Sendung: tagesthemen 06.06.2020 23:35 Uhr
Themen der Sendung: Deutschlandweite Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus, Polizei in Münster ermittelt gegen Kindermissbrauchs-Netzwerk: Elf Tatverdächtige verhaftet, Ausländische Arbeitskräfte im Libanon leiden unter Auswirkungen der Corona-Krise, Weitere Meldungen im Überblick, Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen zeigt den Sommer in der Pop-Art, Meldungen aus dem Sport, Die Lottozahlen, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit den tagesthemen.
Heute im Studio: Ingo Zamperoni
Willkommen zu den tagesthemen.
Erstaunlich,
wie laut Stille sein kann.
Und wie schwer sie auszuhalten ist,
wenn sie länger anhält:
8 Minuten und 46 Sekunden lang.
So lange, wie der Todeskampf
von George Floyd dauerte,
während ein Polizist
auf seinem Hals kniete.
Mit stillem Protest
und lautstarken Kundgebungen
gedachten Zehntausende
der Opfer von Polizeigewalt.
Sie zeigten Solidarität
und demonstrierten gegen Rassismus:
Gegen den in den USA
und gegen den bei uns.
Ob in München,
Frankfurt oder Hamburg:
Die Größe der Kundgebungen überstieg
die angemeldete Zahl bei Weitem.
Sie rufen "Black lives matter" -
schwarze Leben zählen.
Damit protestieren sie gegen
Rassismus, Intoleranz und Gewalt.
Dinge, die er fast täglich erlebt.
Rex Osa ist 47, in Nigeria geboren.
Seit 15 Jahren
lebt er in Deutschland.
Diese Form von Rassismus gegenüber
Menschen mit anderer Hautfarbe:
Dass das hier noch passiert,
ist eine Schande.
Tausende kamen nach Stuttgart,
um sich der weltweiten
Protestbewegung anzuschließen.
Ich bin hier,
weil ich viel Ungerechtigkeit
erfahren hab.
Weil ich oft geschwiegen hab.
Weil ich heute
uns eine Stimme geben will.
Wir wollen alle in Frieden leben.
In ganz Deutschland
protestieren Zehntausende Menschen.
14.000 sind es in Hamburg.
Acht Minuten und 46 Sekunden
Schweigen -
so lange dauerte
der Todeskampf von George Floyd.
Der Alexanderplatz in Berlin:
Die Polizei musste
die Zugänge teilweise absperren.
Bis zu 15.000 Teilnehmer
kamen in die Innenstadt.
In Frankfurt
waren es 8000 Demonstranten,
in Köln protestierten Tausende.
Rassistische Polizeigewalt
gibt's auch hier.
Das ist vielen nicht klar.
Das Thema bekommt endlich
die verdiente Aufmerksamkeit.
Bis auf vereinzelte
Auseinandersetzungen
blieben die Kundgebungen friedlich.
Rex Osa hofft, dass der friedliche
Kampf gegen Rassismus Wirkung zeigt.
Das hoffen sie auch in den USA,
wo wieder
Großdemonstrationen stattfanden.
Claudia Buckenmaier in Washington,
haben die Demos
schon Auswirkungen gezeigt?
Es gibt erste kleine Schritte.
Das ist die Polizei-Reform,
aber nur in einzelnen Bundesstaaten.
Zum Beispiel in Kalifornien
soll künftig
im Polizeidienst kein Würgegriff
mehr ausgebildet werden.
Wichtiger ist aber, dass
die Demonstranten klarmachen wollen,
dass ihr Protest
nicht wieder verpuffen darf.
Sowie nach allen anderen Fällen
von Polizeigewalt.
Die Menschen hier sagen,
es fühle sich anders an.
Es seien mehr Menschen da und
es werden alle Hautfarben vertreten.
Und das alles im ganzen Land.
Das motiviert die Leute hier.
Es gibt viel Aufbruchstimmung.
Aber es gibt auch Realismus.
Sie sagen, so etwas
braucht ein ganzes Menschenleben,
um eine richtige Reform
durchzusetzen.
Wenn Ermittler
von "unfassbaren" Bildern sprechen:
Dann kann man nur erahnen,
wie grausam die Taten
gewesen sein müssen.
Die Polizei in Münster deckte
ein Kindermissbrauchs-Netzwerk auf.
In mehreren Bundesländern
wurden elf Verdächtige festgenommen.
Der Tatort ist eine Gartenlaube
im Norden von Münster.
Der Missbrauch von Jungen
wurde dort stundenlang gefilmt.
Dieses Mal ist es Münster.
Wieder ein Fall von Kindesmissbrauch,
wieder in NRW.
Die Ermittler sind stolz
auf ihren Fahndungserfolg.
Schwerer wiegt
das Entsetzen über die Taten.
Vier erwachsene Männer vergehen sich
an zwei kleinen Jungs -
wechselseitig und aufs Schlimmste.
Erfahrene Kriminalbeamte stießen
an die Grenzen
des menschlich Erträglichen.
Und weit darüber hinaus.
Diese Gartenlaube in Münster
ist wohl der Haupttatort.
Versteckte Kameras im Innern
filmen den Missbrauch.
Die mutmaßlichen Täter
sind IT-Profis.
Sie sitzen in ganz Deutschland,
der Kontakt läuft übers Darknet.
Die Geräte sind verschlüsselt.
Die gefilmten Taten
werden immer schlimmer.
Die Verbreitung
von Missbrauchsdarstellungen
nimmt deutlich zu.
Und die online
gefundenen Missbrauchsdarstellungen
zeigen immer jüngere Kinder
und immer schwereren Missbrauch.
Ende 2018 kamen die Ermittler
dem Hauptverdächtigen auf die Spur.
Sie brauchten über ein Jahr,
um den Laptop zu knacken.
Seit Mitte Mai:
Festnahmen in mehreren Bundesländern,
sechs Männer und eine Frau
sitzen in U-Haft.
Nach Lügde und Bergisch Gladbach,
der dritte große Fall
von Kindesmissbrauch
binnen weniger Jahre.
In unserer Republik
hat sich etwas entwickelt
und über Jahre guckten alle weg.
Wenn man anfängt hinzugucken,
Polizei einsetzt und aufklärt,
wird man immer mehr erwischen.
Wir sind noch nicht am Ende.
Auch die Ermittler
rechnen mit weiteren Verdächtigen.
Der Großteil der Beweisstücke
sei noch nicht ausgewertet.
In Beirut protestierten Tausende
gegen Korruption
und die politische Elite.
Der geben die Demonstranten
die Schuld an der Wirtschaftskrise,
dem Libanon
droht der Staatsbankrott.
"Wir wollen ein besseres Leben"
war das Motto des Protestes.
Das gilt umso mehr
für ausländische Arbeiter,
deren Lage sich in der Corona-Krise
dramatisch verschlechtert.
Sie kamen nach Beirut,
um für ihre Familien
Geld zu verdienen.
Nun konnten sie
über Wochen kaum raus
wegen der Ausgangssperre.
Bald stehen die drei Äthiopierinnen
auf der Straße.
Sie haben ihren Job verloren
und ihr Erspartes aufgebraucht,
die Miete
seit zwei Monaten nicht bezahlt.
Die Situation ist schlecht,
alle Ausländer leiden hier.
Wir haben kein Geld mehr,
können unsere Familien
nicht unterstützen.
Seit über einem Monat
haben wir nichts mehr überwiesen.
Den Libanon trifft es doppelt hart:
Die schwerste Wirtschaftskrise
seit den 90er-Jahren und Corona.
Die Schwächsten leiden am meisten.
250.000 Gastarbeiter aus Äthiopien,
den Philippinen oder Bangladesch
arbeiten in Beirut als Müllmänner,
Haushaltshilfen, Putzfrauen.
Viele müssen ihre Pässe abgeben,
arbeiten bis zur Erschöpfung.
Gewalt und Missbrauch
sind sie schutzlos ausgeliefert.
Mit der Krise wurde vielen
das Gehalt um die Hälfte gekürzt,
andere einfach entlassen.
Es ist furchtbar.
Die Arbeiter haben Angst
und fühlen sich alleingelassen
von ihren Arbeitgebern.
Und von der Regierung des Libanon.
Vier Jahre haben die Frauen
in diesem Restaurant geputzt.
Zunächst für 400 Euro monatlich,
zuletzt waren es noch 90 Euro.
Dann machte es dicht,
beide sind arbeits- und mittellos.
Meine Familie
hat nichts mehr zu essen.
Mein Sohn
geht nicht mehr zur Schule,
weil ich dafür kein Geld mehr habe.
Sie wollen zurück.
Bei der äthiopischen Botschaft
haben sie sich
für einen Rückflug eintragen lassen.
Aber die Warteliste ist lang
und der Flug teuer.
Statt ihre Lieben
zu Hause zu versorgen,
kämpfen sie nun selbst ums Überleben.
Die Medienberichte
über einen möglichen Teilabzug
der US-Truppen aus Deutschland:
Das hat das politische Berlin
offenbar beschäftigt.
Der Transatlantik-Koordinator
der Bundesregierung
befürchtet einen Schaden für die
deutsch-amerikanischen Beziehungen:
Die Qualität der Kommunikation
und des Miteinanders erodiere.
Grünen-Politiker Nouripour
sprach von einem Erpressungsversuch
durch US-Präsident Trump.
Bestätigt sind die Pläne
vom Weißen Haus nicht.
Sollten sie zutreffen,
würde mehr als ein Viertel
der in Deutschland stationierten
US-Soldaten das Land verlassen.
Wirtschaftsverbände befürchten bei
der geplanten Mehrwertsteuersenkung
einen zusätzlichen Aufwand
in den Betrieben.
Der Bundesverband der Industrie und
der Industrie- und Handelskammertag
beklagen in "Die Welt":
Kassensysteme
müssten neu programmiert,
Preislisten neu erstellt
und Preise neu ausgezeichnet werden.
Die Umstellung
werde für Abrechnungsprobleme sorgen.
Die bis Jahresende
vorgesehene Mehrwertsteuersenkung
ist Teil des Corona-Konjunkturpakets.
Zum 500. Todesjahr des italienischen
Künstlers Raffael präsentieren
die Staatlichen Kunstsammlungen
Dresden eine Sonderausstellung.
In der Gemäldegalerie Alte Meister
sind Leihgaben
aus dem In- und Ausland zu sehen:
Skulpturen, Zeichnungen, Gemälde und
Wandteppiche mit Motiven von Raffael.
Er zählt zu den bedeutendsten Malern
und Architekten der Renaissance.
Mit seinen Werken
hat er neue Maßstäbe gesetzt.
Lange war es unsicher.
Jetzt stehen die Chancen gut,
dass wir im Sommer abtauchen können:
Viele in der Ost- oder Nordsee,
andere im Mittelmeer.
Sommer, Sonne, Strand
und ein gutes Feeling:
Das brachte mit leuchtenden Farben
und unzähligen Rasterpunkten
die Pop-Art in die Kunstwelt ein,
vor über 60 Jahren.
Wer die Vorfreude
auf den Urlaub aufheizen will,
ist im Wilhelm-Hack-Museum
in Ludwigshafen richtig:
Das zeigt den Sommer in der Pop-Art.
"Good Vibrations" von den Beach Boys,
ein Klassiker.
Motto der neuen Schau im
Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen.
Die Ausstellungsmacher wollen
die Stimmung der 60er transportieren.
Damals prägt die Pop-Art
das Lebensgefühl.
Der Optimismus: grenzenlos.
Diese Aufbruchstimmung
soll beim Neustart jetzt helfen.
Viel ist wieder möglich.
Im Museum gehen wir
wieder kleine Schritte voran.
Das ist mit großer Freude verbunden,
wieder etwas
zurück in den Alltag zu finden.
Bei den Ausstellungsmachern
war zunächst das positive Motto da.
Erst danach
wurden die Bilder gesucht.
Das Museum sitzt auf einem Schatz.
Im Keller lagern Tausende Werke,
ein Mäzen
schenkte dem Haus seine Sammlung.
Darunter Andy Warhols
Porträt von Liz Taylor.
Die leuchtenden Bilder
faszinieren die ersten Besucher.
Viele warteten lange
auf diesen Moment.
Museen haben gefehlt.
Es gibt viel im Internet.
Aber das Erlebnis,
wenn man vor so einem Bild steht,
ist was ganz anderes.
Es gibt einem
die guten Schwingungen,
von denen die Beach Boys singen.
Die brauchen wir einfach.
Lebensfreude und Zuversicht:
Die Ausstellungsmacher wollen
den Kontrast zur Corona-Krise.
Eine kleine Auszeit
vom Ausnahmezustand.
Die Fußball-Bundesliga biegt
mit aller Stille in den Stadien
auf die Schlussgerade dieser Saison.
Vier Spieltage
sind noch zu absolvieren.
In der Spitzengruppe konnte
Bayern München den Vorsprung halten.
Die Hinweise verdichten sich,
dass die Münchner demnächst
der erste und hoffentlich
letzte Geister-Meister sein werden.
Der 4:2-Sieg in Leverkusen war der
elfte Pflichtspiel-Erfolg in Folge.
Der Rekordmeister
sicherte sich rechnerisch
die Champions-League-Teilnahme.
FC Bayern dominiert die Liga
auch nach der Corona-Pause.
Heute Abend zweifelte kaum noch
einer am nächsten Meistertitel.
Allmählich können die Kollegen
Hansi Flick und seinem Team
zum 30. Meistertitel
des FC Bayern gratulieren.
Die Münchner ließen sich von
einem Rückstand nach zehn Minuten
nicht beirren.
Der Treffer zählte,
es war kein Abseits.
Die Bayern antworteten schnell.
Goretzkas Zuspiel vor dem Ausgleich
von Coman in der 27. Minute.
Drei Minuten vor der Pause
brachte er die Bayern auf Siegkurs.
Wir sind selbstbewusst
und haben uns eine gute Situation
herausgearbeitet.
Aber wir müssen noch Punkte holen.
Wir werden den Fuß
nicht vom Gaspedal nehmen.
Ein 56-Meter-Pass von Kimmich
leitete das 3:1 ein.
Gnabry zum 3:1-Pausenstand.
Entschieden war die Partie
nach 66 Minuten:
Lewandowski traf zum 4:1
mit seinem 30. Saisontor.
Leverkusen vermisste
den verletzten Kai Havertz.
Wirtz schrieb zwei Minuten vor Ende
noch Bundesliga-Geschichte:
Mit dem 2:4
und mit 17 Jahren und 34 Tagen
ist er der jüngste Spieler, der
in der Bundesliga ein Tor erzielte.
Dass der FC Bayern
vorwegmarschieren kann,
daran sind auch die Leipziger schuld.
Einst als Münchner Gegenspieler
hoch gehandelt,
hat ihre Formschwäche einen Strich
durch die Rechnung gemacht.
Heute die nächste Enttäuschung
für RB mit einem 1:1 zu Hause
gegen Schlusslicht Paderborn.
Auch wenn die Leipziger
nach den Patzern der Konkurrenz
um einen Champions-League-Platz
mit einem blauen Auge davonkommen:
Der Ärger über
die Schlüsselszene der Partie
war lange zu spüren.
Zwei Minuten vor der Pause
sah Leipzigs Upamecano Gelb-Rot,
weil er den Ball wegschlug.
Bekommt er Haue von Ihnen?
Ich hoffe, von der Mannschaft.
Dass die das Gefühl dafür hat,
das selbst zu klären.
Der Franzose leistete sich
nach dem Neustart einige Patzer -
das war der größte.
Denn seine Mannschaft führte
durch das Tor von Schick
in der 27. Minute.
Sein zehnter Saisontreffer,
parallel die achte Torvorlage
von Werner.
RB spielte über eine Hälfte
in Unterzahl.
In der 92. Minute
gelang Paderborn der Ausgleich.
Kapitän Strohdiek erzielte
sein erstes Bundesliga-Tor.
Der Abstiegskandidat
überzeugte durch Leidenschaft.
Letzte Woche ein 6:1 gegen Dortmund
und dann trete ich heute so auf:
Mehr geht nicht.
Das 1:1 hilft aber
weder Leipzig noch Paderborn.
Auch die Profi-Basketballer
setzen ihre Saison fort.
Zehn Teams ermitteln
in einem Finalturnier in München
unter Hygienebedingungen
und ohne Zuschauer ihren Meister.
Das sind die Ergebnisse
der ersten beiden von 35 Partien:
und Bayern
verliert gegen Ulm 85:95.
Die Zahlen, die jetzt kommen,
sind zwar niedriger,
können aber Millionen wert sein.
Beim Wetter wäre für morgen
Blau am Himmel schön.
Claudia, auf welche Farbe
müssen wir uns einstellen?
Zumindest wird es
für einige Blau geben.
Hier habe ich
farblich das richtige Bild.
Leuchtende Nachtwolken sieht man
nur um die Sommersonnenwende herum,
kurz vor Sonnenaufgang
und Sonnenuntergang.
Dazu muss die Sonne 6 bis 16 Grad
unter dem Horizont stehen.
Dann wird es
selbst nach Sonnenuntergang
noch mal so schön
und die Eiskristalle beleuchtet.
Mehr Wolken gab es heute,
aber auch Sonne.
Im Nordwesten gibt es in der Nacht
Schauer und einzelne Gewitter.
Die ziehen in den Südosten Bayerns.
Über der Mitte gibt es einen
Streifen mit blauem Himmel.
Die Temperaturen steigen im Laufe
des Nachmittages.
Am Montag erneut Schauer und
Gewitter.
Am Dienstag im Süden noch nass.
Danke, Claudia.
Es geht weiter
mit dem "Wort zum Sonntag"
und Gedanken über Urlaubspläne.
Wir sind morgen wieder für Sie da.
Tschüss -
und bleiben Sie zuversichtlich.
Copyright Untertitel: NDR 2020