tagesthemen 19.11.2021, 21:45 Uhr - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zu den Corona-Maßnahmen in Bayern, Sachsen ve
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (19.11.2021)
Heute im Studio: Caren Miosga
Guten Abend.
Ein Bild wie aus vergangenen Zeiten.
Der Christkindlesmarkt in Nürnberg.
Schon das zweite Jahr in Folge bleibt es hier leer und dunkel.
Bayern hat heute, wie auch Sachsen,
aufgrund der hohen Inzidenzwerte die Notbremse gezogen.
Beide Länder haben ihre Corona-Maßnahmen verschärft.
Und das erinnert an den vergangenen Herbst.
Auch im November 2020 gingen die ersten Türen zu
von Klubs, Bars, Fitnessstudios.
Und wie es weiterging, wissen wir auch.
Der Unterschied:
Wir haben es mit einer vielfach ansteckenderen Virusvariante zu tun.
Wir haben aber auch einen Impfstoff.
Dennoch erleben wir nun die schlimmste Phase der Pandemie.
Patricia Klieme.
Ich höre, der Film ist nicht da, den müssen wir nachreichen ...
Dann gehen wir direkt ...
Wir gehen direkt zum Interview mit Markus Söder.
Das habe ich vor der Sendung aufgezeichnet.
Über diese Lage in Bayern und eine allgemeine Impfpflicht,
die der Ministerpräsident von Bayern jetzt gefordert hat.
Hier das Gespräch:
Guten Abend, Herr Söder.
Guten Abend.
Herr Söder, es war abzusehen,
wie die Infektionen derart nach oben rasen würden.
Warum reagieren Sie erst jetzt mit Kontaktbeschränkungen
und Schließungen von Klubs und Kneipen.
Wir sind die Ersten, die so reagieren,
der Rest tut es noch nicht.
Wir waren die Letzten, die geöffnet haben.
Wurden dafür von einigen kritisiert,
die nun die epidemische Lage abschaffen.
Und wir sind die Ersten, die wieder verschärfen.
Es ist verhältnismäßig und notwendig,
weil die Intensivstationen voll sind.
90 Prozent der Patienten dort sind Ungeimpfte.
Es ist eine Herausforderung, jetzt zu agieren.
Wir tun es angemessen, mussten aufs Bundesgesetz warten,
aber haben jetzt schnellstmöglich gehandelt.
Herr Söder, Sie sind nicht der Erste, der reagiert.
Sachsen reagiert heute auch massiv, hat schon vor Ihnen reagiert.
Und erlässt eine Ausgangssperre für Ungeimpfte ab 22 Uhr.
Ist das das Nächste, was bei Ihnen auch kommt?
Wir sind nicht sicher, ob das verfassungsmäßig passt.
Und ob das umsetzbar ist.
In der Theorie klingt das gut.
Wir haben uns
zu einem De-facto-Lockdown für Ungeimpfte entschieden.
Mit 2G- und 2G-plus-Regeln.
Die Rechte der Geimpften sind zu beachten.
In den Hotspots gibt es einen kompletten Lockdown.
Ausnahmen sind nur Schule und Kitas.
Wir glauben, dass die Kinder dort durch Tests fast sicherer sind.
Die Kinder waren in den ersten drei Wellen am stärksten betroffen.
Deswegen jetzt ein anderer Ansatz,
die Kinder besonders zu schützen und Schulen und Kitas weiter betreiben.
Jetzt beginnen sie mit einer Schließung von Restaurants und Clubs
und bestrafen damit die Geimpften.
Fordern Sie deshalb eine allgemeine Impfpflicht?
Das ist nur die harte Notbremse, wo es nicht anders geht.
Das ist sehr schmerzlich, aber es ist die einzige Möglichkeit.
Österreich sperrt das ganze Land zu, wir nur bestimmte Regionen.
Bis Anfang der Woche war es gar nicht möglich,
das so zu machen.
Wir sind froh, dass das geschaffen wurde.
Das ist einmalig bis zum 15. Dezember möglich.
Danach ist das nicht mehr möglich.
Aber wir brauchen jetzt diesen Wellenbrecher.
Parallel muss das Boostern vorangetrieben werden.
Wir haben dazu heute einen Impfgipfel gemacht,
um das maximal anzugehen.
Wir müssen aus dieser Endlosschleife heraus.
Wenn sich niemand impfen lässt, ist das nicht möglich.
Darum müssen wir darüber reden,
ob wir für die zweite Jahreshälfte eine allgemeine Pflicht haben.
Damit wir mit mehr Sicherheit weitermachen können.
Mich verwundert das, noch vor elf Tagen haben sie gesagt:
Eine allgemeine Impfpflicht
führt zu einer aggressiven Spaltung der Gesellschaft.
Ja, aber die umgekehrten Konsequenzen muss man sehen.
90 Prozent auf den Intensivstationen sind ungeimpft.
Die Inzidenzen gehen bei Ungeimpften durch die Decke.
Da müssen wir handeln.
Wir laufen jedem hinterher und machen jedem ein Impfangebot.
Die Landräte und Bürgermeister bemühen sich mit vielen Aktionen.
Man verteilt Semmeln und Bratwürste und macht viele Impfanreize.
Aber wenn das nicht funktioniert, brauchen wir andere Maßnahmen,
um aus der Endlosschleife Corona herauszukommen.
Warum die Impfpflicht erst im Februar?
Wie kommen Sie darauf, warum nicht sofort?
Eine Impfpflicht jetzt würde diese Welle nicht brechen.
Wir müssen jetzt die Boosterimpfungen machen.
Darauf haben wir uns gestern auf Bundesebene geeinigt.
Wir haben gestern mit den Ministerpräsidenten geredet
und der Bundesregierung.
Da scheut man sich noch davor, über das Thema zu reden.
Wir müssen schauen, dass wir die Diskussion voranbringen.
Der bayerische Ethikrat hält es für möglich.
Wir brauchen eine Debatte darüber,
um uns nach dem Winter auf die nächste Zeit vorzubereiten.
Es darf keine Endlosschleife werden.
Warum hat die Politik von Anfang an eine Impfpflicht ausgeschlossen?
Jetzt haben Sie die Wahl zwischen Wort- und Vertrauensbruch.
Die Entwicklung geht ja weiter.
Gerade die Medien waren ja sehr skeptisch gegen solche Überlegungen.
Wir haben das nicht zu entscheiden.
Sie spielen eine wichtige Rolle im Meinungsbildungsprozess.
Es ist zulässig, die bessere Meinung zu haben.
Aber wir sind in einer pluralen demokratischen Gesellschaft.
Wir brauchen eine breite Akzeptanz.
Wir laufen jedem hinterher, geimpft zu werden.
Mir ist es zu einfach zu sagen, haben wir nicht geschafft, was dann?
Jetzt müssen andere Wege her.
Wenn wir nicht dauerhaft diese Lage haben wollen ...
Es gibt Regionen mit einer Impfquote von unter 60 Prozent.
Da sind die Infektionen am höchsten.
Die Landräte kämpfen um jede einzelne Impfung.
Die mobilen Impfteams versuchen alles.
Wenn das nicht hilft, muss man sich bessere Lösungen überlegen.
Am Ende muss man über konsequentere Maßnahmen nachdenken.
Wenn es eine Impfpflicht gäbe, müssten auch Fußballer mitmachen.
Warum sprechen Sie sich nicht für ein Spielverbot für Ungeimpfte aus?
Ich wäre für 2G bei Fußballspielern.
Wir haben das gestern diskutiert.
Das wäre verfassungsrechtlich schwierig, hieß es von Experten.
Ich wäre für eine Impfpflicht auch für Fußballer.
Es ist für die Fans sehr schwierig von der Akzeptanz,
die mit 2G ins Stadion kommen können:
Wenn ihre Idole und Helden einen Sonderregelung haben.
Da muss bei vielen Spielern noch mal nachgedacht werden.
Vielen Dank, Herr Söder.
Wir hatten ja heute ein kleines Computerproblem.
Jetzt zeigen wir Ihnen den Film über die Maßnahmen in Bayern,
über dich gerade mit Markus Söder geredet habe.
Und über den Lockdown, den es jetzt auch in Sachsen gibt.
Stress ist ihr täglich Brot:
Für die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger
in den sächsischen Elblandkliniken.
Die vierte Welle der Pandemie
ist im Landkreis Meißen voll niedergegangen.
Der Inzidenzwert ist über 1000 gestiegen.
Fast fünfmal höher als letztes Jahr.
Die Betten im Klinikum sind belegt - v.a. die auf der Intensivstation.
Wir sind an der Belastungsgrenze.
Wir haben keine freien Intensiv-Kapazitäten mehr.
Selbstverständlich behandeln wir jeden Notfall.
Aber wir werden in die Situation kommen,
dass wir entscheiden müssen, wen wir behandeln.
Da sind wir hauchdünn davor.
Jede Menge Patienten, wenig Personal.
Viele Mitarbeiter fallen krankheitsbedingt aus
oder häufen Überstunden an.
Die Klinikleitung hat mit dem Landrat einen Aufruf gestartet,
um medizinisch Vorgebildete - woher auch immer - zu rekrutieren.
Wir suchen dringend Personal,
um unsere ITS-Kapazitäten zu entlasten.
Das Personal sollte pflegerische Erfahrung besitzen.
Damit wir im Pflegebereich eine Entlastung erzielen können
und unser Personal gezielt auf ITS einsetzen können.
Auch in Bayern sind die Corona-Infektionen alarmierend hoch.
Die Impfkampagne wird hochgefahren.
Das Krankenhaus Dillingen boostert sein Personal,
um den Stationsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Es wird immer enger, man kann nicht mehr ruhig schlafen.
In Bayern gelten nun strengere Regeln.
So wurden Weihnachtsmärkte wie der in Nürnberg abgesagt.
Viele Händler hatten ihre Stände schon aufgebaut.
Bei den Zahlen ... ist es zu gefährlich.
In Regionen mit hoher Inzidenz wird ein Lockdown verhängt.
Überall gilt 2G oder 2G plus - Ungeimpfte müssen draußen bleiben.
Wir haben lange Rücksicht auf alle Ungeimpften genommen.
Jetzt nehmen wir weniger Rücksicht nehmen auf die, die keine nehmen.
Im Nachbarland Österreich gilt ab Montag ein landesweiter Lockdown.
Er endet automatisch am 13. Dezember, aber nur für Geimpfte und Genesene.
Ich find's toll. Es gehört.
Der Lockdown ist das Einzige, was wirkt ...
... bei den Impfverweigerern.
Außerdem führt Österreich ab Februar eine allgemeine Impfpflicht ein.
Auch Sachsen schränkt das öffentliche Leben ab Montag ein.
Darauf verständigte sich heute die Landesregierung.
Weihnachtsmärkte sind abgesagt,
Freizeit- und Kultureinrichtungen müssen schließen.
Deswegen ist klar:
Große Veranstaltungen können nicht stattfinden.
Sie müssen abgesagt werden.
Wir brauchen zur Bekämpfung der Pandemie mehr Wir
und weniger Ich.
Hier geht es um Solidarität.
Schulen und Kitas bleiben aber offen.
Alle Maßnahmen gelten vorerst bis zum 12. Dezember.
Niemand in Deutschland möchte einen Lockdown,
wie ihn Österreich jetzt angekündigt hat.
Doch viele unionsgeführte Länder, darunter auch Bayern und Sachsen,
hätten gerne weiter die Möglichkeit, einen Lockdown zu verhängen.
Das wird ihnen aber
durch das Infektionsschutzgesetz der Ampel genommen:
Dem sie heute im Bundesrat zähneknirschend zustimmten.
Martin Schmidt.
Die Entwicklung des Infektionsgeschehens
ist so ernst wie niemals zuvor.
Es ist zehn nach zwölf.
Wir sind in einer exponentiellen Kurve
und Bremsspuren sind noch nicht zu erkennen.
Es geht schon lange nicht mehr um einzelne Ausbrüche.
Ganz Deutschland ist ein einziger großer Ausbruch.
Das ist eine nationale Notlage.
Dieser düstere Ton prägt den Tag, auch im Bundesrat.
Es geht ums neue Infektionsschutzgesetz,
das Ende der epidemischen Lage.
Das wollte die Union verhindern, hält das Signal für fatal,
trotzdem keine Blockade:
Zustimmung, zähneknirschend.
Einem Gesetz, das wir von der Grundlinie für falsch halten.
Ein Gesetz, das uns als Land die Dinge ohne Not erschwert.
Aber noch schlechter wäre es, wenn wir dann,
wenn wir keine juristische Grundlage haben:
Uns nur noch Vorwürfe machen, wer schuld ist.
Streit bis zuletzt über flächendeckende Lockdowns:
Künftig sind sie nicht mehr möglich.
Richtig so, findet die SPD –
v.a. für die große Mehrheit der Geimpften.
Diese Menschen, die sich nichts vorzuwerfen haben
und auf deren Zustimmung wir weiter setzen müssen.
Die sollen künftig auf dieser Grundlage
nicht mehr die Opfer eines allgemeinen Lockdowns sein.
Aber geht es wirklich ohne?
Während sie im Bundesrat einstimmig das neue Gesetz beschließen,
macht der RKI-Präsident schon klar:
Die beschlossenen Maßnahmen, sogar die mit 2G,
reichen wohl nicht aus.
Wir müssen die Impflücken schließen, auch 2G ist wichtig.
Aber in der aktuellen Lage reicht das nicht mehr.
Wir brauchen zusätzlich eine massive Kontaktreduzierung,
um die Ausbreitung zu verhindern.
Nicht die einzige Kritik an Bund und Ländern:
Künftig sollen die Maßnahmen je nachdem gelten,
wie viele Corona-Patienten ins Krankenhaus kommen.
Die höchste Stufe:
Ab neun Einweisungen pro 100.000 Einwohnern pro Woche.
Sie gilt schon für Bayern, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Für Sachsen fehlen aktuelle Zahlen.
Darum zeige die Hospitalisierungsrate nicht die tatsächliche Lage.
Es fehlt ein digitales Meldeverfahren.
Und das Meldedatum hängt zurück.
Daher haben wir keine tagesaktuellen vergleichbaren Werte.
Daran müssen wir dringend arbeiten.
So bleibt auch trotz neuem Gesetz schon wieder viel zu tun.
Denn allen ist klar: Die Lage ist ernst, sehr sogar.
Um die Welle zu brechen,
brauchte es in der Pandemie schon einmal die Solidarität aller.
Jetzt aber ist eine Gruppe weniger solidarischer als die andere,
findet Sarah Frühauf vom MDR.
Hier ist ihre Meinung.
Herzlichen Dank an alle Ungeimpften.
Dank euch droht der nächste Winter im Lockdown.
Vielerorts ohne Weihnachtsmärkte,
vielleicht ohne Feiertage im Familienkreis.
Die Maßnahmen in Sachsen und Bayern
sind ein Schlag ins Gesicht derer, die solidarisch waren.
Die sich haben impfen lassen.
Die Einschränkungen sind notwendig.
Sie wären aber nicht nötig gewesen,
wenn mehr Menschen verantwortlich gehandelt hätten.
Alle Impfverweigerer müssen sich den Vorwurf gefallen lassen,
an der derzeitigen Situation mitschuld zu sein.
Sie tragen Mitverantwortung dafür,
dass die Gesellschaft wieder unter Druck gerät.
Wieder Ärzte und Pflegende über ihre Grenzen hinaus arbeiten müssen.
Wieder Gastronomen und Ladenbesitzer um ihre Existenz bangen.
Sie müssen sich fragen, welche Mitverantwortung sie haben
an den Tausenden Opfern dieser Corona-Welle.
Zu lange haben die politisch Verantwortlichen gezögert.
Sie hätten früher den Druck auf Ungeimpfte erhöhen müssen.
Sie hatten wohl Angst,
dass sich die Wut der Ungeimpften in Wahlergebnissen niederschlägt.
Auch deswegen ist es nun, wie es ist:
Die Welle lässt sich nicht mehr aufhalten.
Deutschland muss raus aus der Corona-Endlosschleife.
Denn irgendwann machen auch die Geimpften nicht mehr mit.
Haben keine Lust mehr, sich an die Corona-Maßnahmen zu halten.
Die Politik muss ihnen eine Perspektive geben.
Ein Winter wie dieser darf sich nicht wiederholen.
Wie das geht? Österreich macht es vor:
Mit einer Impfpflicht für alle, denen das medizinisch möglich ist.
Die Meinung von Sarah Frühauf.
In dieser Phase der Pandemie
richten sich alle Blicke auf die Intensivstationen.
Die Mediziner versuchen, vor allem Schwerstkranke zu retten.
Dabei mehren sich auch jene Leiden, die meist unsichtbar sind.
Die das Leben und die Seele aber trotzdem beschweren können,
und zwar so sehr, dass die Menschen allein nicht mehr klarkommen.
Wie wichtig Hilfe ist und wie heilsam sie sein kann.
Die #mittendrin-Reportage von Lucretia Gather
aus dem rheinland-pfälzischen Alzey.
Innere Ruhe finden.
Miriam Berg mag es,
sich auf jeden Strich zu konzentrieren.
Wir sind in der psychiatrischen Tagesklinik in Alzey bei Mainz.
Vormittags auf dem Programm: Ergotherapie.
Die Patienten suchen sich selbst aus, was sie gerne machen möchten.
Das Abschalten, das zur Ruhe kommen,
dass die Gedanken nicht mehr so kreisen.
Miriam Berg hat eine schwere Angststörung.
Sie fürchtet sich vor der Begegnung mit Menschen, erzählt sie mir.
Und vor Ansteckung mit Krankheitserregern.
Seit 1,5 Jahren hindert die Angst sie daran,
einen normalen Alltag zu führen, arbeiten zu gehen.
Bevor Miriam Berg in die Klinik kam,
traute sie sich kaum mehr aus dem Haus.
Ich war sehr zurückgezogen,
hab mich probiert zu fordern, gezwungen einkaufen zu gehen.
Und in der Corona-Zeit wurde das massiv?
Das ist wie vor einem Berg zu stehen und nicht weiter zu können.
Manche Leute denken, man will nicht, aber es geht nicht.
Wie auf 'nem Zehn-Meter-Brett stehen und nicht runterspringen zu können.
Nach drei Monaten Klinik kann sie besser mit ihrer Angst umgehen.
Zu Beginn hätte sie sich nie in diesen Raum getraut.
Die Begegnung mit zwei oder drei Menschen löste Panik aus.
Jetzt nimmt sie uns mit in die Gruppentherapie.
Thema heute: Wie kann ich meine Gefühle besser steuern?
Wie kann ich die Angst aushalten?
Der Austausch mit anderen Patienten hat therapeutischen Nutzen für alle.
Die Patienten profitieren untereinander vom Erfahrungsschatz.
Was sehr wichtig ist, zu merken:
Anderen geht es genauso, dass man sich nicht so fremd fühlt.
In der Pause: frische Luft schnappen auf dem Balkon.
Alle Patientinnen und Patienten
kommen viele Wochen in die Tagesklinik.
Abends kehren sie zurück in ihren Alltag.
In den Stunden hier lernen sich die Patienten gut kennen.
Man tauscht sich aus, jeder hat 'ne andere Geschichte.
Wir lachen und weinen miteinander, das ist schön.
Ich bin eher zurückgezogen und verschlossen,
aber mit der Zeit taue ich auf und rede mehr.
Die Patienten machen mir das leicht.
Jeder, der Hilfe braucht,
soll die Hilfe annehmen, die es gibt.
Die Tagesklinik ist nur ein kleiner Teil der Rheinhessen-Fachklinik.
Mehr als 800 Patienten sind stationär hier.
Zur Klinik gehören u.a. eine Kinder- und Jugendpsychiatrie,
eine Abteilung für Suchtmedizin oder eine Akutstation.
Chefarzt Christoph Gerth sieht, dass psychische Erkrankungen
durch die Corona-Pandemie deutlich zugenommen haben.
Das Alleinsein ist für viele Menschen ganz schwierig.
Insofern rüttelt die Corona-Pandemie und ihre Beschränkungen
an den Grundfesten unseres Zusammenlebens.
Das führt bei vielen Menschen zu Depressionen, Ängsten
und im Extremfall zu suizidalen Krisen.
Zurück in der Tagesklinik: Miriam Berg ist für heute fertig.
Jetzt geht sie nach Hause und versucht, anzuwenden,
was sie hier in der Klinik lernt.
Sie wünscht sich mehr Akzeptanz für ihre Krankheit.
Es ist für Leute oft nicht greifbar,
was es bedeutet, 'ne psychische Erkrankung zu haben.
Wir sind keine Monster in der Tagesklinik.
Das sind normale Menschen,
die mitten im Leben stehen und nicht verrückt sind.
Miriams größter Wunsch ist es,
bald wieder zurückzukehren in ihren Job als Erzieherin.
In einen ganz normalen Alltag.
Für Irritationen sorgte heute
eine Ankündigung des Bundesgesundheitsministeriums:
Die Auslieferung von BioNTech-Impfstoff
soll offenbar beschränkt werden.
Niedergelassene Ärzte und Impfzentren sollen ab kommender Woche
nur noch begrenzte Mengen des BioNTech-Impfstoffs bekommen.
Das Gesundheitsministerium begründete die Entscheidung
mit dem drohenden Verfall von Moderna-Impfstoffen.
Die sollen zuerst injiziert werden.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Dahmen
kritisierte die Maßnahme als Handbremse beim Impfen.
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung
erwartet einen erhöhten Beratungsbedarf in den Praxen.
Da Patienten über 30 nun voraussichtlich
eine Auffrischungsimpfung mit Moderna bekämen.
US-Präsident Biden hat mit seinen Plänen
für ein Klimaschutz- und Sozialpaket eine wichtige Hürde genommen.
Nach monatelangem Ringen einigten sich die Demokraten.
Dadurch wurde das Finanzpaket mit einem Umfang von 1,8 Billionen Dollar
mit knapper Mehrheit im Repräsentantenhaus angenommen.
Nun steht noch die Zustimmung des Senats aus,
in dem die Demokraten nur eine dünne Mehrheit haben.
Die Republikaner lehnen das Klima- und Sozialpaket ab.
Im Prozess um zwei getötete Männer bei Anti-Rassismus-Protesten
im US-Bundesstaat Wisconsin wurde der Angeklagte freigesprochen.
Der heute 18-jährige Kyle R. hatte im Sommer vergangenen Jahres
mit einem Sturmgewehr auf drei Männer geschossen, zwei von ihnen starben.
Der Angeklagte beteuerte, er habe in Notwehr gehandelt.
In Kenosha gab es Unruhen, nachdem ein weißer Polizist
einen Afroamerikaner niedergeschossen hatte, der seitdem gelähmt ist.
Das grundsanierte Segelschulschiff Gorch Fock
ist zu seiner ersten Auslandsreise ausgelaufen.
Von Kiel nimmt es Kurs auf Lissabon und später zu den Kanarischen Inseln.
Dort soll zunächst die Stammbesatzung trainieren,
bevor im Januar Offiziersanwärter an Bord kommen.
Die Kosten für die Sanierung waren von 10 Millionen
auf 135 Millionen Euro gestiegen.
Wie es an der Grenze von Polen und Belarus wirklich aussieht,
hängt davon ab, wem man Glauben schenkt.
Selbst nachschauen ist schwierig.
Auf polnischer Seite haben Journalisten keinen Zutritt.
Aus Belarus ist zu hören:
Das Zeltlager an der Grenze sei aufgelöst
und niemand würde mehr an den Grenzzaun vorgelassen.
Die polnische Seite berichtet von weiteren 500 Migranten dort.
Das zynische Spiel mit der Hoffnung von Menschen,
in die EU zu gelangen, geht weiter.
Hunderte mussten diese begraben:
Sie wurden in ihre irakische Heimat ausgeflogen.
Das provisorische Lager an der Grenze zwischen Belarus und Polen – geräumt.
Bilder des polnischen Grenzschutzes zeigen,
wie Menschen in ein nahegelegenes Logistikzentrum gebracht werden.
Susann Ibrahim und ihre Tochter wollten zurück nach Hanau,
wo sie mal gelebt haben.
Im Irak zu leben, können sie sich nicht mehr vorstellen.
Da ist kein Leben und wir haben keine Zukunft.
Drinnen herrscht bedrückende Enge.
Die Menschen liegen zu Hunderten dicht an dicht,
während im anderen Teil der Halle weiter Waren transportiert werden.
Du schläfst zwei Minuten, drei Minuten bist du wach.
Manchmal ist es sehr warm, manchmal kalt.
Doch sie wollen hierbleiben.
Hoffen, dass Deutschland sie doch noch aufnimmt.
Andere haben sich entschieden, in den Irak zurückzukehren.
Wie Hawger, ein Familienvater.
Ich habe zweimal versucht, über die polnische Grenze zu kommen.
Aber es gibt keine Chance, nach Deutschland zu gelangen.
Es ist zu schwer für mich und meine Familie.
Ich bin jetzt zurück in Minsk.
Meine Frau ist schwanger
und bringt gerade meinen Sohn in Belarus zur Welt.
Mit dem Neugeborenen fahren sie zum Flughafen.
Die Hoffnung auf ein neues Leben in Deutschland - zerstört.
Das Ersparte, 25.000 US-Dollar, an Schlepper verloren.
Mit mehr als 400 Irakern machen sie sich auf den Weg nach Hause.
In der ersten Maschine – gestellt von der irakischen Regierung.
Der erste Bus ist nur für Familien und kleine Kinder,
erzählt Hawger, der seine Reise für uns filmt.
Er hat seine Heimat verlassen,
weil er trotz Universitätsabschlusses seit zwei Jahren keine Arbeit findet.
Doch jetzt landet er wieder in Erbil im Irak.
Am Flughafen meidet er die Kameras.
Andere erzählen, warum sie nach Europa wollten.
Es gibt keine politischen Drohungen gegen uns.
Ich bin gegangen, weil es hier keine Arbeit gibt.
Ich wäre bis zu meinem Tod an der Grenze geblieben.
Aber meine Familie war in Gefahr.
Wenn die Situation im Irak nicht in ein oder zwei Jahren besser wird,
verlasse ich das Land erneut.
Hawger ist zurück in seinem Heimatort Sacho
an der irakisch-türkischen Grenze.
Ich bin froh zurück zu sein
in meinem Heimatland mit meiner Familie.
Immerhin sind wir gesund.
Doch wie es weitergeht, wissen weder er noch die Menschen,
die in der Logistikhalle ausharren.
Vor dieser Halle steht Demian von Osten in Bruzgi in Belarus,
direkt an der polnischen Grenze.
Die Situation an der Grenze wird unterschiedlich beschrieben.
Wie schätzen Sie die Lage ein?
Belarus betont, sie hätten Tausende Migranten weggebracht.
Diese Information bekommen auch wir.
Von der Halle haben wir gerade Bilder gesehen.
Die Grenze ist von hier noch mal einen Kilometer entfernt.
Gestern hieß es noch, wir könnten dorthin,
das ist heute wieder anders.
Es wird gesagt, alle seien hier untergebracht.
In der Halle sind sehr viele Menschen untergebracht.
Es ist dort sehr stickig.
Keiner trägt eine Maske, die Menschen liegen dicht an dicht.
Das ist die ideale Lage, damit sich Krankheiten ausbreiten können.
Das kann kein Dauerzustand sein.
Trotzdem sagen alle, dass sie hierbleiben wollen.
Sie hoffen darauf, dass die EU oder Deutschland einlenken
und sie am Ende doch einreisen dürfen in die EU.
Das ist der große Traum für die vor allem Iraker,
die sich hier aufhalten.
Im Interview mit der BBC
hat der belarusische Diktator Lukaschenko angedeutet:
Belarusische Sicherheitskräfte könnten Menschen geholfen haben,
nach Polen zu gelangen.
Welche Strategie verfolgt Lukaschenko denn eigentlich?
Wird er jetzt aufhören, die EU zu provozieren?
Lukaschenko hat immer schon so eine Strategie des Provozierens gefahren.
Jetzt geht er wieder auf die EU zu, auf eine ungewöhnliche Weise.
Er zeigt der EU, dass Belarus doch eine wichtige Rolle spielt.
Ich habe mit einem Verantwortlichen der PräsidialvVerwaltung gesprochen.
Der hat gesagt, sie hatten früher die Grenzen für die EU geschützt.
Aber jetzt schützen sie die Grenze nicht mehr für andere.
Man werde die Migranten ziehen lassen in Richtung EU.
Lukaschenko hat es mit seiner Strategie geschafft,
dass er zweimal mit der Kanzlerin gesprochen hat.
Das dürfte ihm Genugtuung geben.
Danke, Demian von Osten.
Kommen wir zu einem himmlischen Rekord:
Der längsten partiellen Mondfinsternis seit fast 600 Jahren.
Die war heute auch über Tokio über Stunden zu bewundern.
Auf solche Ereignisse müssen wir verzichten.
Wahrscheinlich liegt es nur wieder am Wetter, Sven?
Das Wetter ist bei fast allem mitverantwortlich.
Bei Wolken ist das problematisch.
Die Mondfinsternis fand nach dem Monduntergang statt.
Deswegen konnten wir das nicht sehen.
Aber es war spannend für alle, die es gesehen haben.
So sieht das aus: Mond und Erde drehen sich.
Irgendwann passiert dieser Punkt.
Dann gibt es einen Schatten, weil die Erde im Weg steht.
Dann begibt sich der Mond in den Schatten der Erde.
Ein bisschen blieb frei.
Daher eine partielle Mondfinsternis.
Etwa 97 Prozent waren verdeckt.
Aber man kann sie nicht sehen bei vielen Wolken.
Die gibt es weiter bei uns.
Es tut sich nicht viel.
Im Südwesten gibt es auf den Bergen und im Alpenraum Auflockerungen.
Sonst platzt der Nebel ein bisschen auf.
Im großen Rest trüb, ab und zu Tropfen.
Am Nachmittag Dauernebel.
Im Norden ist es wärmer.
Die Aussichten:
Im Süden bleibt alles so.
Von Norden kommt die Kaltfront mit Regen.
Die zieht am Montag nach Süden weiter.
Dahinter wird es freundlicher, aber kälter.
Danke, Sven.
Hier folgt der Tatort mit dem Ermittlerteam aus dem Schwarzwald
und dem Titel "Für immer und Dich".
Und für Sie gibt's morgen wieder tagesthemen.
Bis dann und schon mal schönes Wochenende.
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