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YouTube | GERMANIA, GERMANIA | Hadnet Tesfai

GERMANIA | Hadnet Tesfai

Ich war an meinem Gymnasium, glaube ich, so das erste schwarze Kind.

Und ich war, glaube ich auch, mit einem anderen türkischen Jungen

das erste Ausländerkind, wie man da noch gesagt hat.

*Titelmusik*

Ich bin Hadnet Tesfai, ich bin 1979 in Eritrea geboren

und 1982 mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen.

Als ich 3 Jahre alt war,

haben meine Eltern beschlossen, das Land zu verlassen.

Weil in Eritrea seit den 60er-Jahren ein Bürgerkrieg getobt hat

und wir sind dann quasi

über den Sudan und Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen.

Bei uns ist es eigentlich ganz klassisch gelaufen,

so wie es in den frühen 80er-Jahren in Deutschland immer gelaufen ist:

Erst in ein Auffanglager,

Asylbewerberheim 1, Asylbewerberheim 2...

Und dann sind wir in die schwäbische Kleinstadt,

in der ich dann auch großgeworden bin: nach Göppingen.

Was natürlich schwierig war, in den 80er-Jahren,

ist halt, dass in so einer schwäbischen Kleinstadt

nicht sonderlich viele schwarze Menschen existiert haben.

D.h., du warst immer eine kleine Sensation.

Und ich hatte immer geflochtene Haare als Kind.

Das hat dann immer noch dafür gesorgt,

dass man dem "kleinen Neger-Mädchen" mal süß in die Haare gefasst hat.

Jedes Kind mit Migrationshintergrund,

das 2 Elternteile aus dem gleichen Land hat,

die relativ spät nach Deutschland gekommen sind,

wird dir sagen, dass sein Zuhause dem Land entsprechend geprägt ist.

Ich bin sehr eritreisch großgeworden.

Da wurde schon sehr viel Wert drauf gelegt.

D.h. also, wir haben da echt die volle Breitseite mitgekriegt

und haben das auch als überhaupt gar kein Problem empfunden,

da so in beiden Welten zu Hause zu sein.

Ich hab ziemlich schnell 2 Geburten hintereinander weg abgearbeitet,

und war entsprechend mit dem Thema konfrontiert

und hab mich sehr darüber gewundert,

wie unterschiedlich das gehandhabt wird

in der deutschen Kultur und in der eritreischen Kultur.

In der eritreischen Kultur

ist eine Frau, die grad ein Kind gekriegt hat,

eigentlich eine Heilige, die muss auf Händen getragen werden.

Die wird von ihren Familienmitgliedern

wirklich behandelt wie eine Prinzessin.

Ich hab das Gefühl,

dass das in der deutschen Kultur so ein bisschen anders ist.

Da wird so erwartet, du kriegst jetzt ein Kind, so,

und dann kannst du 2 Wochen später wieder irgendwie arbeiten gehen.

In klassischen eritreischen Familien

gibt's aber diesen großen Verbund einfach noch.

Ich hab deshalb auch darauf bestanden,

dass meine Mutter direkt für ein paar Wochen zu uns kommt.

Die hat sich um alles gekümmert und das fand ich dann doch sehr schön.

Das wird dann auch nicht

als Eingriff in die Privatsphäre empfunden.

In Deutschland sagt man, wir wollen erst noch ein bisschen für uns sein,

wir wollen, dass unser Baby ankommt usw. usf.

Bei uns war es so: Du bist jetzt auf der Welt, das ist deine Familie!

So, kannste erst mal alle kennenlernen.

Und das versuche ich meinen Kindern schon auch mitzugeben.

Ich versuche denen schon das Gefühl für Gruppe mitzugeben.

Natürlich sollen sich meine Kinder

nicht von jedem X-Beliebigen was sagen lassen.

Aber schon auch das Gefühl haben,

dass sie von einem Dorf großgezogen werden.

*Titelmusik*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2017)

*Vogelgezwitscher*

GERMANIA | Hadnet Tesfai GERMANIA | Hadnet Tesfai НІМЕЧЧИНА | Хаднет Тесфай

Ich war an meinem Gymnasium, glaube ich, so das erste schwarze Kind.

Und ich war, glaube ich auch, mit einem anderen türkischen Jungen

das erste Ausländerkind, wie man da noch gesagt hat.

*Titelmusik*

Ich bin Hadnet Tesfai, ich bin 1979 in Eritrea geboren

und 1982 mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen.

Als ich 3 Jahre alt war,

haben meine Eltern beschlossen, das Land zu verlassen.

Weil in Eritrea seit den 60er-Jahren ein Bürgerkrieg getobt hat

und wir sind dann quasi

über den Sudan und Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen.

Bei uns ist es eigentlich ganz klassisch gelaufen,

so wie es in den frühen 80er-Jahren in Deutschland immer gelaufen ist:

Erst in ein Auffanglager,

Asylbewerberheim 1, Asylbewerberheim 2...

Und dann sind wir in die schwäbische Kleinstadt,

in der ich dann auch großgeworden bin: nach Göppingen.

Was natürlich schwierig war, in den 80er-Jahren,

ist halt, dass in so einer schwäbischen Kleinstadt

nicht sonderlich viele schwarze Menschen existiert haben.

D.h., du warst immer eine kleine Sensation.

Und ich hatte immer geflochtene Haare als Kind.

Das hat dann immer noch dafür gesorgt,

dass man dem "kleinen Neger-Mädchen" mal süß in die Haare gefasst hat.

Jedes Kind mit Migrationshintergrund,

das 2 Elternteile aus dem gleichen Land hat,

die relativ spät nach Deutschland gekommen sind,

wird dir sagen, dass sein Zuhause dem Land entsprechend geprägt ist.

Ich bin sehr eritreisch großgeworden.

Da wurde schon sehr viel Wert drauf gelegt.

D.h. also, wir haben da echt die volle Breitseite mitgekriegt

und haben das auch als überhaupt gar kein Problem empfunden,

da so in beiden Welten zu Hause zu sein.

Ich hab ziemlich schnell 2 Geburten hintereinander weg abgearbeitet,

und war entsprechend mit dem Thema konfrontiert

und hab mich sehr darüber gewundert,

wie unterschiedlich das gehandhabt wird

in der deutschen Kultur und in der eritreischen Kultur.

In der eritreischen Kultur

ist eine Frau, die grad ein Kind gekriegt hat,

eigentlich eine Heilige, die muss auf Händen getragen werden.

Die wird von ihren Familienmitgliedern

wirklich behandelt wie eine Prinzessin.

Ich hab das Gefühl,

dass das in der deutschen Kultur so ein bisschen anders ist.

Da wird so erwartet, du kriegst jetzt ein Kind, so,

und dann kannst du 2 Wochen später wieder irgendwie arbeiten gehen.

In klassischen eritreischen Familien

gibt's aber diesen großen Verbund einfach noch.

Ich hab deshalb auch darauf bestanden,

dass meine Mutter direkt für ein paar Wochen zu uns kommt.

Die hat sich um alles gekümmert und das fand ich dann doch sehr schön.

Das wird dann auch nicht

als Eingriff in die Privatsphäre empfunden.

In Deutschland sagt man, wir wollen erst noch ein bisschen für uns sein,

wir wollen, dass unser Baby ankommt usw. usf.

Bei uns war es so: Du bist jetzt auf der Welt, das ist deine Familie!

So, kannste erst mal alle kennenlernen.

Und das versuche ich meinen Kindern schon auch mitzugeben.

Ich versuche denen schon das Gefühl für Gruppe mitzugeben.

Natürlich sollen sich meine Kinder

nicht von jedem X-Beliebigen was sagen lassen.

Aber schon auch das Gefühl haben,

dass sie von einem Dorf großgezogen werden.

*Titelmusik*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2017)

*Vogelgezwitscher*