Sendung: tagesschau 10.11.2020 12:00 Uhr - Spahn erwartet Corona-Impfstoff
Themen der Sendung: Gesundheitsminister Spahn erwartet Corona-Impfstoff bis März 2021, Bildungsministerin Karliczek für Maskenpflicht im Unterricht an allen Schulen, Islamkonferenz: Virtuelles Treffen zur Ausbildung muslimischer Geistlicher in Deutschland, Armenien und Aserbaidschan vereinbaren neue Waffenruhe in Bergkarabach, Nach Parlamentswahl in Georgien: Tausende Regierungskritiker protestieren in Tiflis, US-Präsidentenwahl: Trump-Team klagt in Pennsylvania wegen Fälschungsvorwürfen, Militäroffensive in Tigray: Sorge vor Bürgerkrieg in Äthiopien, Die Börse, Psychische Folgen der Corona-Maßnahmen: Stiftung Deutsche Depressionshilfe legt Studie vor, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Claus-Erich Boetzkes
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
"Ein Licht am Ende des Tunnels"
nennt es Gesundheitsminister Spahn.
Ein Impfstoff gegen das Corona-Virus
ist in Reichweite.
Bis März wird er wahrscheinlich
einsatzbereit sein.
Der Gesundheitsminister
appellierte an die Bevölkerung,
bis dahin die Corona-Regeln
einzuhalten.
Denn aktuell bleibt die Zahl
der Neuinfektionen in Deutschland
auf hohem Niveau.
Im Durchschnitt
hat sich der Anstieg aber abgeflacht.
Es soll
kein umkämpftes Wettrennen sein.
Doch lässt sich Druck nicht vermeiden
beim Thema Corona-Impfstoff.
Das deutsche Unternehmen Biontech
liegt wohl in Zusammenarbeit Pfizer
weit vorne.
Das weckt Begehrlichkeiten weltweit.
Der Gesundheitsminister baut
auf europäische Lieferverhandlungen,
die aber noch nicht
abgeschlossen seien.
Ich gehe davon aus,
dass wir bei Biontech zeitnah
die Verhandlungen
zu einem Ergebnis führen.
Das hat Frau von der Leyen
ja gestern auch angekündigt.
Die angesprochene Menge
von 200 Mio. Dosen für Europa
ist jedenfalls gesichert.
Sie muss nur noch final
im Vertrag abgesichert werden.
Für Deutschland gibt der Minister an,
bis zu 100 Mio. Dosen
sichern zu wollen.
Also die Hälfte
der ausgehandelten Menge.
Dass die Verträge
noch nicht abgeschlossen seien,
liege am langwierigen Prozess,
zu dem Spahn keine Alternative sieht.
Die Frage ist nur,
ob das unser Verständnis
von europäischer Solidarität wäre:
Wenn die großen Mitgliedstaaten,
die attraktive Pharmamärkte sind,
für sich Impfstoffdosen sichern.
Und kleinere, wirtschaftlich nicht
ganz so starke Mitgliedstaaten
hätten erst viel später die Chance.
Der deutsche EU-Parlamentarier
Manfred Weber sagte heute,
die Lieferverträge würden
in wenigen Stunden unterschrieben.
Gerade gegenüber der US-Firma Pfizer
sei Rechtssicherheit wichtig.
Bundesbildungsministerin Karliczek
sprach sich für eine Maskenpflicht
im Unterricht an allen Schulen aus.
In der aktuellen Phase
hoher Infektionszahlen halte sie dies
auch an Grundschulen für zumutbar,
sagte sie der Rheinischen Post.
In mehreren Bundesländern
gilt derzeit eine Maskenpflicht
an weiterführenden Schulen.
Grundschüler sind meist
davon ausgenommen.
Wenn Imame in Deutschland predigen,
tun sie das meist nicht auf Deutsch.
Nur wenige sind hier verwurzelt.
Auch ihre Ausbildung
absolvierten sie bislang im Ausland.
Das soll sich ändern.
Das Ausbildungsangebot
für muslimische Geistliche wächst
und ist deshalb auch Thema heute
bei der virtuellen Islamkonferenz.
Die Hoffnung:
Mit deutschsprachigen Imamen
auch den Extremismus bekämpfen.
Solche Bilder überschatten
die Islamkonferenz in diesem Jahr:
Islamistische Anschläge
in mehreren europäischen Städten.
Gedrückte Stimmung
in der muslimischen Gemeinschaft:
Nach den Terroranschlägen
in Frankreich und in Wien
sind die meisten Muslime erschüttert
über den Sachverhalt.
Teilweise sind sie auch verängstigt.
Es gibt sicher auch
einige wenige Sympathisanten.
Vertreter des Islam in Deutschland
verurteilten die Anschläge
und solidarisierten sich
mit den Opfern.
Bei der Islamkonferenz
steht ein anderes Thema im Zentrum.
Ein deutscher Islam mit
hier ausgebildeten Geistlichen.
Wir haben fünf nach zwölf.
Die Bedarfe in der Gemeinde
sind enorm groß,
deutschsprachige, hier ausgebildete
Imame in den Moscheen einzubinden.
Das versucht auch der Verband ditib.
Er steht
der türkischen Regierung nah
und ist deshalb umstritten.
Bisher wurden seine Imame
in der Türkei ausgebildet.
Es ist wichtig.
Sprache ist Mittel zum Zweck.
Unsere Gemeinden in Deutschland
sind zweisprachig.
Künftig wollen auch andere Träger
mit der Ausbildung beginnen.
Die deutschen Muslime könnten so
unabhängiger vom Ausland werden.
Drei Anläufe für eine Waffenruhe
in Bergkarabach scheiterten.
Nun kam sie unter Vermittlung
des russischen Präsidenten Putin
auf höchster Ebene zustande.
Sie gilt seit gestern Abend.
Am virtuellen Verhandlungstisch
stimmten Aserbaidschan und Armenien
erstmals einem bislang umstrittenen
Vorschlag zu:
Russische Friedenstruppen
überwachen die Waffenruhe.
Bergkarabach liegt im Südosten
des Kleinen Kaukasus.
Völkerrechtlich
gehört es zu Aserbaidschan.
Kontrolliert wird es von Armenien.
Russland unterstützt
das christlich geprägte Armenien,
die Türkei
das mehr islamische Aserbaidschan.
Heftige Proteste heute Nacht
in Armeniens Hauptstadt Eriwan.
Mehrere Hundert Menschen
demonstrieren.
Sie dringen bis zum Büro
des Regierungschefs vor.
Für sie ist er ein Verräter.
In der bestehenden Situation
konnte man nicht anders entscheiden.
So Ministerpräsident Paschinjan.
Der Präsident hatte dies
erst aus der Presse erfahren.
Der Konflikt um Bergkarabach:
Ende September
waren die Kämpfe wieder aufgeflammt.
Einige Tausend Tote.
Zuletzt
nahmen aserbaidschanische Truppen
die strategisch wichtige Stadt
Schuscha ein.
Nun vermittelte
Russlands Präsident Putin.
Hier in einer Videoschalte mit
Aserbaidschans Präsident Aliyev.
Russische Soldaten sollen
die Einhaltung des Abkommens sichern.
Sie sind bereits Richtung
Bergkarabach aufgebrochen.
So das russische Fernsehen.
In Aserbaidschans Hauptstadt Baku
feiern die Menschen.
Für sie bedeutet das Abkommen
fast die Kapitulation Armeniens.
Das zeigt, wie großartig
das aserbaidschanische Volk ist.
Ein siegreiches Volk,
eine siegreiche Armee.
Für die russischen Truppen ist die
Überwachung des Abkommens schwierig.
Zu tief sitzt der Hass
auf beiden Seiten.
Der Weg zu einem wirklichen Frieden
ist noch weit.
Eine Woche nach der Parlamentswahl
in Georgien protestierten
in der Hauptstadt Tiflis erneut
Tausende Regierungskritiker.
Sie werfen der Regierungspartei
Wahlfälschung vor
und fordern Neuwahlen.
Vor dem Gebäude der Wahlkommission
kam es zu Auseinandersetzungen
mit vielen Verletzten und Festnahmen.
Internationale Beobachter bestätigen
Unregelmäßigkeiten bei der Wahl.
Anders in den USA:
Dort sehen Wahlbeobachter
keine Hinweise auf Wahlbetrug.
Und es ist der Präsident,
der das vorläufige Wahlergebnis
nicht anerkennen will.
Donald Trump äußert weiter
unbelegte Fälschungsvorwürfe.
Er schickt Anwälte nach Pennsylvania,
um gegen das System der Briefwahl
vorzugehen.
Ermittlungen dürfen normalerweise
erst beginnen,
wenn ein Endergebnis vorliegt.
Doch Trump drückt mithilfe
seines Justizministers aufs Tempo.
In mehreren Bundestaaten
wird noch ausgezählt.
Präsident Trump
setzt auf den Klageweg,
um das vorläufige Wahlergebnis
anzuzweifeln.
Beweise dafür legte sein Anwaltsteam
noch nicht vor.
Justizminister Barr
erlaubte Staatsanwälten jedoch,
schon jetzt Wahlbetrugs-Vorwürfe
zu untersuchen.
Normalerweise
dürfen sie erst tätig werden,
wenn Endergebnisse vorliegen.
Rückendeckung bekommt Trump
von anderen Parteifreunden.
Präsident Trump hat das Recht,
Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten
zu untersuchen.
Und rechtliche Optionen zu prüfen.
Trump nimmt auch gestern
keine Termine wahr.
Er bekräftigt in Tweets
die Betrugsvorwürfe
und entlässt
Verteidigungsminister Esper.
Der hatte sich bei
den Anti-Rassismus-Protesten
gegen einen Militäreinsatz
im Inneren gewandt.
Biden läutet die Übergangsphase ein
und stellt
seine Corona-Arbeitsgruppe vor.
Im Kabinett gibt es
einen weiteren Infektionsfall:
Wohnungsbauminister Carson
wurde positiv getestet.
In Äthiopien wächst die Angst
vor einem Bürgerkrieg.
Am Donnerstag erklärte die Armee,
sich im Krieg zu befinden
mit der Regierungspartei
der nördlichsten Region Tigray.
Die dortige Volksbefreiungsfront
erkennt Äthiopiens
Premierminister Abiy nicht an.
In der Region
gilt der Ausnahmezustand.
Äthiopien liegt am Horn von Afrika.
Dort leben knapp 110 Mio. Menschen.
In der Region Tigray sind
viele Äthiopier nach Angaben der UN
auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Soldaten in Tigray:
Der militärische Konflikt eskaliert
zwischen der Zentralregierung
und dem Bundesstaat.
Das Militär flog Angriffe,
es gibt Kämpfe am Boden.
Immer mehr Soldaten
werden in die Region geschickt.
An einem Tag
hörten wir viele Schüsse.
Das ganze Dorf geriet in Panik.
Bilder vom Konflikt selbst
gibt es nicht.
Im benachbarten Amhara
wird Blut gespendet.
In den Krankenhäusern
sollen verletzte Soldaten liegen.
Von Hunderten Toten spricht
die Nachrichtenagentur Reuters
mit Bezug
auf eine militärische Quelle.
Überprüfen lässt sich das nicht.
Aus Tigray
dringt kaum etwas nach außen.
Internet- und Telefonverbindungen
sind gekappt.
Die Volksgruppe der Tigray stellt
nur 5 % der Bevölkerung Äthiopiens.
Doch sie war Jahrzehnte an der Macht.
Seit Abiy Ahmed Premierminister ist,
wurde sie zurückgedrängt.
Im September hielt
die Volksbefreiungsfront von Tigray
trotz Verbots regionale Wahlen ab.
Der Konflikt spitzte sich zu.
Tigray hat eigene,
hochmilitarisierte Sicherheitskräfte.
Auch wenn der Premier meint,
die Kämpfe schnell zu beenden,
ist enormer Widerstand zu erwarten.
Der Premier hat deutlich gemacht,
die Führung von Tigray
aus dem Amt entfernen zu wollen.
Und die sagte klar,
dass sie die nationale Regierung
bekämpfen wird.
Es gibt
keine Aussicht auf Gespräche.
Es droht ein Bürgerkrieg.
Der Konflikt könnte die ganze Region
am Horn von Afrika destabilisieren.
Die Deutsche Post legte heute
gute Geschäftszahlen vor.
Der boomende Onlinehandel sorgt
für ein steigendes Paketgeschäft.
Die Post wäre technisch in der Lage,
tiefgekühlten Impfstoff zu verteilen.
Bettina Seidl,
warum fällt der Aktienkurs der Post
trotzdem deutlich?
Das ist erstaunlich.
Die Paketflut ebbt nicht ab.
Zu Weihnachten
wird sie wohl nicht kleiner.
Dann bringt sich die Post
ins Gespräch,
den Impfstoff zu transportieren.
Da fragen sich Investoren,
ob die Paketflut so riesig bleibt.
Bestellen weiter so viele Menschen
im Internet?
Die Postaktie ist daher im Minus.
Der DAX tritt auf der Stelle.
Anleger trennen sich
von Krisengewinnern
wie der Post und Delivery Hero.
Seit Monaten schränken die Maßnahmen
gegen die Corona-Pandemie
Teile des Lebens ein.
Zu den Folgen für die Psyche
legte die Stiftung Deutsche
Depressionshilfe eine Studie vor.
59 % der Bevölkerung empfanden danach
die strikten Einschränkungen
im Frühjahr als bedrückend.
Besonders gelitten
hätten Menschen mit Depressionen.
Was es heißt, depressiv zu sein,
kennt Frank Hartung.
Seit Jahren kämpft er
mit der Krankheit.
Er teilt seine Erfahrungen
online in Selbsthilfegruppen.
Während des Corona-Lockdowns
wendeten sich Hilfesuchende an ihn.
Das Hauptthema war die Angst.
Es gab viele Fragen dazu:
Wie kann ich dagegen angehen?
Was kann ich selbst tun?
Wegen Corona, so eine Studie,
fielen für Betroffene
48 % der Behandlungstermine aus.
Fast jeder zehnte Klinikaufenthalt
wurde gestrichen.
Hinzu kam:
Betroffene bewegten sich weniger
und es fehlte Tagesstruktur.
So blieben viele
häufiger antriebslos im Bett.
Depressive seien
bei den Corona-Maßnahmen
nicht ausreichend
berücksichtigt worden.
Alles tun,
um die Infektionen runterzufahren,
aber dabei Leid und Tod
woanders verursachen:
Das kann man nicht
auf Nummer sicher gehen nennen.
Es geht nicht
um Gesundheit versus Wirtschaft.
Es geht um Leid und Tod
versus Leid und Tod.
Dass man die richtige Balance findet
bei Maßnahmen, das fehlt mir.
Rund zwei Millionen
seien betroffen gewesen.
Die Herausforderung bleibt.
Am Nachmittag
und in den kommenden Tagen
erleben wir nebliges Novemberwetter.
Hier die Details:
Heute oft neblig trüb.
Es kann etwas nieseln.
Auf hohen Bergen und den Nordseiten
der Mittelgebirge auch sonnig.
Nachts breitet sich
Nebel oder Hochnebel aus.
Vom Erzgebirge bis zur Lausitz
und auf höheren Bergen
kann es Lücken geben.
Es kann etwas nieseln.
Das war die tagesschau um 12 Uhr.
Hier folgt das ARD-Buffet.
Wir sind um 14 Uhr wieder da.
Bis dahin.
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