Hans-Adolf Graebert: "Angeblich waren wir Werwölfe." - sowjetisches Speziallager
Ja, und ich persönlich,
also, ich wurde am 1. November,
1. November 1945... Im September / Oktober waren die Verhaftungen plötzlich von Jugendlichen.
Eine große Anzahl von Jugendlichen wurde...
Angeblich waren wir alle "Werwölfe".
Das heißt, wir wären eine Partisanenbewegung und würden Brücken sprengen wollen
und die russischen Munitionslager vielleicht anzünden.
Aber auch Deutsche ermorden,
die mit der Besatzungsmacht zusammenarbeiten.
Und das konnte ich ja gar nicht!
Ich hab ja... mein Vater hat ja mit der Besatzungsmacht...
Wie hätte - das hab ich da geschrieben – wie hätte ich mich gegenüber meinem Vater
verhalten müssen?
Mein Vater hat die weiße Fahne gehisst.
Wenn ich jetzt ein "Werwolf" wirklich gewesen wäre...
Ich hab von dem "Werwolf" nie etwas erfahren!
Weil ich damals mich für Politik überhaupt nicht interessiert habe.
Deshalb fange ich da auch an: meine drei Themen waren Feuerwehr, Fußball und Schwimmen.
Wir waren damals nicht so weit wie heute die Jugend, da fing es natürlich auch an
mit dem ersten Mädchen, eine Klassenkameradin. Das fing dann ein bisschen an, usw.
Aber Politik... wusste ich gar nichts.
Also ich hatte das Wort "Werwolf" nie gehört.
Und als ich das geschrieben habe, da habe ich erst später gemerkt,
dass "Werwolf" ja ohne „h“ geschrieben wird.
Ich dachte: „sich wehren“ - „Wehrwolf“.
Sich wehren.
Ich wusste nicht mal, wie das geschrieben wird.
Die Ziele kannte ich nicht.
Erst nach meiner Entlassung habe ich erfahren,
dass zum Beispiel der Bürgermeister von Aachen -
das liegt nun ganz weit weg -
der ist vom "Werwolf" erschossen worden,
weil er mit den Amis zusammengearbeitet hat.
Also wie gesagt, ich hatte damit gar keine...
Und wie man darauf kam, dass ich "Werwolf" sein sollte,
ist mir ein Rätsel geblieben.
Weiß ich nicht, wie sie da gerade auf mich kamen.
Na gut, das haben sie jedenfalls gemacht.
Da wurde ich am 1. November 1945 verhaftet,
verhört.
Nur nachts waren die Verhöre.
Hier im Schloss Wurzen.
Und dann am 5. November fuhr ein Lkw,
sowjetischer Chauffeur und sowjetische Bewachung,
von Wurzen nach Mühlberg.
Und da kamen noch ungefähr zwölf andere Jugendliche...
Ich war in Einzelhaft, ich habe die vier Tage,
vom 1. November verhaftet,
am 5. November wurden wir dann nach Mühlberg gefahren.
So, und dort blieb ich nun fast drei Jahre.
Vom 5. November bis zum 10. Juli 1948.