiden sich junge Männer häufiger als für den des Kraftfahrzeugmechatronikers. Unter den Ausbildungsberufen im KFZ-Handwerk ist er die Nummer Eins. Denn längst hat sich dieser Beruf vom Image des nur ölverschmierten Arbeitens befreit, weil für Wartung und Reparatur der modernen Fahrzeuge auch High-Tech-Kenntnisse erforderlich sind. Ausbildungsstellen gibt es etwa bei Automobilherstellern, in KFZ-Betrieben oder in Autohäusern mit eigener Werkstatt. Dazu gehört auch das Autohaus Gramsamer, etwa 25 Kilometer östlich von München. Idyllisch – umgeben von Wiesen und Feldern – liegt die moderne Werkstatt mit Tankstelle und Verkaufsgebäude am Rand des kleinen Ortes Neufinsing. Geschäftsinhaber Manfred Gramsamer beschäftigt bis zu 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter einige Auszubildende. Doch wer sich hier um eine Ausbildung bewirbt, muss nicht nur fachlich qualifiziert sein, sagt Manfred Gramsamer:
„Wert lege ich auf Pünktlichkeit, Genauigkeit, Höflichkeit, auf persönlichen Einsatz, das ist mir eigentlich das Wichtigste. Dass also der Auszubildende sich einsetzt und selber aus sich was machen will.“
Genommen wird nur, wer vorher ein Praktikum im Betrieb absolviert und dabei beweist, dass er den Beruf des Kfz-Mechatronikers wirklich erlernen möchte. Das traf auch auf Will zu, der aus der Dominikanischen Republik kam und Manfred Gramsamer sofort überzeugte:
„Beim Will war es so, dass der eben zu mir gekommen ist und hat gesagt, er will eine ‚Schraube‘ werden. Also er hat gemeint ein ‚Schrauber‘, wie man so schön sagt. Also, man sagt ja: ‚Ein Schrauber ist das.‘ Er war einfach so nett und so willig und so positiv gewesen, dass ich gesagt hab: ‚Das probieren wir mit dem, auch wenn die deutsche Sprache vielleicht nicht ganz so grundlegend war.“
Das persönliche Auftreten und die Arbeitseinstellung des jungen Mannes aus der Dominikanischen Republik überzeugten Manfred Gramsamer. Will war willig, wollte arbeiten, ließ sich etwas sagen. Dass die Deutschkenntnisse noch nicht so gut waren, war nicht so schlimm. Manfred Gramsamer verstand sofort, dass nicht die Schraube gemeint war, sondern der umgangssprachliche Begriff „Schrauber“ für jemanden, der an einem Fahrzeug herumwerkelt und auch mal Schrauben festziehen oder lösen muss. Von Technik und Computern sollten die Auszubildenden etwas verstehen. Denn nur mechanische Arbeiten durchzuführen, also etwa einen Auspuff schweißen oder neue Ersatzteile drehen und fräsen, das alleine reicht heute nicht mehr. Die Lehrlinge müssen auch die Elektrik des Autos kennen, reparieren können und mit dem Computer informationstechnische Signale verarbeiten. Sie müssen fähig sein, damit die elektronischen Bauteile zu überprüfen und zu ersetzen. Je nachdem, wie sich die Azubis nach ihrer Lehre fortbilden, Prüfungen bestehen und weiter spezialisieren können sie später auch schon mal bis zu 5.000 Euro brutto im Monat verdienen. Dass der Beruf immer komplizierter wird und man nie auslernt, bestätigt Werkstattleiter Alexander Brychcy. Er prüft gerade einen alten Bootsmotor, der noch ohne Hilfe von Computergeräten repariert werden muss. Er lässt ihn hochtourig laufen, dass die Abgase in dichten Schwaden durch die Werkstatt ziehen:
„Da kommt richtig Dreck raus und das riecht man dann auch. Also ein richtiger Mechaniker, der hat sozusagen Benzin im Blut und der mag das“.
Unter der Hebebühne schaut sich KFZ-Mechatroniker Simon derweil ein anderes Fahrzeug an:
„Jetzt schau'n wir halt die Bremsscheiben an, ob die 'ne Kante haben, und dann nackeln wir am Reifen, dann merken wir, ob die Spur in Ordnung ist, weil da sind Gelenke drin.“
Für die Fahrsicherheit eines Fahrzeuges sind die Bremsen das Wichtigste. Diese bestehen aus Bremsbelägen und Bremsscheiben aus Metall. Bremsscheiben benötigen eine Mindestdicke, die nicht unterschritten werden darf. Das kann man feststellen, indem man mit dem Finger über die Kante, den äußeren Rand, fährt. Ist die Kante zu dünn, muss die Bremsscheibe ausgetauscht werden. Auch Räder beziehungsweise Reifen müssen kontrolliert werden. Die Reifen dürfen nicht zu wenig Profil haben, nicht „abgefahren“ sein. Sind sie beispielsweise einseitig abgefahren, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die Spur verstellt ist, die Stellung der linken und rechten Räder zueinander nicht mehr stimmt. Die Räder sind an sogenannten Gelenkwellen befestigt. Simon prüft, ob die Räder „zu viel Spiel haben“, zu locker sitzen, indem er an den Rädern wackelt, bairisch nackelt. Simon ist direkt nach Beendigung der 10. Klasse zum Autohaus Gramsamer gekommen. Parallel zur Ausbildung besuchte er die Berufsschule, absolvierte einen dualen Ausbildungsgang. Im Wechsel arbeitete er erst sechs Wochen in der Werkstatt und lernte dann zwei Wochen die theoretischen Grundlagen in der Berufsschule, etwas, das nach Ansicht von Simon durchaus sinnvoll ist:
„Zum Beispiel, wie das Getriebe funktioniert. Da zeichnen wir 'n Getriebe, wie das mit dem Gangwechsel funktioniert und wie die Motorkühlung funktioniert durch die Kühlflüssigkeit.“
Dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker, zur KFZ-Mechatronikerin. Wer Abitur hat, kann die Berufsausbildung mit einem Hochschulstudium verbinden; Anbieter für ein solches Verbundstudium ist beispielsweise die Hochschule Ingolstadt. Oder es besteht die Möglichkeit, die Ausbildung erst zu beenden und dann zum Beispiel Maschinenbau zu studieren. Die praktischen Erfahrungen aus der Lehrzeit sind da von Nutzen. Simon gefiel es beim Autohaus Gramsamer so gut, dass er dort nach dem Abschluss zum KFZ-Mechatroniker blieb – auch wenn die Hände manchmal ölverschmiert sind. Aber für diesen Fall sagt er, gibt es eine gute Handwaschpaste, mit der man jeden Dreck wieder wegbekommt.