GERMANIA | Carlos Hernandez
Bei einem Date in Mexiko imponiert man mehr,
indem man sagt, man zahlt.
Das ist eine Geste, hier wiederum nicht.
Da muss man eher mit Witz oder etwas anderem punkten.
Ich bin Carlos, 35 Jahre.
Ich wohne in Deutschland seit 19 Jahren.
Ich komme aus Mexiko, aus einem kleinen Dorf.
Man sagt, dass die Latinos Machos sind,
dass sie sich als Frauenhelden betrachten.
Als aus Mexiko kam
und die erste Kontakte mit den deutschen Frauen hatte,
habe ich schon gemerkt, dass sie sehr eigen sind,
ihren eigenen Kopf haben. Das war für mich ein großer Schock.
Einer meiner erste Erfahrungen mit Frauen war,
dass ich sie eingeladen habe, Minigolf zu spielen.
Am Schluss wollte ich die Rechnung bezahlen.
Ich hatte sie ja eingeladen, dahin zu gehen.
Und dann zückte sie ihr Portmonee und bestand darauf,
selber zu zahlen.
Das hat mich schon aus dem Konzept gebracht.
Für uns ist es selbstverständlich.
Wir kriegen es von Klein auf mit,
dass gerade bei einem Date der Mann die Kosten übernimmt.
Für mich hieß es, sie will gar nichts von mir.
Wir gehen ab sofort getrennte Wege.
Eine weitere krasse Erfahrung war, dass ich ein Date hatte.
Wir wollten zusammen ausgehen am Abend.
Dann haben wir uns am Kudamm beim Italiener getroffen.
Ich kam etwas zu spät.
Da hatte sie schon angefangen zu essen.
Ich hatte nicht so sehr Hunger, ehrlich gesagt.
Dann hat sie mir ihren Teller mit den Nudeln rüber gereicht
und meinte, dann iss doch meine Reste.
Ich habe mich natürlich gefreut, schöne Geste.
Dann meinte sie zu mir, gib mir einfach dafür 2 Euro.
Dann habe ich natürlich gedacht:
Okay, krass. Das geht komplett auf mich.
Ich mag ja sowieso bezahlen.
Mittlerweile habe ich gelernt, dass es hier zu Mentalität gehört,
dass man die Rechnungen zwischen Freunden und Beziehungen teilt.
Es geht nicht um Geiz oder Imponier-Gehabe,
es ist wirklich die Mentalität.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2016)