tagesthemen 30.05.2021, 22:45 Uhr - Coronapartys out of Control: Polizei löst illegale Feiern auf
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Herzlich willkommen zur Live- Untertitelung des NDR (30.05.2021)
Heute im Studio: Ingo Zamperoni
Guten Abend.
Endlich mal wieder draußen sitzen.
Dabei ein kühles Getränk in der Hand haben.
Darauf haben sich die meisten sehr gefreut.
So lange war das nicht möglich.
Sonnenwetter und gelockerte Regeln haben es möglich gemacht.
Mancherorts war diese Freude über ein Stück wiedergewonnene Freiheit
überbordend.
Aus dem Feiern wurden Partys,
bei denen Abstands- und Maskenregeln offenbar keine Rolle spielten.
Die Polizei wurde attackiert, als sie versuchte,
die Regeln durchzusetzen.
Ordnungsämter klagen ohnehin,
dass auf Kontrollen der Regeln immer aggressiver reagiert würde.
Das erste Wochenende in Stuttgart ohne Ausgangsbeschränkungen –
es hätte schön sein können.
Doch Aggressionen und Flaschenwürfe gegen die Polizei bestimmen das Bild.
Offenbar war Alkohol der Treibstoff.
Ihn zu trinken,
bleibt auf vielen Plätzen nach 22 Uhr verboten.
Das Verbot wollte die Polizei durchsetzen.
Unsere Kollegen haben Personen aufs Alkoholkonsumverbot angesprochen.
Die haben das gut angenommen und waren kooperativ.
Gegen Mitternacht kam es zu einem Stimmungswechsel.
Die Personen wurden aggressiver, es kam zu Flaschenwürfen.
Hundert Beamte kamen.
Sie forderten die 600 jungen Menschen auf,
den Platz zu räumen.
Es folgten Beleidigungen und fünf Festnahmen.
Fünf Beamte wurden verletzt.
Auch in Hamburg rückte die Polizei aus.
Eine illegale Rave-Party wurde aufgelöst.
4500 Menschen feierten im Schanzenviertel.
Nur jeder Zweite trug eine Maske.
Es wurden Flaschen geworfen, es gab Verletzte.
Am Anfang stand der Wunsch, zu feiern.
Wir sollen unser Leben genießen - sag ich zumindest.
Das war eine große Feier,
wo die Leute das Leben leben wollten.
In Stuttgart prüft die Stadt ein Aufenthaltsverbot
rund um den Schlossplatz zu bestimmten Uhrzeiten.
Der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir verurteilt die Gewalt.
Dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Aber viele Jugendliche halten das nicht mehr aus.
So wie viele andere auch ...
Wir brauchen einen guten Mix:
Angebote auf der einen Seite, eine harte Hand auf der anderen.
Die Pandemie bringt auch solche Bilder hervor.
Das Licht am Ende des Tunnels schien in dieser Nacht fahler.
Dass überhaupt ein Licht zu erkennen ist,
liegt vor allem an den sinkenden Corona-Zahlen.
35,2 gab das Robert-Koch-Institut als bundesweiten Inzidenzwert an.
Seit Oktober war der nicht mehr so niedrig.
So kommt es in fast allen Ländern ab morgen wieder zu etwas,
was es fast ein halbes Jahr nicht mehr gegeben hat:
Regelbetrieb an den Schulen für alle Jahrgänge.
Für alle vollständigen Klassen ...
Die große Frage bleibt:
Welche Bildungslücken sind wohl im Homeschooling entstanden?
Wer nicht fertig ist, muss das beenden.
Aufgaben nach Hause mitnehmen:
Die Schüler der Klasse in Berlin haben genug davon.
Die Hälfte der Klasse ist da.
Der Wechselunterricht soll bis zu den Ferien bleiben.
Sie haben Angst um die Noten.
Mein Zeugnis wird nicht so gut aussehen,
weil ich irgendwann die Motivation verloren habe.
Ich habe Angst, dass ich das Abitur nicht schaffe.
Da wird mein Leben scheiße.
Mein letztes Zeugnis war schlechter als ich dachte.
Forscher warnen,
dass Jugendliche den Anschluss verpassen.
Ein Drittel braucht Nachhilfe.
Das können wir aus Studien schließen.
Das muss sozial eingebettet sein.
Mehr Geld hat die Regierung beschlossen:
Das Aufholpaket
von Ex-Familienministerin Giffey und Bildungsministerin Karliczek.
Zwei Milliarden gibt es vom Bund.
Wenn man das ins Verhältnis setzt zu den hunderten Milliarden Euro,
die für die Förderung von Menschen im Berufsleben ausgegeben werden:
Dann ist es beschämend wenig.
Die kommissarische Ministerin verteidigt das Paket.
Zwei Milliarden ist 'ne Menge Geld.
Aber allein mit Geld wird es nicht gehen.
Wir müssen in die Beratung gehen.
Nur für Nachhilfe soll das Geld nicht sein,
auch für soziale Projekte.
An der Schule geht es darum, eine Klassengemeinschaft zu formen.
Wir müssen schauen:
Wie können wir die SchülerInnen daran gewöhnen,
dass sie in der ganzen Lerngruppe sind?
Dass sie Ausflüge machen.
Es wäre wunderbar,
wenn sie mit Klassenlehrern auf Klassenfahrt gingen.
Und das würde bezahlt.
Die Klassenlehrer versuchen, Gelassenheit beizubringen.
Bei den Jüngeren den Druck rauszunehmen.
Es gibt Wichtiges, als ein Notenzeugnis auszuhändigen.
Man wird durchlöchert: Wie war meine Mitarbeit?
Wo ich denke:
Das ist schön, dass du heute hier bist.
Bis sich das normal anfühlt, wird es dauern.
Das wird es auch in einem Bereich,
der dank sinkender Inzidenzwerte wieder ein Stück normaler wird:
Der Gastronomie.
Doch so sehr wir uns über die Rückkehr in Biergärten freuen:
Für die Betreiber kommt das nächste Problem um die Ecke.
Sie finden kaum noch Personal, das das Bier auch ausschenkt.
Kellner und Köchinnen mussten sich andere Jobs suchen,
weil Kneipen und Lokale geschlossen blieben.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband klagt,
dass 325.000 Beschäftigte abhanden gekommen sind.
Viktoria Kleber.
Einen schönen Sonntagmorgen.
Das Wetter ist wunderbar.
Wir hatten gestern einen guten Tag.
Es hat auch alles geklappt mit dem Vorzeigen der Tests.
Sprecht weiterhin jeden darauf an.
Mitarbeiter-Besprechung in der "Ständigen Vertretung".
In Berlin treffen sich hier Touristen und Politiker -
und alle Rheinländer.
Der Chef freut sich, dass der Laden wieder offen ist.
Doch schon hat er die nächsten Sorgen.
Es mangelt an Personal.
Mitarbeiter sind abgewandert.
Einer ist jetzt Fahrer bei Amazon.
Einer ist Kfz-Mechaniker.
Einer ist in der Pflege.
Gastronomie-Mitarbeiter wurden vom Handel gezielt abgeworben.
Die hatten es in der Krise alles andere als einfach.
Das Kurzarbeitergeld in der Branche reicht kaum zum Leben:
Angerechnet wird es nur auf den eigentlichen Lohn.
Dabei macht das Trinkgeld oft einen großen Teil aus.
Frank Schwarze lieferte Pakete statt Kölsch,
um so über die Runden zu kommen.
Ich brauche den Kontakt mit den Menschen.
Ich brauche das Ambiente.
Ich bin gerne mit Leute zusammen.
Das macht es aus.
Was gibt's Neues? Alles gut.
Spargelsuppe kocht Felix Langer.
Ihm fehlen drei Köche.
Bei Ausfällen müssen wir in den sauren Apfel beißen:
Sechs-Tage-Woche und Überstunden.
Seine Mitarbeiter sind nicht die einzigen.
Brinkmann inseriert seit vier Wochen seine Stellenanzeigen.
50 Angestellte hat er.
20 mehr braucht er.
Noch tut sich nichts.
Seine Hoffnung:
Niedrige Inzidenzen könnten die Gastronomie stabilisieren.
So könnte sie als Arbeitgeber wieder attraktiver werden.
Auf euch! Und auf unsere Gesundheit! Zum Wohl.
Die Gefechte zwischen der Hamas und israelischen Streitkräften
haben verdrängt, dass Israel in einer Krise ist.
Vier Wahlen in zwei Jahren haben ein Patt produziert.
Premier Netanyahu bleibt weiter im Amt.
Nun zeichnet sich eine Ablösung ab.
Mike Lingenfelser in Tel Aviv: Was ist passiert?
Netanyahu war mit der Regierungsbildung gescheitert.
Dann bekam der Liberale Lapid den Auftrag.
Es gelang ihm, sich zu einigen mit dem Ultra-Rechten Naftali Bennett
von der Siedlerpartei.
Beide wollen ein breites politisches Spektrum vereinen:
Von links bis rechts außen.
Vermutlich müssen arabische Abgeordnete dieses Bündnis stützen,
damit eine Mehrheit möglich wird.
Sehr fragil.
Sie eint der Wille, Netanyahu abzulösen.
Nun stand Netanyahu häufiger vor dem Aus.
Wie ernst ist es jetzt?
Ziemlich ernst.
Man nennt ihn "den Magier", weil es immer wieder geschafft hat,
an der Macht zu bleiben.
Er wird die nächsten 48 Stunden nutzen,
um Druck auszuüben:
Druck auf die rechten Parteien in diesem Bündnis.
Da hadern Abgeordnete mit dem Plan,
mit linken Parteien ein Bündnis einzugehen.
Er hat im Fernsehen ein Angebot gemacht:
Mit ihm in einer Rotationsregierung.
Er zieht jede Karte.
Aber es wird eng für ihn.
Mike Lingenfelser, Tel Aviv.
In Hongkong erlosch die Hoffnung der Demokratie-Bewegung.
Als die chinesische Regierung ein "Sicherheitsgesetz" erließ
als Reaktion auf die Proteste gegen Einmischung aus Peking.
Um sicher zu gehen,
dass die Opposition nicht weiter Fahrt aufnimmt.
Das Gesetz ist vage formuliert, sodass es im Ermessen Pekings liegt,
was "eine außergewöhnliche Gefahrenlage" ist.
In dieser Woche wurden Aktivisten zu Haftstrafen verurteilt,
weil sie an nicht genehmigten Demonstrationen teilnahmen.
Daniel Satra.
Weltoffen.
Immer ging es voran.
Doch Hongkong und auch sein Leben haben sich verändert.
Herbert Chow ist im Visier der Behörden.
Protest ist nach Einführung des Sicherheitsgesetzes hochriskant.
Nur wenige trauen sich, das zu kritisieren.
In Hongkong galt immer Redefreiheit.
Man konnte seine Stimme erheben und seine Meinung äußern.
Jetzt wurden einige deswegen festgenommen.
Auch er steht unter Beobachtung.
Herbert Chow gehört eine Bekleidungskette.
In seinen Läden stellt er Symbole der Demokratiebewegung zur Schau,
die den Protest gegen den Einfluss von Peking verkörpern:
Wie Lady Liberty,
die Freiheitsstatue mit Tränengasmaske.
Vor drei Wochen:
Hausdurchsuchung vor laufenden Kameras.
Hongkongs Regierungssender zeigt,
wie Beamte der Sicherheitspolizei sein Geschäft durchsuchen.
Die Bilder sollen wohl abschrecken.
Sie wollen Menschen daran hindern, normale Dinge zu tun.
Chow sagt, er mache nichts falsch.
Die Statue sei ein Kunstobjekt.
Auch Lehrer stehen unter Druck.
Wir treffen einen, den wir John nennen.
Er will nicht erkannt werden.
Selbst im Unterricht müsse er auf jedes Wort achten.
Die Stimmung in den Schulen hat sich stark verändert.
Früher konnten wir offen über gesellschaftliche Konflikte reden.
Jetzt lassen wir das.
Wir sagen kein Wort über politische und gesellschaftliche Probleme.
Er traut sich nur noch nach Schulbuch zu unterrichten -
auch wenn dort China als "demokratisch" beschrieben wird.
Mit "politischer Bürgerbeteiligung".
Alles muss doch auf Fakten basieren.
Wenn man die Fakten aus politischen Gründen verdreht,
dann ist das nicht richtig.
Auf Linie mit der Propaganda sein:
Das gilt mehr denn je an Hongkongs Schulen.
Pekingtreue Eltern befürworten das.
Nationale Bildung und Liebe zum Land müssen sein.
Gegen China - das geht nicht.
Das wurde Kindern früher vermittelt.
Früher weltoffen.
Heute muss sich jeder den Normen Pekings unterwerfen,
der nicht ins Visier der Behörden geraten will.
Die Große Koalition
hat sich auf Grundzüge für eine Reform der Pflege verständigt.
Die Nachrichten mit Jens Riewa.
Der Gesetzentwurf sieht vor,
dass Beschäftigte in der Pflege künftig besser bezahlt werden.
Pflegebedürftige sollen entlastet werden.
Ein Bundeszuschuss zur Pflegekasse ist zur Finanzierung geplant.
Mehr Geld für Pfleger, weniger Kosten für Pflegebedürftige:
Da stimmen Gesundheits- und Arbeitsminister überein.
Jens Spahn äußert sich nicht, solange verhandelt wird.
Wir finanzieren das aus der Pflegeversicherung
und einem Steuerzuschuss.
Ein Gesetz auf den letzten Drücker, so die Grünen.
Die FDP bezweifelt die Finanzierung.
Ob das Konzept nachhaltig und generationengerecht ist,
bezweifele ich.
Eine halbherzige Reform ist zu wenig.
Mittwoch könnte das Kabinett den Entwurf beschließen.
Finanzminister Scholz hat sich dafür ausgesprochen,
die Homeoffice-Pflicht wie geplant im Juni auslaufen zu lassen.
Das Virus sei nicht besiegt, sagte er der "Bild am Sonntag".
Angesichts der Impfungen hatten Industrie- und Wirtschaftsverbände
eine vorzeitige Rückkehr gefordert.
Auch Wirtschaftsminister Altmaier brachte Lockerungen ins Gespräch.
Israels Außenminister Aschkenasi und sein ägyptischer Amtskollege Schukri
haben über eine Waffenruhe Israels mit der Hamas beraten.
Schukri habe ernsthafte Verhandlungen angemahnt,
so das ägyptische Außenministerium.
Die Hamas und Israel
dürften den Nahost-Friedensprozess nicht in Gefahr bringen.
Es war der erste Besuch eines israelischen Außenministers
in Ägypten seit 13 Jahren.
Die Frauen des VfL Wolfsburg haben den DFB-Pokal gewonnen.
Gegen Frankfurt gelang den favorisierten Wolfsburgerinnen
in der Verlängerung ein 1:0-Sieg.
Den entscheidenden Treffer erzielte Ewa Pajor kurz vor Schluss.
Für den VfL war es der siebte Pokaltriumph in Folge.
Das Wetter hebt gerade die Stimmung.
Geht das so weiter?
Ja, Ingo.
Bis Mitte der Woche ist es gute Stimmung.
Dann gibt es mehr Gewitter.
Aber es war im Mai ja deutlich zu kalt.
Wir haben das Recht, uns über warme Temperaturen zu freuen.
Man sieht das Satellitenbild.
Die Alpen sind noch sehr schneebedeckt.
Mehr Eis als im vergangenen Jahr.
Daran sieht man, dass der Mai kälter war.
Die nächsten Tage bleibt es bei hohen Temperaturen.
Das Hochdruckgebiet schwächelt langsam.
Man kommt Tiefdruck-Einfluss.
Dienstag viel Sonne.
Nach Nordosten dichte Wolken.
Mittwoch Gewitter.
Das waren die tagesthemen.
Hier im Ersten geht es weiter mit titel, thesen, temperamente.
Ab morgen begrüßt Sie Caren Miosga an dieser Stelle.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.
Bleiben Sie zuversichtlich.
Copyright Untertitel: NDR 2021