×

Nós usamos os cookies para ajudar a melhorar o LingQ. Ao visitar o site, você concorda com a nossa política de cookies.


image

2021 Tagesschau, tagesthemen 06.09.2021, 22:30 Uhr - Lage in Afghanistan nach angeblicher Eroberung des umkämpften Pandschir-Tals

tagesthemen 06.09.2021, 22:30 Uhr - Lage in Afghanistan nach angeblicher Eroberung des umkämpften Pandschir-Tals

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (06.09.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

"Jetzt gehört uns das ganze Land", sagen die Taliban.

Angeblich haben sie auch die letzte Region, das umkämpfte Pandschir-Tal,

zurückerobert.

Ob das stimmt, ist genauso schwer zu beantworten wie die Frage,

ob die neuen Mächtigen halten werden, was sie versprechen:

Weniger Armut, mehr Freiheiten, mehr Rechte für Frauen.

Daran zweifeln die meisten,

die was verstehen von der Ideologie der Taliban.

Vielleicht gibt ein wenig Aufschluss der Blick in das Land,

was schwierig und selten genug ist in diesen Wochen.

Doch unser Korrespondent Markus Spieker

hat es gestern nach Kabul geschafft.

Bevor ich mit ihm spreche, hier sein Bericht.

Drei Jahre ist mein letzter Kabul-Besuch her.

Die Straßen sind genauso verstopft wie damals.

Zwischen den Autos: Souvenirhändler.

Aber statt den Nationalflaggen

verkaufen sie jetzt Taliban-Fähnchen.

Die sind allgegenwärtig, stehen vor dem Flughafen,

an jeder Kreuzung, bewaffnet, in Kampfkluft.

Sie zeigen Präsenz, aber bleiben meist passiv.

Sie beobachten die Lage, lassen sich filmen und umarmen.

Ganz Afghanistan freut sich, dass wir da sind.

Die Leute sind glücklich,

weil wir sie beschützen und für Recht und Ordnung sorgen.

Sagt er und wiederholt es immer wieder.

Ich muss mich selbst immer wieder daran erinnern:

Die Männer gehören zu der Terrorgruppe, die Krankenhäuser

und Unis attackiert, zahllose Menschen getötet hat.

Jetzt gehört die Stadt ihnen und ihren Unterstützern.

Die Ausländer haben uns unterdrückt und gespalten.

Unter den Taliban werden wir wie Brüder sein

und gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten.

Aber wie gehen Taliban-Gegner mit der Situation um?

Zurückhaltend, vor allem, wenn sie die Kamera sehen.

Frauen winken ab, wollen sich nicht interviewen lassen.

Aber einige Männer reden Klartext.

Die Sicherheitslage ist schlechter.

Die Wirtschaft ist am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch.

Viele haben Angst vor der Zukunft.

Er beschwert sich über das Freuden-Gewehrfeuer,

das die Taliban vorgestern veranstaltet hatten.

Angeblich war die letzte Widerstandsbastion

im Pandschir-Tal gefallen.

17 Leute sind umgekommen, die Taliban machen, was sie wollen.

Heute gibt es keine wilden Schüsse.

Auch nicht, als der Taliban-Sprecher eine wichtige Nachricht verkündet.

Der Widerstand in der umkämpften Pandschir-Provinz sei gebrochen.

Unser Land ist des Kämpfens müde

und es gibt auch keinen Grund, weiterzukämpfen.

Deshalb für alle Landsleute:

Das Islamische Emirat Afghanistans hat den Krieg beendet.

Im Internet kursieren Aufnahmen von Taliban-Kämpfern,

wie sie den Gouverneurssitz im Pandschir-Tal einnehmen.

Fast gleichzeitig taucht eine Audiobotschaft

des Anti-Taliban-Anführers Massoud auf.

Er ruft Afghanistan zum Aufstand gegen die Taliban auf.

Aber auch das führt in Kabul zu keinen besonderen Reaktionen.

Viele Menschen scheinen sich abzufinden mit der Zeit.

Die Vergnügungsparks schließen und die Graffiti-Portraits verschwinden.

Statt Bildern von Menschenrechtlern nun Taliban-Parolen:

"Schützt den Islam, habt Geduld, seid fleißig."

Ansagen für das künftige Afghanistan.

In Kabul erreichen wir unseren Korrespondenten Markus Spieker.

Wie glaubwürdig ist es, dass die Taliban das Pandschir-Tal,

die letzte Bastion des Widerstands, zurückerobert haben?

Das ist keine Insider-Information,

aber mir ist es dafür zu ruhig in der Stadt.

Die Taliban feiern ja Triumphe gerne laut und ausgiebig.

Das haben sie noch nicht getan.

Das könnte 'n Indiz sein, dass die Kämpfe doch noch weitergehen.

Aber das ist mehr Bauchgefühl als belastbare Einschätzung.

Es gibt auch Widerstand im Kleinen.

Wir haben schon die mutigen Proteste der Frauen in Kabul gesehen.

Wie groß ist der Rückhalt unter den Menschen für die Taliban?

Bei Leuten, die ich zufällig angesprochen habe,

gab es ganz wenige Taliban-Sympathisanten.

Das ist 'ne sehr urbane Gesellschaft hier mit hohem Bildungsgrad.

Es gibt auch viele Künstler.

Die sind natürlich nicht überzeugt davon:

Dass keine Musik mehr im TV läuft, dass alle Musiker arbeitslos sind,

dass auch in den großen Wedding-Halls das Programm runtergefahren wird.

Vor allem denken sie noch daran, dass in den letzten 20 Jahren

so viele Anschläge durch die Taliban gegen die Menschen ausgeübt wurden.

Mir haben viele Leute diesen einen Satz gesagt:

"Die Taliban können nur eins richtig - töten."

Das ist die Einschätzung vieler Menschen hier.

Wie misstrauisch sind die Taliban westlichen Journalisten gegenüber?

Wie können Sie arbeiten? Sie sind seit gestern da.

Das ist die große Überraschung, dass bei der Einreise alles einfach war.

Am Morgen gab's das nächste Aha-Erlebnis.

Da ging ich zum Informationsministerium,

um einen Berechtigungsschein zu bekommen.

Ich hab mich auf stundenlanges Warten und Betteln eingestellt.

Da saßen ganz viele Journalisten

und kriegten im Minutentakt diesen Schein ausgehändigt.

Der ist eine Art Blanko-Vollmacht, alles filmen zu dürfen.

Und wenn ein Taliban einen ärgert,

sollte man die und die Notrufnummer anrufen.

Also großes Entgegenkommen gegenüber den Medien,

wohl um zu punkten bei westlichen Ländern, von denen man Hilfe will.

Ist denkbar, dass die westlichen Staaten, auch Deutschland,

diplomatisch durchsetzen, was sie militärisch nicht geschafft haben?

Nämlich, die Menschenrechte zumindest ein wenig zu schützen.

Das muss man hoffen, und die Hoffnung ist durchaus berechtigt.

Denn die Taliban können kämpfen, aber regieren können sie nicht.

Das haben sie in den 90er-Jahren gezeigt.

Sie haben auch wenige Leute, die gebildet sind, und haben kein Geld.

Sie brauchen internationale Anerkennung, auch die Deutschlands.

Darum werben sie ganz offensiv.

Das ist ein Hebel für Deutschland, durchzusetzen,

dass Mindestrechte eingehalten werden.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehen, dass verhandelt wird.

Ich bin gespannt, wie man sich aufeinander zubewegt.

Darüber werden wir sicher in den nächsten Tagen noch sprechen.

Danke, Markus Spieker aus Kabul.

Vielen Dank.

Nicht nur in Afghanistan sind es bemerkenswerterweise Frauen,

die aufstehen gegen die Herrschenden.

In Belarus bekam der Widerstand gar ein weibliches Gesicht:

Gleich mehrere Frauen stellten sich an der Spitze der Opposition

dem Diktator Lukaschenko entgegen.

Die vielleicht mutigste unter ihnen: Maria Kolesnikowa.

Hier vor einem Jahr.

Man wollte sie außer Landes bringen.

Sie blieb, ließ sich einsperren und zahlt dafür nun einen hohen Preis.

Verena Lammert über eine Frau,

die sich vom erbarmungslosen Regime nicht unterkriegen lassen will.

Maria Kolesnikowa formt ihre Hände zu einem Herz –

Symbol für friedlichen Protest.

Ein hartes Urteil fällt in Minsk:

Elf Jahre Haft für sie, zehn Jahre für Oppositionsanwalt Maxim Snak.

Verurteilt, so das Gericht, wegen des Versuchs illegaler Machtergreifung.

Die Angeklagten verfolgen die Verhandlung eingesperrt.

Draußen warten ihre Unterstützer.

Es war kein normaler Prozess.

Die Sitzungen in Minsk fanden hinter verschlossenen Türen statt.

Ihr Vater kommt zur ersten öffentlichen Sitzung

als einer der wenigen in den Gerichtssaal.

Seine Tochter beschreibt er als mutige Frau.

Mit ihrem Verhalten, der Einstellung und ihrer Reaktion heute

hat sie mir sehr geholfen, alles besser ertragen zu können.

Bekannt wurde Maria Kolesnikowa durch die Protestbewegung 2020.

Nach der umstrittenen Präsidentenwahl gab es monatelang Proteste im Land.

Sie wurde zu einer Symbolfigur der demokratischen Bewegung.

Vor einem Jahr wurde sie festgenommen.

In einem Kleinbus habe man sie verschleppt, berichtete eine Zeugin.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Die Anwälte wollen in Berufung gehen.

Ihre Unterstützer vor dem Gericht sind sich einig:

Das verstehen sogar ungebildete Menschen,

dass dies ein unfairer Prozess ist.

Maria ist eine sehr inspirierende Person.

Sie ist ein Symbol der Freiheit und eine wunderbare Frau.

Mitstreiterin Swetlana Tichanowskaja äußert sich via Twitter aus dem Exil.

Das Urteil sei Terror gegen Belarusen,

die es wagten, gegen das Regime aufzustehen.

Die Menschen vor dem Gericht sagen:

Die Protestbewegung sei nicht tot, lebe in den Herzen weiter.

Aber Maria Kolesnikowa wird wohl erst einmal lange weggesperrt.

Demian von Osten ist einer der wenigen Kollegen,

die aus Minsk berichten dürfen.

Wenn Oppositionelle wie Kolesnikowa

eine so hohe Gefängnisstrafe bekommen:

Wie viel Angst muss Lukaschenko vor ihnen haben?

Offenbar hat der Machtapparat hier sehr große Angst,

davor, dass Maria Kolesnikowa die Protestbewegung beleben könnte.

Die Vorwürfe sind unter anderem versuchter Regierungsumsturz

und Bildung einer extremistischen Organisation.

Aber wie genau das behandelt wurde, das wissen wir nicht.

Der Großteil des Prozesses lief seit Monaten hinter verschlossenen Türen.

Selbst Anwälte und Prozessbeteiligte mussten vorher

Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben.

Sie dürfen nicht sagen, was konkret an Beweisen aufgeführt wurde.

Bei dem heutigen Urteilsspruch

wurden trotzdem von den 200 Unterstützern keine reingelassen.

Nur Angehörige wie der Vater von Maria Kolesnikowa.

Der fand im Gerichtssaal einige Menschen vor, die er nicht kannte.

Er mutmaßt, dass das Teil einer Inszenierung war.

Das waren Massenproteste, die es im Land so noch nie gab.

Haben die Demonstranten diesen Kampf verloren?

War das alles für die Katz oder könnte das wieder aufflammen?

Ich sehe momentan keinen Anlass, warum es wieder aufflammen sollte.

Die staatlichen Repressionen sind so stark.

Menschen kommen wegen Kleinigkeiten hinter Gitter.

Die Menschen trauen sich deshalb nicht mehr auf die Straße.

Den Machthabern ist es gelungen,

die wesentlichen Figuren ins Ausland zu treiben oder einzusperren.

Es müsste schon ein sehr großer Anlass passieren,

dass die Menschen bereit wären, viel zu riskieren.

Dieser Anlass ist momentan nicht absehbar.

Danke, Demian von Osten.

Zum schwierigen und gefährlichen Kampf um Freiheit und Menschenrechte

in Belarus:

Die Meinung von der Leiterin unseres Moskauer Studios, Ina Ruck.

Elf Jahre Straflager für Maria Kolesnikowa,

zehn für Anwalt Maxim Snak.

Was soll man da noch kommentieren?

Ein politisches Urteil? Willkür-Justiz im Unrechtsstaat?

Das wissen wir längst.

Letzten Sommer interessierten wir uns alle für Belarus,

als Hunderttausende auf der Straße waren.

Wir haben gesendet, gepostet, gelikt,

den mutigen Frauen von Belarus Preise verliehen.

Dann begann die Verhaftungswelle.

Hunderte sind in den Gefängnissen, wohl noch viel mehr ausgereist.

Wer geblieben ist, traut sich nicht mehr vor die Tür mit Protest -

als läge eine Grabplatte auf dem Land.

Unsere Aufmerksamkeit ist längst wieder woanders.

Das liegt auch daran,

dass Lukaschenko kaum noch Journalisten ins Land lässt.

Dennoch: Es hat uns zu interessieren, was dort passiert.

So viele Leute in Belarus setzen ihre Hoffnung in uns, in Europa,

die demokratischen Nachbarn und eben nicht in den Nachbarn im Osten.

Denn dort sitzt Lukaschenkos Sponsor, sollte das jemand vergessen haben.

Putin duldet nicht nur all das, was Lukaschenko macht,

er unterstützt ihn.

Russland finanziert Lukaschenkos Regime.

Dasselbe Russland, mit dem wir eine neue Gaspipeline gebaut haben.

Mit dem wir, klagen manche in Wirtschaft und Politik,

zu wenig den Dialog suchten.

Dabei redet kaum jemand so viel mit Moskau wie die Bundesregierung.

Offenbar aber ohne großen Erfolg – nicht nur beim Thema Belarus.

Die Meinung von Ina Ruck.

Hiervon lässt sich in einer Diktatur wie der in Belarus nur träumen:

Dass sich Politikerinnen und Politiker den Fragen derer stellen,

die über ihr politisches Schicksal entscheiden.

Es sind keine drei Wochen bis zum Wahltag in Deutschland.

Und so werden sich jene drei, die ins Kanzleramt einziehen wollen,

in der ARD-Wahlarena Fragen gefallen lassen müssen, die nicht gefallen.

Morgen ist Olaf Scholz dran, kommende Woche Armin Laschet.

Den Anfang machte heute Abend die Kanzlerkandidatin der Grünen,

Annalena Baerbock.

Wie sie sich geschlagen hat: Sylvia Aust.

Am frühen Abend fährt der grüne Wahlkampf-Tourbus in Lübeck vor.

Die Kandidatin lässt keine Zeit verstreichen.

Sie geht kurz auf Tuchfühlung mit dem Publikum,

dem sie sich gleich stellen soll.

65 Gäste aus ganz Deutschland sind da - mit konkreten Anliegen.

Anne Dittmann und Familie sind aus Nordrhein-Westfalen angereist.

Ich hab die Sorge, dadurch, dass Energiepreise immer weiter steigen,

bald den Weg zur Arbeit nicht mehr leisten kann.

Wir zahlen hohe Kindergartenbeiträge plus Mittagessen.

Wenn noch eine Mehrbelastung durch Spritpreise dazukommt,

weiß ich nicht, wie ich's stemmen soll.

75 Minuten lang hatten Wählerinnen und Wähler Gelegenheit,

Fragen zu stellen.

Großes Thema immer wieder: der Personalmangel in der Pflege.

Wir arbeiten zehn Tage am Stück.

Der Personalmangel ist ganz schlimm.

Was wollen Sie machen, dass das nicht nur Wahlversprechen ist?

Das Allererste ist, dass wir mit Blick auf die Arbeitszeit ...

Sie arbeiten zehn Tage am Stück.

... in der Pflege endlich zu 'ner 35-Stunden-Woche kommen.

Der zweite wichtige Punkt ist, dass das,

was bei Lohnerhöhungen angegangen wurde, auch umgesetzt wird.

Annalena Baerbock verspricht auch mehr Personal in der Pflege.

Weiteres großes Thema: wie den Klimaschutz bezahlbar machen?

Ich hab nicht die Rücklagen, mir jetzt 'n E-Auto zu kaufen.

Ich möchte mich nicht dafür verschulden.

Wie schaffen Sie's, die ländliche Bevölkerung mit ins Boot zu holen?

Klimaschutz heißt für mich:

Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit.

Ganz konkret:

Eben ermöglichen, wenn man sich ein E-Auto kauft als Familie,

dann zu sagen, da gibt's 'ne Förderung.

Für Menschen mit wenig Einkommen deutlich höher

als für Menschen mit hohem Einkommen - 9000 Euro.

Die Grünen wollen den Strukturwandel auch in der Landwirtschaft.

Auch das war Thema.

Alle fordern Tierwohl.

Wir Bauern sind auch bereit dazu, neue Ställe zu bauen.

Aber es fehlen die finanziellen Mittel.

Wie wollen Sie finanzieren,

dass auch konventionelle Bauern weiter Tierwohl-Ställe bauen können?

Indem Politik Sie beim Umbau der Ställe mit unterstützt.

Viele Fragen - viele Versprechungen der Kanzlerkandidatin.

Morgen stellt sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz

hier den Fragen, in der kommenden Woche Armin Laschet von der CDU.

Was Annalena Baerbock in der Wahlarena

sicher nicht gesagt hat, ist:

Dass sie Haustiere verbieten wolle, weil die zu viel CO2 ausstießen.

Dieser Unfug machte zuletzt in den sozialen Medien die Runde.

Ebenso wie die Behauptungen über ihre Kontrahenten:

Armin Laschet habe Hochwasserspenden in Wahlkampf-Kanäle fließen lassen.

Und Olaf Scholz mache unstatthaft Werbung für ein Bitcoin-Unternehmen.

Diese Zitate und Meldungen sind erfunden.

Von Menschen, die Politiker in Misskredit bringen

und so den Wahlkampf beeinflussen wollen.

Henning van Lil über Fake News und was sie anrichten können.

Grammatikalisch falsch, v.a. aber: eine Lüge.

Genauso wie die Behauptung, dass Kanzlerkandidatin Baerbock

sich bei allen wichtigen Abstimmungen im Bundestag enthalten würde.

Oder dass Söder Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen wollen,

die Erziehungsberechtigung entziehen wolle.

Eine Fake News, bei der sogar das tagesschau-Design vorgetäuscht wurde.

Wissenschaftler aus Europa haben in Wien erforscht:

Wie groß kann der Einfluss von Desinformationen vor der Wahl werden?

Im Mai haben sie Tausende Beiträge auf Facebook und Twitter

auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft.

Mit einem überraschendem Ergebnis:

Wir haben viel weniger,

vielleicht 2 % oder 3 % problematische Beiträge erwartet.

Und nicht fast 6 % oder 7 %.

V.a. noch lange vor der heißen Phase des Wahlkampfs.

D.h., wir erwarten aufgrund dieser Ergebnisse,

dass man momentan ein Vielfaches dessen online findet.

Rund 6-7 % der Inhalte bei Facebook oder Twitter

sind also absichtliche Fehlinformationen.

Falschmeldungen, Diskreditieren von Personen, unbelegte Behauptungen.

Das solle Zweifel säen, die Demokratie untergraben.

Man will dem Nutzer suggerieren,

dass viele Informationen nicht vertrauenswürdig sind.

Dass es keine solide, empirische Grundlage für etwas,

was da stattfindet, gibt.

Dass man also stärker mit dem Bauch entscheiden muss,

weil es keine solide Faktenbasis gibt.

Verunsichern, um Einfluss auf eine Wahlentscheidung zu haben.

Beiträge dieser Art scheinen v.a. aus dem rechten Spektrum zu kommen.

Wir haben auch Beiträge gesehen, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind.

Aber die Mehrheit der problematischen

und v.a. weit geteilten Beiträge, insbesondere auf Facebook:

Das scheint dem rechten Lager zuzuordnen zu sein.

Um nicht in die Desinformationsfalle zu tappen,

empfehlen die Studienmacher:

Zweimal überlegen, bevor man klickt, liked oder teilt.

Das sei umso wichtiger, je näher die Wahl rückt.

"Respekt" ist ein Wort, das gerade im Wahlkampf oft zu hören ist,

für manche aber Versprechen bleibt.

Wenn Menschen Arbeit und Wohnung, also ihr Obdach, verlieren,

landen sie nicht selten auf der Straße.

Da wieder runterzukommen, ist für die meisten fast unmöglich.

Gäbe es nicht Streetworker,

die ihnen ein bisschen Würde zurückzugeben versuchen.

Und die Obdachlosen helfen,

statt außen vor wieder mittendrin zu sein im Leben.

Christina Harland begleitete "Straßenarbeiter" in Hannover.

Jeden Morgen macht Michael Burmeister seine Runde in Hannovers City.

An seiner Seite: die neue Kollegin Katharina Pätzold.

Das Team ist auf alles gefasst.

Es kann sein, dass wir die Menschen nicht anfinden.

Sie hatten eine schlaflose Nacht,

sind überfallen worden oder ihnen wurden Sachen geklaut.

Oder sie haben neue Menschen kennengelernt

und sind ganz gut drauf.

Das ist wie 'ne große Wundertüte.

Guten Morgen, Gerd!

Gerd hatte bis vor Kurzem noch seinen Schlafplatz

neben der Christuskirche.

Doch es wird gebaut, er musste weg und schläft in einer Notunterkunft.

Er ist schwer krank.

Von den Jahren auf der Straße hat er genug.

Dreimal beklaut ...

... in drei Wochen, vier Wochen.

Mein Vorschlag: Wir fahren gucken, was an Post da ist.

Sollte was zum Bearbeiten da sein, machen wir das.

Die beiden Sozialarbeiter der Stadt

begleiten Gerd zur Beratungsstelle der Diakonie.

Hier können sich Menschen wie er eine Anschrift einrichten.

Nur so erhalten sie auch ihre Bescheide vom Jobcenter,

Schecks oder Post vom Gericht.

Das ist garantiert was vom Jobcenter.

Du hast die Nachricht, dass dir mehr Geld zusteht.

Mehr Geld vom Jobcenter

und nächsten Monat eine Wohnung von der Caritas.

Das hat Michael eingefädelt - ein guter Tag für Gerd.

Auch hier wohnen sechs Männer, denen Michael helfen konnte.

"Housing First" heißt das neue Projekt im Norden der Stadt,

das Menschen in Wohnungen bringt, ohne Bedingungen.

Mit ihren Problemen und Süchten im Gepäck.

"Papa Bär" alias Frank ist einer von Ihnen.

Wieder in 'n normales Leben zurückzufinden,

das ist für mich sehr wichtig, als wie nur noch Straßenleben, ne?

Weil man verloddert.

Wenn wir Micha nicht gehabt hätten, mit Klamotten und so weiter ...

Kleiderkammer, Essensausgabe ...

Der Tag war:

Aufstehen, Penny, Alkohol, bis 22 Uhr die Lichter ausgingen.

Schlafen.

Das war's.

Es haben viele geschafft, aber einige sind gestorben.

Tiefschläge müssen professionelle Helfer aushalten.

Mit dem Helfenwollen sei das so eine Sache, so Michael.

Die Experten sind eigentlich die Menschen für sich selber.

Wenn ich schon besser weiß, was gut für sie ist, wird's schwierig.

Es hat auch was mit Respekt zu tun vor der Entscheidung,

im Zweifelsfall lieber auf der Straße zu bleiben.

Statt etwa in eine Unterkunft zu gehen.

Auf dem Weißekreuzplatz hinter dem Bahnhof,

kennen beide viele, die so denken.

Johnny fühlt sich nur draußen sicher.

Er ist trockener Alkoholiker und immer auf dem Platz.

Ich leb lieber draußen.

Respekt vor den Erfahrungen, die die Menschen geprägt haben,

Gespräche auf Augenhöhe – das ist den Streetworkern wichtig.

Deshalb haben die Leute Vertrauen.

Deshalb werden sie auch im Notfall geholt.

Da ist ein Mensch auf einer Bank aufgefunden worden,

der sehr laut war, als ob er Schmerzen hat.

Es ist unklar, was er hat.

Dann kam jemand hinterher, der uns kannte,

mit der Bitte, dass wir uns kümmern.

Viele Anwohner und Geschäftsleute wünschen sich,

dass die Stadt für Ordnung sorgt.

Die Gesellschaft muss das aushalten, so die Streetworker.

Der Platz sei wie ein Wohnzimmer.

Es passiert was Schlimmes oder was Gutes:

Sie kommen her und erzählen es.

Es gibt hier Menschen, denen sie vertrauen, wo sie das Gefühl haben,

von ihnen akzeptiert zu werden und angenommen zu sein, so wie sie sind.

Menschen annehmen ohne Bedingungen -

für die beiden ist das die Basis ihrer Arbeit.

Bei Corona-Fällen in Schulen gibt es in den Bundesländern bislang

unterschiedliche Ansätze, wie viele Schüler in Quarantäne gehen.

Das soll sich ändern.

Weitere Nachrichten mit Susanne Daubner.

Die Landesgesundheitsministerinnen und -minister verständigten sich

auf einfachere Quarantäne-Regeln bei Corona-Fällen in Schulen.

Bei einem Infektionsfall soll nicht mehr

für die gesamte Klasse Quarantäne angeordnet werden.

Nur noch engste Kontaktpersonen von infizierten Kindern,

wie direkte Sitznachbarn, müssen sich isolieren.

Die Quarantäne soll frühestens nach fünf Tagen

mit einem Negativtest beendet werden können.

Zudem haben Bund und Länder

das Angebot für Auffrischungsimpfungen ausgeweitet.

Künftig sollen auch Menschen über 60 Jahre

und Mitarbeitende in Pflegeheimen eine Drittimpfung bekommen können.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios

haben Bund und Länder doch noch einen Kompromiss gefunden:

Zum geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule.

Der Anspruch soll für alle Kinder gelten,

die vom Sommer 2026 an eingeschult werden.

Und zwar für täglich acht Stunden während der ersten vier Schuljahre.

Bundestag und Bundesrat müssen den Kompromiss noch bestätigen.

In der Diskussion über Koalitionen nach der Bundestagswahl

hat sich die Linkspartei heute noch einmal positioniert.

Die Spitzenkandidaten Wissler/Bartsch präsentierten "Sofortprogramm",

das Schnittmengen mit SPD und Grünen betont.

Zu den Forderungen gehören unter anderem ein Mindestlohn von 13 Euro

und eine Mindestrente von 1200 Euro.

Die Ostlöhne sollen bis 2025 vollständig angeglichen werden.

Ein Bekenntnis zur NATO, wie von der SPD gefordert wird,

ist nicht enthalten.

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 steht vor der Fertigstellung.

Nach dreijähriger Bauzeit

wurde das letzte Rohr verschweißt.

Ab Oktober will das russische Unternehmen Gazprom

durch die Leitung Erdgas nach Deutschland liefern.

V.a. der Widerstand der USA

verzögerte den Bau um etwa eineinhalb Jahre.

Die Ukraine, wichtigstes Transitland für Erdgaslieferungen nach Europa,

befürchtet finanzielle Einbußen.

Die deutsche Industrie hat im Juli neue Aufträge in Rekordhöhe verbucht.

Gegenüber Juni erhöhten sie sich um 3,4 Prozent.

Das deutliche Plus kam v.a. durch Großaufträge zustande.

Mehr dazu von Markus Gürne.

Großbestellungen, etwa aus dem Bereich Schiffsbau.

Die Nachfrage nach Spezialgütern made in Germany

kommt v.a. aus dem außereuropäischen Ausland:

Z.B. aus Asien, wo große Frachtschiffe geordert werden.

15,7 % - so groß ist der Zuwachs außerhalb des Euroraums.

Mehr Aufträge bringen neben Gewinn für Unternehmen

auch Sicherheit für Belegschaften.

Alleine: Die Aufträge können teils nicht zügig abgearbeitet werden.

Fast alle Bereiche und Branchen

leiden unter den Lieferengpässen bei wichtigen Vorprodukten.

Die Welt bestellt bei der deutschen Wirtschaft Waren,

die Unternehmen können evtl. nicht liefern.

Er war kein Beau wie Delon und trotzdem so hinreißend,

dass die ganze Nation zu ihm aufschaute.

Frankreichs schönstes zerknautschtes Gesicht hatte folgende Erklärung:

"Charme ist die Fähigkeit, den anderen vergessen zu lassen,

dass man aussieht wie man aussieht.

Dieser Charme machte Jean-Paul Belmondo, der Stunts selber drehte,

zum begehrtesten Draufgänger der Nouvelle Vague und - unsterblich.

"Unsterblich werden - und dann sterben" sagte er in "Außer Atem".

Ist ihm gelungen.

Sabine Rau.

Ein Draufgänger, der auch vor den gefährlichsten Szenen –

wie hier 1975 auf der Pariser Metro - nicht zurückschreckte.

Waghalsige Manöver, deftige Prügelszenen -

so kannten, so liebten ihn die Franzosen, und nicht nur sie.

Zurück ihr alten Eskimos, ich geh allein!

Heute für immer.

In Paris reagierten Passanten mit Trauer und Wehmut

auf die Nachricht seines Todes:

Ein großer Schauspieler.

Man hielt ihn immer für einen Komödianten,

aber er konnte mehr, er hat schöne Filme gemacht.

Er war sehr populär, im positiven Sinn.

Er machte Filme für alle, sehr unterschiedliche.

Ich habe ihn sehr bewundert und mochte ihn sehr.

Ich bin traurig, dass er tot ist.

Ein Kämpfer, bis zuletzt.

Das Gehen fiel ihm schwer, doch das Lächeln verging ihm nie.

Jean-Paul Belmondo war eine Ikone des französischen Films.

2011 erhielt er in Cannes seine letzte große Auszeichnung:

Die Ehrenpalme für sein Lebenswerk.

Allen, die ich nicht kenne, und allen meinen Freunden:

Ein großes Dankeschön, aus tiefstem Herzen!

Mit dem legendären Film "Außer Atem", 1960,

erlangte der damals 27-Jährige Weltruhm.

Regisseur Jean-Luc Godard mit dem jungen Belmondo

und Jean Seberg auf den Champs-Elysees.

Seitdem rissen sich die Regisseure des neuen französischen Films

um den jugendlichen Schauspieler.

Er war in knapp 100 Filmen, auch in etlichen Mantel- und Degen-Stücken,

der sympathische Actionheld und Gauner mit Charme:

Darf ich euch behilflich sein, Madame?

Belmondo entstammte einer Künstlerfamilie

und wollte Profi-Boxer werden.

Die gebrochene Nase blieb sein Markenzeichen.

Stunts hat er in mehr als 70 Filmen stets selbst gemacht - ohne Double.

Gedoubelt hat er sich allenfalls selbst.

In "Ein irrer Typ" zeigte er sich komödiantisch

als eitler Schauspieler und dessen Double.

Er hat so was Proletiges.

2001 beendete ein Schlaganfall zunächst seine Film-Karriere.

Doch Belmondo kämpfte sich zurück ins Leben, nach seinem Motto:

Der Wille macht viele Dinge möglich.

Sein letzter öffentlicher Auftritt im Sommer 2020 in Paris.

Sein Publikum applaudierte ihm noch immer.

Präsident Macron twitterte in Anspielung

auf einen seiner bekanntesten Filme:

"Er wird für immer Le Magnifique bleiben."

Genau so werden ihn die Franzosen und Cineasten in der ganzen Welt

in Erinnerung behalten.

Nach der traurigen Nachricht jetzt noch schöne Aussichten

auf eine Spätsommerwoche, oder, Claudia Kleinert?

Es wird zumindest bis Donnerstag viel Sonne geben.

Die Temperaturen steigen noch ein bisschen.

Wir liegen unter Hochdruckeinfluss.

Das hat auch seine Tücken.

Das ist Flensburg am Morgen.

Da war es recht sonnig.

Richtung Dänemark sieht man aber schon die ersten Nebelschwaden.

Im Laufe des Morgens zog der Nebel dann herein.

Am Vormittag lockerte es dann aber wieder auf.

Später gab es verbreitet viel Sonnenschein.

Bei so einem Hochdruckgebiet kühlt sich nachts die Luft ab,

die Feuchtigkeit kondensiert dann.

Nachmittags wurde es aber warm.

Morgen früh kann es noch mal ähnlich neblig werden.

Da wird es deutlich wechselhafter mit Schauern und Gewittern.

In der Nacht von Norden her kompaktere Wolkenfelder.

Über der Mitte: aufgelockert.

Im Süden kann sich örtlich Nebel bilden.

Auch morgen häufig sonnig.

Zwiebel-Look empfohlen - nachmittags wird es wieder warm.

Die nächsten Tage:

Mittwoch noch mal sehr viel Sonnenschein.

Donnerstag aus Südwesten erste Schauer und Gewitter.

Die gibt es am Freitag häufiger.

Danke, Claudia Kleinert.

Das waren die tagesthemen.

Jetzt geht's noch einmal um die anstehenden Bundestagswahlen:

In der Reportage

"Geheime Meinungsmacher - wie wir im Wahlkampf manipuliert werden".

Constantin Schreiber begrüßt Sie um 00.35 Uhr zum nachtmagazin.

Wir sind morgen wieder für Sie da.

Bis dahin!

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 06.09.2021, 22:30 Uhr - Lage in Afghanistan nach angeblicher Eroberung des umkämpften Pandschir-Tals tagesthemen 06.09.2021, 22:30 - Situation in Afghanistan after alleged conquest of the embattled Panjshir Valley tagesthemen 06.09.2021, 22:30 - Situazione in Afghanistan dopo la presunta conquista della valle del Panjshir, che si trova in una situazione di crisi tagesthemen 06.09.2021, 22:30 - Ситуация в Афганистане после предполагаемого завоевания захваченной долины Панджшир

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (06.09.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

"Jetzt gehört uns das ganze Land", sagen die Taliban.

Angeblich haben sie auch die letzte Region, das umkämpfte Pandschir-Tal,

zurückerobert.

Ob das stimmt, ist genauso schwer zu beantworten wie die Frage,

ob die neuen Mächtigen halten werden, was sie versprechen:

Weniger Armut, mehr Freiheiten, mehr Rechte für Frauen.

Daran zweifeln die meisten,

die was verstehen von der Ideologie der Taliban.

Vielleicht gibt ein wenig Aufschluss der Blick in das Land,

was schwierig und selten genug ist in diesen Wochen.

Doch unser Korrespondent Markus Spieker

hat es gestern nach Kabul geschafft.

Bevor ich mit ihm spreche, hier sein Bericht.

Drei Jahre ist mein letzter Kabul-Besuch her.

Die Straßen sind genauso verstopft wie damals.

Zwischen den Autos: Souvenirhändler.

Aber statt den Nationalflaggen

verkaufen sie jetzt Taliban-Fähnchen.

Die sind allgegenwärtig, stehen vor dem Flughafen,

an jeder Kreuzung, bewaffnet, in Kampfkluft.

Sie zeigen Präsenz, aber bleiben meist passiv.

Sie beobachten die Lage, lassen sich filmen und umarmen.

Ganz Afghanistan freut sich, dass wir da sind.

Die Leute sind glücklich,

weil wir sie beschützen und für Recht und Ordnung sorgen.

Sagt er und wiederholt es immer wieder.

Ich muss mich selbst immer wieder daran erinnern:

Die Männer gehören zu der Terrorgruppe, die Krankenhäuser

und Unis attackiert, zahllose Menschen getötet hat.

Jetzt gehört die Stadt ihnen und ihren Unterstützern.

Die Ausländer haben uns unterdrückt und gespalten.

Unter den Taliban werden wir wie Brüder sein

und gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten.

Aber wie gehen Taliban-Gegner mit der Situation um?

Zurückhaltend, vor allem, wenn sie die Kamera sehen.

Frauen winken ab, wollen sich nicht interviewen lassen.

Aber einige Männer reden Klartext.

Die Sicherheitslage ist schlechter.

Die Wirtschaft ist am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch.

Viele haben Angst vor der Zukunft.

Er beschwert sich über das Freuden-Gewehrfeuer,

das die Taliban vorgestern veranstaltet hatten.

Angeblich war die letzte Widerstandsbastion

im Pandschir-Tal gefallen.

17 Leute sind umgekommen, die Taliban machen, was sie wollen.

Heute gibt es keine wilden Schüsse.

Auch nicht, als der Taliban-Sprecher eine wichtige Nachricht verkündet.

Der Widerstand in der umkämpften Pandschir-Provinz sei gebrochen.

Unser Land ist des Kämpfens müde

und es gibt auch keinen Grund, weiterzukämpfen.

Deshalb für alle Landsleute:

Das Islamische Emirat Afghanistans hat den Krieg beendet.

Im Internet kursieren Aufnahmen von Taliban-Kämpfern,

wie sie den Gouverneurssitz im Pandschir-Tal einnehmen.

Fast gleichzeitig taucht eine Audiobotschaft

des Anti-Taliban-Anführers Massoud auf.

Er ruft Afghanistan zum Aufstand gegen die Taliban auf.

Aber auch das führt in Kabul zu keinen besonderen Reaktionen.

Viele Menschen scheinen sich abzufinden mit der Zeit.

Die Vergnügungsparks schließen und die Graffiti-Portraits verschwinden.

Statt Bildern von Menschenrechtlern nun Taliban-Parolen:

"Schützt den Islam, habt Geduld, seid fleißig."

Ansagen für das künftige Afghanistan.

In Kabul erreichen wir unseren Korrespondenten Markus Spieker.

Wie glaubwürdig ist es, dass die Taliban das Pandschir-Tal,

die letzte Bastion des Widerstands, zurückerobert haben?

Das ist keine Insider-Information,

aber mir ist es dafür zu ruhig in der Stadt.

Die Taliban feiern ja Triumphe gerne laut und ausgiebig.

Das haben sie noch nicht getan.

Das könnte 'n Indiz sein, dass die Kämpfe doch noch weitergehen.

Aber das ist mehr Bauchgefühl als belastbare Einschätzung.

Es gibt auch Widerstand im Kleinen.

Wir haben schon die mutigen Proteste der Frauen in Kabul gesehen.

Wie groß ist der Rückhalt unter den Menschen für die Taliban?

Bei Leuten, die ich zufällig angesprochen habe,

gab es ganz wenige Taliban-Sympathisanten.

Das ist 'ne sehr urbane Gesellschaft hier mit hohem Bildungsgrad.

Es gibt auch viele Künstler.

Die sind natürlich nicht überzeugt davon:

Dass keine Musik mehr im TV läuft, dass alle Musiker arbeitslos sind,

dass auch in den großen Wedding-Halls das Programm runtergefahren wird.

Vor allem denken sie noch daran, dass in den letzten 20 Jahren

so viele Anschläge durch die Taliban gegen die Menschen ausgeübt wurden.

Mir haben viele Leute diesen einen Satz gesagt:

"Die Taliban können nur eins richtig - töten."

Das ist die Einschätzung vieler Menschen hier.

Wie misstrauisch sind die Taliban westlichen Journalisten gegenüber?

Wie können Sie arbeiten? Sie sind seit gestern da.

Das ist die große Überraschung, dass bei der Einreise alles einfach war.

Am Morgen gab's das nächste Aha-Erlebnis.

Da ging ich zum Informationsministerium,

um einen Berechtigungsschein zu bekommen.

Ich hab mich auf stundenlanges Warten und Betteln eingestellt.

Da saßen ganz viele Journalisten

und kriegten im Minutentakt diesen Schein ausgehändigt.

Der ist eine Art Blanko-Vollmacht, alles filmen zu dürfen.

Und wenn ein Taliban einen ärgert,

sollte man die und die Notrufnummer anrufen.

Also großes Entgegenkommen gegenüber den Medien,

wohl um zu punkten bei westlichen Ländern, von denen man Hilfe will.

Ist denkbar, dass die westlichen Staaten, auch Deutschland,

diplomatisch durchsetzen, was sie militärisch nicht geschafft haben?

Nämlich, die Menschenrechte zumindest ein wenig zu schützen.

Das muss man hoffen, und die Hoffnung ist durchaus berechtigt.

Denn die Taliban können kämpfen, aber regieren können sie nicht.

Das haben sie in den 90er-Jahren gezeigt.

Sie haben auch wenige Leute, die gebildet sind, und haben kein Geld.

Sie brauchen internationale Anerkennung, auch die Deutschlands.

Darum werben sie ganz offensiv.

Das ist ein Hebel für Deutschland, durchzusetzen,

dass Mindestrechte eingehalten werden.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehen, dass verhandelt wird.

Ich bin gespannt, wie man sich aufeinander zubewegt.

Darüber werden wir sicher in den nächsten Tagen noch sprechen.

Danke, Markus Spieker aus Kabul.

Vielen Dank.

Nicht nur in Afghanistan sind es bemerkenswerterweise Frauen,

die aufstehen gegen die Herrschenden.

In Belarus bekam der Widerstand gar ein weibliches Gesicht:

Gleich mehrere Frauen stellten sich an der Spitze der Opposition

dem Diktator Lukaschenko entgegen.

Die vielleicht mutigste unter ihnen: Maria Kolesnikowa.

Hier vor einem Jahr.

Man wollte sie außer Landes bringen.

Sie blieb, ließ sich einsperren und zahlt dafür nun einen hohen Preis.

Verena Lammert über eine Frau,

die sich vom erbarmungslosen Regime nicht unterkriegen lassen will.

Maria Kolesnikowa formt ihre Hände zu einem Herz –

Symbol für friedlichen Protest.

Ein hartes Urteil fällt in Minsk:

Elf Jahre Haft für sie, zehn Jahre für Oppositionsanwalt Maxim Snak.

Verurteilt, so das Gericht, wegen des Versuchs illegaler Machtergreifung.

Die Angeklagten verfolgen die Verhandlung eingesperrt.

Draußen warten ihre Unterstützer.

Es war kein normaler Prozess.

Die Sitzungen in Minsk fanden hinter verschlossenen Türen statt.

Ihr Vater kommt zur ersten öffentlichen Sitzung

als einer der wenigen in den Gerichtssaal.

Seine Tochter beschreibt er als mutige Frau.

Mit ihrem Verhalten, der Einstellung und ihrer Reaktion heute

hat sie mir sehr geholfen, alles besser ertragen zu können.

Bekannt wurde Maria Kolesnikowa durch die Protestbewegung 2020.

Nach der umstrittenen Präsidentenwahl gab es monatelang Proteste im Land.

Sie wurde zu einer Symbolfigur der demokratischen Bewegung.

Vor einem Jahr wurde sie festgenommen.

In einem Kleinbus habe man sie verschleppt, berichtete eine Zeugin.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Die Anwälte wollen in Berufung gehen.

Ihre Unterstützer vor dem Gericht sind sich einig:

Das verstehen sogar ungebildete Menschen,

dass dies ein unfairer Prozess ist.

Maria ist eine sehr inspirierende Person.

Sie ist ein Symbol der Freiheit und eine wunderbare Frau.

Mitstreiterin Swetlana Tichanowskaja äußert sich via Twitter aus dem Exil.

Das Urteil sei Terror gegen Belarusen,

die es wagten, gegen das Regime aufzustehen.

Die Menschen vor dem Gericht sagen:

Die Protestbewegung sei nicht tot, lebe in den Herzen weiter.

Aber Maria Kolesnikowa wird wohl erst einmal lange weggesperrt.

Demian von Osten ist einer der wenigen Kollegen,

die aus Minsk berichten dürfen.

Wenn Oppositionelle wie Kolesnikowa

eine so hohe Gefängnisstrafe bekommen:

Wie viel Angst muss Lukaschenko vor ihnen haben?

Offenbar hat der Machtapparat hier sehr große Angst,

davor, dass Maria Kolesnikowa die Protestbewegung beleben könnte.

Die Vorwürfe sind unter anderem versuchter Regierungsumsturz

und Bildung einer extremistischen Organisation.

Aber wie genau das behandelt wurde, das wissen wir nicht.

Der Großteil des Prozesses lief seit Monaten hinter verschlossenen Türen.

Selbst Anwälte und Prozessbeteiligte mussten vorher

Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben.

Sie dürfen nicht sagen, was konkret an Beweisen aufgeführt wurde.

Bei dem heutigen Urteilsspruch

wurden trotzdem von den 200 Unterstützern keine reingelassen.

Nur Angehörige wie der Vater von Maria Kolesnikowa.

Der fand im Gerichtssaal einige Menschen vor, die er nicht kannte.

Er mutmaßt, dass das Teil einer Inszenierung war.

Das waren Massenproteste, die es im Land so noch nie gab.

Haben die Demonstranten diesen Kampf verloren?

War das alles für die Katz oder könnte das wieder aufflammen?

Ich sehe momentan keinen Anlass, warum es wieder aufflammen sollte.

Die staatlichen Repressionen sind so stark.

Menschen kommen wegen Kleinigkeiten hinter Gitter.

Die Menschen trauen sich deshalb nicht mehr auf die Straße.

Den Machthabern ist es gelungen,

die wesentlichen Figuren ins Ausland zu treiben oder einzusperren.

Es müsste schon ein sehr großer Anlass passieren,

dass die Menschen bereit wären, viel zu riskieren.

Dieser Anlass ist momentan nicht absehbar.

Danke, Demian von Osten.

Zum schwierigen und gefährlichen Kampf um Freiheit und Menschenrechte

in Belarus:

Die Meinung von der Leiterin unseres Moskauer Studios, Ina Ruck.

Elf Jahre Straflager für Maria Kolesnikowa,

zehn für Anwalt Maxim Snak.

Was soll man da noch kommentieren?

Ein politisches Urteil? Willkür-Justiz im Unrechtsstaat?

Das wissen wir längst.

Letzten Sommer interessierten wir uns alle für Belarus,

als Hunderttausende auf der Straße waren.

Wir haben gesendet, gepostet, gelikt,

den mutigen Frauen von Belarus Preise verliehen.

Dann begann die Verhaftungswelle.

Hunderte sind in den Gefängnissen, wohl noch viel mehr ausgereist.

Wer geblieben ist, traut sich nicht mehr vor die Tür mit Protest -

als läge eine Grabplatte auf dem Land.

Unsere Aufmerksamkeit ist längst wieder woanders.

Das liegt auch daran,

dass Lukaschenko kaum noch Journalisten ins Land lässt.

Dennoch: Es hat uns zu interessieren, was dort passiert.

So viele Leute in Belarus setzen ihre Hoffnung in uns, in Europa,

die demokratischen Nachbarn und eben nicht in den Nachbarn im Osten.

Denn dort sitzt Lukaschenkos Sponsor, sollte das jemand vergessen haben.

Putin duldet nicht nur all das, was Lukaschenko macht,

er unterstützt ihn.

Russland finanziert Lukaschenkos Regime.

Dasselbe Russland, mit dem wir eine neue Gaspipeline gebaut haben.

Mit dem wir, klagen manche in Wirtschaft und Politik,

zu wenig den Dialog suchten.

Dabei redet kaum jemand so viel mit Moskau wie die Bundesregierung.

Offenbar aber ohne großen Erfolg – nicht nur beim Thema Belarus.

Die Meinung von Ina Ruck.

Hiervon lässt sich in einer Diktatur wie der in Belarus nur träumen:

Dass sich Politikerinnen und Politiker den Fragen derer stellen,

die über ihr politisches Schicksal entscheiden.

Es sind keine drei Wochen bis zum Wahltag in Deutschland.

Und so werden sich jene drei, die ins Kanzleramt einziehen wollen,

in der ARD-Wahlarena Fragen gefallen lassen müssen, die nicht gefallen.

Morgen ist Olaf Scholz dran, kommende Woche Armin Laschet.

Den Anfang machte heute Abend die Kanzlerkandidatin der Grünen,

Annalena Baerbock.

Wie sie sich geschlagen hat: Sylvia Aust.

Am frühen Abend fährt der grüne Wahlkampf-Tourbus in Lübeck vor.

Die Kandidatin lässt keine Zeit verstreichen.

Sie geht kurz auf Tuchfühlung mit dem Publikum,

dem sie sich gleich stellen soll.

65 Gäste aus ganz Deutschland sind da - mit konkreten Anliegen.

Anne Dittmann und Familie sind aus Nordrhein-Westfalen angereist.

Ich hab die Sorge, dadurch, dass Energiepreise immer weiter steigen,

bald den Weg zur Arbeit nicht mehr leisten kann.

Wir zahlen hohe Kindergartenbeiträge plus Mittagessen.

Wenn noch eine Mehrbelastung durch Spritpreise dazukommt,

weiß ich nicht, wie ich's stemmen soll.

75 Minuten lang hatten Wählerinnen und Wähler Gelegenheit,

Fragen zu stellen.

Großes Thema immer wieder: der Personalmangel in der Pflege.

Wir arbeiten zehn Tage am Stück.

Der Personalmangel ist ganz schlimm.

Was wollen Sie machen, dass das nicht nur Wahlversprechen ist?

Das Allererste ist, dass wir mit Blick auf die Arbeitszeit ...

Sie arbeiten zehn Tage am Stück.

... in der Pflege endlich zu 'ner 35-Stunden-Woche kommen.

Der zweite wichtige Punkt ist, dass das,

was bei Lohnerhöhungen angegangen wurde, auch umgesetzt wird.

Annalena Baerbock verspricht auch mehr Personal in der Pflege.

Weiteres großes Thema: wie den Klimaschutz bezahlbar machen?

Ich hab nicht die Rücklagen, mir jetzt 'n E-Auto zu kaufen.

Ich möchte mich nicht dafür verschulden.

Wie schaffen Sie's, die ländliche Bevölkerung mit ins Boot zu holen?

Klimaschutz heißt für mich:

Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit.

Ganz konkret:

Eben ermöglichen, wenn man sich ein E-Auto kauft als Familie,

dann zu sagen, da gibt's 'ne Förderung.

Für Menschen mit wenig Einkommen deutlich höher

als für Menschen mit hohem Einkommen - 9000 Euro.

Die Grünen wollen den Strukturwandel auch in der Landwirtschaft.

Auch das war Thema.

Alle fordern Tierwohl.

Wir Bauern sind auch bereit dazu, neue Ställe zu bauen.

Aber es fehlen die finanziellen Mittel.

Wie wollen Sie finanzieren,

dass auch konventionelle Bauern weiter Tierwohl-Ställe bauen können?

Indem Politik Sie beim Umbau der Ställe mit unterstützt.

Viele Fragen - viele Versprechungen der Kanzlerkandidatin.

Morgen stellt sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz

hier den Fragen, in der kommenden Woche Armin Laschet von der CDU.

Was Annalena Baerbock in der Wahlarena

sicher nicht gesagt hat, ist:

Dass sie Haustiere verbieten wolle, weil die zu viel CO2 ausstießen.

Dieser Unfug machte zuletzt in den sozialen Medien die Runde.

Ebenso wie die Behauptungen über ihre Kontrahenten:

Armin Laschet habe Hochwasserspenden in Wahlkampf-Kanäle fließen lassen.

Und Olaf Scholz mache unstatthaft Werbung für ein Bitcoin-Unternehmen.

Diese Zitate und Meldungen sind erfunden.

Von Menschen, die Politiker in Misskredit bringen

und so den Wahlkampf beeinflussen wollen.

Henning van Lil über Fake News und was sie anrichten können.

Grammatikalisch falsch, v.a. aber: eine Lüge.

Genauso wie die Behauptung, dass Kanzlerkandidatin Baerbock

sich bei allen wichtigen Abstimmungen im Bundestag enthalten würde.

Oder dass Söder Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen wollen,

die Erziehungsberechtigung entziehen wolle.

Eine Fake News, bei der sogar das tagesschau-Design vorgetäuscht wurde.

Wissenschaftler aus Europa haben in Wien erforscht:

Wie groß kann der Einfluss von Desinformationen vor der Wahl werden?

Im Mai haben sie Tausende Beiträge auf Facebook und Twitter

auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft.

Mit einem überraschendem Ergebnis:

Wir haben viel weniger,

vielleicht 2 % oder 3 % problematische Beiträge erwartet.

Und nicht fast 6 % oder 7 %.

V.a. noch lange vor der heißen Phase des Wahlkampfs.

D.h., wir erwarten aufgrund dieser Ergebnisse,

dass man momentan ein Vielfaches dessen online findet.

Rund 6-7 % der Inhalte bei Facebook oder Twitter

sind also absichtliche Fehlinformationen.

Falschmeldungen, Diskreditieren von Personen, unbelegte Behauptungen.

Das solle Zweifel säen, die Demokratie untergraben.

Man will dem Nutzer suggerieren,

dass viele Informationen nicht vertrauenswürdig sind.

Dass es keine solide, empirische Grundlage für etwas,

was da stattfindet, gibt.

Dass man also stärker mit dem Bauch entscheiden muss,

weil es keine solide Faktenbasis gibt.

Verunsichern, um Einfluss auf eine Wahlentscheidung zu haben.

Beiträge dieser Art scheinen v.a. aus dem rechten Spektrum zu kommen.

Wir haben auch Beiträge gesehen, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind.

Aber die Mehrheit der problematischen

und v.a. weit geteilten Beiträge, insbesondere auf Facebook:

Das scheint dem rechten Lager zuzuordnen zu sein.

Um nicht in die Desinformationsfalle zu tappen,

empfehlen die Studienmacher:

Zweimal überlegen, bevor man klickt, liked oder teilt.

Das sei umso wichtiger, je näher die Wahl rückt.

"Respekt" ist ein Wort, das gerade im Wahlkampf oft zu hören ist,

für manche aber Versprechen bleibt.

Wenn Menschen Arbeit und Wohnung, also ihr Obdach, verlieren,

landen sie nicht selten auf der Straße.

Da wieder runterzukommen, ist für die meisten fast unmöglich.

Gäbe es nicht Streetworker,

die ihnen ein bisschen Würde zurückzugeben versuchen.

Und die Obdachlosen helfen,

statt außen vor wieder mittendrin zu sein im Leben.

Christina Harland begleitete "Straßenarbeiter" in Hannover.

Jeden Morgen macht Michael Burmeister seine Runde in Hannovers City.

An seiner Seite: die neue Kollegin Katharina Pätzold.

Das Team ist auf alles gefasst.

Es kann sein, dass wir die Menschen nicht anfinden.

Sie hatten eine schlaflose Nacht,

sind überfallen worden oder ihnen wurden Sachen geklaut.

Oder sie haben neue Menschen kennengelernt

und sind ganz gut drauf.

Das ist wie 'ne große Wundertüte.

Guten Morgen, Gerd!

Gerd hatte bis vor Kurzem noch seinen Schlafplatz

neben der Christuskirche.

Doch es wird gebaut, er musste weg und schläft in einer Notunterkunft.

Er ist schwer krank.

Von den Jahren auf der Straße hat er genug.

Dreimal beklaut ...

... in drei Wochen, vier Wochen.

Mein Vorschlag: Wir fahren gucken, was an Post da ist.

Sollte was zum Bearbeiten da sein, machen wir das.

Die beiden Sozialarbeiter der Stadt

begleiten Gerd zur Beratungsstelle der Diakonie.

Hier können sich Menschen wie er eine Anschrift einrichten.

Nur so erhalten sie auch ihre Bescheide vom Jobcenter,

Schecks oder Post vom Gericht.

Das ist garantiert was vom Jobcenter.

Du hast die Nachricht, dass dir mehr Geld zusteht.

Mehr Geld vom Jobcenter

und nächsten Monat eine Wohnung von der Caritas.

Das hat Michael eingefädelt - ein guter Tag für Gerd.

Auch hier wohnen sechs Männer, denen Michael helfen konnte.

"Housing First" heißt das neue Projekt im Norden der Stadt,

das Menschen in Wohnungen bringt, ohne Bedingungen.

Mit ihren Problemen und Süchten im Gepäck.

"Papa Bär" alias Frank ist einer von Ihnen.

Wieder in 'n normales Leben zurückzufinden,

das ist für mich sehr wichtig, als wie nur noch Straßenleben, ne?

Weil man verloddert.

Wenn wir Micha nicht gehabt hätten, mit Klamotten und so weiter ...

Kleiderkammer, Essensausgabe ...

Der Tag war:

Aufstehen, Penny, Alkohol, bis 22 Uhr die Lichter ausgingen.

Schlafen.

Das war's.

Es haben viele geschafft, aber einige sind gestorben.

Tiefschläge müssen professionelle Helfer aushalten.

Mit dem Helfenwollen sei das so eine Sache, so Michael.

Die Experten sind eigentlich die Menschen für sich selber.

Wenn ich schon besser weiß, was gut für sie ist, wird's schwierig.

Es hat auch was mit Respekt zu tun vor der Entscheidung,

im Zweifelsfall lieber auf der Straße zu bleiben.

Statt etwa in eine Unterkunft zu gehen.

Auf dem Weißekreuzplatz hinter dem Bahnhof,

kennen beide viele, die so denken.

Johnny fühlt sich nur draußen sicher.

Er ist trockener Alkoholiker und immer auf dem Platz.

Ich leb lieber draußen.

Respekt vor den Erfahrungen, die die Menschen geprägt haben,

Gespräche auf Augenhöhe – das ist den Streetworkern wichtig.

Deshalb haben die Leute Vertrauen.

Deshalb werden sie auch im Notfall geholt.

Da ist ein Mensch auf einer Bank aufgefunden worden,

der sehr laut war, als ob er Schmerzen hat.

Es ist unklar, was er hat.

Dann kam jemand hinterher, der uns kannte,

mit der Bitte, dass wir uns kümmern.

Viele Anwohner und Geschäftsleute wünschen sich,

dass die Stadt für Ordnung sorgt.

Die Gesellschaft muss das aushalten, so die Streetworker.

Der Platz sei wie ein Wohnzimmer.

Es passiert was Schlimmes oder was Gutes:

Sie kommen her und erzählen es.

Es gibt hier Menschen, denen sie vertrauen, wo sie das Gefühl haben,

von ihnen akzeptiert zu werden und angenommen zu sein, so wie sie sind.

Menschen annehmen ohne Bedingungen -

für die beiden ist das die Basis ihrer Arbeit.

Bei Corona-Fällen in Schulen gibt es in den Bundesländern bislang

unterschiedliche Ansätze, wie viele Schüler in Quarantäne gehen.

Das soll sich ändern.

Weitere Nachrichten mit Susanne Daubner.

Die Landesgesundheitsministerinnen und -minister verständigten sich

auf einfachere Quarantäne-Regeln bei Corona-Fällen in Schulen.

Bei einem Infektionsfall soll nicht mehr

für die gesamte Klasse Quarantäne angeordnet werden.

Nur noch engste Kontaktpersonen von infizierten Kindern,

wie direkte Sitznachbarn, müssen sich isolieren.

Die Quarantäne soll frühestens nach fünf Tagen

mit einem Negativtest beendet werden können.

Zudem haben Bund und Länder

das Angebot für Auffrischungsimpfungen ausgeweitet.

Künftig sollen auch Menschen über 60 Jahre

und Mitarbeitende in Pflegeheimen eine Drittimpfung bekommen können.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios

haben Bund und Länder doch noch einen Kompromiss gefunden:

Zum geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule.

Der Anspruch soll für alle Kinder gelten,

die vom Sommer 2026 an eingeschult werden.

Und zwar für täglich acht Stunden während der ersten vier Schuljahre.

Bundestag und Bundesrat müssen den Kompromiss noch bestätigen.

In der Diskussion über Koalitionen nach der Bundestagswahl

hat sich die Linkspartei heute noch einmal positioniert.

Die Spitzenkandidaten Wissler/Bartsch präsentierten "Sofortprogramm",

das Schnittmengen mit SPD und Grünen betont.

Zu den Forderungen gehören unter anderem ein Mindestlohn von 13 Euro

und eine Mindestrente von 1200 Euro.

Die Ostlöhne sollen bis 2025 vollständig angeglichen werden.

Ein Bekenntnis zur NATO, wie von der SPD gefordert wird,

ist nicht enthalten.

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 steht vor der Fertigstellung.

Nach dreijähriger Bauzeit

wurde das letzte Rohr verschweißt.

Ab Oktober will das russische Unternehmen Gazprom

durch die Leitung Erdgas nach Deutschland liefern.

V.a. der Widerstand der USA

verzögerte den Bau um etwa eineinhalb Jahre.

Die Ukraine, wichtigstes Transitland für Erdgaslieferungen nach Europa,

befürchtet finanzielle Einbußen.

Die deutsche Industrie hat im Juli neue Aufträge in Rekordhöhe verbucht.

Gegenüber Juni erhöhten sie sich um 3,4 Prozent.

Das deutliche Plus kam v.a. durch Großaufträge zustande.

Mehr dazu von Markus Gürne.

Großbestellungen, etwa aus dem Bereich Schiffsbau.

Die Nachfrage nach Spezialgütern made in Germany

kommt v.a. aus dem außereuropäischen Ausland:

Z.B. aus Asien, wo große Frachtschiffe geordert werden.

15,7 % - so groß ist der Zuwachs außerhalb des Euroraums.

Mehr Aufträge bringen neben Gewinn für Unternehmen

auch Sicherheit für Belegschaften.

Alleine: Die Aufträge können teils nicht zügig abgearbeitet werden.

Fast alle Bereiche und Branchen

leiden unter den Lieferengpässen bei wichtigen Vorprodukten.

Die Welt bestellt bei der deutschen Wirtschaft Waren,

die Unternehmen können evtl. nicht liefern.

Er war kein Beau wie Delon und trotzdem so hinreißend,

dass die ganze Nation zu ihm aufschaute.

Frankreichs schönstes zerknautschtes Gesicht hatte folgende Erklärung:

"Charme ist die Fähigkeit, den anderen vergessen zu lassen,

dass man aussieht wie man aussieht.

Dieser Charme machte Jean-Paul Belmondo, der Stunts selber drehte,

zum begehrtesten Draufgänger der Nouvelle Vague und - unsterblich.

"Unsterblich werden - und dann sterben" sagte er in "Außer Atem".

Ist ihm gelungen.

Sabine Rau.

Ein Draufgänger, der auch vor den gefährlichsten Szenen –

wie hier 1975 auf der Pariser Metro - nicht zurückschreckte.

Waghalsige Manöver, deftige Prügelszenen -

so kannten, so liebten ihn die Franzosen, und nicht nur sie.

Zurück ihr alten Eskimos, ich geh allein!

Heute für immer.

In Paris reagierten Passanten mit Trauer und Wehmut

auf die Nachricht seines Todes:

Ein großer Schauspieler.

Man hielt ihn immer für einen Komödianten,

aber er konnte mehr, er hat schöne Filme gemacht.

Er war sehr populär, im positiven Sinn.

Er machte Filme für alle, sehr unterschiedliche.

Ich habe ihn sehr bewundert und mochte ihn sehr.

Ich bin traurig, dass er tot ist.

Ein Kämpfer, bis zuletzt.

Das Gehen fiel ihm schwer, doch das Lächeln verging ihm nie.

Jean-Paul Belmondo war eine Ikone des französischen Films.

2011 erhielt er in Cannes seine letzte große Auszeichnung:

Die Ehrenpalme für sein Lebenswerk.

Allen, die ich nicht kenne, und allen meinen Freunden:

Ein großes Dankeschön, aus tiefstem Herzen!

Mit dem legendären Film "Außer Atem", 1960,

erlangte der damals 27-Jährige Weltruhm.

Regisseur Jean-Luc Godard mit dem jungen Belmondo

und Jean Seberg auf den Champs-Elysees.

Seitdem rissen sich die Regisseure des neuen französischen Films

um den jugendlichen Schauspieler.

Er war in knapp 100 Filmen, auch in etlichen Mantel- und Degen-Stücken,

der sympathische Actionheld und Gauner mit Charme:

Darf ich euch behilflich sein, Madame?

Belmondo entstammte einer Künstlerfamilie

und wollte Profi-Boxer werden.

Die gebrochene Nase blieb sein Markenzeichen.

Stunts hat er in mehr als 70 Filmen stets selbst gemacht - ohne Double.

Gedoubelt hat er sich allenfalls selbst.

In "Ein irrer Typ" zeigte er sich komödiantisch

als eitler Schauspieler und dessen Double.

Er hat so was Proletiges.

2001 beendete ein Schlaganfall zunächst seine Film-Karriere.

Doch Belmondo kämpfte sich zurück ins Leben, nach seinem Motto:

Der Wille macht viele Dinge möglich.

Sein letzter öffentlicher Auftritt im Sommer 2020 in Paris.

Sein Publikum applaudierte ihm noch immer.

Präsident Macron twitterte in Anspielung

auf einen seiner bekanntesten Filme:

"Er wird für immer Le Magnifique bleiben."

Genau so werden ihn die Franzosen und Cineasten in der ganzen Welt

in Erinnerung behalten.

Nach der traurigen Nachricht jetzt noch schöne Aussichten

auf eine Spätsommerwoche, oder, Claudia Kleinert?

Es wird zumindest bis Donnerstag viel Sonne geben.

Die Temperaturen steigen noch ein bisschen.

Wir liegen unter Hochdruckeinfluss.

Das hat auch seine Tücken.

Das ist Flensburg am Morgen.

Da war es recht sonnig.

Richtung Dänemark sieht man aber schon die ersten Nebelschwaden.

Im Laufe des Morgens zog der Nebel dann herein.

Am Vormittag lockerte es dann aber wieder auf.

Später gab es verbreitet viel Sonnenschein.

Bei so einem Hochdruckgebiet kühlt sich nachts die Luft ab,

die Feuchtigkeit kondensiert dann.

Nachmittags wurde es aber warm.

Morgen früh kann es noch mal ähnlich neblig werden.

Da wird es deutlich wechselhafter mit Schauern und Gewittern.

In der Nacht von Norden her kompaktere Wolkenfelder.

Über der Mitte: aufgelockert.

Im Süden kann sich örtlich Nebel bilden.

Auch morgen häufig sonnig.

Zwiebel-Look empfohlen - nachmittags wird es wieder warm.

Die nächsten Tage:

Mittwoch noch mal sehr viel Sonnenschein.

Donnerstag aus Südwesten erste Schauer und Gewitter.

Die gibt es am Freitag häufiger.

Danke, Claudia Kleinert.

Das waren die tagesthemen.

Jetzt geht's noch einmal um die anstehenden Bundestagswahlen:

In der Reportage

"Geheime Meinungsmacher - wie wir im Wahlkampf manipuliert werden".

Constantin Schreiber begrüßt Sie um 00.35 Uhr zum nachtmagazin.

Wir sind morgen wieder für Sie da.

Bis dahin!

Copyright Untertitel: NDR 2021